Prinzipielle Grenzen der Machbarkeit

TomTom333

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@ Nathan: Bilder gefunden und Text verstanden?

@ Alex: Keine Lust mehr? Würde gerne weiter Diskutieren.....

@ All:

Habe einen schönen Bericht gefunden einen Asteroiden in eine Raumstation umzubauen. Nun stellt sich die Frage: Sind wir an der Schwelle eine
Generation I
zu werden?

Ich persönlich Denke in den nächsten 100 Jahren sind wir so weit. Der genaue Zeitpunkt lässt sich ja nicht genau bestimmen, oder?

Hier zum Artikel:
http://news.discovery.com/space/lets-build-an-interplanetary-space-station.html

Viel Spaß beim Träumen ;)

Tom
 

Nathan5111

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Hallo Tom,

die Bilder habe ich natürlich gesehen, mit dem 'Verstehen' kämpfe ich noch.

Warum hat er die 'geheimnisvolle Substanz Dunkle Energie' genommen? Luft hätte m.E. den gleichen Effekt gehabt.

Vielleicht liegt es ja an meiner Aversion gegen 'substanzielle Dunkle Was-Auch-Immer'.

Ich arbeite dran
Nathan
 

Sissy

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Hi Alex,

mit der uns heute zugänglichen Technik, unserem Wissen und der finanziellen Leistungsfähigkeit der großen Nationen sind wir prinzipiell in der Lage, uns in unserem Sonnensystem als Spezies auszubreiten.

Warum tun wir das (noch) nicht?

- weil es für Otto Normalbürger kein Wunsch (traum) ist
- weil es sich für Privatpersonen, Firmen und Länder (noch?) nicht rechnet

Ich gehöre zu dem kleinen Bruchteil der Menscheit, der experimentierfreudig, neugierig und wagemutig ist. Ich würde sofort zugreifen, wenn sich mir die Gelegenheit böte, ins All aufzubrechen. Sei es eine Orbitalstation, eine Siedlung auf dem Mond, dem Mars oder auch im Asteroidengürtel. Ich hätte auch kein Problem mit einem "oneway ticket" Richtung nächstem Stern. Also Rückkehr ausgeschlossen. Aber überleben "da draußen" möcht ich schon. Und zwar lange. So lange, wie ich es laut Statistik auf der Erde auch täte...

Und das ist momentan mit unseren Mitteln nicht machbar:

- wir sind noch nicht in der Lage, die Strahlung abzuschirmen, die bei Sonneneruptionen Astronauten auf dem Weg zum Mars oder dem Asteroidengürtel das Lebenslicht auspusten würde
- wir sind noch nicht wirklich in der Lage, Wasser und Sauerstoff zu 100% während der Reise zu recyclen
- wir können (noch?) nicht genügend Nahrungsmittel auf der Reise und nach der Landung selber erzeugen

Als sich unser aller Vorfahren aus Afrika auf den Weg machten und die Erde eroberten, taten sie das in einer Umwelt, die prinzipiell lebensfreundlich war.

Das Weltall ist ein anderes Kaliber. Wir müssen die lebensfreundliche Umwelt mitnehmen. Das bedeutet, wir müssen sehr viel Masse mit uns rum schleppen. Die muß beschleunigt und abgebremst werden. Dazu benötigt man Energie.

Ich halte es daher für sehr wichtig, daß wir als Spezies uns ganz gezielt mit ungefährlicher Energieerzeugung und Energiespeicherung beschäftigen. Alternativen zur chemischen Rakete entwickeln.

Ich halte auch die Materialforschung für sehr wichtig. Supraleiter bei Zimmertemperatur, Leichtbaumateriealien für Weltraumaufzüge, Katapulte, für den Bau von Orbitalstationen und Raumfahrzeugen.

Träumen von Reisen im Weltall tu ich auch. Aber ehe die Realität werden, muß noch viel geforscht und entwickelt werden.

Gute Anfänge sind da z. B. die Entwicklung von Ionentriebwerken, riesige Sonnensegel und biologische Experimente wie Biosphere 2.

Die Frage, "was wollen wir eigentlich im Weltraum?" würde ich für mich so beantworten:

- Forschung betreiben (Teleskope auf der Mondrückseite, große Teilchenbeschleuniger...)
- neuen Lebensraum schaffen für die wachsende Bevölkerung
- nicht alle Eier in einen Korb (Erde) legen

Zur technischen Entwicklung:

Von den ersten, zaghaften (und kuriosen!) Beobachtungen der Elektrizität (Katzenfell und Bernstein bei den Griechen und Ägyptern) bis zu unserem Leben, aus dem sie nicht mehr wegzudenken ist, vergingen mehr als 2.000 Jahre.

Von den Vorstellungen der griechischen Philosophen zu den Elementen Feuer, Wasser, Erde und Luft bis zum Periodensystem der Elemente und der täglichen Anwendung der Chemie heute vergingen auch 2.000 Jahre

Zwischen Leonardo Davinci´s Studien zu Flugmodellen auf dem Papier und den Gebrüdern Wright lag ein halbes Jahrtausend.

Seit Jules Vernes "De la terre à la lune" (Von der Erde zum Mond), erschinen 1865, sind bis zur Mondlandung 1969 durch die Amerikaner rund 100 Jahre vergangen.

Zwischen den "Kommunikatoren" vom Raumschiff Enterprise und unseren Handys lagen nur ca. 30 Jahre.

Aber den Worp-Antrieb und die Beamtechnik seh ich leider net. Weder in einem theoretischen Ansatz noch in der Praxis. :p

Und so wie ich das einschätz, kommen die auch net in den nächsten 50 oder hundert Jahren. Die wiedersprechen halt allem, was wir derzeit über die Naturgesetze zu wissen glauben. Da hilft auch Träumen und ganz feste Wünschen nix. Da haben wir anscheinend eine feste physikalische Grenze erreicht...

Ich bin damit aufgewachsen, daß die Wissenschaftler nach der GUT suchen. Wenn morgen einer kommt und die Formel präsentiert. Wou. Gratulation. Die Menschheit hat wieder was Neues dazugelernt. :)

Aber welche Auswirkungen würde es auf mein tägliches Leben haben? Vorerst mal garkeine. Genau wie die Ergebnisse, die der LHC oder andere Grundlagenforschungseinrichtungen einfahren. Und trotzdem halte ich den Betrieb dieser Einrichtungen für sehr wichtig :)

Sissy
 

Bynaus

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Sissy schrieb:
- wir sind noch nicht in der Lage, die Strahlung abzuschirmen, die bei Sonneneruptionen Astronauten auf dem Weg zum Mars oder dem Asteroidengürtel das Lebenslicht auspusten würde

Doch, das ist sogar relativ simpel. Das Problem ist nur, dass alle Abschirmungen relativ viel Masse mit sich bringen. Wenn wir in der Lage wären, massivere Raumschiffe zu starten (etwa weil der Zugang ins All billiger geworden ist), wäre die Strahlungsabschirmung gar kein Problem.

