Sternbezeichnungen

ispom

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Der metallärmste bisher bekannte Stern wurde gefunden, im Zusammenhang mit einer Untersuchung, die sich mit der Entwicklung von Galaxien beschäftigt.
http://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/0912/0912.4734.pdf

For their study, the authors analyzed the newly discovered star (S1020549) with a high resolution spectrograph

und stellten fest, daß der Stern nur ein vier tausendstel der schweren Elemente enthält, wie sie auf der Sonne zu finden sind.

Alles recht interessant, aber bei mir kam wieder mal die Frage auf, wie viele Stern-Bezeichnungssysteme es wohl geben mag, immer wieder stoße ich auf neue. Kann denn jede Institution nach Gutdünken ihre eigenen „Sternnamen“ festlegen?

Warum gibt es keine verbindliche Festlegung, dass sich die Astronomen an den Henry-Draper -Katalog zu halten haben?
 

Sissy

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Hi Isprom,
Alles recht interessant, aber bei mir kam wieder mal die Frage auf, wie viele Stern-Bezeichnungssysteme es wohl geben mag, immer wieder stoße ich auf neue. Kann denn jede Institution nach Gutdünken ihre eigenen „Sternnamen“ festlegen?

Ja. Du kannst auch einen eigenen Katalog rausgeben, wenn Du magst.

Wenn Dich z. B. nur Dreifachsysteme interessieren, wozu sollst dann in Deinem Katalog (= zu untersuchenden Sterne) die anderen mit rein nehmen? Das bläht doch nur die Datenbank unnötig auf...

Warum gibt es keine verbindliche Festlegung, dass sich die Astronomen an den Henry-Draper -Katalog zu halten haben?

Wer soll sie dazu zwingen?
Wenn die Astronomen das für sinnvoll halten täten, hätte die IAU das doch längst veranlaßt...

Grüße
Sissy
 

galileo2609

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Hallo ispom,
Warum gibt es keine verbindliche Festlegung, dass sich die Astronomen an den Henry-Draper -Katalog zu halten haben?
der Henry-Draper-Katalog ist ein historischer Katalog, zuletzt 1949 erweitert. Neuere systematische Himmelsdurchmusterungen enthalten nicht nur neue Objekte, sondern auch verfeinerte Messergebnisse und einen erweiterten Datenkranz. Es wäre unsinnig, einen einzigen Katalog zu pflegen, in dem die alten Werte einfach überschrieben würden. Neben dem Datenverlust, der damit verbunden wäre, würden auch alle älteren Arbeiten, die sich auf diese Datenstände beziehen, nicht mehr nachvollziehbar.

Zentrale Datenbanken wie SIMBAD ermöglichen es auch Laien wie dir, die Querverbindungen einzelner Sterne in den unterschiedlichen Katalogen nachzuvollziehen. Die Datenfülle, die sich daraus ziehen lässt, ist gewissermassen das Erbe all jener Astronomen, die durch ihre wertvolle Arbeit zu unserem aktuellen Bild des Sternenhimmels beigetragen haben.

Grüsse galileo2609
 

ispom

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ich muß noch mal nachhaken:

weil mir bei der Lektüre von
http://www.mpia.de/Public/menu_q2.php?Aktuelles/PR/2010/PR100112/PR_100112_en.html
wieder einmal auffällt, daß hier der Stern mit einer HR - Bezeichnung angegeben ist....also nicht HD wie HenryDraper-Katalog...

es kann also jeder Autor eine Sternbezeichnung nach seiner Intuition wählen, es gibt keine Empfehlung, wenigstens zwischen HD oder HR nach irgendwelchen Kriterien auszuwählen?

immerhin hat man sich ja auch in der wissenschaftlichen Literatur auf das MKSA geeinigt und benutzt nicht abwechselnd inch, kilometer und pound...:eek:
 

Graviton

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es kann also jeder Autor eine Sternbezeichnung nach seiner Intuition wählen, es gibt keine Empfehlung, wenigstens zwischen HD oder HR nach irgendwelchen Kriterien auszuwählen?

immerhin hat man sich ja auch in der wissenschaftlichen Literatur auf das MKSA geeinigt und benutzt nicht abwechselnd inch, kilometer und pound...:eek:

1.) Man hat nicht mit 10e11 Einheiten zu tun...

2.) Ist die Identifikationen zweier Objekte aus unterschiedlichen Durchmusterungen/Katalogen keinesfalls trivial. Die Astrometrie kann abweichen und die Fehler nicht vollständig bekannt sein; das Objekt kann physikalisch dynamisch sein und sich verändert haben; es kann sich um ein Lensing-Ereignis handeln; etc. etc. Deshalb beziehen sich seriöse Paper auf einen konkreten Katalog (meist einfach eine lange ASCII-Tabelle mit vielen double Werten). Es gibt dann zwei Fragestellungen:
Solche, die allein mit den Daten des Katalogs arbeiten. Hier sind Zuordnungen zu anderen Katalogen nicht nur überflüssig, sondern hinderlich. Meist hat man im eigenen Katalog ähnliche (systematische!) Fehler; ähnlich kalibrierte Instrumente, ähnliche Astrometrie etc...
Wenn man z.B. bei einer IR-Durchmusterung auf die UV-Flüsse eines anderen Satelliten zurückgreifen will, muss bleibt einem natürlich nichts anderes übrig, als die Einträge im eigenen Katalog mit denen des fremden zu matchen. Aber dabei passieren Fehler, das ist keinesfalls eindeutig. Der Laie stellt sich das vielleicht so einfach vor.... Aber oft stehen millionen Objekte extrem nah zusammen... Und dann hat man es mit Rohdaten zu tun mit einer gewissen PSF (Sterne sind nicht punktförmig), mit bleading-, ghosting- etc. Artefakten des CCD. DArüber hinaus sind die wirklich interessanten Objekte oft relativ lichtschwach und am Detektionslimit werden die STatistiken immer schlechter bzw. die oben angsprochenen Probleme immer schwerwiegender.

