Warum sind Sterne in Kugelsternhaufen so alt?

mac

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Hallo Mahananda,


dann frage ich mich, warum in der Galaxis heute noch primordiale Gaswolken übrig sind,
Ohne alle dabei wirkenden Kräfte und Einflüsse qualitativ oder gar quantitativ zu kennen, erscheint mir eine, vielleicht nur Teil- Erklärung dazu plausibel:

Sehr heiße, neu gebildete Sterne vertreiben durch ihren Strahlungsdruck das Gas aus einer Sternbildungsregion. Das genügt um einen (relativ kleinen) Kugelhaufen mehr oder minder leer zu fegen, so wie es auch in den ‚heutigen‘ Sternbildungsregionen genügt.

Wenn die Geschwindigkeit, mit der das Gas dabei ‚vertrieben‘ wird, die Fluchtgeschwindigkeit bzw die Roche-Grenze des jeweiligen Kugelhaufens bzw Nachbarn überschreitet, ist es weg. Das läßt immer noch genügend Spielraum, um auch größere und/oder weniger dichte Kugelhaufen zu finden, in denen mehr als eine Sterngeneration existieren kann.

Das gleiche gilt für die abgestoßenen Gashüllen der großen Sterne. Diese Gashüllen entfernen sich ebenfalls mit beachtlichen Geschwindigkeiten.


Neben diesen rein gravitativ getragenen Prozessen, stelle ich mir einen (von mir leider bisher nicht quantifizierbaren) Anteil vor, der durch die Rotation einer großen Galaxis beigetragen wird. Diese Rotation erzeugt ein galaxisweites Magnetfeld, das ganz offensichtlich auch in der Struktur der galaktischen Gas- und Staubwolken erkennbar ist. Bei einem Kugelhaufen gibt es selbstverständlich auch Sternbewegung, aber sie ist anscheinend deutlich chaotischer, also mit keiner so ausgeprägten Vorzugsrichtung behaftet wie in einer großen Galaxis und kann deshalb auch kein so gut organisiertes Magnetfeld produzieren.

Herzliche Grüße

MAC
 

Luzifix

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Nein, sie befinden sich in einem Vakuum, und sind enorm weit voneinander entfernt, gemessen an ihrer Grösse.

Aha, das bedeutet, meine Frage oben war eine typische Laienfrage. :eek: Nun, da ich die halbe Nacht von Kugelsternhaufen geträumt habe, was vermutlich das Symptom einer unter den Usern dieses Forums häufig auftretenden Krankheit ist, da ist mir klar geworden, daß ein Beobachter in so einem Haufen seine benachbarten Sterne auch nur so als helle Sterne wahrnehmen würde wie wir, nicht als Sonnen.

Dabei ist mir aber noch eine Frage eingefallen: Wenn die Stern in so einem Haufen alle ungefähr gleich alt und auch gleich groß sind, dann könnten sie doch auch alle zur selben Zeit das Novae- oder Supernovae-Stadium erreichen. Muß man sich da auf eine Serie von Gigaexplosionen gefaßt machen?

Noch eine Frage: Wird fremdes Licht eigentlich von so heißem Plasma absorbiert oder reflektiert?
 

Bynaus

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Dabei ist mir aber noch eine Frage eingefallen: Wenn die Stern in so einem Haufen alle ungefähr gleich alt und auch gleich groß sind, dann könnten sie doch auch alle zur selben Zeit das Novae- oder Supernovae-Stadium erreichen. Muß man sich da auf eine Serie von Gigaexplosionen gefaßt machen?

Nein.

Erstens hängt das Maximalalter des Sterns etwa mit der 4.ten Potenz von der Masse ab, dh, schon kleine Massenunterschiede haben grosse Unterschiede beim Maximalalter zur Folge.

Zweitens, wie erwähnt, gibt es heute in diesen Haufen nur noch Sternleichen oder massearme Hauptreihensterne, die nie zur Supernova werden. Ein Roter Zwerg bläht sich nicht einmal zu einem Roten Riesen auf, sondern - vermutet man zumindest - geht direkt ins Stadium eines weissen Zwergs über. Novae gibt es eh nur in Doppelsternsystemen (ausser, man will die Helium-Pulse von Roten Riesen dazu zählen).

Noch eine Frage: Wird fremdes Licht eigentlich von so heißem Plasma absorbiert oder reflektiert?

Beides. :)
 

Yadgar

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High!