- wir sind noch nicht wirklich in der Lage, Wasser und Sauerstoff zu 100% während der Reise zu recyclen

Das ist richtig, ist aber auch nicht zwingend nötig, um Menschen zum Mars zu bringen. Die Referenzmission der NASA kommt ohne 100%es Recycling aus. Dito für die Nahrungsmittel.

- neuen Lebensraum schaffen für die wachsende Bevölkerung

Ich bezweifle, dass das eine Lösung wäre. In 40 Jahren ist das ohnehin kein Problem mehr, da ab dann die Bevölkerung schrumpfen wird.

Viel wichtiger wird meiner Ansicht nach sein, die Erde mit Rohstoffen und Energie zu versorgen. Da werden wir nicht auf ewig auf den Weltraum verzichten können.

Ein weiteres Feld, das mir im Weltall wichtig erscheint, ist die Sicherung der Erde vor Asteroideneinschlägen. Wenn es nun schon mal eine Naturkatastrophe gibt, die wir mit Technologie verhindern können, dann sollten wir es tun.
 

chlorobium

Registriertes Mitglied
Aber zurück zum eigentlichen Thema, es war nämlich nicht meine ursprüngliche Absicht, den Thread in diese Richtung zu lenken (auch wenn es absehbar hätte sein müssen, dass die Beiläufigkeit, mit der ich biologische Unsterblichkeit erwähnt hatte, einige Reaktionen hervorrufen würde ).
Ich halte diesen Punkt aber durchaus für sehr wichtig, zumal dann, wenn dieser das Fermi-Paradoxon lösen soll.
Würde man Männer und Frauen im alter von 40 Jahren danach fragen, ob sie an einer Marsmission teil nehmen würden, bei der die Wahrscheinlichkeit zu sterben um 50% liegt, bekäme man locker eine Mannschaft zusammen. Wie aber würde es bei "unsterblichen" Menschen aussehen? Ein Sterblicher gibt höchsten 35-40 Jahre für einen unsterblichen Ruhm auf. Die Unsterblichen würden aber doch ein viel größeres Risiko eingehen. Sie würden im schlimmsten Fall nicht einfach nur sterben, sie würden ihr unendliches Leben verlieren.

Von daher halte ich Unsterblichkeit eher für einen Fluch, ein Hindernis für den Fortschritt der Menschheit.
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Sie würden im schlimmsten Fall nicht einfach nur sterben, sie würden ihr unendliches Leben verlieren.

Das stimmt, und würde vielleicht am Anfang zu einer Gesellschaft führen, die das Risiko scheut. Aber anderseits: Ältere Menschen sind meiner Erfahrung nach in der Regel nicht risikofreudiger als jüngere (wie man ja erwarten würde, wenn deine Hypothese zum Zusammenhang zwischen verbleibender Lebensspanne und Risikofreudigkeit zutrifft) - eher umgekehrt. Wenn man älter ist, versucht man vielleicht eher noch, das Beste aus der verbleibenden Lebenszeit zu machen, und überlässt die riskanten Experimente den jüngeren. Ausserdem hat man in der Regel auch mehr zu verlieren (finanziell, an Lebensqualität...).

Ich denke, nach einiger Zeit würde aber auch diesen theoretisch unsterblichen Menschen klar werden, dass sie nicht wirklich unendlich lange leben werden - irgend ein unwahrscheinlicher Unfall wird sie früher oder später aus dem Leben reissen, und wenn es ein Blitzschlag ist. Die Antwort darauf könnte sein, dass gewisse Menschen sich aus freien Stücken für eine begrenzte Lebenszeit entschliessen, z.B. wenn sie nach 400 Jahren das Gefühl haben, alles getan und erreicht zu haben, was sie wollten. Andere hätten auch nach 1000 Jahren nicht genug. Aber ich glaube, niemand würde sich der Illusion hingeben, tatsächlich "unsterblich" zu sein. Es ist bloss so, dass die biologische Alterung dem Leben eines Menschen in dieser Welt keinen definierten zeitlichen Rahmen mehr setzt. Ich denke, je länger die Menschen leben, desto länger wird der Zeitrahmen der von ihnen verfolgten Projekte. Man würde sich daran machen, die Biosphäre der Erde so gut wie möglich wieder herzustellen, würde sich um eine nachhaltige Lebensweise, um eine friedliche Koexistenz zwischen den Staaten bemühen. Interstellare Raumsonden würden plötzlich viel realistischer, weil ihre Erbauer (höchstwahrscheinlich) auch deren Ankunft am Ziel erleben würden (dito für Terraforming). Es würde keine Stunt-Missionen zum Mars geben, die Welt wäre vielleicht etwas ärmer an Heroismus - dafür würden die interplanetaren Raumschiffe zunächst ausführlich ausprobiert, getestet, verbessert... Zeit hat man ja. Ein Politiker, der ein Marsprogramm anschiebt, könnte darauf zählen, dass ihm die Astronauten dereinst persönlich danken werden, oder dass er eines Tages selbst hochfliegen kann. Ich stelle mir eine solche Welt sehr viel friedlicher, nachhaltiger und qualitätsorientierter vor als die heutige. Wenn es eine Gesellschaft gibt, die bemannte interstellare Raumfahrt betreiben kann, dann diese.
 

jonas

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Hi Bynaus

Ich glaube nicht, daß eine Menschheit mit unbegrenzter Lebenszeit sehr viel anders Leben und handeln würde als heute. Der Planungshorizont der allermeisten Menschen ist kaum mehr als zehn Jahre. Überprüfe Dich mal selbst: Wie oft denkst Du, als noch relativ junger Mensch, persönlich über Rente oder Altersarmut nach, über Versorgung im Pflegefall oder schlicht der Altersgebrechlichkeit, bei der Dir selbst der Gang zum Supermarkt bei Schnee und Eis zur Qual wird. Einmal im Jahr? Oder nur beim Abschluss einer Lebensversicherung? Oder vielleicht noch nie?

Der Mensch diskontiert die Zukunft ab, d.h. je weiter ein Ereignis noch in der Zukunft liegt, desto weniger findet es Beachtung. Dies trifft sowohl für die Rente zu, als auch für den Urlaub in fünf Jahren, der einem heute im Gegensatz zum Bevorstehenden noch nicht die Bohne interessiert.

Würde die Lebensspanne immer länger, so hätte das wohl keinen merklichen Einfluss auf das Verhalten der Menschen. Tritt der Erfolg einer großen Bemühung (z.b. interstellare Reise) erst in Jahrhunderten ein, so wird ein solches Projekt auch von potenziell unsterblichen Menschen nicht mit mehr Begeisterung verfolgt werden als von heutigen normal sterblichen.

Vielleicht wird unendliches Leben sogar demotivierend sein, dann man hat ja alle Zeit der Welt, um sich irgendwann einmal aufzuraffen etwas zu starten. Und es fehlt die emotionale Motivation die Welt für die Kinder und Enkel schöner zu gestalten bzw. sie nicht völlig für sich selbst zu verbrauchen und ihnen noch etwas übrig zu lassen.
 

