@ Runzelrübe:
"Generell" bedeutet, dass zu jedem Zeitpunkt irgendein Ziel erreicht wird, dessen Wertung nicht vorgenommen werden musste.
Irgendwie verstehe ich diesen Satz nicht. Wenn zu jedem Zeitpunkt irgendein Ziel erreicht wird, müssen diese Ziele doch irgendwie gesetzt sein, also a priori feststehen. Wenn Ziele gesetzt sind, muss es einen (oder mehrere) Zielsetzer geben, der a priori weiß, dass ein erreichter Zustand ein Ziel darstellt. Wenn ich "Sinn" über "Zielvorgabe" definiere, lege ich folglich zugleich einen (oder mehrere) Zielsetzer fest, mithin also eine irgendwie situierte Intelligenz, die im Voraus wissen kann, dass etwas ein Ziel ist, auch wenn das Erreichen eines Ziels durch diese Intelligenz nicht gewertet wird.
Die Frage war aber, ob es neben einem "Sinn für mich" (wobei "mich" für das "Leben im Universum" generell stehen kann!) auch noch einen "Sinn an sich" gibt, der auch für ein unbelebtes Universum gültig ist. Hier von Zielvorgabe zu sprechen erscheint mir etwas deplatziert, weil damit durch die Hintertür der liebe Gott hereingelassen wird, der alles schon im Voraus weiß. Natürlich fragt man sich, wenn man etwas im Hinblick auf seinen Sinn untersucht, worauf die Sache hinauslaufen mag, ob es irgendeinen Nutzen hat, aus dem am Ende etwas Gutes erwächst, welches in der Rückschau die Sache als sinnvoll erkennbar werden lässt. Diese Vorwegnahme des guten Endziels zur Rechtfertigung des gegenwärtigen Geschehens entfällt jedoch bei der Anwendung auf einen Naturprozess - hier die Entwicklung des Universums - weil die Entwicklung nicht auf ein Ziel hinausläuft, sondern in einen Endzustand maximaler Entropie mündet. Alle im Verlauf dieser Entwicklung entstehenden Strukturen, Objekte, Lebewesen usw. stellen nur temporäre Zwischenstadien dar, die nicht dauerhaft sind - gewissermaßen Zwischenstationen auf dem Weg ins Nichts, vergleichbar mit Wasserwirbeln in einer Stromschnelle, die zwar kurzfristig Wasser stromaufwärts transportieren, aber den Strom als solchen in seiner Fließrichtung nicht umkehren. Diese Inseln der (Pseudo-)Stabilität stellen für sich genommen jedoch keine Ziele dar, die erreicht werden, sondern sind allfällige Beiprodukte des allgemeinen Entropiegefälles, die für sich genommen ohne intrinsischen Wert sind, wie auch der Gesamtentwicklungsprozess als solcher. Sinn und Wert einer Sache ergibt sich erst dann, wenn jemand da ist, der den Dingen und Ereignissen Sinn und Wert beimisst. Darum ist ein Universum ohne jedes Leben in der Tat sinnlos.
Monod
Das Universum trug weder das Leben, noch trug die Biosphäre den Menschen in sich. Wenn er diese Botschaft in ihrer vollen Bedeutung aufnimmt, dann muss der Mensch endlich aus seinem tausendjährigen Traum erwachen und seine totale Verlassenheit, seine radikale Fremdheit erkennen. Nicht nur sein Los, auch seine Pflicht steht nirgendwo geschrieben. Es ist an ihm, zwischen dem Reich und der Finsternis zu wählen.
Jacques Monod - Zufall und Notwendigkeit
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