Quellenfrage: Kernfusion mittels sehr schneller Projektile

Kibo

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Hallo

Nein, Ich möchte keinen Vorschlag zur Lösung aller Energieprobleme machen. Ich möchte einfach fragen ob jemand schon mal etwas zu dem Thema gelesen hat. Bei genügend hoher Geschwindigkeit (mehrere 100 Kilometer die Sekunde) reicht die Aufprallenergie eines Objekts auf ein Zielobjekt ( mit niedriger Ordnungszahl Wasserstoff, Helium ect. ) angeblich aus um an dessen Oberfläche Kernfusionen auszulösen. Sind euch dazu Forschungsergebnisse bekannt, habt ihr Argumente die dagegen sprechen?
Zweitrangig, würde mich natürlich auch eure Meinung zum möglichen Anwendungsbereich Stromerzeugung interessieren, vielleicht ergibt sich gar eine Diskussion.:)

mfg Kibo
 

Singularity

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Hallo Kibo,

du bist nicht der Erste mit so einer Idee. Es gibt dabei leider einige grundlegende Probleme die du beachten solltest. Auch wenn die Geschwindigkeit dieser Teilchen hoch genug wäre um einen Kernfusionsprozess in Gange zu setzen würde es kein Material geben, in welchem diese hohen Temperaturen von 10 Millionen Grad und mehr konstant gehalten und damit der Fusionsprozess aufrecht erhalten werden könnte. Man bräuchte ein Plasma welches in einem riesigen Magnetfeld festgehalten und ständig
mit einem polarisierten Brennstoff versorgt werden würde.
Weiters müsste man dem Beschleuniger um ein vielfaches mehr Energie zuführen, wie am Ende produziert würde, um dessen Teilchen überhaupt auf diese enorme Geschwindigkeit zu bringen. Man bräuchte wahrscheinlich einige Atomkraftwerke um diesen Reaktor überhaupt erst anzuwerfen. Die heutigen Teilchenbeschleuniger werden überhaupt nicht dafür konstruiert, Kernfusion mit Kettenreaktionseffekt zu betreiben.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bynaus

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Was du hier beschreibst (Fusion aufgrund hoher Geschwindigkeiten) ist letztlich die Funktionsbasis jeglicher "heisser" Kernfusion. Teilchen bewegen sich so schnell, dass sie die Coulomb-Barriere (die gegenseitige Abstossung ihrer positiv geladenen Kerne) überwinden - und damit verschmelzen - können. Die verschiedenen Ansätze der heissen Fusion unterscheiden sich nur dahingehend, wie man Teilchen auf diese hohe Geschwindigkeit bringt. Teilchengeschwindigkeit kann man mit Temperaturen gleichsetzen: Bei ITER wird das durch extreme Temperaturen erreicht, allerdings braucht man dann auch ein extremes Magnetfeld, um die Teilchen vor Ort zu halten. Bei der elektrostatischen Trägheitseinschlussfusion (z.B. Polywell) hat man stattdessen ein starkes elektrostatisches Feld, welches die Teilchen sowohl beschleunigt als auch einschliesst. Es gibt ja noch viele weitere Ansätze, wie die Colliding Beam Fusion (z.B. jene, die von Tri Alpha Energy angestrebt wird).
 

Kibo

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Sorry aber ich muss jetzt doch noch eine Idee loswerden, die mir gerade eingefallen ist. Die Realisierbarkeit hängt meines erachtens davon ab wie stabil, also eben nicht explosionsartig ablaufen würde. Ich stelle mir einen Raumantrieb vor der Folgendermaßen aufgebaut ist.
Ein Wasserstoffplasma in einem Teilchenbeschleuniger auf die kritische Geschwindigkeit (irgendwas bei mindestens 300 km/s also 0,01c) beschleunigt.
Am Ende der Beschleunigungsstrecke (am Austritt) wird ebenfalls Wasserstoff mit geringerer Geschwindigkeit und flachem Winkel ausgestoßen, so dass in einiger Entfernung beide Strömungen aufeinandertreffen. Dabei sollen dann H+H Fusionen auftreten. Aufrgrund der freigesetzten Energie wird weiteres Wasserstoffgas in alle Richtungen beschleunigt *. Gas und Strahlung die Richtung Raumschiff gerichtet ist, prallt dort auf einen Schild und überträgt so zusätzlichen Impuls auf das Schiff.

* hier muss man darauf achten, dass sich die Fusionskettenreaktion nicht bis zum Schiff fortsetzt.