Sissy

Registriertes Mitglied
Hi Bynaus,

Doch, das ist sogar relativ simpel. Das Problem ist nur, dass alle Abschirmungen relativ viel Masse mit sich bringen. Wenn wir in der Lage wären, massivere Raumschiffe zu starten (etwa weil der Zugang ins All billiger geworden ist), wäre die Strahlungsabschirmung gar kein Problem.

sach ich doch, wir können es momentan noch nicht.

Das ist richtig, ist aber auch nicht zwingend nötig, um Menschen zum Mars zu bringen. Die Referenzmission der NASA kommt ohne 100%es Recycling aus. Dito für die Nahrungsmittel.

das mag für ne Orbitalstation ausreichen, für ne längere Reise aber net.
Was nutzt es mir, wenn ich am Ziel lebend ankomm, aber anschließend ersticke oder verhungere? Es geht doch darum, langfristig im All zu überleben.
Dazu muß ein geschlossener Stoffkreislauf etabliert werden. Also genügend Lebensmittel, Wasser und atembare Luft produziert werden. Biosphere 2 hat gezeigt, daß wir das momentan noch nicht gut genug hinbekommen...

In 40 Jahren ist das ohnehin kein Problem mehr, da ab dann die Bevölkerung schrumpfen wird.

hmmm, das sind Hochrechnungen. Stimmen die wirklich? Ich weiß nicht, ob und wie schnell die Menschheit schrumpfen wird, aber die Nutzfläche der Erde wird definitiv weniger werden:

- ansteigender Meeresspiegel verschlingt massig Agrarland
- Dessertifikation nimmt momentan auch stark zu

Viel wichtiger wird meiner Ansicht nach sein, die Erde mit Rohstoffen und Energie zu versorgen. Da werden wir nicht auf ewig auf den Weltraum verzichten können.

ok, sobald die Kosten der Rohstoff- und Energiegewinnung auf der Erde einen bestimmten Punkt überschreiten, macht das den Weltraum für Firmen interessant. Aber sicher nicht in den nächsten paar Jahrzehnten.

Ein weiteres Feld, das mir im Weltall wichtig erscheint, ist die Sicherung der Erde vor Asteroideneinschlägen. Wenn es nun schon mal eine Naturkatastrophe gibt, die wir mit Technologie verhindern können, dann sollten wir es tun.

hier hast meine volle Zustimmung.

Sissy
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
@jonas:

Der Planungshorizont der allermeisten Menschen ist kaum mehr als zehn Jahre.

Nun, das liegt daran, dass fast alle Menschen ein Alter in der Grössenordnung von Jahrzehnten haben. Entsprechend gehen wir nur Aktivitäten nach, interessieren uns nur für Dinge, die wir innerhalb einer typischen Zeit erledigen können. Niemand käme auf die Idee, heute eine Investition zu tätigen, die sich in der nächsten 200 Jahren auszahlt. Das würde vermutlich auch für Menschen gelten, die gerade erst biologisch Unsterblich geworden sind. Aber wie ist das nach 100, 200, 500, 1000 Jahren? Ich denke nicht, dass der Planungshorizont dann immer noch bei einem Jahrzehnt läge. Man hätte Projekte auf allen verfügbaren Zeitskalen, wie heute: Tage, Wochen, Monate, Jahre, Jahrzehnte - Jahrhunderte, schliesslich Jahrtausende...

Tritt der Erfolg einer großen Bemühung (z.b. interstellare Reise) erst in Jahrhunderten ein, so wird ein solches Projekt auch von potenziell unsterblichen Menschen nicht mit mehr Begeisterung verfolgt werden als von heutigen normal sterblichen.

Wir haben heute keine interstellaren Raumsonden, also ist es schwierig, das mit "heutigen normal sterblichen" zu vergleichen. Raumsonden, die innerhalb des menschlichen Planungshorizontes operieren, werden durchaus mit Begeisterung verfolgt. Erst bei sehr viel längeren Planungshorizonten rückt eine interstellare Raumsonde überhaupt in den Bereich des Möglichen.

Und es fehlt die emotionale Motivation die Welt für die Kinder und Enkel schöner zu gestalten bzw. sie nicht völlig für sich selbst zu verbrauchen und ihnen noch etwas übrig zu lassen.

Nun, mir scheint, die Motivation, die Welt für einen selbst schöner zu gestalten ist wohl noch grösser als für Kinder und Enkel. Gerade wenn Kinder und Enkel keine Option mehr sind...

Sissy schrieb:
sach ich doch, wir können es momentan noch nicht.

Kommt halt drauf an, was man unter "nicht können" versteht. Die Technologie ist da. Nur das Geld nicht. Möglicherweise wird die Technologie mal besser, so dass das heute verfügbare Geld doch reichen würde, aber im Moment wird (z.B. von der NASA, aber auch anderen) zu wenig Geld in solche alternativen Ansätze investiert. Weil man erst mal die Infrastruktur braucht, um überhaupt in den LEO und darüber hinaus zu kommen.

Dazu muß ein geschlossener Stoffkreislauf etabliert werden. Also genügend Lebensmittel, Wasser und atembare Luft produziert werden. Biosphere 2 hat gezeigt, daß wir das momentan noch nicht gut genug hinbekommen...

Der Stoffkreislauf muss nicht zu 100% geschlossen sein. Man kann auch nur mit Vorräten (und einem Teilrecycling bei Sauerstoff und Wasser) zum Mars fliegen, das ist kein so grosses Problem. Gemessen an den, sagen wir, 100 Tonnen Nutzlast einer Marsmission ist das Gewicht der Nahrungsmittelvorräte und Sauerstofftanks für Atmung (die beiden kritischen Punkte) gering.

Mit Biosphere 2 hat das nicht so viel zu tun: Dort wurde ja versucht, auf der Basis von Lebewesen einen stabilen Kreislauf aufzubauen. Das ist gar nicht nötig und für ein High-Tech-Raumschiff überhaupt keine Option. Die Luft kann auch von Maschinen aufgefrischt (CO2 -> O2 + C) werden.

hmmm, das sind Hochrechnungen. Stimmen die wirklich?

Hast du bessere? Die Bevölkerung ist auf einer solchen Ebene sehr träge: wenn die Fruchtbarkeit einmal abgenommen hat, dann stehen für die nächste Generation auch weniger Mütter und Väter zur Verfügung als noch eine Generation zuvor. Selbst, wenn die Fruchtbarkeit gleich bleibt oder sogar wieder steigt (im Gegensatz zu dem, was in den letzten 100 Jahren beobachtet worden ist), ist die Extrapolation gerade mal eineinhalb Generationen vorwärts ziemlich einfach und zuverlässig. Das einzige, was solche Hochrechnungen aus der Bahn werfen könnte (sozusagen als "Wild Card"), wäre die biologische Unsterblichkeit (wie in einem anderen Thread diskutiert) bzw eine drastische Erhöhung der Lebenserwartung.

Der Punkt ist aber, du wirst nicht so viele Menschen ins All schicken können, dass es wirklich einen Unterschied für die Bevölkerung auf der Erde macht, zumindest nicht in den nächsten 100 Jahren. Und wohin willst du die alle verfrachten? Da draussen gibts keine lebensfreundlichen Habitate, und wir sind noch weit davon entfernt, solche zu bauen.

