Brauchen wir die Kernenergie?

Entro-Pi

Registriertes Mitglied
Ich glaube nicht, dass ich Entro-Pi falsch verstanden habe. Wenn du den Satz liest, den ich zitiert habe, sagt er ausdrücklich, dass die Risiken der Atomenergie "nicht weniger katastrophal" seien als beim Klimawandel. Ich bin nicht einverstanden: die Risiken sind natürlich da, aber sie sind durchaus "weniger" katastrophal als beim Klimawandel.

Du hast mich tatsächlich richtiger verstanden als Solarius. Offenbar haben wir hier unterschiedliche Meinungen. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß der Klimawandel nicht schlimmer ist als eine Serie von Nuklearunfällen. Kernkraft hat ebenso das Potential große Teile des Planeten innerhalb sehr kurzer Zeit für Menschen unbewohnbar zu machen.

Je mehr AKWs gebaut werden, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, daß Unfälle wie Harrisburg, Chernobyl oder Fukushima passieren. Das gilt insbesondere, wenn solche Kraftwerke in Ländern gebaut werden, in denen schlechter kontrolliert wird und mehr Schlendrian herrscht, als beispielsweise in den USA oder Japan.

Und darüber hinaus besteht bei den Kernkraftwerken noch die Gefahr, daß die absichtlich sabotiert werden könnten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis irgendwelche Spinner AKWs attackieren (zB aus terroristischen Gründen, oder im Krieg, oder aus Wahnsinn wie einst dieser Giftgasangriff auf eine U-Bahn). Je mehr Kraftwerke es gibt desto mehr Ziele gibt es.

Ja und dann ist da noch das Müll-Problem. Seit beinahe 60 Jahren gibt es jetzt Atomkraftwerke. Endlager für den noch hunderttausende Jahre strahlenden Abfall gibt es immer noch nicht. Mit zunehmder Zahl an AKWs und vor allem zunehmender Zahl an Atom-Ländern wird dieses Problem auch drastischer. Wenn die Amerikaner schon auf die krude Idee kommen ihren Atommüll teilweise als Munition zu verwenden bei ihren zahllosen Kriegen im Ausland, dann will ich mir garnicht ausmalen was andere Länder mit ihrem Atommüll anstellen könnten.

Ehrlich gesagt würde es mir weniger ausmachen, wenn die halbe Weltbevölkerung wegen des Klimas verhungert oder ersäuft, als wenn der halbe Planet durch Unfälle, Anschläge oder sonstwas radioaktiv verseucht würde. Natürlich wäre es am allerbesten wenn beides ausbliebe. Deswegen sähe ich es lieber, wenn man mit voller Kraft auf Solar, Wind und Energieeffizienz setzte.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bynaus

Registriertes Mitglied
Offenbar haben wir hier unterschiedliche Meinungen.

Ja, und lass mich vorausschicken: das ist kein Problem! :) Ich möchte versuchen, dir zu erklären, wie ich zu meiner Position komme.

Ich stehe auf dem Standpunkt, daß der Klimawandel nicht schlimmer ist als eine Serie von Nuklearunfällen. Kernkraft hat ebenso das Potential große Teile des Planeten innerhalb sehr kurzer Zeit für Menschen unbewohnbar zu machen.

Wenn du mit Kernkraft auch die Atombomben und die Gefahr eines globalen Atomkriegs mitzählt, bin ich auf deiner Seite.

Die zivile Atomenergie hat aber dieses Potential nicht. Ich glaube, es ist unbestritten, dass Tschernobyl der grösste und schlimmste Atomunfall der Geschichte war (es wurde zumindest am meisten Radioaktivität freigesetzt, und es gab Todesopfer). Trotzdem nimmt sich Tschernobyl auf der Skala aller Katastrophen sehr moderat aus, sogar, wenn man nur jene betrachtet, die durch Nutzung bestimmter Energieträger entstanden sind. Man muss sich bewusst sein, dass:

- Ein Unfall wie in Tschernobyl in modernen Druckwasserreaktoren nicht möglich ist (kein Graphit -> kein Graphitbrennen)
- Tschernobyl direkt weniger als 100 Tote gefordert hat
- Die nicht direkt nachgewiesenen, aber vermuteten bzw. basierend auf Modellen der Wirkung sehr kleiner Dosen von Radioaktivität extrapolierten Todesfälle sich in Bereichen <10000 bewegen (gemäss einer UNO Studie)
- Ein relativ kleines Gebiet tatsächlich permanent evakuiert wurde (und selbst dieses wird am Ende des 21. Jahrhunderts wieder bewohnbar sein)
- Man selbst auf einem Interkontinentalflug mehr Radioaktivität absorbiert als wenn man sich gleich lang in der evakuierten Zone rund um Tschernobyl aufhält

Weder Harrisburg noch Fukushima haben Todesopfer gefordert, und trotzdem kennt jeder, der eine Meinung zur Atomenergie hat, diese Namen. Aber wie heisst dieser Damm in China, der hunderttausende Opfer forderte, als er irgendwann in den 50er Jahren brach? Keine Ahnung, ich müsste es in der Wikipedia nachschlagen.

Was ich damit sagen will: Atomunfälle, so tragisch sie im Einzelfall sind, sind globale, mediale Ereignisse von enormer emotionaler Bedeutung, die dadurch zu einer Wichtigkeit aufgeblasen werden, die in keinem Verhältnis zu ihrer tatsächlichen (an objektiven Kennzahlen festgemachten) Wichtigkeit stehen. Das hat man jetzt gerade bei Fukushima wieder gesehen: alle wissen, wieviele Aufräumarbeiter Tepco in das AKW geschickt hat, aber wieviele Todesopfer das Beben und der Tsunami gefordert hat? Wikipedia wird es schon wissen...