Erstens hängt das Maximalalter des Sterns etwa mit der 4.ten Potenz von der Masse ab, dh, schon kleine Massenunterschiede haben grosse Unterschiede beim Maximalalter zur Folge.

Das würde ja heißen, dass ein Stern mit halber Sonnenmasse etwa 160 Milliarden Jahre lang auf der Hauptreihe ist (das Rote-Riesen-Stadium dürfte bei allen Spektralklassen verglichen mit dem Hauptreihenstadium fast vernachlässigbar kurz sein)... ein Stern mit einem Drittel Sonnenmasse 810 Milliarden Jahre und einer mit einem Fünftel sogar 6,25 Billionen Jahre - und YZ Ceti (0,085 Sonnenmassen) sogar fast 200 Billionen Jahre - kann das sein?

Bis bald im Khyberspace!

Yadgar
 
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Sissy

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Hi Yadgar,

ich hab das jetzt nicht im einzelnen nachgerechnet, aber größenordnungsmäßig stimmen deine Annahmen. Je weniger Masse, desto langlebiger.
Genaueres müßte MAC oder Bynaus rechnen...

Gruß
Sissy
 

Lina-Inverse

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Hallo zusammen,

ohne jetzt eine gute Quelle parat zu haben, die von Yadgar berechneten Lebensdauern für Sterne mit sehr geringen Massen sind mit Vorsicht zu geniessen, da hier noch andere Effekte zum tragen kommen.
Bei Sternen mit geringer Masse erfolgt der Strahlungstransport über die gesammten Stern durch Konvektion, es steht dadurch ein grösserer Anteil der Gesamtmasse als "Brennstoff" zu Verfügung als bei sonnenähnlichen Sternen.
Ausserdem sind die Folgeraktionen der Proton-Proton-Kette temperaturabhängig, bei Zwergsternen mit sehr wenig Masse hat auch das Einfluss auf die freisetzbare Energiemenge.

Gruss
Michael

PS: Nach "über den Daumen gepeilt" komme ich für YZ Ceti "nur" auf eine Lebensdauer von ~6 Billionen Jahren (Dreisatz mit Leuchtkraft vs Masse gegenüber der Sonne)
 
Zuletzt bearbeitet:

Toni

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Hinweis

Hallo alle zusammen,

zu den meisten Fragen dieses Themas hatten wir bereits vor 3 Jahren schon einmal einen recht umfangreichen Thread, in welchem viele der Fragen rund um die Kugelsternhaufen sogar wesentlich ausführlicher beantwortet wurden:

http://www.astronews.com/forum/showthread.php?t=1134

Zusätzlich wirft sich mir übrigens seit dem Artikel in der astronews vom 26.11.09
http://www.astronews.com/news/artikel/2009/11/0911-032.shtml
die Frage auf, ob nicht vielleicht sogar alle Kugelsternhaufen die Kerne eingefangener Zwerg-Galaxien darstellen und deswegen vornehmlich im Halo "herumgeistern"?? ;)

Gruß Toni
 

Bynaus

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Ich kann Lina-Inverse' Angaben zu den Lebensdauern nur bestätigen. Und ich muss hier einräumen, dass ich mich oben offensichtlich in der Potenz vertan habe.

Die Masse-Leuchtkraft-Beziehung besagt, dass L (Leuchtkraft) und Masse etwa folgendermassen zusammen hängen:

L ~ M^3.5.

Da der Stern auf der Hauptreihe bleibt, so lange sein Wasserstoff-Vorrat anhält, kann man die Verweilzeit auf der Hauptreihe folgendermassen annähern:

T ~ L / M ("Verbrauch/Vorrat") und damit T ~ M^2.5.

Das gilt natürlich nur für Sterne, die voll konvektiv sind und damit ihre gesamte Masse als Vorrat haben, also z.B. Rote Zwerge. Massivere Sterne verbrauchen nicht allen Wasserstoff, dh, ihre Verweilzeit ist kürzer als man von der oberen Beziehung vermuten würde. Oder, anders gesagt, wenn wir die Verweilzeit der Sonne auf der Hauptreihe als gegeben nehmen nehmen und mit der oberen Beziehung die Verweilzeiten von Roten Zwergen berechnen, tendieren wir dazu, deren Lebensdauern etwas zu unterschätzen. Aber Grössenordungsmässig kommt man mit T ~M^2.5 auf die richtigen Zahlen.
 