Aber sicher nicht in den nächsten paar Jahrzehnten.

Da wäre ich mir nicht so sicher. Es wäre z.B. wirtschaftlicher, ein Treibstoffdepot im LEO von den Eisvorkommen der Mondpole aus zu versorgen, als von der Erde aus. Ich gehe davon aus, dass es schon innerhalb der nächsten 10 Jahre einige Optionen für den kommerziellen Transport von Menschen ins All geben wird, und dass die Preise pro kg etwas hunterkommen. Exploration jenseits des LEO wird kaum ohne Treibstoffdepots gehen, dh, die erste kommerzielle Bergbauoperation im All dürfte wohl nicht mehr als 20 Jahre entfernt sein.
 

Sissy

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Hi Bynaus,

Kommt halt drauf an, was man unter "nicht können" versteht. Die Technologie ist da. Nur das Geld nicht.

jain. Unsere derzeitige Technologie reicht knapp aus. Das gesamte Geld der Erde vermutlich auch. Was uns am echten Aufbruch ins All hindert, ist die beknackte Politik. Guck Dir doch mal an, wie viel Knete in bewaffnete Konflike gesteckt wird. Ein paar Despoten (die gedanklich noch im Mittelalter feststecken) zwingen ihre Untertanen zu sinnlosem Blutvergießen gegen ihre Nachbarn. Idiologisch/religiös verblendete "Führer" klammern sich an ihre Macht und häufen Vernichtungswaffen an. Halten ihr Volk dumm um ihren Einfluß zu behalten und bedrohen den Rest der Welt. Also muß der Rest der Welt ebenfalls Waffen horten, Militär unterhalten und damit wertvolle Resourcen vergeuden.

Ich bezweifle, daß ein einzelner Staat oder eine multinationale Einrichtung (NASA, ESO, JAXA...) es schafft, die notwendige Infrastruktur für eine echte Exploration aufzubauen.

Ja, wir können zur ISS oder meinetwegen sogar in ner Blechbüchse zum Mond fliegen. Bemannt und unbemannt. Aber das wars auch schon.

Angenommen, wir panzern ein Raumschiff so, daß 10 Astronauten einen heftigen Sonnensturm im Inneren in einem Schutzraum unbeschadet überleben können und schicken die zum Mars. Mit genügend Vorräten für Hin- und Rückflug und nen 2 Jahre dauernden Aufenthalt. Angenommen, wir geben denen auch genügend Wasser und O2 mit, weil wir momentan die 100% Recyclingtechnik noch net beherrschen. Wie viel Masse wäre das? Wie kriegen wir diese Masse in den Orbit? Wo kommen die "Handwerker" her, die dann im Orbit in ? jahrelanger Arbeit alles zusammenbauen? Wer stellt die Infrastruktur bereit, damit die da oben jahrelang arbeiten können? Die bräuchten auch erstmal ein Habitat im Orbit zum Leben/Schlafen. So viele Raketen haben wir einfach nicht. Und so viel Treibstoff ist auch net so einfach herzustellen.

Wir haben weder Katapulte noch Weltraumaufzüge. Wir müssen im Moment alles mit chemischen Antrieben hochschicken. Das ist nicht effizient.

Mit Biosphere 2 hat das nicht so viel zu tun: Dort wurde ja versucht, auf der Basis von Lebewesen einen stabilen Kreislauf aufzubauen. Das ist gar nicht nötig und für ein High-Tech-Raumschiff überhaupt keine Option. Die Luft kann auch von Maschinen aufgefrischt (CO2 -> O2 + C) werden.

Spätestens, wenn wir dauerhafte Siedlungen (=Forschungs- und Arbeitscamps) auf dem Mond, Mars oder Asteroidengürtel installieren wollen, benötigen wir eine funktionierende Biosphere, die uns mit allem notwendigen versorgt. Alles andere ist Illusion. Wir dürfen auf Dauer nicht vom Nahrungsnachschub von der Erde abhängig sein.
Es gibt genügend Naturkatstrophen (Erdbeben, Vulkanausbruch, Tsunamis und Wirbelstürme), die einen Raketenstart mit Lebensmitteln verhindern könnten, weil die irdische Infrastruktur beschädigt ist. Und auch kriegerische Auseinandersetzungen oder veränderte politische Verhältnisse könnten weitere Starts für Nachschub verhindern...

wenn die Fruchtbarkeit einmal abgenommen hat, dann stehen für die nächste Generation auch weniger Mütter und Väter zur Verfügung als noch eine Generation zuvor. Selbst, wenn die Fruchtbarkeit gleich bleibt oder sogar wieder steigt (im Gegensatz zu dem, was in den letzten 100 Jahren beobachtet worden ist), ist die Extrapolation gerade mal eineinhalb Generationen vorwärts ziemlich einfach und zuverlässig. Das einzige, was solche Hochrechnungen aus der Bahn werfen könnte (sozusagen als "Wild Card"), wäre die biologische Unsterblichkeit (wie in einem anderen Thread diskutiert) bzw eine drastische Erhöhung der Lebenserwartung.

oder eine Ideologie, die auf "schnelle Vermehrung" abzielt. Idiologien kommen und gehen. Wie die Mode bei den Klamotten.

Der Punkt ist aber, du wirst nicht so viele Menschen ins All schicken können, dass es wirklich einen Unterschied für die Bevölkerung auf der Erde macht, zumindest nicht in den nächsten 100 Jahren.

stimmt. Den Bevölkerungsdruck auf der Erde wird es nicht wirklich lindern. Das hatte ich aber auch nicht im Sinn. Mir geht es darum, mit kleinen Populationen und Habitaten den Grundstock für die Besiedelung unserres Sonnensystems zu legen. Damit wir zukünftig nicht mehr alle Eier in einem Korb liegen haben.

Warum sind unsere Vorfahren aus Afrika ausgewandert? Wir wissen es nicht. Wir können nur Vermutungen anstellen.

- Bevölkerungsdruck?
- Umweltveränderungen?
- religiöse Ursachen?
- politische Ursachen?
- Neugier?

alles zusammen?

Spätere Ausbreitungswellen/Wanderbewegungen haben auch mehrere Ursachen gehabt, der Hauptgrund aber war die Hoffnung auf mehr Land um die Lebensgrundlage (Jagd und Ackerbau) zu verbessern. Ausgewandert sind die, die denen die Lebensgrundlagen in ihrem "Habitat" nicht wünschenswert erschienen. Die Wagemutigen, die mit Fantasie, mit Elan. Egal ob wir die (Erst-)Besiedelung Amerikas betrachten, die Ausbreitung der Maori quehr über den Pazifik vor 1000 Jahren oder die Völkerwanderungen innerhalb Europas, dem Orient und Asien.

Und wohin willst du die alle verfrachten? Da draussen gibts keine lebensfreundlichen Habitate, und wir sind noch weit davon entfernt, solche zu bauen.

