Welchen Sinn hätte ein Universum ohne jedes Leben?

Entropie

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Hallo

Ich weiss ja nicht, ob das Thema jetzt so neu und toll ist und noch nie ausdiskutiert wurde, aber meine eine Minute andauernde Suche hier im Forum ergab nichts. ^^
Wenn es das schon gab bitte ich um einen Verweis und ich wäre dankbar. :)
Edit: Ich glaube fast, dass der Beitrag in "Über den Tellerrand" oder sonst wo in Sonstiges besser aufgehoben wäre.
Hier geht es ja doch noch mehr um die Raumfahrt und Wissenschaft.
Entschuldigt bitte den Fehlpost. :S

Ich habe mir gerade die Frage gestellt, welchen Sinn ein Universum ohne jedes Leben hätte.

Was würdet ihr auf diese Frage antworten?

Ich bin etwas unentschlossen bei meiner Antwort.
Schließlich ist das Universum etwas großes, (ggf. *gg*) einzigartiges Schauspiel mit solch einer Farbenpracht, das uns alle umschließt und jedem eine Mitreise gestattet. :)
Aber da liegt auch schon der Hund begraben. Ohne Leben, so wie wir es kennen, würde es niemanden interessieren.
Es wäre ein düsterer Ort, dessen Entstehung und Ende praktisch das selbe wären. Beides hätte Null Wert.
Es wäre wie in dem Sprichwort mit dem fallenden Baum im Wald.

Wenn niemand hinsieht, während ein ganzes Universum aus dem Nichts entsteht, es sich ausbreitet und irgendwann wieder im Nichts endet, hat das dann jemals alles stattgefunden?

Natürlich könnte man diese Antwort einfach mit einem Ja beantworten und damit begründen, dass die Erde ein einfacher weiterer kahler Planet in der Einöde unserer Galaxie wäre, genau so wie Milliarden von anderen kahlen Planeten, für die sich niemand interessiert und alles wird sich wie gewohnt weiter um seinen Mittelpunkt drehen.

Aber da sind wir schonwieder bei meiner Frage.

Welchen Sinn hätte ein Universum ohne jedes Leben?

Ich würde gerne wissen, was ihr dazu sagt. :)
 
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Alex74

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Da "Sinn" etwas ist das von bewußten, vernunftbegabten Wesen definiert wird erübrigt sich die Frage für ein Universum ohne Beobachter.

Die gleiche Fragestellung gilt bereits in unserem Universum für "sinnlose" Elementarteilchen, Planetensysteme ohne Leben oder Sandkorn Nr. 34645635283764 von rechts an der Costa del Sol vom 1.4.1984.

Ganz persönlich: ich finde solche Fragen immer ziemlich "sinn"los da sie oft gestellt werden in der Hoffnung eine Art Tiefgründigkeit zu finden, die es aber nicht gibt, da Sinn lediglich von bewußten Lebewesen gestiftet wird. Daraus ergibt sich zwangsläufig, das alles was deren Existenz nicht berührt auch nicht sinnvoll ist, außer es trug zur großen Zahl der möglichen Systeme bei um deren Existenz wahrscheinlicher zu machen...

"Sinn" kannst Du einem unbeobachteten Universum nur dann geben wenn Du einen Schöpfer unterstellst. Nun gut, dann ist das Teil wohl irgendwie in seinem Sinn gewesen, was auch nicht meiner oder unserer gewesen sein muß.

Gruß Alex
 

mac

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Hallo Entropie,

Diese Frage ist wahrscheinlich so alt wie das Bewußtsein von Menschen und wohl auch einigen Tieren, daß sie nicht ewig leben werden.

Ohne uns gibt es die Frage nach dem Sinn nicht. Sie taucht nur durch uns auf. Wir sind immer Teil jeder Antwort darauf.

Welchen Sinn macht das Sonnenlicht ohne Pflanzen? Könnte man auch fragen. Aber offensichtlich gibt es das Sonnenlicht auch ohne Pflanzen. Und für mich ebenso offensichtlich gab und wird es das Universum auch ohne uns geben.

Klar kannst Du nicht unterscheiden ob es nur und einzig seit heute 12:22 Uhr in Deinem vielleicht sogar körperlosen Bewußtsein stattfindet – ebenso wenig wie ich es unterscheiden kann, ob es nur in meinem Kopf stattfindet. Aber mal zu Ende gedacht, was würde sich ändern, wenn Du glaubst das Eine oder das Andere beweisen zu können?

