Jupitermond Europa: Ausreichend Sauerstoff für Leben?

astronews.com Redaktion

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Der Jupitermond Europa gilt wegen des unter seiner Eisdecke vermuteten Ozeans als einer der Orte im Sonnensystem, an dem sich die Suche nach primitivem Leben lohnen könnte. Zwar weiß man über den gewaltigen Ozean unter dem dicken Eispanzer noch sehr wenig, doch glaubt ein amerikanischer Planetenforscher, dass er deutlich mehr Sauerstoff enthalten könnte als lange Zeit angenommen. (20. Oktober 2009)

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MGZ

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3 Milliarden Kilogramm ist ganz schön dürftig für eine Makrofauna. Das ist nur ein Hundertstel der Masse der Menschheit. Wenn im Europaozean Leben aus Sauerstoff Energie gewinnt, dann wären Bakterien einem mehrzelligen Fisch weit überlegen, wenn es darum geht, bei geringem Sauerstoffgehalt zu überleben.

Außerdem fehlt noch ein sinnvoller Kohlenstoffrecyclingmechanismus für das Europaleben.
 

Frankie

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MGZ Bakterien können auch ohne Sauerstoff existieren soweit ich weis... aber deren Abbauprodukte können weitere Fauna unterhalten. Ich denke das hier nur ein Teilaspekt aller Möglichkeiten genannt wird. Da kann schon mehr vorkommen als Du vermutest.
 

Mahananda

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Hallo,

es scheint, als sei wieder einmal der Wunsch Vater des Gedankens. Es ist zwar zutreffend, dass an der Eisoberfläche Wasser gespalten wird, so dass sich eine dünne Sauerstoffatmosphäre bildet, aber die Interaktion zum mehrere Dutzend Kilometer darunter liegenden Ozean ist doch so gering, dass sich hier keine nennenswerten Mengen Sauerstoff lösen oder gar anreichern könnten. Zudem ist der atmosphärische Druck so gering, dass in der kurzen Zeit, wo Wasser flüssig an der Oberfläche vorliegt, so gut wie nichts in Lösung geht. Doch selbst wenn - wie sollte das Wasser wieder zurück gelangen? Bei den Oberflächentemperaturen dort, gefriert es binnen Sekunden und riegelt die Austrittsstelle mit einem Eispfropfen ab, so dass der Sauerstoff im eigentlichen Wortsinn außen vor bleibt. Rätselhaft erscheint mir daher, wie es gelingen soll, binnen weniger Millionen Jahre das irdische Niveau der Sauerstoffanreicherung im Europa-Ozean zu erreichen.

Weiterhin muss man bedenken, dass die Wassermenge auf Europa die irdische Wassermenge um ein Vielfaches überschreitet, so dass - ohne Wellenschlag wohlgemerkt - zusätzliche Zeit benötigt wird, um Sauerstoff in Lösung zu bringen. Doch selbst wenn dies auf irgendwelchen verschlungenen Wegen gelingen sollte - was geschieht denn dann mit dem Sauerstoff? Da der Ozean infolge der Gezeitenkräfte vom Boden her erwärmt wird, gelangt das sauerstoffreiche Wasser über Konvektionsströme in Kontakt zum Bodenmaterial. Dieses ist - siehe den Vergleich zum Nachbarmond Io - mit Schwefelverbindungen angereichert, so dass diese zunächst oxydiert werden zu Sulfit- und Sulfat-Ionen, welche in Lösung gehen.

Weiterhin dürfen wir davon ausgehen, dass der Silikatkern der Europa mit Eisenverbindungen durchsetzt ist, die über die zu erwartende vulkanische Aktivität in das Ozeanwasser sowie in den Ozeanboden gelangen. Auch diese binden den anfallenden Sauerstoff und fallen als Rost aus. Von daher haben wir zunächst aufgrund des reduzierenden Milieus am Ozeanboden eine langandauernde Sauerstoffsenke zu erwarten. Zieht man dann noch in Betracht, dass - wie oben ausgeführt - die in Lösung gehende Menge atmosphärischen Sauerstoffs nur äußerst gering sein kann, dann übersteigt die Dauer der Sauerstoffsenke mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Existenzdauer der Sonne, so dass mit einem irdischen Anreicherungsniveau des Ozeanwassers der Europa nicht gerechnet werden kann.

