starke Wechselwirkung und Masse

Kibo

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Zitat Wikipedia

Außerdem entsteht Masse auch bei anderen Wechselwirkungen, ist also nicht nur auf den Higgs-Mechanismus beschränkt. Tatsächlich beruht der größte Teil der Masse unserer Alltagswelt auf der starken Wechselwirkung zwischen den Quarks in den Nukleonen des Atomkerns. Die Masse der Quarks selbst macht nur einen kleinen Anteil an der Masse eines Atomkerns aus.


Wie erzeugt die starke Wechselwirkung zwischen Quarks Masse? Ist das so etwas wie Bindungsenergie?

mfg
 

TomS

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Die Massenbildung im Rahmen der QCD entspricht tatsächlich in etwa der Bindungsenergie; die Mechanismen sind aufgrund der Dynamik der QCD hochkompliziert und m.W.n. nur numerisch (da jedoch recht präzise) fassbar. Das Higgs spielt für die Nukleonenmassen tatsächlich kaum eine Rolle; ohne Higgsfeld d.h. mit masselosen Quarks wären die Nukleonenmasen tasächlich nur um wenige Prozent anders. Für andere Teilchen wie die Pionen sähe das anders aus, ohne Higgsfeld wären diese exakt masselos.

http://www.durr.itp.unibe.ch/talk_09_psi.pdf
 

Kibo

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OK, das erklärt einiges.
Das ist in etwa so wie ich es mir auch vorgestellt habe, danke. Aber erstaunlich ist es auf jeden Fall, denn bedeutet es doch, dass auch wir massenmäßig zum größten Teil aus Bindungsenergie bestehen, dass so was dann auch noch stabil ist.

mfg
 

FrankSpecht

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Hallo, Kibo,

in der gestrigen Pressekonferenz zum neu entdeckten Boson hat CERN-Direktor Rolf Heuer etwas ähnliches gesagt (wenn ich mich nicht verhört habe).
Frei wiedergegeben: "Nur 5% der Masse eines Menschen wird durch den Higgs-Mechanismus erzeugt."
 

Kibo

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Die Bindungsenergie zwischen Protonen kann man ja unter Umständen bei manchen Elementen freisetzen (Kernspaltung). Lässt sich die zwischen diesen noch viel kleineren Teilchen vielleicht auch freisetzen? Man würde dann ja Quasi fast die gesamte Masse eines Atoms in Energie wandeln.
 

TomS

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Die Bindungsenergie zwischen Protonen kann man ja unter Umständen bei manchen Elementen freisetzen (Kernspaltung). Lässt sich die zwischen diesen noch viel kleineren Teilchen vielleicht auch freisetzen? Man würde dann ja Quasi fast die gesamte Masse eines Atoms in Energie wandeln.
Nein, das geht nicht, da die QCD die Eigenschaft des Color-Confinements aufweist, d.h. Quarks und Gluonen sind in den Nukleonen gebunden und können prinzipiell nicht voneinander separiert werden. Zuführen von Energie bricht das Nukleon nicht in einzelne Quarks auf, sondern führt nur zur Bildung mehrere Teilchen wie weiteren Baryonen und Mesonen, jedoch nie zu freien Quarks. Abgesehen davon wird auch bei der Kernspaltung nur dann Energie frei, wenn es sich um genügend schwere (und damit instabile) Atomkerne handelt. Einen leichten Kern wie ein alpha-Teilchen = He[SUP]4[/SUP] kann man nur unter Energiezufuhr spalten.

Der Begriff Bindungsenergie im Falle der QCD ist insofern irreführend, als in der Kernphysik für die Gesamtmasse des Kerns, die Anzahl und Massen von Protonen und Neutronen sowie den Massendefekt gilt:

m[SUB]Kern[/SUB] = N[SUB]p[/SUB]m[SUB]p[/SUB] + N[SUB]n[/SUB]m[SUB]n[/SUB] - Δm,

wobei

E = Δm c²

die Bindungsenergie liefert. Bei positivem Δm und damit stabilem Kern ist die Masse des Kernes etwas kleiner als die Summe der Nukleonenmassen, d.h.

m[SUB]Kern[/SUB] < N[SUB]p[/SUB]m[SUB]p[/SUB] + N[SUB]n[/SUB]m[SUB]n[/SUB].

Im Falle der QCD gilt aber für die Nukleon- und Quarkmassen

m[SUB]Nukleon[/SUB] = N[SUB]q[/SUB]m[SUB]q[/SUB] + Δm,

wobei m[SUB]Nukleon[/SUB] ≈ Δm >> N[SUB]q[/SUB]m[SUB]q[/SUB],

D.h. das Nukleon ist wesentlich schwerer als alle (gedachten freien) Quarks zusammen, und man darf keinsefalls diese Massendifferenz mittels der obigen Formel aus Kernphysik als Bindungsenbergie interpretieren! In der Kernphysik würde ein derartiger "negativer Massendefekt" auf einen instabilen Kern hinweisen. D.h. ja - es ist soetwas wie Bindungsenergie - und nein, man darf keinesfalls das Bild der Kernphysik einfach so übertragen.
 
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