Bis jetzt jedenfalls ist es viel großartiger, als ich allein es mir jemals ausdenken könnte – da bin ich mir fast 100% sicher. Und ich hab‘ auch wenig Probleme mit dem Gedanken, daß es das Universum meinetwegen nur gibt um uns hervorzubringen und zu unterhalten, bis ich die Vorstellung eben verlassen muß, bzw. sie auch nicht ewig dauert. Wir bekommen diese scheinbare ‚Verschwendung‘ doch jeden Tag von der Natur vorgeführt.

Diese Frage nach dem Sinn versteckt in meinen Augen meistens mehr oder minder gut den menschlichen Wunsch nach Bestand, ewigem Leben und nicht von seinen Eltern/Lieben/Kindern verlassen zu werden.

Bei gründlichem Nachdenken ist für mich aber die Vorstellung es könnte ewig dauern und noch schlimmer, ich nehme daran ebenso ewig teil, ein kaum zu überbietender Alptraum. Und den Rest muß ich früher oder später ebenso loslassen, wie ich sowohl meine Eltern meine Kinder und meine Lieben loslassen muß, um ihn ihrer und ihrer Kindeskinder Zukunft zu überlassen. Nur mit der Hoffnung, aber ohne Gewißheit, daß es eine gute Antwort geben wird.

Herzliche Grüße

MAC
 

frosch411

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Welchen Sinn hätte ein Universum ohne jedes Leben?

Spontan würde mir erst mal 42 einfallen :rolleyes:

Aber vielleicht gibt es ja einen Schöpfer, einen Gott der das Universum erschaffen hat und sich an seiner Schönheit erfreut. Und weil die vielen toten Sterne und Planeten irgendwann langweilig werden, hat er die Naturgesetze dann mal so aufgestellt, dass irgendwo Leben entstehen kann, was diesen Planeten dann besonders schön macht, besonders wenn man die Details anschaut...

Allerdings ohne einen Schöpfer macht ein Universum ohne Leben tatsächlich keinen Sinn. Ob allerdings ein Universum mit Leben einen Sinn macht, ist auch noch die Frage. Schließlich vergeht das Leben auch irgendwann.

Fazit:
Naturwissenschaftler interessiert die Frage nach dem Sinn gar nicht.
Philosophen interessiert es schon, aber sie wissen auch keine Antwort.
Theologen wissen eine Antwort, die kann man dazu am ehesten fragen.
Und englische Schriftsteller nehmen die Frage mit Humor.

o_o
 

Runzelrübe

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Es gibt darauf eine sehr einfache Antwort ohne irgendjemandem auf den Schlips treten zu müssen.

Die individuelle Definition von "Sinn" lässt sich erklären durch den Nutzen, der sich für einen Nutznießer mit Zielvorgaben ergibt. Hierbei wird bereits vor der Sinnbewertung zwischen "sinnvollem" und "sinnlosem" Ziel unterschieden. Zielerreichung, Zielverfehlung. Eine Definition von "Sinn" in einem Universum ohne Leben müsste also den Schritt von "individuell" auf "generell" nehmen. "Generell" bedeutet, dass zu jedem Zeitpunkt irgendein Ziel erreicht wird, dessen Wertung nicht vorgenommen werden musste. Somit ist die vollumfängliche Definition von "Sinn" bereits durch die Existenz abgedeckt. Nicht einmal das Auftreten von Kausalketten wird benötigt. Nicht einmal der Zeitpunkt würde benötigt, nicht einmal die Zeit (auch nur eine Dimension). Existenz ist alles. Damit erübrigt sich das Wort "Sinn". :) Toll, oder? :D

Die Antwort auf eine solche Halbfrage lautet also, dass sie in sich selbst "sinnlos" bleibt, solange sie entweder falsch herum gestellt wird oder ohne Bezug.
Stellen wir die Frage also doch gleich mal so, dass sie beantwortbar wird.

Die Frage: "Welchen Sinn hätte ein Universum ohne Leben für mich/für uns/für jemanden?" wird nach individuellen Maßstäben bewertet, die anhand der Zielerreichung von 1..n Individuen festgelegt werden. Sie ist ein prima Aufhänger für Leute, die gern den Kopf abschalten und ihre Endorphine bereit darüber ausschütten, dass es Kausalketten gibt. Man streitet dabei gern um unterschiedliche Ziele, gern auch mal in Kriegen.

Die Frage "Wie definiert sich Sinn in einem Universum ohne Leben?" wird vollumfassend beantwortet durch die Eigenschaften des jeweiligen Universums.

Und um das noch zu einem krönenden Abschluss zu bringen. Natürlich gibt es eine Menge Leute, deren Zielwertung es nicht zulässt, diese Antwort gelten zu lassen. Und sei es nur, um ein Führerscheinfoto mit einem Spaghettisieb auf dem Kopf aus religiösen Gründen einklagen zu dürfen, da Religion unantastbar ist und die vollständige Religionsfreiheit nicht als gleichgestellt betrachtet wird.
 