Mit anderen - kürzeren - Worten: Es ist einfach, Sirius in verschiedenen optischen Himmelsdurchmusterungen zuzuordnen. Es ist nicht so trivial bei 30 Magnituden schwächeren Objekten ;) Und es würde schwierig sein (mal abgesehen von der Sinnhaftigkeit), hier einen universellen Katalog für alle Wellenlängen, alle Instrumente, alle Flussgrenzen, alle Astrometrie-Genauigkeiten erstellen zu wollen.

Grüße,
Florian
 

ispom

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igitt, florian, das ist ja alles sehr kompliziert....und ich habe verständnis für die gründe, die du aufzählst....
aber noch einmal die naive Frage

HD und HR -Bezeichnungen nebeneinander her.....muß das denn sein?
 

Sissy

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Hi Isprom,

HD und HR -Bezeichnungen nebeneinander her.....muß das denn sein?

ja. Das hat schlicht praktische Gründe.

Je nachdem, für welche Eignschaften eines Objektes Du ich interessierst, nimmst eben die Infos aus den entsprechenden Katalog.

Mein Planetariumsprogramm, mit dem ich die Vorbereitungen für eine Beobachtungsnacht plane, enthält für jedes Objekt die Quehrverweise auf 12 gebräuchliche Kataloge samt Daten. Brauch ich weiterführende Infos, lade ich die zusätzlichen Daten aus dem entsprechenden Katalog auf meinen Laptop runter, damit ich die während der Beobachtungsnacht verfügbar hab.

Wozu soll ich denn alle Daten (z.B. Röntgensternkataloge) aus dem Internet runterladen (und damit meine Festplatte hoffnungslos zumüllen), wenn ich diese Sorte von Objekten optisch garnicht beobachten kann und mich statt dessen für die Spektren von Sternen und ihre Eigen- bzw. Relativgeschwindigkeiten interessiere, um herauszufinden, welche zu einem ehemaligen Sternentstehungsgebiet gehören?

Für die unterschiedlichen Teilgebiete der Astronomie braucht man halt unterschiedliche Kataloge. Auch wenn Du das verwirrend findest, die sind notwendig.

Hier werden etliche dieser Kataloge aufgeführt und auch erklärt, wozu sie verwendet werden...

Grüße
Sissy
 

ispom

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sissy, ich sehe ja durchaus die Notwendigkeit verschiedener Kataloge für verschiedene oder spezielle Himmelsobjekte, auch spezielle Sternkataloge....
aber so, wie man ja heute (so wie ich es sehe) nicht mehr einen Stern nach dem Katalog der Bonner Durchmusterung in der Literatur findet, könnte man doch ebenso gut auf die Bezeichnung HR.....verzichten, weil es ja auch immer noch für diesen Stern eine HD gibt....
 

Sissy

Registriertes Mitglied
Hi Ispom,

... aber so, wie man ja heute (so wie ich es sehe) nicht mehr einen Stern nach dem Katalog der Bonner Durchmusterung in der Literatur findet, könnte man doch ebenso gut auf die Bezeichnung HR.....verzichten, weil es ja auch immer noch für diesen Stern eine HD gibt....

Der HD-Katalog hat nur 359.083 Sterne. Die Positionsdaten beziehen sich auf die astronomische Epoche 1900.0. Er enthält für diese Sterne Angaben zum Spektrum, aber keine Daten zur Eigenbewegung.

Wenn der Ort des Sterns keine Rolle spielt, kann man diesen Katalog verwenden. Aber es ist die Entscheidung des Autors bzw. der Autorengruppe, welchen Katalog sie verwenden. Und normalerweise verwendet man einen Katalog, der auf der aktuellen Epoche basiert. Also 2000.0.

Da der HR inzwischen in 5. Auflage von 1991 vorliegt, beziehen sich viele (amerikanische) Autoren eben auf diesen Katalog, auch weil er die Eigenbewegung, Magnitude, Parallaxe und weitere Kommentare zu den Sternen enthält...

Grüße
Sissy
 

ispom

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danke für die Erläuterung sissy,
so wie ich das jetzt sehe, mögen die Astronomen diese historisch gewachsene Vielfalt, die sich dem Amateur oft als vermeidbares Verwirrspiel darstellt :cool:
 

Nathan5111

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Das Ganze 'schreit' doch geradezu nach einer Datenbank, die auf alle bestehenden Kataloge zugreift und mit, natürlich, eigenen Bezeichnungen auf Alles zugreift und zur Verfügung stellt.
 
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