Überleben im All in einem Kühlschrank?

goodspeed

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Nein, das ist kein Spam oder Scherz sondern eine ernst gemeinte Frage.

Es ist ja bekannt dass der Mensch im Weltall nicht lebensfähig ist aufgrund des fehlenden Sauerstoffs, der Kälte, der Sonneneinstrahlung und des fehlenden Drucks. Aber es scheint auch fest zustehen dass der Mensch eine halbe Minute bis eine Minute im Weltraum überleben könnte ohne Folgeschäden davon zu tragen (gut, darüber lässt sich bereits streiten, aber für mich ist diese Annahme eine Voraussetzung um darauf aufzubauen).

Nun stellt sich mir die Frage, wie lange ein Mensch im All überlebensfähig wäre wenn er sich innerhalb eines normalen Kühlschrank befinden würde? Zusätzlich hat die Person eine Sauerstoffflasche für geschätzte 60min bei sich und für den unmittelbaren Druckausgleich (weil der Kühlschrank über kurz oder lang den Innendruck verliert) hat er Oropacks und eine große Taucherbrille bei sich. Als Wärmequelle hat die Person vielleicht auch Wärmekissen dabei und ist in eine gut isolierende Decke eingepackt.
Würde die Person die volle 60min im All überleben können?

Weil das Sauerstoff Problem ist zeitlich gelöst, die Sonneneinstrahlung sind auch keine unmittelbare Gefahr mehr, der Kälteaspekt hinausgezögert, aber hält der Mensch auch den Druckunterschied 60min aus? Weil selbst luftdichte Kühlschränke würden über kurz oder lang den Druck verlieren.

Zur Information, der Kühlschrank wäre von innen verschließbar und das ganze ist für eine Kurzgeschichte, die zwar physikalische Gesetze beachtet aber eben so weit wie möglich zu dehnen versucht.
 
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spacewalk1

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Weil das Sauerstoff Problem ist zeitlich gelöst, die Sonneneinstrahlung sind auch keine unmittelbare Gefahr mehr, der Kälteaspekt hinausgezögert, aber hält der Mensch auch den Druckunterschied 60min aus? Weil selbst luftdichte Kühlschränke würden über kurz oder lang den Druck verlieren.

Zur Information, der Kühlschrank wäre von innen verschließbar und das ganze ist für eine Kurzgeschichte, die zwar physikalische Gesetze beachtet aber eben so weit wie möglich zu dehnen versucht.


Hallo goodspeed

Wie kommst Du auf einen Kühlschrank?
Ein gasdichter Raumanzug wäre die bessere Lösung, damit die lebenswichtige Atmung funktioniert.
Der ausreichender Partialdruck muss vorhanden sein, um eine Sauerstoffsättigung des Blutes zu gewährleisten.
...und Willkommen im Forum.

http://de.wikipedia.org/wiki/Raumanzug

Gruss Spacewalk
 

goodspeed

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Es ist für eine Kindergeschichte und das "Gefährt" muss aus Alltagsgegenständen zusammenbaubar sein. Und ein Kühlschrank war die logische Konsequenz weil dieser das Kälteproblem löst und man (wenn man davon ausgeht dass er wirklich luftdicht ist) er auch einen Innendruck bewahren kann. Der einzige Zweck des Kühlschranks soll sein seinen Insassen am Leben zu erhalten.

Danke für den Link, ich schau mal was ich noch daraus ziehen kann.
 

mac

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Hallo goodspeed,

ohne Luft(Gas)druck geht es nicht. Das Blut hat die normale Körpertemperatur und fängt an zu 'Kochen' ohne den entsprechenden Gegendruck. Die feinen Gasbläßchen erschweren den Bluttransport durch die Kapilargefäße so sehr, daß das Gewebe nicht mehr ausreichend versorgt wird.

Dieser Vorgang ist im Grunde der Taucherkrankheit sehr ähnlich. Man kann das wohl für einige ganz wenige Minuten überleben, aber nicht länger.

Wir haben dieses Thema hier vor einigen Jahren schonmal ausführlicher diskutiert, ich habe aber im Moment keine Zeit danach zu suchen.

Entweder kann Dir ein anderer User den Link raussuchen oder Du wartest, bis ich heute oder morgen dazu komme.