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Monod

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@ Runzelrübe:

"Generell" bedeutet, dass zu jedem Zeitpunkt irgendein Ziel erreicht wird, dessen Wertung nicht vorgenommen werden musste.

Irgendwie verstehe ich diesen Satz nicht. Wenn zu jedem Zeitpunkt irgendein Ziel erreicht wird, müssen diese Ziele doch irgendwie gesetzt sein, also a priori feststehen. Wenn Ziele gesetzt sind, muss es einen (oder mehrere) Zielsetzer geben, der a priori weiß, dass ein erreichter Zustand ein Ziel darstellt. Wenn ich "Sinn" über "Zielvorgabe" definiere, lege ich folglich zugleich einen (oder mehrere) Zielsetzer fest, mithin also eine irgendwie situierte Intelligenz, die im Voraus wissen kann, dass etwas ein Ziel ist, auch wenn das Erreichen eines Ziels durch diese Intelligenz nicht gewertet wird.

Die Frage war aber, ob es neben einem "Sinn für mich" (wobei "mich" für das "Leben im Universum" generell stehen kann!) auch noch einen "Sinn an sich" gibt, der auch für ein unbelebtes Universum gültig ist. Hier von Zielvorgabe zu sprechen erscheint mir etwas deplatziert, weil damit durch die Hintertür der liebe Gott hereingelassen wird, der alles schon im Voraus weiß. Natürlich fragt man sich, wenn man etwas im Hinblick auf seinen Sinn untersucht, worauf die Sache hinauslaufen mag, ob es irgendeinen Nutzen hat, aus dem am Ende etwas Gutes erwächst, welches in der Rückschau die Sache als sinnvoll erkennbar werden lässt. Diese Vorwegnahme des guten Endziels zur Rechtfertigung des gegenwärtigen Geschehens entfällt jedoch bei der Anwendung auf einen Naturprozess - hier die Entwicklung des Universums - weil die Entwicklung nicht auf ein Ziel hinausläuft, sondern in einen Endzustand maximaler Entropie mündet. Alle im Verlauf dieser Entwicklung entstehenden Strukturen, Objekte, Lebewesen usw. stellen nur temporäre Zwischenstadien dar, die nicht dauerhaft sind - gewissermaßen Zwischenstationen auf dem Weg ins Nichts, vergleichbar mit Wasserwirbeln in einer Stromschnelle, die zwar kurzfristig Wasser stromaufwärts transportieren, aber den Strom als solchen in seiner Fließrichtung nicht umkehren. Diese Inseln der (Pseudo-)Stabilität stellen für sich genommen jedoch keine Ziele dar, die erreicht werden, sondern sind allfällige Beiprodukte des allgemeinen Entropiegefälles, die für sich genommen ohne intrinsischen Wert sind, wie auch der Gesamtentwicklungsprozess als solcher. Sinn und Wert einer Sache ergibt sich erst dann, wenn jemand da ist, der den Dingen und Ereignissen Sinn und Wert beimisst. Darum ist ein Universum ohne jedes Leben in der Tat sinnlos.

Monod
 

Runzelrübe

Registriertes Mitglied
Hi Monod,

leider, wie so häufig, funktioniert es nicht, die Bedeutung eines Wortes wie "Sinn" durch das private Empfinden zu definieren, das man hat, wenn man über "Sinn" nachdenkt. Das, was ein Individuum unter "Sinn" versteht, bleibt solange die persönliche Definition, bis es sich darauf einlässt, dass mit "Sinn" etwas viel ursprünglicheres gemeint ist. Man muss wirklich etwas bedachter lesen, was ich da geschrieben habe. Hierbei kommt es auf die richtigen Worte an, nicht auf das, was man darunter versteht.

Du hast - aber das ist nur menschlich und schwer abzustellen - "Ziel" gleichgesetzt mit "Zielvorgabe". Ich habe im ersten Schritt hiervon gesprochen:

Sinnbewertung zwischen "sinnvollem" und "sinnlosem" Ziel unterschieden. Zielerreichung, Zielverfehlung

Beim nochmaligen Betrachten des Satzes fällt mir auf, dass - auch nur menschlich - ich wohl unglücklicherweise vorausgesetzt habe, dass der Leser den Unterschied der jeweils zueinander inversen Bedeutung der Wörter sieht, die sich gegenseitig aufheben, wenn kein Individuum beteiligt ist. Versteckte Logik. Mein Fehler. Zwei weitere Sätze hätten wohl zum besseren Verständnis beigetragen, daher hole ich das hier einfach noch nach.