Mögliche Fehlerquellen meinerseits:

Der Zugewinn vom Schub lohnt sich nicht
1. Es kommt viel zu selten zu Fusionsreaktionen, da das Plasma zu dünn ist
2. Eine Beschleunigung des Gases auf die benötigten Geschwindigkeiten ist zu Energieintensiv, als ob es sich lohnen würde
3. Die Beschleunigungsstrecke wäre zu lang als dass so noch ein strukturell stabiles und kostengünstiges Schiff sinnvoll gebaut werden kann
4. Die nötige Ausströmgeschwindigkeit kann nicht erreicht werden (doch weit mehr als 300 km/s?)

Der Antrieb wäre zu gefährlich weil:
4. Die Fusion explosionsartig abläuft
5. Die Strahlungsdosen zu hoch und zu schlecht abschirmbar sind
6. aufgrund der Ionisierung sich ein Ladungspotential aufbaut, welches sich nicht ausgleichen lässt

Prinzipiell sollte das baulich alles in den Griff zu kriegen sein. Die Ausströmgeschwindigkeit bei modernen Ionenantrieben beträgt jetzt schon bis zu 130 km/s, eine weitere Steigerung scheint daher denkbar.

So und jetzt könnt ihr mir Kritik um die Ohren hauen :)

mfg
 

Bynaus

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Wenn du das Wasserstoff-Plasma durch gefrorene Wasserstoff-Pellets ersetzst und die Teilchenbeschleuniger mit Laserstrahlen, dann sind wir beim lasergezündeten, gepulsten Fusionantrieb a la "Orion" (der Klassiker, nicht Apollo reloaded) bzw. "Daedalus". Dieses wurde kürzlich im Centauri-Dreams-Blog besprochen: http://www.centauri-dreams.org/?p=25588

Bei deinem Vorschlag denke ich, dass die Fusionsrate einfach zu niedrig ist, um einen nennenswerten Vortrieb zu leisten. H+H->D ist zudem sehr, sehr schwierig, gerade im freien Raum. Und macht auch nicht so viel Sinn, denn es gibt im Sonnensystem wohl mehr Deuterium, als wir je verbrauchen können.

Fusionskettenreaktion

Das gibt es nicht.
 

Bynaus

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Möglich, aber das ist keine Kettenreaktion. Die einzige Kettenreaktion in einer Wasserstoffbombe findet im nuklearen Zünder statt (der eine Fissionsbombe ist).

Nur weil irgendwo in einer Wasserstoffwolke Fusion stattfindet, wird der Rest der Wolke nicht davon "angesteckt" (wie das z.B. bei spaltbarem Material der Fall sein kann). Bestes Beispiel ist die Sonne: sie besteht zum grössten Teil aus Wasserstoff, aber Fusion findet nur im Kern statt - dort, wo eben die Bedingungen dafür gegeben sind.
 

Kibo

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Um so besser wenn du das so ausschließt, denn die Kettenreaktion ist in dem Falle ja auch kein Wünschenswerter effekt.

Nichts desto trotz beschrieb ich das von mir befürchtete Szenario mal genauer. Mal angenommen in sicherer Entfernung zum Schiff findet gerade Fusion statt, die Energie wird mehr oder weniger Explosionsartig freigesetzt, und diese kleine Explosion treibt jetzt das Wasserstoffgas in alle Richtungen. Ein Teil wird sicherlich in die Richtung des Strahls gedrückt und dies kann ja dann fusionsbedingt Explosionen zur folge haben, dafür müsste aber die erste Explosion das in die Richtung geschleuderte Gas so sehr beschleunigt haben, dass die Differenz aus den beiden Vektoren wieder einen größeren Geschwindigkeitsbetrag als 300 km/s ergibt und das wird sehr wahrscheinlich nicht der Fall sein, es sei den die Explosion würde denn zweiten, nicht beschleunigten Strahl in den ersten drücken. Vor so einem Konstruktionsfehler sollte man sich in acht nehmen.

mfg
 

UMa

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Hallo Kibo.
1. Es kommt viel zu selten zu Fusionsreaktionen, da das Plasma zu dünn ist

Ja. Die H+H Reaktion ist sehr, sehr selten. Selbst in den Kernen von Sternen dauert es Milliarden Jahre bevor ein bestimmtes Proton mit einem anderen fusioniert. Zum Glück, sonst wäre die Lebensdauer der Sterne viel geringer. Die Rate ist proportional zur Dichte und näherungsweise zur 6. Potenz der Temperatur. Siehe
http://de.wikipedia.org/wiki/Proton-Proton-Reaktion
vor allem den Anfang und den Abschnitt Startreaktion.

Grüße UMa
 
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