Herzliche Grüße

MAC
 

goodspeed

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Interessant, die Analogie zum Tauchen war mir bekannt, aber nicht dass das Blut zu kochen beginnt ohne Gegendruck. Danke, ich werd die Links mal studieren!
 

goodspeed

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Also, würde man innerhalb des Kühlschranks (wie in einem Trockentauchanzug) für einen gleichmässigen Überdruck sorgen (von der Annahme ausgehend dass die Konstruktion des Kühlschranks und auch die Dichtungen dem Standhalten) dann wäre das Atmungs- und Blutproblem gelöst und der Insasse würde nicht in Ohnmacht fallen. Richtig?

Wie verhält es sich eigentlich dem Wärmeverlust im All? Sollte theoretisch geringer sein als an der Luft und viel geringer sein als im Wasser, oder?
 

jonas

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Nun, der Wärmeverlust ist primär durch Abstrahlung, und das merkt man schon recht plötzlich und heftig. Auch würde das Wasser auf bzw. die Feuchtigkeit in Deiner Haut tatsächlich zu "kochen" beginnen. Und dieses Abdampfen würde ebenfalls enorm kühlen.

Zu Deinem Kühlschrank: Im Prinzip ist Dein Kühlschrank ja nichts anderes als ein Raumfahrzeug wie z.B. die ISS. Ist der Kühlschrank im Schatten, so wird er relativ rasch auskühlen, ist er in der Sonne, dann schmilzt recht bald die Butter :D Solange er den Druck halten kann (mindestens 0,5 bar), so lange hat der Insasse eine gute Überlebensmöglichkeit für Deine Eingangs erwähnten 60 Minuten. Kommt eben darauf an wie gut er wärmeisoliert ist.

PS: habe gerade gesehen, daß Du den Kühlschrank als Raumfahrzeug für eine Kurzgeschichte für Kinder verwenden möchtest. Zwar kann man heute im Gegensatz zu früher die Kühlschränke von innen öffnen, lass Dir aber gesagt sein, daß vor nicht zu langer Zeit Kinder in Kühlschränken erstickten, weil sie hineingekrochen sind. Das passierte nicht selten.
 
Zuletzt bearbeitet:

goodspeed

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Die Geschichte richtet sich an Jugendliche, geschätzt 14 Jahre aufwärts. Wenn es diese meinem Protagonisten gleichtun wollen dann wünsche ich denen viel Erfolg und hoffe dass das Gemüsefach nicht zu voll ist. :D
Ne, im Ernst, man muss sich der pädagogischen Verantwortung unter Berücksichtigung des Zielpublikums stets bewusst sein, vor allem wenn man richtige Kinderbücher für die ersten Lebensalter schreibt und illustriert. Aber ich selber las mit 14 bereits diverse Stephen King, Poe und Lovecraft Romane und habs überlebt und nicht weniger erwarte ich von den heutigen Generationen (und noch mehr).

Aber danke für die Hilfe, das hat mich schon weitergebracht! :)
 

MGZ

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Die meisten Kühlschränke, die ich kenne, sind absolut nicht dafür konstruiert, einen Überdruck zu halten. Selbst, wenn man annimmt, dass sie dicht sind. 5 Newton auf die Tür, und sie geht auf. Die Drehmomente beim gleichmäßigen Innendruck auf eine Kühlschranktür kann man natürlich ausrechnen, aber dazu hab ich jetzt keine Lust. Mehr als 20 N/m² bzw. 1/5000 Atmosphärendruck hält er aber sicher nicht. Man kann die Tür auch nicht effizient festhalten, solange man sich nicht an einer Stelle der hinteren Kühlschrankinnenwand festhalten kann.
 

galileo2609

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Hallo goodspeed,
Die Geschichte richtet sich an Jugendliche, geschätzt 14 Jahre aufwärts. [...]
Ne, im Ernst, man muss sich der pädagogischen Verantwortung unter Berücksichtigung des Zielpublikums stets bewusst sein, vor allem wenn man richtige Kinderbücher für die ersten Lebensalter schreibt und illustriert.
dann nimm deine "pädagogische Verantwortung" auch wirklich ernst: Unterdruckversuche

Grüsse galileo2609
 

mac

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Hallo Jonas,

Das Blut würde nicht kochen, aber andere im Blut gelösten Gase würden austreten.
http://en.wikipedia.org/wiki/Water_(data_page)#Water.2Fsteam_equilibrium_properties
Blut ist zwar kein Wasser, aber es besteht knapp zur Hälfte aus Wasser und das kocht (bei 37°) ohne ausreichenden 'Gegendruck'. Im Gewebe gibt es den zwar, aber in der Lunge ist das nicht so einfach.