Es leben hunderte Millionen von Menschen innerhalb weniger Meter des Meeresspiegels. Die meisten grossen Städte, Quellen von Wohlstand, Entwicklung, Kultur, Wissenschaft, stehen dort. Wenn wir den Klimawandel nicht aufhalten, wird der Meeresspiegel in den nächsten Jahrhunderten unaufhaltsam weiter steigen und dabei diese hunderten von Millionen Menschen vertreiben - im Gegensatz zu der Gegend um Tschernobyl wirklich nahezu permanent (für zehntausende bis hunderttausende Jahre sicher). Das schaffst du nicht mal mit hunderten von Atomunfällen.

Je mehr AKWs gebaut werden, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, daß Unfälle wie Harrisburg, Chernobyl oder Fukushima passieren.

Ich stimme dir zu, dass die Wahrscheinlichkeit anfänglich proportional zur Anzahl der Kraftwerke steigt. Aber je mehr Kraftwerke gebaut werden, desto grösser ist die Erfahrung, desto mehr Variation gibt es auf dem Markt, desto günstiger werden die Kraftwerke, desto einfacher ist es, qualifiziertes Personal zu finden, etc. In den 90er Jahren hiess es, wenn die Luftfahrt weiterhin so wächst wie bisher, werden wir in den 2000er Jahren jede Woche einen grossen Flugunfall mit dutzenden bis hunderten von Toten zu vermelden haben. Das ist nicht passiert: stattdessen hat man die Sicherheit verbessert, und die Zahlen sind sogar gegenüber den 90er Jahren gefallen.

Und darüber hinaus besteht bei den Kernkraftwerken noch die Gefahr, daß die absichtlich sabotiert werden könnten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis irgendwelche Spinner AKWs attackieren

AKWs sind Ziele wie alles andere auch, aber sie könnten vermutlich besser geschützt werden, nicht zuletzt durch bauliche Massnahmen (wo das nicht ohnehin schon der Fall ist). Atomunfälle - egal ob künstlich herbeigeführt oder unabsichtlich - haben allerdings die Eigenschaft, dass sie sich relativ langsam entwickeln, so dass die Bevölkerung Zeit hat, die Zone um das AKW zu verlassen. Für einen Terroristen, der möglichst viele Menschen töten will, sind AKW deshalb keine besonders attraktiven Ziele. Es ist sehr viel einfacher, 10 Menschen mit einer Autobombe zu töten als mit einem AKW.

Ja und dann ist da noch das Müll-Problem. Seit beinahe 60 Jahren gibt es jetzt Atomkraftwerke. Endlager für den noch hunderttausende Jahre strahlenden Abfall gibt es immer noch nicht.

Müll ist vorwiegend unverbrannter Brennstoff (nicht besonders radioaktiv), die gefährlichen und langlebigen Aktiniden ("Transurane", z.B. Plutonium) sind die Folge des heute am weitesten verbreiteten Reaktordesigns. Nur die Spaltprodukte sind "echter Abfall", haben jedoch Halbwertszeiten von typischerweise 30 Jahren (einige Jahrhunderte in Extremfällen, aber das sind winzige Mengen). Mit anderen Reaktordesigns (etwa Brutreaktoren) hätte man das Müllproblem in der Form nicht, und man würde die strategische Reichweite der bekannten Uranvorkommen um fast einen Faktor 100 steigern. In gewissen Ländern (etwa in der Schweiz) stehen die Grünen einem Atommüll-Endlager auch sehr aktiv im Weg, aus politischen Gründen.

Wenn die Amerikaner schon auf die krude Idee kommen ihren Atommüll teilweise als Munition zu verwenden bei ihren zahllosen Kriegen im Ausland

Abgereichertes Uran ist kein Atommüll, zumindest war es nie in einem Reaktor. Es fällt beim Anreichern von Uran (für Brennstäbe) an. Da Uran ein sehr hartes Metall ist, wird es gerne für panzerbrechende Waffen verwendet. Die Radioaktivität von abgereichertem Uran (dh, es besteht fast nur noch aus U-238 mit einer Halbwertszeit von 4.5 Mrd Jahren) ist praktisch vernachlässigbar. Das, was an diesen Waffen tötet, ist nicht das Uran - es ist die Kugel, aus der das Uran besteht.

Ehrlich gesagt würde es mir weniger ausmachen, wenn die halbe Weltbevölkerung wegen des Klimas verhungert oder ersäuft, als wenn der halbe Planet durch Unfälle, Anschläge oder sonstwas radioaktiv verseucht würde.

Atomenergie hat gar nicht das Potential, den "halben Planeten" radioaktiv zu veseuchen. Kannst ja mal die Grösse der Evakuationszone um Tschernobyl oder Fukushima nehmen und ausrechnen, wie viele Atomunfälle es bräuchte, bis die Hälfte der Landoberfläche verseucht wäre...

Deswegen sähe ich es lieber, wenn man mit voller Kraft auf Solar, Wind und Energieeffizienz setzte.

Ich bin hier deiner Meinung. Aber das wird einfach nicht reichen (und um diese Frage geht es hier in dem Thread ja). Insbesondere die Sache mit der Energieeffizienz wird nach hinten losgehen, wie die Technikgeschichte gezeigt hat (Effizienzsteigerungen ziehen immer einen höheren Verbrauch nach sich).
 

Solarius

Registriertes Mitglied
Diesbezüglich solltest du mal die Arbeitsgruppe Energiebilanzen konsultieren:
Energieverbrauch in Deutschland, Stromaustausch mit dem Ausland, spez. mit Frankreich.

