Interstellare Planeten - zahlreicher als Sterne?

MGZ

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Nein. Der Planet bewegt sich ja mit 100 km/s durch das Sternentstehungsgebiet. Entsprechend haben sie, relativ zum Planeten, eine Geschwindigkeit von nahezu 100 km/s (plusminus deine 0.143 km/s), was mehr als genug ist, um dem Gravitationsfeld zu entkommen (mit anderen Worten: der Planet kann sie mit seinem Gravitationsfeld gar nicht schnell genug beschleunigen, um sie aufzusammeln). Entsprechend kann der Planet nur aufsammeln, womit er kollidiert, bzw., was direkt in seiner (gravitativen) Querschnittsfläche liegt.



10^6 * 2 Promille gäbe in der Tat 2000 Erdmassen (aber wie gesagt, deine Annahme oben, der Planet würde alle Wasserstoffatome in einem so grossen Bereich mitnehmen, ist falsch). Meine Abschätzung ist aber natürlich insofern unrealistisch, dass ich von absolut idealen Bedingungen ausgehe. Das hatte zum Zweck, zu zeigen, dass selbst unter diesen Bedingungen nur minimalste Mengen zusammenkommen: ich wollte mehr eine Obergrenze ausloten als die tatsächlich eingesammelte Menge abschätzen.

Natürlich wird kein Planet 5 Mrd Jahre lang mit 100 km/s durch ein Sternentstehungsgebiet fliegen, in dem die Atome so dicht gepackt sind wie in den dichtesten Bereichen eines solchen. Angesichts der Kleinräumigkeit solcher Gebiete, der kleinen Chance, sie auf einem typischen Pfad durch die Galaxis zu durchqueren, und ihren typischen Ausdehnungen müsste man diesen Faktor - und damit die eingesammelte Wasserstoff-Menge - wohl milliardenfach nach unten korrigieren. Dafür müsste man aber etwas mehr recherchieren, was ich jetzt diesmal dir überlasse. :)


Tja, aber wenn ein relativ leichter Planet lange genug und mit nicht zu hoher Geschwindigkeit durch ein Sternentstehungsgebiet fliegt, dann nimmt er möglicherweise doch Masse in Größenordnung seiner eigenen Masse auf und wird dadurch langsamer. Dadurch kann er wieder schneller wachsen. ;)
 

aveneer

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Mich würde nun interessieren, ob diese Masse einen signifikanten Anteil der DM ausmacht /ausmachen könnte (Faktor) oder nicht. Nachdem es in keinem der Artikel erwähnt wurde – Wahrscheinlich nicht:)

Gruß
Aveneer
 

sirius3100

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Wenn es wirklich nur doppelte soviele "interstellare Planeten" wie Sterne gibt dann tragen die zur Gesamtmasse einer Galaxie nicht wesentlich bei.
(so ganz grob Größenordnungsmäßig: die durchschnittliche Initialmasse von Sternen -wobei die Grenzmasse für Sterne hier mit einer Mindestmasse von 0,02 Sonnenmassen angesetzt ist- liegt laut IMF bei etwa 0,4 Sonnenmassen was etwa 400 Jupitermassen sind; also werden da 2mal soviele Planeten die etwa Jupitermasse haben nicht viel ausmachen).
So weit ich das im Kopf habe soll aber ja ca. 80% der Masse in der dunklen Materie stecken.
 

Bynaus

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@MGZ: Das solltest du zeigen, nicht einfach behaupten... :)

@aveneer: Wie Sirius3100 schon schrieb, es macht fast nichts aus. Die Dunkle Materie kann man damit nicht erklären.
 

MGZ

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@MGZ: Das solltest du zeigen, nicht einfach behaupten... :)

Letztlich müsste ich dafür wissen, wie viel Wasserstoff und sonstige Gase die Gesteinsplaneten und Monde kurz nach ihrer Entstehung gehabt haben. Je größer und dichter die Atmosphäre war, desto besser kann Wasserstoff eingesammelt werden. Außerdem weiß ich nicht, mit welcher Geschwindigkeit sich die Planeten durchs Weltall bewegen.
Ich würde sagen wir einigen uns darauf, dass Planeten tendenziell eher wachsen im interstellaren Medium. Wie schnell sie das tun, hängt von vielen Unbekannten ab und läuft deshalb manchmal wahrscheinlich sehr schnell ab und manchmal so gut wie gar nicht.
 

Bynaus

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MGZ schrieb:
Ich würde sagen wir einigen uns darauf, dass Planeten tendenziell eher wachsen im interstellaren Medium.

Nicht einmal da wäre ich mir sicher. Photoevaporation - etwa durch hochenergetische Strahlung - spielt auch im interstellaren Raum eine Rolle. Ganze sternbildende Wolken werden in Sternentstehungsregionen von heissen Sternen verdampft. Wenn der Planet klein genug ist, könnte er wohl im interstellaren Raum all seinen Wasserstoff verlieren.