@goodspeed
Wenn der Kühlschrank z.B. innen eine Türbreite von 50 cm hat und 1 m hoch ist, dann drückt die Luft im Inneren, selbst bei nur halbem Luftdruck (0,5 bar) immer noch mit 2,5 t gegen die Tür und die Wände. Da hält kein
normaler Kühlschrank dicht, wie Du Dir sicher vorstellen kannst. ;)

Herzliche Grüße

MAC
 

jonas

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Kocht es oder kocht es nicht? Meine Weisheit habe ich aus den Links, und die sagen unisono: Blut kocht nicht bei Aussetzung des Körpers ins Vakuum. Grund: Der Blutdruck (auch diastolisch) hält in den Adern den Druck so hoch, daß die Körpertemperatur um einige wenige Grad unter der Verdampfungstemperatur bleibt.

Du sagst, daß in der Lunge der Druck nicht so ohne Weiteres als derjenige des allgemeinen Blutdrucks angenommen werden kann. Dies würde aber bedeuten, daß in den Kapillaren der Lunge das Blut irgendwie austritt. Nur so kann der Druck eines geschlossenen Systems örtlich abfallen. Man würde also in die Lunge bluten und der Lebenssaft würde irgendwo an anderer Stelle wieder in den Blutkreislauf zurückströmen.

Irgendwie habe ich da ein physikalisches Problem bei dieser Vorstellung. Von daher glaube ich nicht, daß der Druck im Kreislaufsystem an irgendeiner Stelle dauerhaft unter dem diastolischen liegen kann. Und der diastolische Druck hält das Wasser im Blut auch bei Körpertemperatur immer über dem Siedepunkt.

Wäre das nicht so, so könnten die Unfälle, die beschrieben wurden (NASA Vakuumkammer, Dekompressionen in Flugzeugen) nicht so verlaufen sein wie sie verlaufen sind.
 

goodspeed

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Exzellent genau solchen Input brauch ich!

Also die Tür wird mit einer innen angebrachten Verriegelung gehalten. Zumindest rein erzählerisch, wenn ich mir die Rechnung des tatsächlichen Überdrucks von Mac ansehe dann hinkt diese Erklärung natürlich gewaltig, ganz zu schweigen dass der Kühlschrank in sämtliche Einzelteile zerfliegen würde. Da werd ich mir was überlegen. Wobei die potentielle Gefahr, dass der Kühlschrank dem Innendruck nicht standhält mir dramaturgisch entgegen kommt, weil in den 60min wo der Junge drin sitzt natürlich auch was passieren soll. Gibt da schön-hässliche Kühlschränke aus der ehemaligen Sowjetunion, 40 oder 50er Jahre, die sehen aus als würden sie ein Atomkrieg überstehen, und auf den Anschein kommt es letzten Endes an.

Die pädagogische Verantwortung war mehr darauf gerichtet, dass die Geschichten Einfluss haben können auf jüngere Leser und man darauf achten muss. Den Anspruch absoluter Correctness in technischer, politischer und was auch immer Hinsicht kann ich gar nicht gewährleisten. Selbst ein Michael Crichton musste sich bei seinen Techno Thrillern öfters mal sehr weit aus dem Fenster lehnen, aber (meist) auf dem Fundament der Glaubwürdigkeit (und der hatte wesentlich mehr auf dem naturwissenschaftlichen Kasten als ich). Und darum geht es mir hier, ein grundsätzlich mögliches Szenario zu schaffen welches die Geschichte unterstützt und nicht gleich Fragen aufwirft (zumindest bei den normalsterblichen Lesern, ich denke Weltraumkenner denken ohnehin bei jedem 2. Film oder Buch "Hmmm, Geräusche und Explosionen im Weltall...naja, Film". Bei mir fliegt eben ein Kühlschrank durchs All :) )

Apropos:
Als kleiner Klassiker, die Folge von Harald Lesch dazu.
So wird Physik und Astronomie selbst für ne naturwissenschaftliche Wildsau wie mich verständlich :D
http://www.youtube.com/watch?v=APAleuSnAfU
 

mac

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Hallo Jonas,

Kocht es oder kocht es nicht? Meine Weisheit habe ich aus den Links, und die sagen unisono: Blut kocht nicht bei Aussetzung des Körpers ins Vakuum. Grund: Der Blutdruck (auch diastolisch) hält in den Adern den Druck so hoch, daß die Körpertemperatur um einige wenige Grad unter der Verdampfungstemperatur bleibt.
Ja, im Körperkreislauf wird das zunächst so sein.