Vom Jan. - Sept. 2011
- importierte Deutschland aus Frankreich 16'007 Mio. kWh Strom,
- exportierte Deutschland nach Frankreich 97 Mio. kWh Strom.

Vom Jan. - Sept. 2010
- importierte Deutschland aus Frankreich 12'497 Mio. kWh Strom,
- exportierte Deutschland nach Frankreich 398 Mio. kWh Strom.

Übrigens ist Frankreich dank der Kernenergie der grösste Netto-Stromexporteur der Welt.
In den letzten zehn Jahren hat Frankreich jährlich ca. 70'000 Mio. kWh Strom netto exportiert.
Nanu! Ich habe gegenteilige Informationen aus der Presse.
Spiegel: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,767918,00.html
Ich zitiere mal daraus:
Frankreich und Deutschland beliefern sich bisher gegenseitig mit Strom. Frankreich bezieht sogar mehr Strom aus Deutschland als umgekehrt, da es vor allem im Winter auf Stromimporte angewiesen ist. Im vergangenen Jahr kaufte Frankreich gut 16 Terawattstunden Strom in Deutschland ein, während 9,4 Terawattstunden aus französischen Kraftwerken nach Deutschland exportiert wurden.

Die Tagesschau.
http://www.tagesschau.de/ausland/frankreich440.html
Ich zitiere daraus:
Deutscher Strom wärmt Frankreichs Wohnzimmer
 

Solarius

Registriertes Mitglied
Jetzt habe ich doch noch den Link von Bynaus gelesen:
http://www.spiegel.de/international/germany/0,1518,809439,00.html
Ich zitiere mal:
To offset the temporary loss of solar power, grid operator Tennet resorted to an emergency backup plan, powering up an old oil-fired plant in the Austrian city of Graz.
Hier nocheinmal ein Link von mir:
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2762
Ich zitiere:
Nach Recherchen der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) wurden am 8. und 9. Dezember, als tatsächlich Strom aus österreichischen Reservekraftwerken nach Süddeutschland geliefert wurde, Gaskraftwerke des E.on-Konzerns in Bayern und im südhessischen Großkrotzenburg mit einer Leistung von 1.037 bzw. 1.400 Megawatt nicht eingesetzt, obwohl sie betriebsbereit waren. Daneben standen auch weitere Kohle- und Ölkraftwerkskapazitäten zur Verfügung, die ebenfalls nicht genutzt wurden.

Mein Fazit dazu: Hier geht es nicht um Information. Die Redakteure wählen geschickt Informationen aus, um beim Leser eine bestimmte Meinung zu hinterlassen.
 

Entro-Pi

Registriertes Mitglied
Ja, und lass mich vorausschicken: das ist kein Problem! :)
Ich bin mir sicher, dass wir in sehr vielen Dingen unterschiedlicher Meinung sind. Aber genau wie du finde ich, dass das kein Problem ist. :)

- Ein Unfall wie in Tschernobyl in modernen Druckwasserreaktoren nicht möglich ist (kein Graphit -> kein Graphitbrennen)
- Tschernobyl direkt weniger als 100 Tote gefordert hat
- Die nicht direkt nachgewiesenen, aber vermuteten bzw. basierend auf Modellen der Wirkung sehr kleiner Dosen von Radioaktivität extrapolierten Todesfälle sich in Bereichen <10000 bewegen (gemäss einer UNO Studie)
- Ein relativ kleines Gebiet tatsächlich permanent evakuiert wurde (und selbst dieses wird am Ende des 21. Jahrhunderts wieder bewohnbar sein)
Fairerweise muß man hier allerdings sagen, dass das auch am damals vorherrschenden System lag. Die Sovietunion hat da viel verschleiert und geschönt, um ihr Ansehen im Angesicht der Katastrophe zu wahren.

Greenpeace geht davon aus, dass heute die tatsächliche Opferzahl zwischen 200'000 und 300'000 liegen dürfte. Auf der Wikiseite zur Katastrophe ist eine russische Publikation verlinkt, welche mit knapp 1 Mio Opfern rechnet, die seit 1986 unmittelbar oder mittelbar durch den Unfall gestorben sind.

Eigentlich war die Gegend um das Kraftwerk relativ dünn besiedelt. Viele der Opfer waren Soldaten und Feuerwehrleute, Bauarbeiter, Techniker und so weiter, die von der Sovietunion zu Rettungs- und Sicherungsarbeiten zum Unfallort befehligt wurden. Es sind aber auch viele Leute an Krebs gestorben weil sie in hunderten Kilometern Entfernung von der Falloutwolke betroffen waren. Und die Opferzahlen werden sicherlich noch weiter steigen, da heute noch viele Menschen mit Krebserkrangungen in Folge des Unfalls leben. Dazu kommen sicherlich noch über Jahre Fehl- oder Mißgeburten in Folge des Unfalls hinzu.

Man stelle sich vor eine ähnliche Katastrophe ereignete sich in der Nähe eines Ballunsgebietes. Die Opferzahlen wären weitaus höher.

Selbstverständlich kann ein vergleichbarer Unfall nicht in einem nicht vergleichbaren Kraftwerk passieren. Ja ich glaube sogar, dass die Soviets viele Erkenntnisse aus dem Unfall gezogen haben, die ihnen helfen werden in Zukunft bessere Konstruktionen und Prozesse zu entwickeln. Allerdings sehe ich die Gefahr ohnehin vielmehr in den Systemfehlern/-schwächen, die unerkannt oder unterschätzt sind.