Im Übrigen ist das "sich einigen" in wissenschaftlichen Fragen sinnlos. Die Wahrheit liegt hier eben allzuoft nicht "irgendwo in der Mitte". Die Wirklichkeit schert sich nicht so sehr darum, worauf wir uns einigen. Gewisse Dinge funktionieren bzw. sind realistische Beschreibungen der Welt, andere nicht. Ich habe dir klar aufgezeigt, warum ich denke, dass das Wachstum eines erdgrossen Planeten zum Gasriesen im interstellaren Medium nicht funktioniert. Wenn du dagegenhalten willst, musst du mir zumindest ein realistisches Beispiel aufzeigen, wo es funktioniert. Ansonsten besteht schlicht kein Grund, sich irgendwie irgendwo "zu einigen". Wenn einer behauptet 2+2=4, und der andere sagt, 2+2=5, dann einigt man sich ja auch nicht auf 4.5.

Wie schnell sie das tun, hängt von vielen Unbekannten ab und läuft deshalb manchmal wahrscheinlich sehr schnell ab und manchmal so gut wie gar nicht.

Es gibt - behaupte ich, lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen - eben keine realistischen Umstände, unter denen ein Planet im interstellaren Medium "schnell" wachsen könnte. Ich behaupte aufgrund meiner Abschätzung: egal wie du die Parameter drehst und wendest, du wirst nie signifikante Mengen an Wasserstoff ansammeln können. Wenn du das Gegenteil behaupten willst, solltest du zumindest mit einem realistischen Zahlenbeispiel aufwarten können.
 

MGZ

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Es gibt - behaupte ich, lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen - eben keine realistischen Umstände, unter denen ein Planet im interstellaren Medium "schnell" wachsen könnte. Ich behaupte aufgrund meiner Abschätzung: egal wie du die Parameter drehst und wendest, du wirst nie signifikante Mengen an Wasserstoff ansammeln können. Wenn du das Gegenteil behaupten willst, solltest du zumindest mit einem realistischen Zahlenbeispiel aufwarten können.

Ich hab kein Zahlenbeispiel.
Aber in einem jungen Sternsystem wächst ein Gasriese innerhalb von wenigen Millionen Jahren heran. Deshalb sollte das meiner Meinung nach auch mit 5000 mal mehr Zeit, aber 5000 mal geringerer Dichte funktionieren.
 

Bynaus

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MGZ schrieb:
Deshalb sollte das meiner Meinung nach auch mit 5000 mal mehr Zeit, aber 5000 mal geringerer Dichte funktionieren.

Bloss gibt es das eben nicht.

Die Dichte im interstellaren Raum ist - gegenüber der protoplanetaren Scheibe - nicht einfach 5000 Mal geringer, sondern Millionen- bis Milliarden-Mal. Wie erwähnt, nur in den allerdichtesten Bereichen einer Molekularen Wolke kannst du 1 Mio Teilchen pro Kubikzentimeter haben (selbst das ist immer noch viel weniger als in einer protoplanetaren Scheibe). Im interstellaren Raum hast du nur noch so um die 10 Teilchen pro Kubikzentimeter.

Gleichzeitig kann er sich auch nicht für Milliarden von Jahren in den dichtesten Sternentstehungsgebieten aufhalten. Dafür sind diese viel zu klein, viel zu lokalisiert, das ist aussichtslos. Gasriesen entstehen nicht im interstellaren Raum. Es ist eine nette Idee, aber es funktioniert nicht.
 

prim_ass

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Naja, zumindest zeigen diese Funde, dass die IAU Definition, was ein Planet ist, nicht greift. Oder man spricht diesen jupitergroßen Freigängern die Planetenbezeichnung wirklich ab, was ich aber für wenig sachdienlich halte...
 

sirius3100

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Ich finde es auch nicht ganz richtig diese Objekte als Planeten zu bezeichnen, Planemo wäre passender.

Wie werden die Objekte eigentlich im Paper genannt? Dass die Medien eher den Begriff Planet nutzen ist verständlich, aber in dem Paper werden sie hoffentlich nicht als solche bezeichnet.
 

Bynaus

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Die Planetendefinition der IAU gilt ohnehin nur für Objekte im Sonnensystem. Bei Objekten ausserhalb ist alles beim Alten geblieben: man kann alles und nichts einen Planeten nennen, ohne dass man in den IAU-Kerker kommt...

Ja, es sind "planetary mass objects" (Planemos), aber planetary mass objects heissen nun mal oft auch Planeten - das Kunstwort Planemo braucht praktisch niemand. "Planet" stammt ja aus dem griechischen und heisst "Wanderer": wie anders könnte man diese interstellaren Einzelgänger bezeichnen? ;) Im Paper werden sie "Jupiter-mass objects" genannt.
 

Bynaus

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Ein Nachtrag zur Idee, diese interstellaren Planeten könnten einfach wie Sterne entstehen:

http://www.centauri-dreams.org/?p=18042

Dort wird David Bennet, ein Co-Autor der Studie, zitiert:

“If free-floating planets formed like stars, then we would have expected to see only one or two of them in our survey instead of 10,” Bennett said. “Our results suggest that planetary systems often become unstable, with planets being kicked out from their places of birth.”