Darum müssen wir alles erforschen, was uns in der Habitatgeschichte weiterbringt. Und parallel natürlich die Energiefrage...

Es wäre z.B. wirtschaftlicher, ein Treibstoffdepot im LEO von den Eisvorkommen der Mondpole aus zu versorgen, als von der Erde aus. Ich gehe davon aus, dass es schon innerhalb der nächsten 10 Jahre einige Optionen für den kommerziellen Transport von Menschen ins All geben wird, und dass die Preise pro kg etwas hunterkommen. Exploration jenseits des LEO wird kaum ohne Treibstoffdepots gehen, dh, die erste kommerzielle Bergbauoperation im All dürfte wohl nicht mehr als 20 Jahre entfernt sein.

Uiuiui, da bist aber optimistisch. Net was den prinzipiellen kommerzialen Transport in den LEO angeht, ich mein den "Bergbau" auf dem Mond.

Der dürfte noch in weiter Ferne liegen. Warum? Weil wir dazu Bergbaugerätschaften, Raffinerien, ganze Farbriken zur Herstellung von Treibstoffbehältern auf den Mond schicken müssten. Und natürlich Kraftwerke für die Energieversorgung sowie Startrampen für die Treibstoffbehälter bauen müßten. Das alles können net ausschließlich Robotern zusammenbauen und betreiben. Da müssten auch Menschen mit hoch. Und die brauchen wieder Habitate ;) ...

Die Katze beißt sich in den Schwanz...

Allerdings hätte ein Habitat auf dem Mond schon ein paar deutliche Vorteile:

- genügend Rohmaterial für viele Generationen vorhanden
- wenn man in den Untergrund geht, braucht man weniger Strahlenschutz
- Energiegewinnung über Solarkraft problemlos
- Wasser- und Sauerstoffgewinnung aus Mondgestein prinzipiell möglich

Ich weiß nicht, ob die geringe Mondschwerkraft auf Dauer für uns "Kohlenstoffeinheiten" zuträglich ist, aber der Muskel- und Knochenabbau dürfte zumindest langsamer als in der Schwerelosigkeit von statten gehen...

Es ist ein spannendes Feld. Packen wir es an :)

Sissy
 

galileo2609

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Nun, das liegt daran, dass fast alle Menschen ein Alter in der Grössenordnung von Jahrzehnten haben. Entsprechend gehen wir nur Aktivitäten nach, interessieren uns nur für Dinge, die wir innerhalb einer typischen Zeit erledigen können. [...] Aber wie ist das nach 100, 200, 500, 1000 Jahren? Ich denke nicht, dass der Planungshorizont dann immer noch bei einem Jahrzehnt läge. Man hätte Projekte auf allen verfügbaren Zeitskalen, wie heute: Tage, Wochen, Monate, Jahre, Jahrzehnte - Jahrhunderte, schliesslich Jahrtausende...
hm, interessanter Gedanke. Lassen wir mal die ersten Lebensjahre so bis zur Adoleszenz aussen vor. Die typischen Lern- und Sozialisationsentwicklungen dürften sich durch das Ausschalten des genetischen Ausknipsen wohl erstmal nicht verändern. Ab wann beginnt die Anpassung? Aus durchschnittlicher Betrachtung kann man zur Zeit so die dreissiger und vierziger Jahre eines Menschen wohl unstrittig dafür ansetzen. Das ist das Lebensalter, in dem vor einigen Jahrtausenden noch der exitus angesagt war. Heute beginnen viele Menschen hier erst mit ihrer rationalen Lebensplanung oder setzen sogar noch Kinder in die Welt.

Man macht sich (unter dem Horizont unser derzeitigen Lebenserwartung) dann auch mal so richtig Gedanken darüber, wie es weitergehen soll, für den Rest der Lebensspanne. Unter, zur Zeit gültigen Bedingungen, gerade auch über die Lebensführung im degenerativen Stadium des Alter(n)s. Das ist einerseits überschaubar, andererseits für viele überfordernd (Altersvorsorge, Rücklagen für die Ausbildung der Kinder usw. usf.).

Nehmen wir das Ereignis an, das die genetische Komponente des Absterbens beherrschbar würde. Wie passen wir uns an? In einer gesellschaftlichen und ökonomischen Konstellation, wie wir sie heute erleben, wäre das nicht denkbar. Ob als chinesischer Wanderarbeiter, französischer (zur Zeit streikender) Stahlarbeiter, oder als durchschnittlicher westeuropäischer Dienstleister im Büro wollten wir eine lineare Perpetuierung unseres Leidens oder unserer Langeweile sicherlich nicht ertragen wollen. Wäre die Gesellschaft aber in der Lage, diesen Prozess durch eine Gestaltung sozialer Öffnung und vor allem offener Bildungspfade zu ermöglichen? Davon sind wir möglicherweise weiter entfernt als von der rein naturwissenschaftlich Erschliessung des Potentials biologischer Lebensverlängerung.

Weiters ist, wie z. B. von chlorobium zugespitzt, nicht zu vernachlässigen, dass genetische Unsterblichkeit nicht gleichbedeutend ist mit faktischer Unsterblichkeit. Für den (verbleibenden) Horizont unserer aktuellen individuellen Lebenserwartung verfügen wir über eine intuitive Pi-Mal-Daumen-Abschätzung, welche Risiken wir einzugehen bereit sind. Das bezieht sich gleichermassen für einen Berufssoldaten, für einen couragierten Mitbürger am Bahngleis, für einen Industriearbeiter oder einen Süchtigen. Eine endliche Zeitspanne des abschätzbaren Überlebens aufs Spiel zu setzen ist etwas anders, als ein potentiell unendliches Leben zu riskieren. Solange sich das Risiko faktischer Sterblichkeit nicht ausschliessen lässt, wird der individuelle Zukunftskegel der 'Vorsicht' nicht die Äonen erschliessen, die vielleicht durch die mittlere Lebenserwartung als Planungshorizont möglich wäre.

Grüsse galileo2609
 

Sissy

Registriertes Mitglied
Hi Leute,

die "Unsterblichkeitsgeschichte" würde ich bei unserer Diskussion gerne weglassen. Das ist extrem unwarscheinlich. Es ging doch um das technisch machbare und nicht um SF.

Ok, das menschliche Genom ist in etwa entschlüsselt. Wir sind aber noch lange nicht in der Lage, unfallfrei genetische Krankheiten zu beheben. Bei manchen Defekten können wir im Labor bei Tieren Erfolge verzeichnen. Das ist aber auch schon alles.

Um das Altern aufzuhalten, reicht es nicht, die genetischen Ursachen zu beheben (Telomere in den Zellen wieder länger zu machen). Man müßte auch die durch Umweltfaktoren bewirkten Schäden beheben. Freie Radikale entfernen, sonstige Gifte entfernen. Das können wir heute nicht. Und selbst wenn wir einen Weg fänden, das ist extrem aufwändig, sauteuer und für 7 Milliarden Menschen insgesamt nicht zu machen.

Wer könnte das denn machen? Unser Gesundheitssystem? Sicherlich net. Man krieg ja net mal von der Krankenkasse Zahnimplantate genehmigt wegen den Kosten.