Es leben hunderte Millionen von Menschen innerhalb weniger Meter des Meeresspiegels. Die meisten grossen Städte, Quellen von Wohlstand, Entwicklung, Kultur, Wissenschaft, stehen dort. Wenn wir den Klimawandel nicht aufhalten, wird der Meeresspiegel in den nächsten Jahrhunderten unaufhaltsam weiter steigen und dabei diese hunderten von Millionen Menschen vertreiben - im Gegensatz zu der Gegend um Tschernobyl wirklich nahezu permanent (für zehntausende bis hunderttausende Jahre sicher).
Die Frage ist: was ist daran so schlimm? Den Menschen gibt es grob gesagt seit ein paar hunderttausend Jahren. Er ist seit jeher mit dem Klima gewandert, oder oft auch wegen des Klimas. Er musste auch schon schwere Zeiten überstehen, in denen große Teile der Population nicht durchkamen. Völkerwanderungen sind für den Menschen nichts neues. Das hat es schon immer gegeben. Das klingt möglicherweise grausam und herzlos, aber man könnte auch sagen das hat uns zu dem gemacht was wir sind.

Das eigentliche Problem dabei ist doch nur ein zwischenmenschliches. Lassen wir die Holländer rein wenn sie nicht mehr länger in ihrer Heimat bleiben können oder stellen wir einen großen Zaun auf wie es die Inder mit Bangladesh machen? Wie du selbst schreibst denken wir beim klimabedingten Anstieg des Meeresspiegels in Jahrhunderten. Wenn wir bis dahin unsere globalen zwischenmenschlichen Beziehungen nicht drastisch verbessert haben wird wahrscheinlich keiner mehr übrig sein der mit dem Meeresspiegel ein Problem hätte.

Abgereichertes Uran ist kein Atommüll, zumindest war es nie in einem Reaktor. Es fällt beim Anreichern von Uran (für Brennstäbe) an. Da Uran ein sehr hartes Metall ist, wird es gerne für panzerbrechende Waffen verwendet. Die Radioaktivität von abgereichertem Uran (dh, es besteht fast nur noch aus U-238 mit einer Halbwertszeit von 4.5 Mrd Jahren) ist praktisch vernachlässigbar. Das, was an diesen Waffen tötet, ist nicht das Uran - es ist die Kugel, aus der das Uran besteht.
Abgereichertes Uran wird verwendet, weil es etwas dichter ist als Wolfram und andere schwere Metalle, und weil es vergleichsweise billig ist, da es als Nebenprodukt der Kernenergie entsteht. Als ich bei der Panzertruppe meinen Grundwehrdienst ableistete erklärte man uns, dass die Amis ihre Wuchtgeschosse auch aus abgereichertem Uran herstellten, weil das möglicherweise eine charakteristische Abnutzung (in diesem Falle vorteilhafte Selbstschärfung) hätte. Ob das stimmt konnte ich allerdings nie herausfinden, da so was natürlich der Geheimhaltung unterliegt.

Laut der Wikipediaseite bedeutet abgereichert beim amerikanischen Militär, dass es lediglich auf 60% der Radioaktivität von natürlichem Uran abgereichert ist. Daher gelten moderne Schlachtfelder als ähnlich strahlenbelastet wie die Fördergebiete von Uran. Ohne besondere Vorkehrungen bilden sich da gefährliche Mengen von Radon. Darüber hinaus ist Uran giftig, vor allem in Pulverform. Und da verschossene Munition die Eigenschaft hat auf irgendwas aufgeschlagen zu sein gibt es auf Schlachtfeldern recht viel pulverisiertes Uran. Aber das nur nebenbei. Eigentlich möchte ich dieses Thema gar nicht besonders vertiefen, da ich befürchte das könnte bei einigen Menschen zu unbedachten Äußerungen führen. Ich wollte es nur als Randaspekt der negativen Auswirkungen kurz aufzeigen.

Ich bin hier deiner Meinung. Aber das wird einfach nicht reichen (und um diese Frage geht es hier in dem Thread ja). Insbesondere die Sache mit der Energieeffizienz wird nach hinten losgehen, wie die Technikgeschichte gezeigt hat (Effizienzsteigerungen ziehen immer einen höheren Verbrauch nach sich).
Ich denke man kann da noch sehr viel erreichen. Bisher sind unsere Techniken hier doch noch ziemlich einfach und folgen keiner großen Systematik. Da gibt es meiner Meinung nach riesige Reserven. Dazu neue Techniken und ein Umdenken bei den Menschen könnten reichen. Das glaube und hoffe ich jedenfalls.
 

hardy

Registriertes Mitglied
Nanu! Ich habe gegenteilige Informationen aus der Presse.
Spiegel: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,767918,00.html
Ich zitiere mal daraus:


Die Tagesschau.
http://www.tagesschau.de/ausland/frankreich440.html
Ich zitiere daraus:

Die Angaben der AG Energiebilanzen sind verlässlicher als die Angaben in einem Presseartikel.

Die Zahlen im "Spiegel"-Artikel für das Jahr 2010 beruhen offensichtlich auf einem Interpretationsfehler.
Im Jahresbericht 2010 der AG Energiebilanzen wird in Abb. 12 der Stromaustauschsaldo Deutschlands mit 9 Partnerländern für die Jahre 2009 und 2010 angegeben. Demnach beträgt der Importüberschuss Deutschlands beim Stromaustausch mit Frankreich

2009: 9.2 TWh
2010: 14.3 TWh

Einen Importüberschuss Deutschlands gibt es übrigens auch beim Stromaustausch mit Tschechien:

2009: 7.7 TWh
2010: 8.8 TWh

Ein Exportüberschuss Deutschlands wird beim Stromaustausch mit allen 9 Ländern der Tab. 12 ausgewiesen:

2009: 14.3 TWh
2010: 16.9 TWh

Nach dem Abschalten von 7 deutschen KKW im März 2011 wird aber dieser summarische Exportüberschuss Deutschlands drastisch sinken.
In den ersten 9 Monaten 2011 betrug er nur noch 1.6 TWh. Deutschland ist auf dem Wege, von einem Nettostromexporteur zu einem Nettostromimporteur zu werden.
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Fairerweise muß man hier allerdings sagen, dass das auch am damals vorherrschenden System lag. Die Sovietunion hat da viel verschleiert und geschönt, um ihr Ansehen im Angesicht der Katastrophe zu wahren.

