Hallo Emily,
ich vermute, Du hast etwas unklare Vorstellungen über die Himmelskörper, die es da am Himmel gibt. Wenn man die Sterne, die man von blossem Auge sehen kann, alle im selben Abstand anordnen würde, so würde man bemerken, dass 99% dieser Sterne heller als unsere Sonne sind.
Diese Feststellung steht im krassen Kontrast dazu, dass im Bereich bis 5 Parsec (16.2 Lichtjahre), in denen man doch fast alle Sterne kennt und entsprechende statistische Aussagen gewinnen kann, 95% der Sterne schwächer als unsere Sonne sind.
Gehen wir noch ein bisschen "brutaler" vor: der Stern 61 Cygni ist von den oben in einer Linie angeordneten Sternen der schwächste Stern - alle von blossem Auge sichtbaren Sterne sind heller als er. Aber in Sonnennähe, wo man fast alle Sterne kennt, sind 90% der Sterne schwächer als 61 Cygni, d.h. selbst dieser schwache Stern ist in Wirklichkeit einer der hellen Sterne - nur 10 % sind heller als er.
Nehmen wir noch den nächsten Fixstern, das ist Proxima Centauri. Oder den zweitnächsten Sternsystem Barnard's Pfeilstern: man benötigt grosse Fernrohre, um diese nahen Sterne überhaupt sehen zu können.
Und noch zwei Vergleiche:
- nur 2 Promille der von blossem Auge sichtbaren Sterne befinden sich in diesem Bereich der 5 Parsec
- von diesen sonnennahen Sternen kann man nur 10 % von blossem Auge sehen
Woher nun kommt diese riesige Diskrepanz ? Die hellen Sterne, die wir am Nachthimmel sehen, gehen mit ihrer Energie sehr verschwenderisch um, leuchten überdurchschnittlich weit in die Welt hinaus und erlöschen nach wenigen Millionen Jahren in einer Supernova, während die schwächeren Sterne nicht besonders weit erkennbar sind, dafür aber über Milliarden von Jahren - weit mehr als das bisherige Alter des Universums - ihre Helligkeit halten können.
Ja, und wie entdeckt man nun die sonnennahen Sterne, wo die doch so unauffällig sind ? Hier gibt es Tricks, die auch bei der Entdeckung von Planetoiden unseres Sonnensystems jenseits der Neptunbahn verwendet werden: auch wenn uns Menschen mit einer Lebenszeit von bestenfalls gut 100 Jahren der Himmel statisch erscheint, so ist in Wirklichkeit der Himmel ziemlich dynamisch, und man kann schon seit einigen hundert Jahren ganz gut die Bewegungen von Sternen vor dem Sternenhintergrund beobachten. Und diejenigen Sterne, die sich "rasch" bewegen, also diejenigen mit grossen sogenannten Eigenbewegungen, das sind eben die besten Kandidaten für sonnennahe Sterne. Denn wenn man annimmt, dass sich im Duchschnitt alle Sterne in etwa gleich schnell bewegen, so erscheint von der Erde aus die Eigenbewegung um so grösser, je näher sich diese Sterne zu uns befinden. Deswegen hat man von den Sternen mit grosser bekannter Eigenbewegung zuerst die Entfernungen bestimmt.
Das geht aber natürlich nur, wenn man die Sterne wenigstens sehen kann und aus der riesigen Menge Sterne einfach geeignete Kandidaten auswählen möchte. Wenn die Sterne aber zu schwach werden, kann man sie auch bei grosser Sonnennähe nicht mehr erkennen. Ich habe oben zwei schwache Rote Zwergsonnen genannt, die nicht weit entfernt sind und für die man ein Fernrohr benötigt: von den Roten Zwergsonnen sind das noch eher hellere Exemplare !
Bei den Planeten ist es nun umgekehrt: wenn die zu weit weg sind, wird ihre Eigenbewegung klein, so dass man sie zwar nur noch für einen Hintergrundstern hält, ohne zu erkennen, dass es sich um einen Planetoiden handelt, der da in mehrfachem Neptunabstand seine Runden zieht.
Während man bei den Sternen die jährliche Eigenbewegung hochpräzise vermisst, vermisst man bei den Planetoiden jenseits der Neptunbahn ihre tägliche Eigenbewegung. Beides ist systematisch recht gut durchmustert, aber Du siehst: dazwischen klafft noch ein grosses Loch, welches man mit einem weiteren langjährigen Forschungsprojekt einer weiteren Himmelsdurchmusterung zu füllen versuchen könnte. Sowas ist aber teuer. Der Umstand, dass man aber im dreifachen Neptunabstand drei Planetoiden über 1000 km Durchmesser gefunden hat, gibt doch Anlass zur Vermutung, dass sich da draussen noch einige weitere "scattered disk Objekte" sowie "Sedna-artige" aufhalten könnten. Eine neue Himmelsdurchmusterung macht aber erst Sinn, wenn man auch moderne leistungsfähigere Fernrohre zur Verfügung hat.
Freundliche Grüsse, Ralf