Die Firmen, die Forschung zum Altern betreiben, wollen damit Geld verdienen. Glaubt Ihr im Ernst, die verschenken ihre Forschungsergebnisse an nen Bauer in Bangladesch oder ein aidsgeschwächtes Kind in Afrika?

Wenn es denn tatsächlich mal funktionierende Therapien geben würde, dann kämen doch nur die in deren Genuß, die diese Therapie auch zahlen könnten. Das werden nicht mal 1% der Bevölkerung der Erde sein. Denn für "sowas" würden die Reichen der Welt jeden geforderten Preis zahlen. Und die Firmen würden ihn definitiv fordern...

Aber ich halte es nicht für warscheinlich, daß wir eine solche Therapie hinbekommen. Nicht in den nächsten paar Jahrzehnten...

Sissy
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Sissy schrieb:
Unsere derzeitige Technologie reicht knapp aus. Das gesamte Geld der Erde vermutlich auch.

Du siehst das meiner Meinung nach viel zu pessimistisch. Die bestehende Technologie reicht gut aus oder es ist absehbar, dass sie ohne grössere Hürden entwickelt werden kann. Wie gesagt, die NASA hat ja bemannte Missionen zum Mars bis zum Umfallen studiert. Es gibt die sogenannte "Referenzmission" auf der Basis heute verfügbarer Technologie, die ungefähr mit 500 Mrd Dollar zu Buche schlagen würde (weit entfernt von dem "ganzen Geld der Erde", das BIP der Erde liegt bei ca. 60 Billionen Dollar) und auch machbar wäre, wenn der politische Wille da wäre. Es gibt günstigere Alternativen wie Mars Direct. Die meisten solchen Missionen sehen einen Schutzraum bei Sonnenstürmen vor, damit nur ein Teil des Raumschiffes "gepanzert" werden muss.

Was uns am echten Aufbruch ins All hindert, ist die beknackte Politik.

Ja, es ist die Politik, aber wer hier einfach entlang der Linie "beknackt" argumentiert, verfehlt einen wichtigen Punkt: Der Weltraum ist objektiv gesehen einfach unglaublich unwichtig (mal abgesehen von LEO/GEO). Es ist wahnsinnig teuer, dorthin zu gehen und dort lebt nichts. Raumfahrt ist ein Luxus- und Prestigeprodukt, das sich nur reiche Gesellschaften leisten können. Daran wird sich so lange nichts ändern, bis ebendiese Gesellschaften die Technologien entwickelt haben, um günstiger ins All zu gelangen, worauf die dort zu findenden Rohstoffe plötzlich einen hohen Wert bekommen. Erst, wenn Rohstoffe und Energie aus dem All auf die Erde importiert wird, wird der Weltraum auch für kleinere und ärmere Staaten wirklich interessant.

Aber die "Kolumbus"-Analogie, die man so oft und so gerne aufgreift, ist ebenfalls fehlgeleitet: Wie gesagt, da draussen lebt nichts. Es ist eine absolut feindliche Umgebung, gegen die die Antarktis wie ein freundlicher Vorstadtgarten wirkt. So wie es Antarktisstationen und Bohrinseln gibt, wird es dereinst auch Unterkünfte für Menschen im All geben (auch für gutbetuchte Touristen, siehe Hochseekreuzfahrten und Antarktis-Tourismus), aber "wohnen" wird dort (vielleicht mit Ausnahme einiger exzentrischer Freaks) niemand.

Spätestens, wenn wir dauerhafte Siedlungen (=Forschungs- und Arbeitscamps) auf dem Mond, Mars oder Asteroidengürtel installieren wollen, benötigen wir eine funktionierende Biosphere, die uns mit allem notwendigen versorgt. Alles andere ist Illusion.

Ich stimme dir zu, dass es wegen der langen Transportwege vorteilhaft ist, Nahrung vor Ort zu produzieren und alle Stoffe so gut es geht zur recyclen. Aber eine "Biosphäre" ist dafür nicht nötig, im Gegenteil, das ist viel komplizierter als redundante Maschinen. Nahrung, natürlich, muss angebaut werden, aber hydroponische Gärten reichen dafür aus. Aber warum muss man versuchen, die Biosphäre der Erde nachzubilden, um Sauerstoff, Wasser etc. zu recyclen? Das können Maschinen viel einfacher, mit dem grossen Vorteil, dass wir sie verstehen und reparieren können. Biosphere 2 war ein nettes Projekt, aber für den Weltraum hilft uns das nicht besonders viel.

oder eine Ideologie, die auf "schnelle Vermehrung" abzielt.

Solche Ideologien hat es immer wieder gegeben, aber es hat nichts daran geändert, dass die Fruchtbarkeitsrate (Anzahl Kinder/Frau) mit zunehmendem Wohlstand, zunehmender medizinischer Versorgung, zunehmender Alphabetisierung und Zugang zu Verhütungsmitteln stark zurückgegangen ist. Heute sind es nur noch etwa 2.5 Kinder pro Frau weltweit. Keine Ideologie ist so stark, um diesen weltweiten, seit jahrzehnten anhaltenden Trend umzukehren, in nur gerade einer Generation.

Warum sind unsere Vorfahren aus Afrika ausgewandert?

Ich würde das ganz unheroisch mit "random walks" erklären. Eine Population, die chaotisch herumstreift und sich vermehrt, wann immer sie in ein leeres Gebiet kommt, wird früher oder später die gesamte Erde besiedeln.

Die Besiedlung der Welt ist aber ein sehr schlechtes Beispiel für die Besiedlung des Weltraums. Der Weltraum ist lebensfeindlich und erfordert ein hohes Mass an höchstentwickelter Technologie, um zu überleben. Diese Technologie setzt ihrerseits eine hochspezialisierte Zivilisation zugrunde, die sich solche Spezialisten überhaupt erst leisten kann. Auf der Erde kann ein geschickter Verbund von Jägern und Sammlern aber praktisch überall überleben, mit einem Minimum an Technologie. Der Grund, warum wir den Weltraum nicht besiedeln, ist derselbe, warum die Menschen den Meeresgrund nicht besiedelt haben. Man kann zwar dorthin, aber wer käme schon im Ernst auf die Idee, dort leben zu wollen?

Das "nicht alle Eier in einen Korb legen"-Sprachbild ist auch keine grosse Hilfe. Errichtet denn Deutschland Kolonien in der Antarktis, damit für den Fall, dass Deutschland kollabiert, ein paar Deutsche überleben? Baut China Stationen auf dem Meeresgrund, damit deren Bewohner China neu besiedeln können, nachdem es irgendwann kollabiert? Natürlich nicht. Warum? Aus blinder Kurzsichtigkeit?

Nein. Aufwand und Ertrag stehen hier in keinem vernünftigen Verhältnis. Man müsste sehr grosse Kolonien bauen, die völlig autark sind, auch hinsichtlich der Ausbildung der Experten, die nötig sind, um die Kolonie selbst am Leben zu erhalten: das wären wohl mindestens einige Millionen Menschen. Die Kosten, Kolonien mit Millionen von Menschen im Weltraum zu bauen (oder auch in der Antarktis oder dem Meeresboden), sind aber so astronomisch, dass dieses Geld viel eher investiert wird, um sicher zustellen, dass die Erde eben nicht kollabiert.