Ja, das kam sicher dazu - eine schnellere Reaktion, dh. ein schnelles Verteilen von Jodtabletten hätte sicher die ca. 4000 Fälle von Schilddrüsenkrebs verhindern können, aber man hat darauf verzichtet, weil man in der Anfangsphase hoffte, die Katastrophe verschleiern zu können.

Greenpeace geht davon aus, dass heute die tatsächliche Opferzahl zwischen 200'000 und 300'000 liegen dürfte. Auf der Wikiseite zur Katastrophe ist eine russische Publikation verlinkt, welche mit knapp 1 Mio Opfern rechnet, die seit 1986 unmittelbar oder mittelbar durch den Unfall gestorben sind.

Ich glaube, man kann in dieser Sache kaum eine weniger objektive Quelle finden als Greenpeace... Wenn jemand Interesse hätte, die Auswirkungen des Unfalls so drastisch zu zeichnen wie irgend möglich - dann Greenpeace (Greenpeace ist ja auch die Organisation, die den CO2-Ausstoss von AKWs mit Kohlekraftwerken gleichsetzt...). Beachte aber, dass es für die allgemeine Beurteilung, wie "gefährlich" Atomenergie ist, keinen Unterschied macht. Ob AKWs nun "mit Abstand" oder "knapp" die sicherste Energiequelle sind, spielt für die Gesamtabschätzung keine grosse Rolle.

Krebs ist - mit Ausnahme von Schilddrüsenkrebs - keine besonders häufige Folge von AKW-Unfällen. Warum? Radioaktivität kann zwar Krebs bewirken. Aber um die Chancen dafür drastisch genug zu erhöhen, dass sich eine klare Zunahme gegenüber dem natürlichen Hintergrund ergibt (es sterben ohnehin ca. 1/3 aller Menschen an Krebs - natürlicherweise!), muss die Dosis so hoch sein, dass sich schon Zeichen der Strahlenkrankheit ergeben. Das ist natürlich nicht der Fall, und die Dosen sind selbst in den "verseuchten" Gebieten weit geringer als nötig wäre, um eine drastische Zunahme der Krebsfälle zu erwarten.

Das kannst du z.B. hier nachschlagen: http://de.wikipedia.org/wiki/Strahlenrisiko

Demnach erhöht sich die Chance auf Krebs um 5 Prozentpunkte - pro Sievert (!!!). Bei einem bis zwei Sievert sterben aber bereits 10% aller Menschen innerhalb von 30 Tagen an der Strahlenkrankheit. Und natürlich erreicht die Strahlenbelastung auch bei Tschernobyl niemals so hohe Werte (ausser im Reaktor selbst, dh, bei den "Liquidatoren" sieht die Sache natürlich ganz anders aus - aber dort sind ja auch alle nachgewiesenen Opfer der Katastrophe zu finden).

Und das beobachtet man auch: die Anzahl Krebsfälle hat - wieder, mit Ausnahme des Schilddrüsenkrebses - nach Tschernobyl nicht zugenommen. Die erwartete Zahl geht auch völlig in den natürlichen Schwankungen unter (aber trotzdem, aus der oben genannten Extrapolation kommt man auf die <10000 zusätzlichen Opfer in ganz Europa, die ich genannt hatte). Deshalb würde ich dich bitten, hierfür eine Quelle zu nennen:

Es sind aber auch viele Leute an Krebs gestorben weil sie in hunderten Kilometern Entfernung von der Falloutwolke betroffen waren. Und die Opferzahlen werden sicherlich noch weiter steigen, da heute noch viele Menschen mit Krebserkrangungen in Folge des Unfalls leben.

Natürlich sterben in allen Regionen Menschen an Krebs - es ist eine der häufigsten Todesursachen überhaupt. Aber es ist nicht möglich, zu belegen, dass der Krebs wirklich dem Unfall bzw. der Exposition in der Falloutwolke zuzuordnen ist. Und nach allem, was wir über Radioaktivität wissen, ist es auch nicht zu erwarten. Wenn man jeden Krebsfall in den betroffenen Gebieten dem Unfall zurechnet, dann kommt man natürlich auf sehr hohe Opferzahlen - aber sinnvoll ist das nicht.

Man stelle sich vor eine ähnliche Katastrophe ereignete sich in der Nähe eines Ballunsgebietes. Die Opferzahlen wären weitaus höher.

Die Zone rund um Fukushima war wohl deutlich dichter besiedelt. Trotzdem hatte man da kein einziges Opfer zu beklagen.

Die Frage ist: was ist daran so schlimm?

Wenn man Evakuationen durch AKW-Unfälle schlimm findet, sollte man auch Evakuationen durch steigende Meeresspiegel schlimm finden. Oder es sollte beides egal sein. Nicht?

Laut der Wikipediaseite bedeutet abgereichert beim amerikanischen Militär, dass es lediglich auf 60% der Radioaktivität von natürlichem Uran abgereichert ist. Daher gelten moderne Schlachtfelder als ähnlich strahlenbelastet wie die Fördergebiete von Uran.