Ist für eine Menge Individuen ein Ziel (bzw. eine Zielvorgabe) erreicht, ist für eine andere Menge Individuen dieses Ziel (Zielvorgabe der ersten Menge) verfehlt. Wenn wir bei derselben Betrachtung die Zielvorgabe invertieren, wird die Menge an Individuen sich invers auf Zielerreichung und Zielverfehlung verteilen.

Völlig egal also, wie man es dreht, es passiert etwas und es wird bewertet, egal ob eine bestimmte Zielvorgabe existiert hat oder eben auch nicht. Lassen wir daher doch einfach die Bewertung (bzw. die Bewerter) weg. Dann bleibt nur noch die Tatsache, dass etwas passiert ist. Die einfachste Form von Veränderung ist der Ursprung, die Existenz. Selbst ein stagnierendes, sich niemals änderndes Universum, trägt daher eine (und hier kommt der Unterschied) eigene Definition von "Sinn". Und wie ich im vorherigen Beitrag angedeutet habe, können sich einige Personen nicht davon trennen, "Sinn" gleichzusetzen mit "individuell auf sich bezogene Bedeutung, was unter Sinn verstanden wird".

Der Schlüssel ist, "Sinn" ohne Meinung und Wertung zu definieren. Ist schwierig, geht aber.
 
Zuletzt bearbeitet:

Monod

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@ Runzelrübe:

Ich komme noch nicht ganz klar mit deiner generellen Definition von "Sinn". Du schreibst:

Ist für eine Menge Individuen ein Ziel (bzw. eine Zielvorgabe) erreicht, ist für eine andere Menge Individuen dieses Ziel (Zielvorgabe der ersten Menge) verfehlt. Wenn wir bei derselben Betrachtung die Zielvorgabe invertieren, wird die Menge an Individuen sich invers auf Zielerreichung und Zielverfehlung verteilen.

Machen wir das mal an einem konkreten Beispiel fest. Ein Komet schlägt auf einem Planeten ein. Ein anderer Komet schlägt nicht auf diesem Planeten ein. Komet 1 hätte dann ein Ziel erreicht (Impakt) und Komet 2 hätte dann das Ziel verfehlt, weil er nicht ebenso wie Komet 1 auf dem Planeten eingeschlagen ist. Sehe ich das so richtig?

Falls du es so gemeint haben solltest, ergeben sich für mich daraus folgende Fragen:

1. Woher stammt die Zielvorgabe für Komet 1?

2. Wie und wodurch erfolgt die Bewertung des Impakts als Zielerreichung?

Auch die folgenden Erläuterungen machen es für mich nicht klarer:

Völlig egal also, wie man es dreht, es passiert etwas und es wird bewertet, egal ob eine bestimmte Zielvorgabe existiert hat oder eben auch nicht.

Wenn etwas passiert, ist es also egal, ob eine Zielvorgabe existiert hat. Wenn Komet 1 auf den Planeten einschlägt, muss folglich keine Zielvorgabe existiert haben, aber es kann trotzdem bewertet werden, ob er ein Ziel erreicht hat oder nicht? Dann rekonstituiert der Bewerter a posteriori ein Ziel und setzt es als a priori gegeben fest, da ja schließlich - aus seiner Sicht - ein Ziel erreicht worden ist, weil etwas geschehen ist, was bei Komet 2 nicht geschehen ist. Folglich hat Komet 2 im Vergleich zu Komet 1 sein Ziel verfehlt. Das Problem ist hierbei nur, dass dieses Ziel a priori nicht gegeben war, sondern nur postuliert wird, es hätte eins gegeben. Die Zielvorgabe ist folglich stets an eine bewertende Instanz gebunden, die in der Lage ist, Ziele zu setzen - mithin also an ein intelligentes Wesen. Wenn ich also beobachte, dass Shoemaker-Levy 9 auf Jupiter einschlägt, kann ich sagen: Ziel erreicht! An und für sich jedoch hat es gar kein solches Ziel gegeben, so dass sich die Bewertung auf der Basis meiner ganz persönlichen Wunschvorstellung ("Möge der Komet einschlagen!") vollzieht. Wir hätten hier also kein generelles Ziel.

Lassen wir daher doch einfach die Bewertung (bzw. die Bewerter) weg. Dann bleibt nur noch die Tatsache, dass etwas passiert ist.

Ja, dann passiert irgendetwas. Komet 1 schlägt auf dem Planeten ein. Das wars. Kein Schmerz, kein Schrei - intakt, vorbei. Wo ist da der Sinn zu sehen? Individuell ist da sowieso keiner, schon klar. Aber worin liegt hier ein genereller Sinn enthalten? Es gibt kein Ziel, keine Zielvorgabe, keine Bewertung und damit auch keinen Bewerter. Es passiert, weil es sich zufällig so ergeben hat. Sinn? - Fehlanzeige!