DELTA3

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Ich habe auch eine Frage:

Die Sterne in einem Kugelhaufen müssen doch um das Zentrum rotieren, sonst würde ja der Haufen gravitativ zusammenfallen. Wenn aber etwas um ein Zentrum rotiert, dann bildet sich doch normalerweise eine Scheibe aus. Warum ist das bei den Kugelhaufen selbst nach 12 Mrd. Jahren noch nicht der Fall?

Gruss, Delta3.
 

Toni

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Die Sterne in einem Kugelhaufen müssen doch um das Zentrum rotieren, sonst würde ja der Haufen gravitativ zusammenfallen.
Richtig!

Wenn aber etwas um ein Zentrum rotiert, dann bildet sich doch normalerweise eine Scheibe aus. Warum ist das bei den Kugelhaufen selbst nach 12 Mrd. Jahren noch nicht der Fall?
Weil möglicherweise sämtliche Kugelhaufen Überreste (die Kerne) von kleinen Galaxien aus den frühen Zeiten des Universums sind, die ihre Spiralarme oder die sie umgebenden Sternpopulationen in Folge des Einfangs durch die Milchstraße (oder bei anderen Galaxien durch diese) verloren und an die große Galaxie zum großen Teil abgegeben haben.

Gruß Toni
 

Orbit

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Zitat von DELTA3
Die Sterne in einem Kugelhaufen müssen doch um das Zentrum rotieren, sonst würde ja der Haufen gravitativ zusammenfallen.
Toni schrieb:
Bist du sicher?
http://de.wikipedia.org/wiki/Kugelsternhaufen#Gezeitenwirkung
Nachdem sich die Sterne gebildet haben, beginnen sie sich gravitativ gegenseitig zu beeinflussen. Dadurch ändern sich bei jedem Stern ständig Betrag und Richtung der Geschwindigkeit, so dass man nach kurzer Zeit keine Rückschlüsse auf ihre ursprüngliche Geschwindigkeit ziehen kann. Dieses charakteristische Intervall wird Relaxationszeit genannt. Es ist abhängig von der Zeitdauer, die ein Stern benötigt, um den Sternhaufen zu durchqueren, und der Anzahl der Sterne im System.[28] Die Relaxationszeit variiert von Sternhaufen zu Sternhaufen, beträgt aber im Schnitt eine Milliarde Jahre.
 

Toni

Registriertes Mitglied
Hallo Orbit,

auch Dir wünsche ich noch ein gesundes Neues Jahr! :)

Ja, da bin ich mir sicher. ;) Denn in der Wiki steht noch direkt davor:
Die Entstehung von Kugelsternhaufen ist ein kaum verstandenes Phänomen. Durch Beobachtungen von Kugelsternhaufen konnte gezeigt werden, dass sie sich in Gebieten gebildet haben, in denen eine starke Sternentstehung im Gange war und wo das interstellare Medium eine größere Dichte besaß, als in durchschnittlichen Sternentstehungsgebieten. Kugelsternhaufen bilden sich für gewöhnlich in Starburst Gebieten und in Wechselwirkenden Galaxien.
Es war zur Zeit der Niederschrift dieses Wikipedia-Artikels eben "ein kaum verstandenes Phänomen". Und wenn nicht (wie im astronews-Artikel vom 26.11.09) "die drei Astronomen aus Australien und Deutschland" herausgefunden hätten, dass ...
Nach Ansicht der Forscher bestätigt dies die Vermutung, dass Omega Centauri der Kern einer von der Milchstraße eingefangenen und zerstörten Zwerggalaxie ist.
... dann würde man heute immer noch im Dunkeln tappen und vor einem "kaum verstandenen Phänomen" hocken, weil man einfach nicht sehen will, was einem der logische Verstand sagt: Dass es eigentlich nur so sein kann, dass sämtliche Kugelhaufen ehemalige Kerne ehemaliger Zwerg-Galaxien sind.

Warum z.B. sollen zwei etwa gleich große, gleich schwere und gleich alte gelbe Sterne (wie in etwa unsere Sonne) zwei völlig verschiedene Entwicklungen in der Sternentstehungsphase durchlaufen haben? - Richtig! Das tun diese Sterne natürlich nicht und das würde auch jeder Astronom sofort verneinen, weil es einfach unlogisch wäre!