Viel weniger als 60% bringst du auch nicht hin. Reines U-238 ist natürlich immer noch radioaktiv, aber wie gesagt, die Halbwertszeit ist extrem lang und die Zerfallskonstante (der Anteil des Urans, der in einer gegebenen Zeit zerfällt) entsprechend winzig. Ich bezweifle auch, das die Strahlenbelastung ähnlich hoch ist, nur schon wegen der involvierten Mengen. Hast du dafür eine Quelle?

Uran ist zudem ein Alpha-Strahler und als solches nicht wirklich gefährlich (Alpha-Partikel durchdringen nicht einmal Zellwände) - wenn es nicht eingeatmet wird. Die grösste radiologische Gefahr bei abgereichertem Uran geht, da hast du recht, von eingeatmetem Uranstaub aus. Verbranntes Uran ist jedoch wasserlöslich, so dass es relativ schnell ausgewaschen würde (aber natürlich besteht das Problem, dass es dann auch über das Trinkwasser aufgenommen werden kann).

Mir ging es aber vor allem darum, dass Uran nicht einfach "Atommüll" ist, der verschossen wird.

Ohne besondere Vorkehrungen bilden sich da gefährliche Mengen von Radon.

Radon ist ein Gas. Es verflüchtigt sich in offenen Gebieten in die Atmosphäre. Radon ist nur dann ein Problem, wenn es sich in schlecht belüfteten Räumen (z.B. in Gebäudekellern) sammeln kann. Welche besonderen Vorkehrungen kann man denn treffen, um die Bildung von Radon zu verhindern?

Aber bist du mit mir einverstanden, dass die zivile Atomenergie realistischerweise nicht in der Lage ist, den "halben Planeten" radioaktiv zu verseuchen?

Ich denke man kann da noch sehr viel erreichen. Bisher sind unsere Techniken hier doch noch ziemlich einfach und folgen keiner großen Systematik. Da gibt es meiner Meinung nach riesige Reserven. Dazu neue Techniken und ein Umdenken bei den Menschen könnten reichen. Das glaube und hoffe ich jedenfalls.

Das tun und hoffen viele. Bloss überprüfen tut das nie jemand wirklich. Deshalb empfehle ich noch einmal mehr diese Seite hier, auf der versucht wird, das Potential aller Energieträger so objektiv wie möglich abzuschätzen: http://www.withouthotair.com/
 
Zuletzt bearbeitet:

entreri73

Registriertes Mitglied
Guten Morgen zusammen !

Auch wenn der Zusammenhang noch nicht wissenschaftlich erwiesen ist, macht mich das hier sehr misstrauisch, ob man wirklich nur Schilddrüsenkrebs als Ausnahme sehen darf.

VG
Entreri
 

Alex74

Registriertes Mitglied
Klingt alle sehr nach Verschwörungstheorie, vor allem respektive deses Absatzes:

Bei der Beurteilung der mutmaßlichen Unfallstelle streiten sich die beteiligten Parteien sogar um normalerweise objektiv nachprüfbare Details, darunter:

das Alter der dort wachsenden Bäume,
ein Gebäude („Institut für Physik“), das nach dem Unfall plötzlich verschwunden sein soll bzw. angeblich nie existiert hat,
beschädigte oder unbeschädigte Stromleitungen,
Verbrennungen des Bodens und des Bewuchses,
ggf. Datierung und Ursache dieser Verbrennungen,
Wetterlage am Tag des Ereignisses,
die mutmaßliche Verlegung einer Messstation für Radioaktivität,
eventuell fehlende Daten dieser Station, sowie
Hinweise auf Durchführung von Erdbewegungen (oder die Gründe für solche Arbeiten) im fraglichen Bereich und
Abtransport radioaktiven Materials nach Karlstein/Bayern,
Deklaration dieses Materials als ‚Brennstab„segmente“‘.

Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast. Gerade bei diesen Krebshäufungen wäre ich SEHR mißtrauisch, da solche Häufungen ohne irgendwelche Ursache ebenso auftreten würden einfach weil sie wahrscheinlich sind.

Ich habe z.B. erst neulich davon erfahren daß in Hessen die Haltung von vielen Insekten, Spinnen und Reptilien verboten ist, weil dem Land eine Statistik vorgelegt wurde, nachdem es jährlich zu einer Vielzahl Todesopfer durch Gifttiere gäbe.
Infolgedessen mußten viele Hobbyisten, die z.B. seltene (aber giftige) Tiere züchten und damit einen wesentlichen Beitrag zur Arterhaltung leisten, ihr Hobby einstellen. Es geht hier um Tierarten die üblicherweise nicht von Zoos gehalten werden weil sie wenig vorzeigbar sind.

Die Statistik ist auch hier eindeutig, die Todesfälle sind Fakt, das Gesetz daher legitim?

Eben nicht, denn es fehlt eine Zusatzinformation die man braucht: alle Todesfälle wurden durch allergische Reaktionen af Bienen- oder Wespenstiche verursacht.

Fazit: Statistiken können von jeder Seite so verzerrt werden daß sie als Instrument genutzt werden kann. Sei es durch Anpassung der Skalen, sei es durch Weglassen von Informationen (wie hier).
Man kann sie immer nur mit vollständiger Information und Herleitung von Ursache-Wirkung-Prinzipien benutzen und ist auf Stochastik angewiesen - Bynaus hat das sehr schön erläutert finde ich.

Gruß Alex
 

hardy

Registriertes Mitglied
Hallo Galileo,
wie ich deinem Link entnommen habe, ist der Beitrag ein Aufruf von drei renommierten Physikern, die der französischen Akademie angehören. Darin sprechen sich diese Physiker für einen weiteren Einsatz und sogar Ausbau der Kernenergie aus (national und international).
Ein Aufruf ist natürlich keine Studie, und so kann man den Autoren vielleicht vorwerfen, etwas "verkürzt" zu argumentieren. Aber als Appell oder Denkanstoss an die französischen Bürger im diesjährigen französischen Wahlkampf ist das m.E. gerechtfertigt.