Die einfachste Form von Veränderung ist der Ursprung, die Existenz.

Da muss ich nachfragen. Was ist Ursprung? Was ist Existenz? Im Wort "Ursprung" steckt der Sprung ja mit drin, beschreibt also die allererste Bewegung, die aus einem Noch-nicht- seienden ein Seiendes macht. Der Ursprung zieht die Existenz nach sich. Ob der Ursprung zur Existenz des nach dem Ursprung Seienden dazugehört oder eine eigene Kategorie bildet, die zwischen Sein und Nichtsein vermittelt, ist Streitpunkt unter Philosophen. Damit müssen wir uns hier nicht abmühen. Bleiben wir daher bei Existenz, das ist, denke ich, einfacher.

In Anlehnung an George Berkeley ("Sein ist Wahrgenommenwerden.") definiere ich Existenz so: Existenz ist potenzielle Wahrnehmbarkeit.

Zur Erläuterung: Alles was existiert und was wir als existent erkannt haben, zeichnet sich dadurch aus, dass es entweder direkt oder vermittelt über Messgeräte mit unseren Sinnesorganen wechselwirkt. Wir unterscheiden in der Regel zwischen Dingen und Relationen zwischen den Dingen. Beide zusammen konstituieren die Welt als Ganzes. Die Wahrnehmungen bilden das Rohmaterial, auf dessen Grundlage wir auf die Existenz schließen. Die leidige Debatte, ob diese subjektive Schlussfolgerung eine objektive Entsprechung hat, lasse ich mal außen vor. Ich gehe davon aus, dass die Welt der Dinge und Relationen nicht nur subjektiv, sondern auch objektiv existiert, also unabhängig von meiner Wahrnehmung.

Damit bin ich bei dem angelangt, was ich mit dem Begriff "potenziell" ausdrücken will: Auch wenn ich nicht da bin, existiert diese Welt. Die Welt existiert unabhängig von meinen Wahrnehmungen. Die Welt existiert ebenso unabhängig von den Wahrnehmungen aller bereits gestorbenen und aller noch nicht geborenen Beobachtern. Um die Sache zu komplettieren, können wir nun noch die jetzt lebenden Beobachter extrahieren: Die Welt existiert unabhängig von den Wahrnehmungen von Beobachtern. Aber: Da es Beobachter gibt, ist die Welt wahrnehmbar. Sie ist so beschaffen, dass Beobachter sie wahrnehmen können. Wenn es nun Welten gibt, die keine Beobachter enthalten, dann müssten sie so beschaffen sein, dass Beobachter sie wahrnehmen könnten, wenn sie anwesend wären. Auch in diesen Welten müsste es Dinge und Relationen geben, die sich quantifizieren und qualifizieren lassen, wenn es Beobachter gibt, die dazu in der Lage sind. Das meine ich mit "potenzieller Wahrnehmbarkeit". Alles was existiert, muss - wenn schon nicht aktual, also tatsächlich gegeben - wenigstens potenziell, also hypothetisch annehmbar, wahrnehmbar sein.

Unter der Prämisse dieser Existenzdefinition erschließt sich mir nicht, wie darin eine eigene Definition von Sinn enthalten sein kann:

Selbst ein stagnierendes, sich niemals änderndes Universum, trägt daher eine (und hier kommt der Unterschied) eigene Definition von "Sinn".

Wodurch kommt diese "eigene Definition" zustande, wenn sich niemals etwas ändert, wenn keine Beobachter da sind, die diese Stagnation irgendwie registrieren könnten? Ich zitiere noch einmal die fragliche Stelle aus deinem vorherigen Beitrag im Kontext:

Eine Definition von "Sinn" in einem Universum ohne Leben müsste also den Schritt von "individuell" auf "generell" nehmen. "Generell" bedeutet, dass zu jedem Zeitpunkt irgendein Ziel erreicht wird, dessen Wertung nicht vorgenommen werden musste. Somit ist die vollumfängliche Definition von "Sinn" bereits durch die Existenz abgedeckt. Nicht einmal das Auftreten von Kausalketten wird benötigt. Nicht einmal der Zeitpunkt würde benötigt, nicht einmal die Zeit (auch nur eine Dimension). Existenz ist alles. Damit erübrigt sich das Wort "Sinn" ...