Weil wir dazu Bergbaugerätschaften, Raffinerien, ganze Farbriken zur Herstellung von Treibstoffbehältern auf den Mond schicken müssten.

Es kann nicht so schwierig sein, etwas Eis, das auf dem Boden eines Kraters liegt, abzubauen. Da reicht eine einzige Maschine (alles, was sie tun muss, ist, daraus Wasser zu produzieren), eine Solarzellenfarm und ein regelmässiger Flug zum LEO, der gleich auch zum Austauschen der Besatzung genutzt werden kann. Alles mit heutiger Technologie möglich.

Btw, wenn ich von "Habitaten" rede, meine ich wirklich grosse, künstliche, bewohnbare Flächen im Weltraum. Die von der Grössenordnung her mindestens einige tausend Menschen aufnehmen können. Von solchen sind wir sehr weit entfernt. Aber, sagen wir, "Stationen" mit einem Dutzend Menschen sind mit heutiger Technologie machbar.

galileo2609 schrieb:
Wäre die Gesellschaft aber in der Lage, diesen Prozess durch eine Gestaltung sozialer Öffnung und vor allem offener Bildungspfade zu ermöglichen? Davon sind wir möglicherweise weiter entfernt als von der rein naturwissenschaftlich Erschliessung des Potentials biologischer Lebensverlängerung.

Gute Frage. Ich denke schon (schliesslich hat die Verdoppelung der mittleren Lebenserwartung ja auch stattgefunden), aber ich habe keine Ahnung, wie eine solche, zeitlich offene Gesellschaft aussehen könnte. Es müsste sichergestellt sein, dass jeder der Gesellschaft soviel gibt, wie er nimmt. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es (langfristig) eine unfreie Gesellschaft wäre: früher oder später, staatlicher Terror hin oder her, würde jedes diktatorische Regime von den unzufriedenen Bürgern entfernt.

Solange sich das Risiko faktischer Sterblichkeit nicht ausschliessen lässt, wird der individuelle Zukunftskegel der 'Vorsicht' nicht die Äonen erschliessen, die vielleicht durch die mittlere Lebenserwartung als Planungshorizont möglich wäre.

Ja, das kann sein. Ich glaube aber nicht, dass wir bei nicht-rationalen Entscheidungen (wie am Bahnsteig) sorgfältig die verbleibende Lebenszeit und die Chancen, bei einem beherzten Einsatz zu sterben, abwägen. Zudem ist es viel heroischer, einem biologisch unsterblichen Menschen das Leben zu retten ;) Sicher, bei rationalen Entscheidungen kann das eine Rolle spielen. Vielleicht führen dann nur noch Maschinen Kriege oder man lässt das Kriegern ganz.

@Sissy: Der menschliche Körper verfügt selbst über unsterbliche Zellen. Es Tierarten, die biologisch nicht altern, und es gibt zumindest einen Menschen mit einem Gendefekt, der nicht altert (jetzt 16 Jahre alt und immer noch ein Säugling, entwicklungsbiologisch gesehen). Ich denke, wir sind von der biologischen Unsterblichkeit weniger weit weg als von einer autarken Weltraumkolonie, denn so eine existiert bisher nicht einmal auf dem Papier. Soll ich jetzt fordern, dass wir aufhören, über Weltraumkolonien zu diskutieren?
 

Alex74

Registriertes Mitglied
@ Alex: Keine Lust mehr? Würde gerne weiter Diskutieren.....
Hatte die letzten Tage nicht mehr so die Zeit das hier weiterzuverfolgen.
Da ich gerade etwas Zeit habe, gehe ich mal auf die wichtigsten Dinge komplett ein (wird etwas länger, sorry...)

Ich schlage mal vor, die Diskussion zur Machbarkeit in zwei Sparten aufzuteilen, vielleicht kommen wir so auf irgendeinen Nenner. Du wirst mir sicher zustimmen, daß es zwei prinzipiell unterschiedliche Arten von technischem Fortschritt geben kann und gibt;

1. Einerseits Dinge, von denen wir wissen daß sie prinzipiell möglich sind, wir aber noch nicht wissen wie man sie umsetzt.

Die von Dir genannten Apparaturen gehören sämtlichst dazu. Niemand war je der Meinung, daß Star-Trek-Kommunikatoren unmöglich sind, genau wie man schon etwa um 1800 wußte, daß Fliegen möglich sein muß. Oder wie man heute dran arbeitet, die Kernfusion rentabel zu machen. Man mußte und muß nur daran arbeiten, wie das zu bewerkstelligen ist.
Hierzu gehört auch der Weltraumlift. Als Beispiele dafür, was alles möglich ist, taugen diese also nicht als Argument gegen meine Position, daß heute für "unmöglich" gehaltenes mal möglich wird, denn diese Dinge - wie etwa der Weltraumlift - werden ja für möglich gehalten und damit auch die Konsequenzen.

2. Andererseits Dinge, die völlig unvermittelt entdeckt werden und ein riesiges Tor neuer Möglichkeiten aufstoßen.

Wie schon gesagt gehört hierzu die Entdeckung der Radioaktivität, des Elektromagnetismus oder auch der Dampfmaschine. Noch um 1700, als man atlantiküberquerende Großschiffe baute, das Schießpulver beherrschte und hochwertige Mechanik (z.B. Teleskope) baute kam niemand auf die vergleichsweise simple Idee, die Kraft von heißem Wasserdampf zu nutzen.

So, jetzt zu meinem Konsensvorschlag:

Wir sind uns sicher einig über Punkt 1. Da ist vieles noch möglich, wenngleich die damit verbundenen praktischen Probleme dazu führen könnten, daß wir manches davon nicht mehr erleben werden.

Wenn Du also einen bahnbrechenden und alles verändernden Fortschritt postulierst, muß dieser etwas wie das in Punkt 2 beschriebene sein.
Dein Argument "und was das sein wird können wir ja heute noch gar nicht wissen" finde ich äußerst schwach.
Ganz einfach deswegen, weil ich die Durchbrüche des 19.Jahrhunderts als nicht vergleichbar mit heutig möglichem Fortschritt halte.
Und zwar deswegen, weil vorher einfach auf bestimmte Dinge nicht geachtet wurde. Forschte man dann daran, eröffneten sich die Möglichkeiten, die diese Kraft jeweils mit sich brachte.