Tja, auch Wikipedia sollte von Zeit zu Zeit ausgebessert werden, wenn neue Forschungsergebnisse vorliegen ... ;)

Gruß Toni
 

Bynaus

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Ich glaube mich zu erinnern, dass die Sterne in Kugelsternhaufen nicht um das Zentrum rotieren, sondern durch das Zentrum pendeln. Das heisst, ein Stern fliegt auf das Zentrum zu, durchquert es, fliegt auf der anderen Seite raus, bis seine Geschwindigkeit sich durch die Gravitation des Haufens umkehrt, fliegt wieder ins Zentrum etc. Dabei wird seine Bahn mehr oder weniger chaotisch von anderen Sternen beeinflusst.
 

Orbit

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Toni
DELTA3 stellt eigentlich zwei Fragen:
1. Rotieren Sterne in einem Sternhaufen um ein Zentrum?
2. Wenn ja, warum bildet sich dann keine Scheibe aus?

Beide Fragen beantwortest du mit...
...und begründest deine Antwort bezüglich der zweiten Frage damit, dass es sich bei Kugelsternhaufen um ehemalige Bulges handle.
Wenn ich nun zurückfrage
...meine ich zweierlei:
- Bist Du sicher, dass Sterne in Kugelsternhaufen um das Zentrum rotieren?
- Bist Du sicher, dass Sterne in Bulges um das Zentrum rotieren?

Ich gehe davon aus, dass Sternbewegungen in beiden Gebilden ähnlich beschrieben werden müssen. Der von mir zitierte Textausschnitt lässt mich vermuten, dass man es hier mit einer Art Pendelbewegung zu tun haben könnte.

Deine Einschätzung, dass mit dem Paper der australischen Astronomen die Herkunft der Kugelsternhaufen restlos geklärt sei, teile ich übrigens nicht.

Orbit
P.S. Bynaus' Antwort sehe ich erst jetzt. Also sind wir schon zwei, die da an eine Pendelbewegung denken. :)
 
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DELTA3

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Dass es eigentlich nur so sein kann, dass sämtliche Kugelhaufen ehemalige Kerne ehemaliger Zwerg-Galaxien sind.
Das sagt der zitierte Artikel ja eigentlich nicht. Dort wird gesagt, dass man in Omega Centauri unterschiedliche Sternpopulationen gefunden hat und daraus schliesst, dass es sich hier um den Kern einer Zwerggalaxie handelt, im Gegensatz zu den Kugelsternhaufen.
Die Sterne in einem Kugelhaufen müssen doch um das Zentrum rotieren, sonst würde ja der Haufen gravitativ zusammenfallen.
Wenn ich dich richtig verstanden habe, meinst du, dass laut Wiki die Sterne nicht um das Zentrum rotieren, sondern sich bei jedem Stern ständig Betrag und Richtung der Geschwindigkeit ändert.

Ich verstehe Wiki aber so, dass das nur eine gewisse Zeit so war (Relaxationszeit). Danach könnten ja stabilere Verhältnisse eingetreten sein.
Schon optisch weisen ja Kugelsternhaufen eine Massenkonzentration im Zentrum auf, um das die Sterne kreisen können. Warum bildet sich da keine Scheibe aus?

Gruss, Delta3.
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Schon optisch weisen ja Kugelsternhaufen eine Massenkonzentration im Zentrum auf, um das die Sterne kreisen können. Warum bildet sich da keine Scheibe aus?

Siehe meinen Beitrag oben, sowie jenen von Orbit. Kugelsternhaufen rotieren nicht, sie pendeln durch das Zentrum. Deshalb bildet sich keine Scheibe. Die Massenkonzentration im Zentrum ist wohl die Folge vieler gegenseitiger Vorbeiflüge der Sterne im Haufen. Für jeden Stern, der durch solche Vorbeiflüge aus dem Haufen geworfen wird, rücken die anderen enger zusammen (Energieerhaltung).
 

DELTA3

Registriertes Mitglied
Danke für eure Antworten Bynaus und Orbit. Ich habe eure Antworten erst gesehen, nachdem ich meinen letzten Beitrag geschrieben hatte.

Damit sind meine Fragen beantwortet. Es kann ja wohl auch nicht anders sein, denn sonst sähen die Kugelhaufen nach 12 Mrd. Jahren nicht mehr kugelförmig aus.

Ansonsten glaube ich auch nicht, dass alle Kugelhaufen ehemalige Kerne von Zwerggalaxien sind. Aber ihre Entstehung scheint doch immer noch nicht geklärt zu sein.

Gruss, Delta3.
 
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