Hallo Bernd,
wilkommen im Forum
bin neu hier und wollte fragen was das beste Teleskop für mich ist.
Ich will damit Planeten und Deep Sky Objekte sehen. Außerdem möchte ich meinen Camcorder (Panasonic SD9) anschließen.
ich find es richtig gut, daß Du zuerst fragst und dann kaufen möchtest, ich les oft " ich hab das gekauft, wie kann ich damit auch fotografieren?" Tja, und dann ist es eben zu spät, weil das gekaufte dazu nicht taugt.
Wenn Du mit einem Teleskop "gucken" magst, kannst ruhig eine Montierung nehmen, die keine elektrische Nachführung hat (so wie die Komplettpakete, die Du ausgesucht hast). Damit Du Dich am Himmel zurechtfindest, solltest Du Dir aber noch eine drehbare Sternkarte zulegen und ein Planetariumsprogramm auf Deinem Rechner installieren, um erstmal prinzipiell die Sternbilder zu lernen. Wenn Du dann die Sternbilder kennst, kannst im Programm nachgucken, wo am Himmel denn all die tollen Objekte stehen und sie mit Deinem Teleskop suchen...
Aber sei bitte nicht enttäuscht, wenn alles da oben nur s/w im Okular erscheint. Diese Objekte sind alle soweit weg, daß wir sie mit unseren Augen nicht farbig sehen können. Vergiß die bunten Bildchen aus den Kalendern, der Werbung und den tollen Fotos aus dem Internet. Für unsere Augen ist das All schwarz/weiß. Die einzige Ausnahme sind die Planeten. Da kann man mit etwas Übung Pastelltöne sehen.
Du mußt Dir über folgendes im Klaren sein:
ein Teleskop ist nur die halbe Miete. Eigentlich sogar das billigste Teil im Verbund. Für den Erfolg beim Beobachten brauchst Du:
- stabiles Stativ
- stabile Montierung
- Nachführung an der Montierung (damit gleicht man die Erdrotation aus, geht über biegsame Wellen oder elektrisch)
- Teleskop
- Okulare
Wenn Du aber den Himmel fotografieren willst, sind Elektromotoren und eine Steuerung für die Motoren Pflicht. Da kommst net drum rum.
- welche Montierung/Steuerung Du dann brauchst, hängt davon ab, was Du fotografieren möchtest.
a) Planeten mit Webcam durchs Teleskop:
da reicht eine Montierung der Mittelklasse (EQ5 und ähnliche) mit Elektromotoren aber ohne "Autoguiding", weil Du da mit sehr kurzen Belichtungszeiten arbeitest. Das Teleskop sollte möglichst viel Brennweite haben (1,5 Meter minimum, sonst sind die Planeten so klein wie Stecknadelköpfe). Du kannst per Barlow-Linse oder Okularprojektion die Brennweite noch verdoppeln, dann ist aber Schluß mit dem Licht.
b) Huckepack mit Fotoobjektiven (16-300 mm Brennweite):
- Weitwinkel- und Normalobjektiv bis 2 Minuten auch ohne Autoguiding
- Teleobjektive brauchen ab 1 Minute definitiv Autoguiding
c) Durch das Teleskop:
das ist die Königsdisziplin, da brauchst eine sehr massive Montierung, die das Gewicht vom Teleskop, der Kamera samt allen Anbauten zum Autoguiding (Off-Axis-Guider oder Leitrohr, Guidingkamera) trägt und bei Wind nicht ins Schwingen kommt sowie ein für Fotografie optimiertes Teleskop. Wenn Du als Anfänger sofort hier einsteigst, sind erstmal 5.000 - 6.000 Euro fällig, ehe das komplette Geraffel dasteht. Und dann hast noch keine Ahnung, wie das mit dem Fotografieren geht, wie viel Zeit Du investieren mußt und wie viel Frustpotential darin steckt.
Solange Du noch keine Erfahrung mit der Huckepackmethode gesammelt hast, rate ich Dir von c) ab. Lern erstmal laufen, ehe Du Turniere tanzen willst
Die Bezeichnung von Deinem Camcorder sagt mir jetzt nix, aber aus meiner Erfahrung raus kann ich Dir sagen, daß man mit Consumercamcordern (auch den etwas teureren) am Teleskop nur den Mond und maximal noch Planeten bei sehr kleiner Vergrößerung aufnehmen kann.
Das liegt daran, daß die Chips, die in solchen Camcordern verbaut sind, für Tageslicht (Größenordnung 700 - 1000 Lux) konzipiert sind. Das Fernrohr sammelt Licht und liefert beim Mond etwa 500 Lux, bei den Planeten nur noch rund 0,005 Lux.
Dein Camcorder kriegt also bereits bei den Planeten viel zu wenig Licht. Und die Deepsky-Objekte sind noch viel dunkler. Das kannst knicken.
Wenn Du Astrofotografie betreiben möchtest, brauchst im billigsten Fall eine astrotaugliche Webcam (0,003 Lux Empfindlichkeit) für Sonne, Mond, Planeten. Dazu noch nen UV-IR-Sperrfilter und eine Barlow-Linse, um den Planeten etwas stärker zu vergrößern sowie einen Laptop, in den die Kamerasignale aufgezeichnet werden.
Deepsky-Objekte benötigen mindestens eine (digitale) Spiegelreflex-Kamera.
Sehr viele Objekte werden überhaupt nicht durch ein Teleskop, sondern mit sehr guten Fotoobjektiven huckepack auf der Montierung gemacht. Dabei beginnen die Belichtungszeiten für eine einzelne Aufnahme bei 30 Sekunden mit einem Weitwinkelobjektiv für Sternfeldaufnahmen und die Milchsraße, weiter geht es mit Teleobjektiven für Orionnebel, Andromedagalaxie, Sternhaufen bei etwa 2-5 Minuten pro Aufnahme und schlußendlich Aufnahmen von sehr winzigen Objekten am Himmel durch ein Fernrohr hindurch bei Belichtungszeiten von mehreren Stunden.
Anderst als bei der Tageslichtfotografie macht man aber nicht nur 1 Bild vom Objekt sondern 10, 20, 30 oder mehr Aufnahmen. Die haben auf Grund der langen Belichtungszeit bunte Pixel (hotpixel) im Bild. Die macht man dann mit Bildbearbeitung weg. Dazu muß man nochmal fotografieren (mit den selben Einstellungen zu Belichtungszeit und ASA-Zahl), aber mit Deckel auf dem Objektiv. Das sind dann die sogenannten "Darks". Diese Darks werden im Rechner zu einem "Summendark" gemittelt, dann das Summendark von jedem einzelnen belichteten Bild abgezogen und die jetzt "sauberen" Bilder wiederum gemittelt und weiterverarbeitet.
Faustregel: wenn Du 2 Stunden Belichtet hast, brauchst 2 Tage für die Bildbearbeitung, bis das Potential der Bildinhalte ausgeschöpft ist.
Sodele, ich hoffe, ich hab Dich jetzt nicht allzusehr erschreckt.
Liebe Grüße
Sissy