Welches Gewicht die Energiepolitik und speziell das Thema Kernkraft im französischen Wahlkampf haben wird, kann ich nicht beurteilen. Aus meiner Sicht werden aber die Gefahren des durch Treibhausgase mitverursachten Klimawandels, ein oder das Hauptargument der Autoren, eher eine nachgeordnete Rolle spielen. Den Bürger wird wohl in erster Linie eine zuverlässige, sichere und bezahlbare Stromversorgung interessieren. Wenn sie dann auch noch umweltverträglich ist - um so besser.

Die Kernenergie leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Dekarbonisierung der Energieversorgung. Ein mittelfristiger globaler Ausstieg aus der Kernenergie wäre das Dümmste, was man angesichts des Klimawandels tun kann. Aber Kernenergie allein wird das Klima nicht retten können.
 

Entro-Pi

Registriertes Mitglied
Krebs ist - mit Ausnahme von Schilddrüsenkrebs - keine besonders häufige Folge von AKW-Unfällen.
Also das ist eine extrem strittige Frage. Es gibt viele Studien, wonach die Krebsraten sogar in der Nähe von nicht havarierten AKWs stark erhöht sind. (zB diese hier) Nun bin ich nicht in der Lage einen stichhaltigen Nachweis zu erbringen, daß dies tatsächlich an den AKWs liegt. Aber ich vermute es dürfte genauso schwierig sein stichhaltig zu beweisen, daß etwas anderes die Ursache dafür sein soll. Daß Nuklearunfälle in dieser Hinsicht einer anderen Logik unterliegen sollen erschließt sich mir nicht im geringsten.


Und das beobachtet man auch: die Anzahl Krebsfälle hat - wieder, mit Ausnahme des Schilddrüsenkrebses - nach Tschernobyl nicht zugenommen.
Da möchte ich aber auch mal nach einer Quelle fragen. Das deckt sich irgendwie überhaupt nicht mit dem was man sonst so über die Jahre gehört hat.


Aber es ist nicht möglich, zu belegen, dass der Krebs wirklich dem Unfall bzw. der Exposition in der Falloutwolke zuzuordnen ist.
Das ist in meinen Augen ein halbseidenes Argument. Wie oben erwähnt kann man es genauso wenig mit absoluter Sicherheit ausschließen.


Wenn man Evakuationen durch AKW-Unfälle schlimm findet, sollte man auch Evakuationen durch steigende Meeresspiegel schlimm finden. Oder es sollte beides egal sein. Nicht?
Ich sagte ja nicht, daß die Evakuierung in einem Fall schlimm wäre und im anderen nicht. Ich sagte, daß ich die Verstrahlung einer Region schlimmer finde als die Überschwemmung einer anderen.

Ich bezweifle auch, das die Strahlenbelastung ähnlich hoch ist, nur schon wegen der involvierten Mengen. Hast du dafür eine Quelle?
Stand auf der englischen Wikipedia Seite zum Thema depleted Uranium. Auch auf der deutschen Wikipediaseite zu Uranmunition werden ein paar Studien dazu erwähnt. "Geringe Menge" hängt wohl davon ab womit man es vergleicht. Ein Wuchtgeschoß Panzermunition wiegt 10 oder 12 kg. Bei dutzenden involvierten Panzern und tausenden abgefeuerten Schüssen liegen da schnell tausende Tonnen von dem Zeug in irgend einer Form in der Gegend rum.

Uran ist zudem ein Alpha-Strahler....
Korrekt. In ihren Zerfallsreihen haben allerdings sowohl U-238 als auch U-235 mehrere Betastrahler.

Mir ging es aber vor allem darum, dass Uran nicht einfach "Atommüll" ist, der verschossen wird.
Das ist schon klar. Normalerweise kann man abgereichertes Uran allerdings als Müll betrachten, da es keinen mir bekannten zivilen Verwendungszweck dafür gibt. Also würden dafür normalerweise Entsorgungskosten entstehen, wenn da nicht das Militär wäre, welches es quasi kostenlos nimmt, um damit auf den Feind zu schießen. Ich wollte nur die Perversion aufzeigen.

Radon ist ein Gas. Es verflüchtigt sich in offenen Gebieten in die Atmosphäre. Radon ist nur dann ein Problem, wenn es sich in schlecht belüfteten Räumen (z.B. in Gebäudekellern) sammeln kann. Welche besonderen Vorkehrungen kann man denn treffen, um die Bildung von Radon zu verhindern?
Garkeine natürlich. Aber man kann und sollte in Radon-Gebieten besondere Vorkehrungen beim Hausbau treffen. Hier bei uns in Deutschland baut man dazu unter das Fundament spezielle Radon-Entlüftungen, welche sogar von irgendwelchen Radiologen kontrolliert werden. In Bosnien oder Afghanistan hat man das aber sicherlich niemandem erklärt, nachdem dort das Uran verteilt wurde.

Aber bist du mit mir einverstanden, dass die zivile Atomenergie realistischerweise nicht in der Lage ist, den "halben Planeten" radioaktiv zu verseuchen?
Nein. Ich gestehe ein, daß die Wahrscheinlichkeit, daß das in den nächsten 100 Jahren passiert nicht besonders hoch ist (verglichen mit der Wahrscheinlichkeit des Anstieg des Meeresspiegels), aber ich bin trotzdem der Meinung, daß auch die zivile Kernspaltung grundsätzlich das Potential hat den halben Planeten zu verseuchen.
 

hardy

Registriertes Mitglied
@Galileo:

Seit Sept. 2009 liegt die Abschliessende Stellungnahme des BfS zur Kinderkrebsstudie (KiKK-Studie) vor:

"Das Bundesamt für Strahlenschutz stellt fest, dass es derzeit keine befriedigenden Antworten auf die Fragen gibt, die sich aus den Befunden der KiKK-Studie ergeben. Auf Grund der deutlichen Abhängigkeit des Risikos von der Entfernung zu den Standorten der Kernkraftwerke liefert die Studie Hinweise auf mögliche Ursachen, aber keine Beweise.