Der Verweis auf eine Makrofauna mit drei Milliarden Kilogramm Biomasse ist wieder mal das übliche Geschwätz, um sich und sein Projekt interessant erscheinen zu lassen. Das ist so sehr an den Haaren herbeigezogen, dass ich mir dazu jeden Kommentar erspare.

Viele Grüße!
 

Bynaus

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http://adsabs.harvard.edu/abs/2009DPS....41.6608G

Dies ist der Abstract, auf den sich all die Meldungen beziehen.

Wie man sieht, geht es nicht darum, dass sich Moleküle aus der "physikalischen" (=fast-nicht-vorhandenen) Atmosphäre Europas im Ozean lösen. Sondern das Strahlenbombardement sorgt für eine Anreicherung von Sauerstoff im Eis der Europa-Kruste. Frühere Abschätzungen gingen davon aus, dass die Eiskruste, die derart "oxygeniert" ist, nur ca 10 m dick ist. Das junge Alter der Europa-Oberfläche deutet aber darauf hin, dass die Eiskruste sehr schnell rezykliert wird (schneller als durch das "Impact gardening", das Umwälzen der Kruste durch Impakte, das zu den genannten 10 m Dicke führte), und wendet man diese Erkenntnis auf die Dicke der oxygenierten Eiskruste an, resultiert eine Dicke von 300 m. Wenn das Eis des Europa-Ozeans nun nicht sehr dick ist, würde das reichen, um in Kontakt mit dem Ozean zu bleiben und diesen mit Sauerstoff anzureichern.

Die chemischen Vorgänge am Ozeanboden dürfen aber mit Sicherheit nicht vernachlässigt werden, und ich weiss nicht, wieweit das Greenberg in seiner Arbeit getan hat. Wichtig ist auf jeden Fall, dass offenbar der Europa-Ozean mit mehr Sauerstoff versorgt wird als man bisher gedacht hat. Welche Folgen das hat, wird man so lange nicht sagen können, bis dieser Mond endlich mal etwas genauer untersucht wird.
 

Mahananda

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Das junge Alter der Europa-Oberfläche deutet aber darauf hin, dass die Eiskruste sehr schnell rezykliert wird (schneller als durch das "Impact gardening", das Umwälzen der Kruste durch Impakte, das zu den genannten 10 m Dicke führte), ...

Aber ist das nicht eigentlich schon länger bekannt? Die Gezeitenwirkungen durch die Nachbarmonde führen doch zu massiven Deformationen der Eiskruste, die sich u.a. in Form von Wärme "entladen", so dass z.B. Krater eingeebnet werden. Ein Übriges tun die Spaltenbrüche, aus denen immer wieder einmal weiches Eis bzw. flüssiges Wasser an die Oberfläche dringt und die charakteristischen Doppelwälle bilden. Insofern ist doch über die Gezeitenwirkungen eine gewisse Eisdynamik bereits gegeben, die zu einer "Verjüngung" - sprich: einer Einebnung älterer Krater führt, ohne auf in tiefere Schichten reichende "Rezyklierungen" zurückgreifen zu müssen, die den Oberflächensauerstoff nach unten transportieren. Insofern erscheint mir diese ganze Angelegenheit doch ziemlich konstruiert.
 

Frankie

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Hallo,

(...) Dieses ist - siehe den Vergleich zum Nachbarmond Io - mit Schwefelverbindungen angereichert, so dass diese zunächst oxydiert werden zu Sulfit- und Sulfat-Ionen, welche in Lösung gehen.
(...)Weiterhin dürfen wir davon ausgehen, dass der Silikatkern der Europa mit Eisenverbindungen durchsetzt ist, die über die zu erwartende vulkanische Aktivität in das Ozeanwasser sowie in den Ozeanboden gelangen. Auch diese binden den anfallenden Sauerstoff und fallen als Rost aus.
(...) Das ist so sehr an den Haaren herbeigezogen, dass ich mir dazu jeden Kommentar erspare.

Viele Grüße!

Grüße auch, Mahananda!

Der "gesparte" Kommentar ist ja dann doch erfreulich lang geraten ;-) und den Inhalt finde ich auch eingängig, aber:

Gibt es denn irgendwelche wissenschaftlichen Erkenntnisse, die freie Schwefel- bzw. Eisenverbindungen unter dem Eis / im Wasser Europas nahelegen? Ich dachte bisher wir wüßten nichts darüber?
Gibt es da einen Link?