Nicht nachvollziehbar ist für mich neben der Zielerreichung ohne Wertungsnotwendigkeit die Gewissheit, dass "Sinn" bereits durch "Existenz" abgedeckt ist. Existenz ist ja bloß potenzielle Wahrnehmbarkeit. Sinn hingegen ergibt sich aus aktualer Wahrnehmung durch konkret vorhandene Beobachter, die einem Geschehen einen Sinn zuweisen können - meinetwegen als Bewertung einer Zielvorgabe. Die Existenz von Beobachtern ist aber eine spezielle Form von Existenz, die lediglich potenziell als Möglichkeit gegeben ist und nur dann Wirklichkeit wird, wenn die zu deren Existenz notwendigen Kausalketten ablaufen. Folglich enthält Existenz nur potenziell Sinn, niemals jedoch a priori aktual. Auch die Attributerweiterung von "individuell" auf "generell" hilft hier nicht weiter, denn dann - du hattest es ja geschrieben - erübrigt sich der Gebrauch des Wortes "Sinn", weil er sinnlos, im Sinne von "ohne Entsprechung in der Wirklichkeit" wird.

Der Schlüssel ist, "Sinn" ohne Meinung und Wertung zu definieren. Ist schwierig, geht aber.

Na gut, dann hast du einen Schlüssel, aber was nützt dir der Schlüssel, wenn du kein Schlüsselloch hast, in das der Schlüssel hineinpasst, weil die Tür gar nicht da ist?

Monod
 

Major Tom

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Hallo Monod - Ich weiß Du magst solche "querdenkerischen" Ansätze nicht aber ich denke daß diese frischen Ideen nicht unbedingt in Widerspruch zu klassischen Philosophien stehen müssen auch wenn sie aus dem Land der inzwischen nicht mehr ganz so unbeschränkten Möglichkeiten kommen.;)
Interessant auch daß der Mann Stammzellenforscher ist.

Biozentrismus
Professor Dr. Robert Lanza hat den Begriff des Biozentrismus geprägt. In seinem Buch beschreibt er folgende sieben Prinzipien die das biozentrisches Weltbild charakterisieren:
Was wir als Realität wahrnehmen ist ein Prozess das unser Bewusstsein einbezieht. Eine “externe” Realität, falls diese existiert, würde per Definition in einem Raum existieren. Aber das hat keinen Sinn, da Raum und Zeit keine absoluten Realitäten sind, sondern eher Werkzeuge des Geistes.
Unsere äußere und innere Wahrnehmung sind untrennbar ineinander verflochten. Diese sind die zwei Seiten von ein und der selben Münze und können nicht voneinander getrennt werden.
Das Verhalten der subatomaren Teile, tatsächlich aller Partikel und Objekte, ist untrennbar von der Gegenwart eines Beobachters abhängig. Ohne die Gegenwart eines bewussten Beobachters existieren diese bestenfalls nur als nicht festgelegte Zustände von Wahrscheinlichkeitswellen.
Ohne Bewusstsein weilt Materie nur in einem indeterminierten (unbestimmten) Wahrscheinlichkeitszustand. Jedes Universum das vor dem Bewusstsein existiert hätte, hätte nur als ein Wahrscheinlichkeitszustand existiert.
Die Struktur des Universums ist nur durch den Biozentrismus erklärbar. Das Universum ist fein abgestimmt für das Leben, was nur richtig Sinn macht wenn die Lebewesen das Universum erschaffen und nicht andersherum. Das “Universum” ist einfach die gesamte Raum-Zeit Logik des Selbst.
Zeit hat keine reale Existenz außerhalb der Wahrnehmung eines Lebewesen. Es ist der Prozess durch welches wir Änderungen im Universum wahrnehmen.
Raum, wie auch die Zeit, ist nicht ein Objekt oder ein Ding. Raum ist eine weitere Art eines biologischen Sinnes und hat keine unabhängige Realität. Wir tragen Raum und Zeit mit uns herum, so wie Schildkröten ihren Schildkrötenpanzer mit sich herum tragen. Daher existiert keine absolut eigenständige Matrix in welche alle physikalischen Ereignisse sich unabhängig vom Leben ereignen.