Bisher kann das Bundesamt für Strahlenschutz dort wohnenden Eltern nicht empfehlen, aus der Umgebung von Kernkraftwerken wegzuziehen. Dafür fehlen wissenschaftliche Beweise dafür, dass die Ableitungen aus einem Reaktor die alleinige Ursache für die Erkrankungen sind. Wegen der fehlenden nachvollziehbaren Erklärungen und der nicht nachgewiesenen Verursachung durch einen auslösenden Faktor fehlt derzeit auch eine belastbare wissenschaftliche Grundlage, die Grenzwerte zu senken."
 

hardy

Registriertes Mitglied
Es gibt viele Studien, wonach die Krebsraten sogar in der Nähe von nicht havarierten AKWs stark erhöht sind. (zB diese hier) Nun bin ich nicht in der Lage einen stichhaltigen Nachweis zu erbringen, daß dies tatsächlich an den AKWs liegt.

Von dir verlangt auch keiner einen solchen Nachweis :)
Aber selbst im Falle der aufwändig und sorgfältig durchgeführten Kinderkrebsstudie (KiKK) konnten Wissenschaftler keinen Nachweis erbringen, dass die leicht (aber durchaus signifikant) erhöhte Anzahl der Fälle von Kinder-Leukämie durch den Betrieb von KKW verursacht wurden (siehe mein vorhergehender Beitrag).

Aber ich vermute es dürfte genauso schwierig sein stichhaltig zu beweisen, daß etwas anderes die Ursache dafür sein soll.

Das sollte aber kein Argument dafür sein, dass es nur an den KKW liegen kann.
Warum bezieht man nicht die Schadstoffemissionen von konventionellen Betrieben ein. Ich denke da etwa an Grossbetriebe der Chemie oder Pharmazie. Warum fokussiert man nur auf die KKW? Ist radioaktive Strahlung alleinige Ursache für Krebs? Warum gehen Leute in Radon-Heilbäder? ...
 

galileo2609

Registriertes Mitglied
Hallo hardy,
ja, auf die KiKK-Studie wurde in der Diskussion auf den ScienceBlogs intensiv eingegangen. Ich hätte mich vielleicht etwas dezidierter ausdrücken sollen: "Es gab dazu mal im August 2010 eine recht lange Diskussion auf den ScienceBlogs.de im Anschluss an einen der grenzwertigen Beiträge von Andrea Thum". Frau Thum hat das Bloggen dort zum Glück und zur Erleichterung der meisten recht bald eingestellt. :)

Grüsse galileo2609
 

Entro-Pi

Registriertes Mitglied
Das sollte aber kein Argument dafür sein, dass es nur an den KKW liegen kann.
Warum bezieht man nicht die Schadstoffemissionen von konventionellen Betrieben ein. Ich denke da etwa an Grossbetriebe der Chemie oder Pharmazie.

Eben, wieso macht das keiner? Nichtmal die AKW-Betreiber sehen sich dazu genötigt. Die begnügen sich einfach damit, daß für ihre Schuld kein wissenschaftlicher Beweis erbracht werden konnte.

Die Verfasser von Studien wie der von mir verlinkten schließen aus den statistischen Erhebungen einen Zusammenhang. Das ist wenigstens ein Indiz. Immerhin mehr als irgendwelche potentiellen anderen Verursacher in den Raum zu werfen ohne das irgendwie faktisch zu begründen.

Bei diesem Thema wird von beiden Seiten mit zweierlei Maß gemessen. Wie ich selbst sagte liefern solche Studien wie die von mir verlinkte keinen stichhaltigen Beweis. Leider sind die allermeisten Diskutanten bei diesem Thema nicht dazu bereit die fehlende Beweiskraft ihrer Argumentation anzuerkennen. Das betrifft sowohl Atomkraftgegner wie auch -befürworter.
 

Alex74

Registriertes Mitglied
Entro-Pi, lese ich Deinen Beitrag richtig, daß Du Statistiken als "Beweis" siehst?

Wie mehrere Beiträge nun gesagt haben ist das nicht möglich, ebenso wie es nicht möglich ist ohne Kausalkette eine statistische Häufung von Krebsfällen einer Ursache zuordnen zu können, das ist einfach nicht möglich.
Ohne nachweisbar erhöhte Radioaktivität ist die Aussage, daß dies an den benachbarten Reaktoren läge ebenso sinnvoll, wie wenn Herr Mustermann aus dem Haus geht, noch an der Türschwelle plötzlich tot umfällt (Schlaganfall? Herzversagen? Vergiftung?) und man den Straßenverkehr verantwortlich macht.

Statistiken weisen nur auf mögliche Zusammenhänge hin, belegen sie aber nicht, ja können ncihtmal sicherstellen daß es irgendwelche Zusammenhänge gibt da sie selbst jedwede Zahlen miteinander in Verbindung setzen können, ganz gleich ob es einen Zusammenhang gibt oder nicht. Ohne weitere Informationen zu Zusammenhängen oder überprüfbare Theorien sind Statistiken wertlos.

Was würdest Du denn hinsichtlich solcher Statistiken als "Beweiskraft" anerkennen?
 
Oben