Egal wo Eis "arbeitet", da finden Strömungen statt. Man muß nur in der Badewanne an der Wasseroberfläche mit seinen Händen ( auseinander / zusammen ) einen solchen Eisbruch mal nachspielen, um festzustellen, daß sich da einiges tut...

Ansonsten bin ich schon Deiner Meinung, daß der Wunsch Vater vieler Gedanken ist bei Forschungen zu Europa. Was zu der Lebenstheorie passt, macht sich halt in allen Medien, auch wissenschaftlichen, immer besser :D

Grüße,
Frankie
 
Zuletzt bearbeitet:

Bynaus

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Aber ist das nicht eigentlich schon länger bekannt?

Doch - aber bisher wurde das offenbar nicht auf die Frage der Sauerstoffanreicherung des Eises angewandt.

Insofern erscheint mir diese ganze Angelegenheit doch ziemlich konstruiert.

Genau die Prozesse, die du beschreibst, werden auch im Abstract angesprochen. Lies hier:

However, consideration of the types of processes that continually resurface Europa (e.g. crack dilation, emplacement of new material on the old surface as in ridge formation, or melt) suggests that the oxygenated layer thickness is greater than 300 m
 

SpiderPig

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Ganz abwegig ist die, zugegeben recht gewagte, Theorie über höheres Leben auf Europa nicht.
Ich kann nicht abschätzen, wie lange eine Oxidation des Ozeanbodens brauchen würde und die Info fehlt zudem im Artikel.
Dort ist aber die Rede davon, dass es eine Milliarde Jahre dauert, bis der Sauerstoff die Ozeane erreicht.
Eine weitere Milliarde Jahre könnte ausreichen, den Ozeanboden zu oxidieren, wenn die Umwälzung des Bodens nicht all zu stark ist.
In den ersten zwei Milliarden Jahren könnte also durchaus primitives Leben entstanden sein, dass sich mit zunehmendem Sauerstoff diesen zunutze machen würde.
Die Sauerstoffatmer würden aber aufgrund des recht geringen Sauerstofftransportes sich nahe des Eises aufhalten, weil es dann auch eine Konkurrenz um den Sauerstoff geben würde.
Die primitiveren Lebewesen würden weiterhin im tiefen Wasser mit geringem O-Gehalt gedeihen können und als Nahrungsgrundlage für die Sauerstoffatmer dienen können.

Einen wirklichen Kreislauf der Chemie und Energie erkenne ich aber weder im Artikel noch in den Ideen die ich nun kenne.


SpiderPig
 

Kibo

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Mich würd ja mal interessieren wie der wissentschaftliche Standpunkt zu der Frage ist, wovon sich denn das primitive Leben die ersten 2 Mrd Jahre ernährt hat. Chemisch sollte die Auswahl in einem so Kalten und dunklen Gewässer doch recht übersichtlich ausfallen.
 

SpiderPig

Gesperrt
Mich würd ja mal interessieren wie der wissentschaftliche Standpunkt zu der Frage ist, wovon sich denn das primitive Leben die ersten 2 Mrd Jahre ernährt hat. Chemisch sollte die Auswahl in einem so Kalten und dunklen Gewässer doch recht übersichtlich ausfallen.
Dunkel ja, kalt aber nicht überall.
Solches Leben gibt es an den schwarzen Rauchern auf dem Ozeanboden auf der Erde.

Es könnten zB. Schwefelverbindungen sein.
 

Kibo

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Dann müsste man aber doch schon von recht hohen Temperaturen ausgehen.
Wie stark heizen die Gezeitenkräfte das Innere denn nun eigentlich auf? Gibts da Links?

mit fragenden Grüßen
Kibo:)
 

ralfkannenberg

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http://adsabs.harvard.edu/abs/2009DPS....41.6608G

Dies ist der Abstract, auf den sich all die Meldungen beziehen.

