Ah, die gute alte Diskussion.
SK hat es doch so schön zusammengefasst: 95% aller Menschen werden mit den mittleren 95% der Geburtsränge geboren. Wenn wir unseren eigenen Geburtsrang als zufällig aus allen Geburtsrängen gezogen betrachten, gehört er mit 95% Wahrscheinlichkeit zu den mittleren 95%. Das und nichts anderes sagt das DA:
Innerhalb einer Verteilung, aus der ein Wert zufällig gezogen wurde, ist dieser Wert mit hoher Wahrscheinlichkeit typisch.
Diese Aussage ist im Prinzip an Trivialität kaum zu überbieten, und niemand würde das in einer Alltagssituation in Frage stellen. Nur, weils jetzt plötzlich um die langfristige Zukunft der Menschheit geht, und das Aussterben der Menschheit (genauer: das Ende weiterer Geburten! Das DA impliziert nicht zwingend das Ende der Menschheit für danach, bloss das Ende zusätzlicher Beobachter) offenbar für gewisse User inakzeptabel ist, werden nun plötzlich die wildesten Ausreden herbeigezogen, um dieser Trivialität zu entkommen... Ein bisschen Objektivität würde - wie überall - gut tun.
@Monod: Biologie geht in keinem Punkt in das DA ein. Deshalb ist es falsch, zu sagen, das DA könne nicht angewandt werden, weil die Menschen keine gewöhnlichen Tiere seien (lustig, dass mac dein Argument aufgreift, es dann aber umkehrt - siehe unten). Es kann immer angewandt werden: in jedem physikalisch möglichen Universum zwischen Jetzt und der Unendlichkeit gibt es eine endliche Anzahl Menschen, die je existieren werden (N). 95% all dieser Menschen, werden einen Geburtsrang haben, der zwischen 0.025 und 0.975 N liegt - völlig unabhängig davon warum genau N begrenzt ist. Wir wissen nicht, ob unser Geburtsrang z.B. bei 0.000000000000001 oder bei 0.657878 liegt - aber wir wissen, dass er bei 95% zwischen 0.025 und 0.975 liegt.
@mac:
Unsere Geburtsrangfolge ist kein Zufallsrang aus allen jemals stattgefundenen und noch stattzufindenden Geburten.
Was sonst? Du implizierst damit, dass es aus irgend einem Grund wahrscheinlicher ist, einen bestimmten Geburtsrang zu haben (genauer: einen "heutigen" Geburtsrang), als einen anderen. Warum sollte das so sein?
Das könnte so sein, wenn das Universum eine Simulation ist, das (sagen wir) die Zeit zwischen 1900 und 2100 simuliert: dann ist die Wahrscheinlichkeit, einen Geburtsrang mit Geburtsjahr < 1900 oder > 2100 zu beobachten, gleich Null, und dazwischen immer gleich gross (1/N mit N der Anzahl Menschen, die zwischen 1900 und 2100 geboren wurden). Aber selbst innerhalb der Simulation gilt dann, dass unser Geburtsrang Z mit 95% Wahrscheinlichkeit zu den mittleren 95% von N gehört. Der einzige Unterschied zur "normalen" DA-Situation liegt also darin, dass unsere Information über N (ca. 100 Mrd) inkorrekt ist (womit allerdings auch der Doomsday der Simulation - deren Abschaltung, sehr viel näher rückt...). Aber natürlich gibt es ohnehin keinerlei Hinweise darauf, dass das Universum eine Simulation ist.
Ich mag zwar behaupten, daß ich irgendwo bei der Masse aller Eintrittskarten liegen werde, aber tatsächlich hab‘ ich nicht die geringste Ahnung, ob ich vor einem Zimmertheater, einem Kino, einem Fußballstation oder einem Universum stehe.
Tatsächlich hast du keine Ahnung, aber in der Mehrheit der Fälle wirst du mit der Wette, dass du "bei der Masse" liegst, richtig liegen. Und genau darum geht es beim DA.
Wenn du raten musst, wieviel Mal der Würfel in 100 Würfen auf die 6 gefallen ist, dann sagst du auch 100/6 - obwohl du keine Ahnung über den tatsächlichen Wurfverlauf hast. Das ist auch gar nicht nötig, weil du in der überwiegenden Mehrheit der Fälle mit dieser simplen Abschätzung sehr nahe am tatsächlichen Ergebnis liegen wirst. Genauso ist es beim DA: Es geht nur darum, eine Aussage zu machen, mit der man "in der überwiegenden Mehrheit der Fälle sehr nahe am tatsächlichen Ergebnis" liegen wird.
Nun ist es aber im realen Leben keineswegs so, daß wir immer noch völlig ahnungslos bezüglich Lebenserwartungen verschiedener Spezies sind. Wir kennen sehr viele Spezies, die, wenn sie erst mal überhaupt erfolgreich sind, viele zehntausend, ja einige sogar mehr als hundert Millionen Jahre als Spezies überlebt haben
Du versuchst hier, eine viel stärkere Aussage zu machen als jeder, der das DA anwendet: Du behauptest, dass die Menschheit sich wie jede andere Spezies entwickeln sollte. Es gibt keinen Grund, anzunehmen, dass dem so ist (völlig unabhängig vom DA). Der Mensch ist kein gewöhnliches Tier, dessen Vermehrung und Verbreitung von Jäger-Beute-Systematiken, Klimaschwankungen und stochastisch fluktuierenden Vermehrungszahlen gesteuert wird. Wir haben alle Jäger ausgerottet, die Beute industrialisiert, die Umwelt an unsere Bedingungen angepasst (statt umgekehrt) und unsere Vermehrung hängt (zumindest im Westen) mittlerweile mehr von komplizierten Lebensstil-Abwägungen ab als von irgend was anderem. Zeig mir irgend eine andere Spezies, die in so kurzer Zeit so starke Veränderungen herbeigeführt hat, die solche Fähigkeiten hat. Wir sind ein einmaliges Tier, und das sieht man auch in der Erdgeschichte: so etwas wie uns gabs noch nie.
@TomTom333:
Mich stört an den DA das es davon ausgeht, dass es einen "aller letzten" Geburtsrang gibt bzw. geben wird. Allein diese Vorhersage beruht "vielleicht" schon auf einer FALSCHEN Vorbedingung !
Das ist in der Tat eine Annahme. Es wird jedoch mit Sicherheit einen allerletzten Geburtsrang (eines Menschen bzw. Beobachters) geben. Die Expansion des Universums, sowie die zunahme der Entropie des Universums gemäss der Thermodynamik stellen sicher, dass es nicht bis in alle Ewigkeit komplexe Lebensformen geben kann (irgendwann bekommst du dann auch Probleme mit den Boltzmann-Gehirnen).