Robert Paul Lanza (born 11 February 1956) is an American Doctor of Medicine, scientist, Chief Scientific Officer of Advanced Cell Technology (ACT)[1] and Adjunct Professor at the Institute for Regenerative Medicine, Wake Forest University School of Medicine.[2]
"How Life and Consciousness are the Keys to Understanding the Universe"

Gruß
MTom
 

Diethard

Registriertes Mitglied
Das würde ich als ein wirklich homozentrisches Weltbild bezeichnen. Ich bin, also ist die Welt. Ich halte das für eine überdrehte Aussage, die durch nichts begründbar ist. Naja, der Mann ist Mediziner, da kommt man schon auf solche Gedanken. ;)

Gruß Diethard
 

Kickaha

Registriertes Mitglied
Hallo,

interessante Diskussion die ich hier nicht erwartet hätte! :cool:
Was wir als Realität wahrnehmen ist ein Prozess das unser Bewusstsein einbezieht. Eine “externe” Realität, falls diese existiert, würde per Definition in einem Raum existieren.
Dies ist eine zentrale Aussage im Kontext.
Die meisten älteren Philosophien kommen zu dem Ergebnis, dass Raum und Zeit eine Illusion ist. (zB. Tao, Buddhismus, Lolla) Dann ist auch das Universum eine Illusion. Real ist nur das Bewusstsein.
Dem gegenüber ist die Wissenschaft.
Die Wissenschaft sagt, dass Bewusstsein ist eine Illusion. Raum, Zeit Materie sind real.

Für beide Philosophien gibt es starke Hinweise. Keine der Philosophien kann die andere wiederlegen.

Es ist wie mit „Teilchen oder Welle“? lol


Namaste
 

Erizo_Erizado

Registriertes Mitglied
Dann mal bitte flugs her mit den wissenschaftlichen Gegenargumenten. Dass jemand Medizinier ist, ist schonmal keines.

Mich erinnert dieser Biozentrismus-Popanz stark an den radikalen Konstruktivismus. Beide sehen Bewusstsein als ein absolutes, eigenständiges Ding an, das irgendwann mal im Laufe der Evolution aus dem Nichts emporsteigt und uns eine Welt vorgaukelt.

Dabei ist es doch so, das sich das menschliche Bewusstsein als Erfolgsmodell entwickelt hat, um die Umwelt so realitätsgetreu abzubilden, das sich die Lebewesen darin super zurechtfinden und sie sogar manipulieren können. Das Bewusstsein ist nicht mehr als die Summe aller Sinnesempfindungen, incl. der Gedankenwelt, und die Sinnesempfindungen richten sich nach den vorherrschenden Bedingungen auf dem Gestirn. Also Lichtfrequenz, Schallwellen etc. etc. pp.

Absurd wird es, wenn sogar behauptet wird, das das Bewusstsein (komischerweise benennt der Autor dieses nicht als Konstruktion seiner selbst, so wie Raum und Zeit) sinnstiftend wird und der unbestimmten Welt der Quanten auf einmal in einen definierten Zustand presst (die Wellenfunktion zum Kollabieren bringt). Wann soll denn die Grenze des Bewusstsein erreicht sein? Beim Schwamm, Pilz, Ammonit, Dinos, Säuger oder erst dem Menschen?Wo soll die Grenze sein, vor der alles unbestimmt war, und warum gibt es aus ihr Zeitzeugen, also bspw. Fossilien, Gesteine, Klimaarchive?

Ganz ehrlich, für solche pseudoreligiös-wissenschaftlichen Erhöhungen des menschlichen Bewusstseins hab ich genauso wenig übrig wie für jeden anderen Zentrismus-Mist.
 

Major Tom

Registriertes Mitglied
Die Frage des Treaderstellers lautete: "Welchen Sinn hätte ein Universum ohne jedes Leben?"

Naturgemäß kann die Wissenschaft nur Fragen nach dem "wie" aber nicht nach dem "warum" beantworten. Das ist klassischerweise Aufgabe der Theologie.

Jetzt gibt es eben einige - mehr oder weniger gelungene - Ansätze einen Spagat zwischen den Disziplinen zu versuchen.

Die von mir gepostete Quelle stellt einen dieser Versuche dar.

Die ultimative Antwort auf die Sinnfrage habe ich leider auch noch nicht gefunden.

Gruß
MT
 

Alex74

Registriertes Mitglied
Wie gesagt, "Sinn" ist ein rein für denkende Wesen anwendbarer Begriff.
Wenn ich ein Haus baue dann ist das für mich sinnvoll. Wenn ich dadurch ein altes Haus das unter Denkmalschutz steht habe abreißen lassen dann war das für Historiker nicht sinnvoll. Sinnhaftigkeit und Sinnlosigkeit können bei exakt der gleichen Sache also nebenher existieren, es gibt sie also rein durch Bewertung eines denkenden Wesens.
Das gilt auch für die Natur soweit sie uns betrifft: daß sich mal ein Felsplanet in rund 150 mio.km Abstand zur Sonne bildet war für uns hier sehr sinnvoll. Und das ohne daß da jemand hat Sinn stiften müssen. In etwa so, wie der Meteorit vor 65 mio. Jahren für uns sehr sinnvoll war. Aber nicht für eine evtl. heute aufgrund dieses Ergeignisses möglicherweise nicht existierende intelligente Reptilienart.