Wie man sieht, geht es nicht darum, dass sich Moleküle aus der "physikalischen" (=fast-nicht-vorhandenen) Atmosphäre Europas im Ozean lösen. Sondern das Strahlenbombardement sorgt für eine Anreicherung von Sauerstoff im Eis der Europa-Kruste. Frühere Abschätzungen gingen davon aus, dass die Eiskruste, die derart "oxygeniert" ist, nur ca 10 m dick ist. Das junge Alter der Europa-Oberfläche deutet aber darauf hin, dass die Eiskruste sehr schnell rezykliert wird (schneller als durch das "Impact gardening", das Umwälzen der Kruste durch Impakte, das zu den genannten 10 m Dicke führte), und wendet man diese Erkenntnis auf die Dicke der oxygenierten Eiskruste an, resultiert eine Dicke von 300 m. Wenn das Eis des Europa-Ozeans nun nicht sehr dick ist, würde das reichen, um in Kontakt mit dem Ozean zu bleiben und diesen mit Sauerstoff anzureichern.

Hallo Bynaus,

sowas müsste doch prinzipiell auch für die Enceladus gelten, oder ?


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Bynaus

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Saturn hat ein sehr viel schwächeres Magnetfeld als Jupiter (wobei man jetzt prüfen müsste, wie stark die Strahlung jeweils auf der Höhe der Orbits von Europa und Enceladus ist). Schliesslich stellt sich natürlich auch die Frage, wie sich die Dicke des Eispanzers der beiden Monde vergleicht.
 

Mahananda

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Hallo SpiderPig,

Eine weitere Milliarde Jahre könnte ausreichen, den Ozeanboden zu oxidieren, wenn die Umwälzung des Bodens nicht all zu stark ist.

Ich halte es für problematisch, irgendwelche Schätzungen vorzunehmen, weil nicht klar ist, wieviel Sauerstoff effektiv im Ozeanwasser ankommt, wieviel davon bis zum Ozeangrund gelangt und wieviel davon wiederum im Ozeanboden gebunden wird. Weiterhin ist unklar, welche Salze in welcher Konzentration im Ozeanwasser gelöst sind, so dass bereits in den oberen Wasserschichten eine effiziente Sauerstoffbindung erfolgt. Es kann daher gut sein, dass die Sauerstoffsenke nicht eine Milliarde, sondern zehn oder hundert Milliarden Jahre aktiv ist (gegenwärtige Solarkonstante vorausgesetzt!).

Für hypothetische Lebewesen wäre das kein Problem, da auch die irdischen Lebewesen in reduzierendem Milieu entstanden sind.

Viele Grüße!
 

TomTom333

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Weis denn einer überhaupt wie dick die Eisschichten auf diesen Monden ist?
sind es nun 1 km oder 30km oder doch vielleicht 256,43 km????
Das sollte auch Auswirkungen haben
 

Kibo

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Natürlich hat es Auswirkungen, aber man weis es halt nicht genau.
Laut Wiki hat der ganze Mantel aus Wasser+Eis eine Mächtigkeit vonn 100km. Eine Schicht aus Wasser wird mit hoher Warscheinlichkeit angenommen weil die Eiskruste schneller rotiert als der Rest des Mondes.
 

Bynaus

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Die Dicke der Eispanzer ist sowohl bei Europa als auch bei Enceladus sehr umstritten. Die Zahlen gehen (für Europa) tatsächlich von 100 km bis runter zu <1 km. Bei Europa scheint mir das auch vernünftig - schaut man sich das chaotische Terrain an:

http://berlinadmin.dlr.de/Missions/galileo/Presse/sci_high/GLL_SciHiLi08_Euro_full.jpg

dann scheint klar, dass der Eispanzer nicht allzu dick sein kann - zumindest an diesen Stellen und zu gewissen Zeiten. Diese Eisblöcke (Seitenlänge wenige km) sind offensichtlich geschwommen, haben sich dabei gedreht und sind durch das wieder festfrierende Wasser um sie herum zum Stillstand gekommen. Das sind mit Sicherheit keine 100 km hohen, dünnen Eissäulen...
 

Kibo

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Meine Rede!
Es erscheint mir auch sehr unwarscheinlich das Wasser ganze Hundert Kilometer hochquellt und dann zufriert o.Ä
man müsste doch eigentlich so ein Eispanzerverhalten simulieren können, dann die Ergebnisse vergleichen und schwupps hätte man ne einigermaßen genaue Schätzung.
 

Frankie

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Kibo,

so etwas zu simulieren ist schlicht unmöglich das Ergebnis wäre schlicht beliebig und nicht wiederholbar...

Grüße,
Frankie
 
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