Natürlich gibt es dann auch sehr viel mehr sehr viel kleinere Objekte, die aus Sternsystemen gekickt werden.

Wenn es wirklich doppelt so viele interstellare Planeten wie Sterne gibt, dann sind da in etwa 600 Milliarden davon in der Galaxis. Verteilt man sie gleichmässig über eine Scheibe von 2000 LJ Dicke und 100000 LJ Durchmesser, kommt man auf etwa 1.5*10^13 Kubiklichtjahre, oder 0.04 Planeten pro Kubiklichtjahr. Das widerum heisst, dass jeder dieser Planeten typischerweise ein leeres Volumen von 25 Kubiklichtjahren um sich hat, oder dass der mittlere Abstand zwischen zwei von ihnen etwa 3 Lichtjahre beträgt. Der Abstand zu Alpha Centauri beträgt 4.3 LJ, das heisst, im Volumen der gedachten Kugel, in der unser Sonnensystem in der Mitte und Alpha Centauri am Rand liegt und die ein Volumen von 333 Kubiklichtjahren hat, befinden sich sage und schreibe 13 dieser interstellaren Planeten. HUCH!
 

Alex74

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Ein vorbeirasender Jupiter könnte aber vielleicht helfen zu erklären wie Objeke wie Sedna auf ihre Bahn gekommen sind. Da draußen würde ein schnell vorbeiziehendes Objekt mit Jupitermasse die anderen Planeten nicht stören, könnte aber problemlos solche Orbits erklären.

Ich warte ja ehrlich gesagt ohnehin noch darauf, daß man in den WISE-Daten irgendwelche größeren Objekte noch findet, zumindest nahe Braune Zwerge. Wären auch Jumobs (Jupiter Mass Objects) damit sichtbar?

Gruß Alex
 
Zuletzt bearbeitet:

Bynaus

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Wären auch Jumobs (Jupiter Mass Objects) damit sichtbar?

Kommt halt drauf an, wie nah und wie warm sie sind, aber ich habe gerade keine Helligkeits-Entfernungs-Kurve zur Sensitivität von WISE zur Hand (suche eine solche aber: sollte jemand schon zufällig darauf gestossen sein...). Aber die Entdeckung solcher Objekte (obwohl man nicht wirklich damit gerechnet hat, dass es so viele geben könnte) gehört ja auch zu den Aufgaben von WISE.
 

TomTom333

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Kaum ist man mal 2 Tage weg kommt so ein Thema hoch.

Sehr Spannend!

Wenn die Kepler Mission in etwas mehr als 4 Jahren sich dem Ende neigt, könnte man den Satelliten nehmen und für diese Microlensing -Effekte nutzen, oder?
Die ausbeute dürfe wesentlich besser sein, als ein knapp 2m großes Teleskop auf der Erde.

Irgendwo hier im Thema wurde behauptet, dass um rote Zwerge weniger jupitergroße Planeten entstehen..... Kann dafür jemand Belege liefern?

Tom
 

RPE

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Nachtrag: Das Paper können nun alle lesen, denn es steht auf arxiv:

http://arxiv.org/abs/1105.3544

Bynaus,

Ist das grundsätzlich so bei nature-Artikeln (oder wo sonst noch?), dass man sie selber nochmal kostenlos zur Verfügung stellen darf? Ich kenne (leider) gerade nur genau das Gegenteil. Wann reicht man eigentlich erst beim Journal ein, und läd dann bei arxiv hoch, und wann läd man erst bei arxiv hoch und reicht dann bei einem Journal ein? Oder gleichzeitig? Irgendwie versteh ich dieses ganze arxiv Konzept leider nicht...:confused:

Grüße
 

Bynaus

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@RPE: Nature will einfach das News-Primat haben. Das heisst, erst hochladen und dann in Nature veröffentlichen, das geht nicht (bei anderen Zeitschriften jedoch geht das - zumindest teilweise). Doch öffentliche Forschung muss auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden - schliesslich ist die Öffentlichkeit der Auftraggeber. In einigen Forschungsprojekten steht explizit, dass die Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen.

@TomTom:

Irgendwo hier im Thema wurde behauptet, dass um rote Zwerge weniger jupitergroße Planeten entstehen..... Kann dafür jemand Belege liefern?

Das ist der grossmehrheitliche Tenor der Entdeckungen der letzten Jahre. Es gibt sicher irgend eine Arbeit, die das im Detail aufzeigt (ich habe aber jetzt keine zur Hand). Bei Roten Zwergen hat man einfach bisher - natürlich mit Ausnahmen - vorwiegend heisse Neptune und Supererden entdeckt. Jupitergrosse Planeten sind demgegenüber untervertreten. Es gibt zwei Trends, die zu grösseren Planetenmassen führen: Mehr Sternmasse, und höhere Metallizität. Diese Beobachtung ist eine gute Bestätigung der Erwartungen der Akkretions-Theorie zur Planetenbildung.
 
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