Was sich aber seit frühen Zeiten geändert hat, ist, daß wir heute alle Kräfte kennen, die zu allen beobachteten Phänomenen führen, wie gesagt mit Ausnahme von DM und DE. Erkenntnisse darüber bringen uns technisch nichtmal weiter, wie sollen sie einen Durchbruch für z.B. interstellare Weltraumfahrt sorgen?
Selbst wenn man dann weiß, was DM genau ist, man sie vielleicht im LHC sogar erzeugen kann....ja und dann? DM ist ohnehin überall um uns. Insofern gehört DM eher zur Kategorie 1: man weiß in etwa was es sein könnte, kann sie aber noch nicht genau bestimmen. Aber man kann sicher sagen daß wenn man einen Schluck davon nimmt, man keine Superkräfte bekommt.
Ähnlich mit der DE und Extradimensionen. Das sind vermutlich alles Eigenschaften des Universum an sich und der Umstand, daß wir in einem Universum leben, dessen Inhalt nicht an den prinzipiellen Regeln des Universums selbst etwas ändern kann ist vermutlich der Grund dafür, daß es uns überhaupt gibt.
Im ganzen Universum hat es sicher schon alle denkbaren Reaktionen gegeben, angefangen bei der extremen Dichte zu Beginn, in Schwarzen Löchern, Neutronensternen, Hypernovae - stell Dir mal vor es gäbe eine Art Reaktion, die etwas am Universum selbst ändert, "Tore" öffnet oder dergleichen. Eben: das können wir absolut ausschließen weil auch wir Menschen keine Reaktionen erzeugen können, die es nicht schon irgendwoanders gegeben hat.

Und nirgendwo im Universum beobachten wir Dinge, die wir uns rein gar nicht erklären können. Vielleicht muß man hie und da noch Korrekturen bei manchen Theorien anbringen, aber den großen Zauberstab gibt es sicher nicht.

Warum sind unsere Vorfahren aus Afrika ausgewandert?
Sind sie überhaupt nicht. Viele stellen sich das immer so vor, daß da Horden von Steinzeitmenschen hunderte und tausende Kilometer gewandert sind - das ist falsch.
Damit die Menschen aus Ostafrika in der erforderlichen Zeit in Europa ankamen genügt es, wenn alle 50 Jahre mal etwa 10 Kilometer weiter gesiedelt wurde, was auch logisch ist wenn die lokalen Ressourcen knapper wurden und die nächste Generation Neuland erschließen mußte.

die "Unsterblichkeitsgeschichte" würde ich bei unserer Diskussion gerne weglassen. Das ist extrem unwarscheinlich. Es ging doch um das technisch machbare und nicht um SF.
Ich glaube es würde genügen, wenn man die Lebensspanne auf über 200-300 Jahre bringen könnte, das könnte theoretisch vielleicht drin sein und würde, was die angesprochenen Langzeitprojekte angeht, schonmal viel helfen.
Aber ich glaube daß wir davon noch sehr weit entfernt sind.
Wobei ich es aber nicht für unmöglich halte, daß hier ein echter, absoluter Durchbruch erzielt werden kann.
Gerade was all das neurodegenerative Zeug angeht, Altersdemenz, Alzheimer, Parkinson, ALS, CJ - das sind alles Krankheiten bei denen Gehirnzellen absterben. Komischerweise gibt es aber keine Krankheit, bei denen z.B. Armzellen, Beinzellen oder Nasenzellen einfach so absterben. Wieso so viele unterschiedliche Krankheiten ausgerechnet mit Neuronen? Ich vermute hier einen Zusammenhang und daß man hier einen Durchbruch erzielen könnte, der dafür sorgt daß das Gehirn an sich erstmal zu einem extrem viel längerem Leben befähigt würde.
Da diese Krankheiten allesamt erst im Alter, so ab etwa 50, vermehrt auftreten gab es auch nie einen Selektionsdruck, der dafür sorgte daß die Organismen dagegen Mittel fanden. Das bedeutet, daß es "relativ einfach" sein könnte, hier einen Druchbruch zu erzielen.

Was steht dem langen Leben noch im Weg?
Die zwei weiteren großen Todesursachen:

-Kreislauf: Das Herz (wie allgemein die Muskulatur) wird schwächer und die Adern verkalken. Letzteres könnte man vielleicht auch noch relativ einfach in den Griff bekommen, aber die Sache mit dem allgemeinen Abbau des Körpers ist wie schonmal festgestellt, daß dies an unserem Bauplan an sich liegen könnte weil die Kombination "Tod+Vermehrung" evolutiv erfolgreicher war als "Leben+Keine Vermehrung".
-Krebs: Auch hier halte ich einen durchbrechenden Fortschritt prinzipiell für möglich. Hindernis ist einfach die unglaubliche Komplexität des Mikrokosmos. Aber daß Zellen auf eine Weise entarten, daß sie sich nicht nur ungehemmt vermehren, sondern sich auch noch untereinander neu organisieren, Abwehrmechanismen entwickeln und Wege sich zu vermehren - das halte ich für zufällige Mutationen für unmöglich. Ich hege den Verdacht daß viele, wenn nicht alle Krebsarten auf hochangepaßte Viren zurückgehen.

Gruß Alex
 

Alex74

Registriertes Mitglied
Habe auch fast überlegt das hier zu verlinken ;)

Die Sichtweise "sie hilft uns ewiges Leben zu verstehen" halte ich aber für schlicht blauäugig, übertrieben und komplett abwegig.

Mit der gleichen Argumentation hilft uns jede einzelne Krebszelle zu verstehen, wie man Krebs in jedem Fall heilen kann.

Das arme Kind ist schwer krank, was die Eltern in den 18 Jahren alles mitmachen mußten wird gerademal angedeutet. Aber es wird laut Hurra auf das ewige Leben geschrien - dabei weiß kein Mensch ob das Kind älter werden wird als andere Menschen.

Höchstwahrscheinlich nämlich eher nicht, wofür die zahlreichen Organdefekte sorgen werden - und das, wo man den Schlüssel zum längeren Leben vermutet (nämlich die Telomere) ist, wie im Artikel selbst erwähnt, bei ihr völlig normal.

Ich hasse nichts mehr als alles glaubende, nichts hinterfragende Journalisten.

Gruß Alex
 

_Mars_

Registriertes Mitglied
Milliardäre gesucht um ein Raumschiff zu bauen.

Aber lest selbst :

http://cosmiclog.msnbc.msn.com/_news...-starship-plan

One way ticket zum Mars...... und wieder ein (klitze kleines) Stück näher.


OK, ist das Wirklich realistisch??

Es wäre der Traum vieler. Und angeblich ist die NASA (bzw. einer ihrer Direktoren) in Gesprächen mit Google etc.

Wenn eine einmalige Marsmission ohne Rückkehr wirklich nur 10 Mrd Dollar (laut Google-CO-Gründer dennoch etwas viel) kostet,
könnte es doch wirklich passieren, vorausgesetzt man fragt Mark Zuckerberg, Bill Gates und co.
(Gegen das Bankenrettungspaket mit 700 Mrd $ wäre auch die 30 Mrd$ Variante von Zubrin lächerlich, aber 10Mrd ist wirklioch ein Schnäppchen)
Und da gibt es schon einige, die sowas finanzieren könnten...


Die wirkliche Hürde, die ich sehe, ist dabei die NASA selbst. Will sie was davon wissen, darf sie das laut Gesetz überhaupt durchführen? Und wierd sowas nicht vom Kongress oder Senat gestoppt wegen vermeintlicher 'unmenschlichkeit'?
 
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