Enceladus: Sprudelnder Ozean unter dem Eis?

Bynaus

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Warum sollte das eine das andere bedingen? Dazu kommt: es ist immer noch nicht - auch jetzt nicht - sicher, ob Enceladus wirklich einen solchen rhadamantischen Ozean besitzt. Und dann stellt sich die Frage, ob dieser Ozean Leben hervorbringen könnte, und natürlich ob er es auch tatsächlich getan hat. Es dürfte sehr, sehr schwierig sein, diesen Ozean von der Erde aus mit Bakterien zu "infizieren". Diese neue Idee ist interessant, aber wir sind noch immer noch sehr weit davon entfernt, die Frage nach Leben auf Enceladus zu beantworten.
 

Monod

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@ ZA RA:

Ist dann nicht mit hoher Sicherheit davon auszugehen, dass es dort Leben gibt?

Mit hoher Sicherheit nicht. ;) Wasser hat leider die unangenehme Eigenschaft, Polymere (längerkettige Moleküle) zu spalten, so dass sie sich entweder gar nicht erst bilden (Das Reaktionsgleichgewicht für Peptidbildung ist eindeutig nach links, also in Richtung der einzelnen Aminosäuren verschoben, weil Peptidbildung unter Wasserabspaltung verläuft. Das neu gebildete Wasser kann also nicht "weg".) oder nur eine kurze "Lebensdauer" (chemische Halbwertszeit) haben.

Damit sich Polymere bilden und anreichern können, ist folglich temporärer Wasserentzug nötig. Damit sich die Reaktionen nicht totlaufen, bedarf es jedoch der Wiedervernässung mit gleichzeitiger Heranführung weiteren Ausgangsmaterials zur Polymerbildung, das zum Kettenwachstum benötigt wird. Nun kann es zwar sein, dass durch die dort vorhandenen Gezeitenkräfte einige Eisspalten periodisch trockenfallen, aber Polymere sind noch kein Leben.

Um die Schwelle von der chemischen zur biologischen Evolution zu überschreiten, müssen sich Stoffwechselwege etablieren, die sowohl zirkulär sind als auch seitliche Abzweigungen erlauben (etwa analog zum Citrat-Zyklus) und zugleich ein Vererbungssystem, das gefundene Lösungen bewahrt. Diese Organisationshöhe verlangt zum einen eine hinreichend hohe Polymerkonzentration und zum anderen eine hinreichend große Variabilität der Polymerarten, aus der mögliche Lösungen selektiert werden können.

Beide Bedingungen sehe ich in den Eisspalten auf der Unterseite des südpolaren Eisschildes nicht gegeben. Die frühirdischen Wattflächen sehe ich hierfür als um ein Vielfaches geeigneter.

Monod
 

Alex74

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Die Beobachtung scheint die Simulationen von letztem Jahr zu bestätigen; Ergebnis dieser war, daß der "Ozean" quasi pulsiert; der Mechanismus funktioniert in etwa so:

Ist Enceladus komplett durchgefroren, ist der Mond unelastisch, erzeugt durch die Gezeitenkräfte also relativ viel Wärme im Innern.
Das Eis beginnt zu tauen, der Ozean entsteht; hierdurch wird der Mond elastischer, nimmt also auch wiederum nur wenig Wärme auf.
Dies führt wiederum zum langsamen Durchfrieren des Mondes. Etc...

Eine Schlußfolgerung war wohl, daß wir Enceladus gerade am Beginn einer Abkühlphase sehen; die Wärme der Ozeane drängt noch nach außen, das Wasser kühlt aber evtl. schon ab. Ein kompletter Durchlauf eines solchen Kreislaufs dauert wohl einige dutzend Millionen Jahre.

Für die von Monod beschriebenen Bedingungen wird das wohl auch etwas zu lang sein, zumal wir immernoch zu wenig über die Zusammensetzung eines solchen Ozeans wissen (bei Europa gab es wohl Hinweise darauf, daß dieser Ozean extrem sauer sein könnte, ist das noch aktuell?).

Gruß Alex
 

ZA RA

Gesperrt
Erstmal Danke an obige Antworten, besonders interessant waren Monods Ausführungen, die im Fachgebiet immer sehr fundiert auf mich als Laien wirken,
und mir bisher stets geholfen haben die Themen nachzuschlagen und zu "vertiefen". Könnte mir auch Unterwasser-Gesteins-Höhlen vorstellen, die gesuchten Trocken-Effekt über lange Zeiträume erfüllen.

Hallo Alex,

prima soweit wusste ich noch nicht bescheid, überraschender Blickwinkel.
Was aber ist mit den entsprechenden Geysiren, wie finden diese Berücksichtigung?

Herzlichen Gruss
z
 

Alex74

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Die entstehende Wärme staut sich an, es dauert ein wenig bis sie dann (in Form dieser Geysire) ausbricht. Wäre es ein kontinuierlicher Prozeß, gäbe es den Kreislauf wohl auch gar nicht.
 

Monod

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@ ZA RA:

Könnte mir auch Unterwasser-Gesteins-Höhlen vorstellen, die gesuchten Trocken-Effekt über lange Zeiträume erfüllen.

Das kann ich mir wiederum nicht vorstellen. Höhlen im Silikatkern befinden sich ja am Grund des Ozeans und sind daher dauerhaft geflutet. Sie können also nicht trockenfallen. Wenn auf Enceladus etwas trockenfallen kann, dann sind es Bereiche in den Spalten, durch die das unter Druck stehende Wasser entweicht. Ob in Eisspalten eine für das Polymerwachstum hinreichend hohe katalytische Aktivität der Oberfläche gegeben ist, ist eine noch offene Frage.

Monod
 
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