The best data I have comes from the chapter on the effects of Barometric pressure in Bioastronautics Data Book, Second edition, NASA SP-3006. This chapter discusses animal studies of decompression to vacuum. It does not mention any human studies.
page 5, (following a general discussion of low pressures and ebullism), the author gives an account of what is to be the expected result of vacuum exposure:
"Some degree of consciousness will probably be retained for 9 to 11 seconds (see chapter 2 under Hypoxia). In rapid sequence thereafter, paralysis will be followed by generalized convulsions and paralysis once again. During this time, water vapor will form rapidly in the soft tissues and somewhat less rapidly in the venous blood. This evolution of water vapor will cause marked swelling of the body to perhaps twice its normal volume unless it is restrained by a pressure suit. (It has been demonstrated that a properly fitted elastic garment can entirely prevent ebullism at pressures as low as 15 mm Hg absolute [Webb, 1969, 1970].)
http://www.geoffreylandis.com/vacuum.html


Du sagst, daß in der Lunge der Druck nicht so ohne Weiteres als derjenige des allgemeinen Blutdrucks angenommen werden kann. Dies würde aber bedeuten, daß in den Kapillaren der Lunge das Blut irgendwie austritt. Nur so kann der Druck eines geschlossenen Systems örtlich abfallen. Man würde also in die Lunge bluten und der Lebenssaft würde irgendwo an anderer Stelle wieder in den Blutkreislauf zurückströmen.

Irgendwie habe ich da ein physikalisches Problem bei dieser Vorstellung. Von daher glaube ich nicht, daß der Druck im Kreislaufsystem an irgendeiner Stelle dauerhaft unter dem diastolischen liegen kann. Und der diastolische Druck hält das Wasser im Blut auch bei Körpertemperatur immer über dem Siedepunkt.
Der diastolische Druck, gemessen mit einer Druckmanschette (nach Riva-Rocci) ist nicht der Druck im Lungenkreislauf. Und ein geschlossenes System im Sinne von Druckausgleich ist der Kreislauf nicht. Allein schon auf der venösen Seite des Kreislaufs liegt der Druck normal unter 10 mmHG (Die Mediziner sind da genau so stur konservativ, wie die Astrophysiker mit ihren erg :D)
Eine latente PAH liegt vor, wenn der arterielle Blutdruck in der Pulmonalarterie (Pulmonalarteriendruck) in Ruhe zwischen 21 und 24 mmHg liegt.
RR (das was der Hausarzt unblutig mißt) liegt bei rund 120 mmHG systolisch und 75 mmHG diastolisch, also rund 4 mal höher. Damit ist natürlich der Differenzdruck zum Luftdruck gemeint und nicht der absolute Druck.

Das Ganze ist aber auch sehr davon abhängig, wie schnell die Dekompression stattfindet und wie lange sie andauert.

Man kann gegen 1 bar oder auch nur 0,5 bar garantiert nicht die 'Luft anhalten' - ob man bei einer explosiven Dekompression (weggesprengte Kühlschranktür) überhaupt die Lunge retten kann, glaube ich nicht. Darüber schreibt aber Landis auch einiges im Absatz ‚Explosive Decompression‘



Wäre das nicht so, so könnten die Unfälle, die beschrieben wurden (NASA Vakuumkammer, Dekompressionen in Flugzeugen) nicht so verlaufen sein wie sie verlaufen sind.
The conclusion of the [autopsy] report was as follows: "The major pathologic changes as outlined above are consistent with asphyxia. It is felt that the underlying cause of death in this case may be attributed to acute cardio-respiratory failure, secondary to bilateral pneumothorax...
http://www.geoffreylandis.com/vacuum.html

Herzliche Grüße

MAC
 
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