Dem Universum ist das alles egal. Das scheint für viele Menschen problematisch zu sein: zu erkennen daß man sich und seinem Leben selbst einen Sinn geben muß und damit einen Schritt hin zur Eigenverantwortlichkeit tut.
Die Alternative ist nämlich mittelalterlich: "Der liebe Gott (oder wer auch immer den Sinn der Welt stiftet) wirds schon richten."

Gruß Alex
 

Erizo_Erizado

Registriertes Mitglied
Die Frage des Treaderstellers lautete: "Welchen Sinn hätte ein Universum ohne jedes Leben?"

Naturgemäß kann die Wissenschaft nur Fragen nach dem "wie" aber nicht nach dem "warum" beantworten. Das ist klassischerweise Aufgabe der Theologie.

Jetzt gibt es eben einige - mehr oder weniger gelungene - Ansätze einen Spagat zwischen den Disziplinen zu versuchen.

Die von mir gepostete Quelle stellt einen dieser Versuche dar.

Die ultimative Antwort auf die Sinnfrage habe ich leider auch noch nicht gefunden.

Gruß
MT

SINN. Auch Sinn ist nur eine Konstruktion. Sinn ist im Allgemeinen nur etwas, das dazu geeignet ist unserer Existenz zuträglich zu sein. Ist es das nicht, qualifizieren wir es als sinnlos herab.

Dieselben Relativisten, die Raum, Zeit, Realität usw. als Konstruktion herabwürdigen, lassen schwammige Begriffe wie Sinn oder Bewusstsein absolut und undefiniert im Raum stehen, obwohl es das noch viel weniger dürfte als die vorher genannten Begriffe.

Es ist nichts weiter als haltlose Esoterik, aufgepeppt mit physikalischen Phänomenen wie der Quantenwelt, die um den Sinneswahn drumrumgebaut wird.
 

Erizo_Erizado

Registriertes Mitglied
Wie gesagt, "Sinn" ist ein rein für denkende Wesen anwendbarer Begriff.
Wenn ich ein Haus baue dann ist das für mich sinnvoll. Wenn ich dadurch ein altes Haus das unter Denkmalschutz steht habe abreißen lassen dann war das für Historiker nicht sinnvoll. Sinnhaftigkeit und Sinnlosigkeit können bei exakt der gleichen Sache also nebenher existieren, es gibt sie also rein durch Bewertung eines denkenden Wesens.
Das gilt auch für die Natur soweit sie uns betrifft: daß sich mal ein Felsplanet in rund 150 mio.km Abstand zur Sonne bildet war für uns hier sehr sinnvoll. Und das ohne daß da jemand hat Sinn stiften müssen. In etwa so, wie der Meteorit vor 65 mio. Jahren für uns sehr sinnvoll war. Aber nicht für eine evtl. heute aufgrund dieses Ergeignisses möglicherweise nicht existierende intelligente Reptilienart.

Dem Universum ist das alles egal. Das scheint für viele Menschen problematisch zu sein: zu erkennen daß man sich und seinem Leben selbst einen Sinn geben muß und damit einen Schritt hin zur Eigenverantwortlichkeit tut.
Die Alternative ist nämlich mittelalterlich: "Der liebe Gott (oder wer auch immer den Sinn der Welt stiftet) wirds schon richten."

Gruß Alex

Großartig, besser habe ich es auch nicht ausdrücken können.
 

Infinity

Registriertes Mitglied
Möglich ist es doch, dass derjenige, der der Meinung ist, das Universum müsse von Sinnhaftigkeit erfüllt sein, dieses Universum bewusst oder unbewusst als eine Art Käfig interpretiert, in dem die Lebewesen hausen (oder etwas verschärfter formuliert: gefangen sind). Daraus ergäbe sich dann durchaus eine nachvollziehbare Angelegenheit: ein Käfig ist dazu da, um ein Lebewesen entweder gefangen zu halten oder um ihm Lebensraum zu verschaffen. Anders gesagt: der Mensch baut den Käfig nur deshalb, weil es Dinge (Lebewesen) gibt, die er auch in den Käfig verbannen kann. Einen solchen aber zu bauen, ohne dass irgendwie etwas zum Gefangennehmen/Halten in Sicht ist, ist sinnlos; der Käfig wäre einfach nur da, ohne seine eigentliche Funktion zu erfüllen.

In dem Fall wäre das Universum, das den Käfig (oder Lebensraum, wie man es auch bezeichnen will) darstellt, nur deshalb da, weil es Lebewesen gibt - und nicht andersherum, etwa weil es uns gibt, da es auch ein Universum gibt, in dem wir existieren können.
 
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