Brauchen wir die Kernenergie?

Aragorn

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Hallo galileo

die von dir zuletzt zitierten Beiträge hat Martin geschrieben, nicht hardy.
Upps, werde ich gleich ändern.

Weiter melde ich Bedenken gegen die Verlinkung von zeit-fragen an. Das ist das Publikationsorgan der Schweizer Politsekte VPM. Wenn du vielleicht einen anderen Link zum Autor hättest, würde ich das begrüssen.

Hmm, wirklich seriöse Links finde ich dazu nicht.

Hier werden Angaben zur Entsorgung von "toxic waste" (womit wohl eher Chemieabfälle gemeint sind) in Nigeria gemacht:
http://www1.american.edu/projects/mandala/TED/nigeria.htm

Vielleicht hat zeit-fragen "toxic, pharmaceutica und industrial waste" fälschlicherweise als Atommüll übersetzt?

Under the contract, Guinea-Bissau would receive up to 500,000 tons of pharmaceutical and industrial waste from Switzerland at a price of $40 per ton."
Explizit von radioaktiven Abfällen wird in dem Dokument jedenfalls nicht gesprochen.

PS: Eine Google Suche nach "Giftmüll Afrika" liefert viele seriöse Links.
Dagegen findet eine Suche nach "Atommüll Afrika" haufenweise ideologisch vorbelastete Seiten.

Von daher gehe ich jetzt davon aus, das die Angaben auf "zeit-fragen" komplett falsch sind und die einfach Giftmüll mit Atommüll gleichgesetzt haben.

Gruß Helmut
 
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hardy

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Kein Wunder dass das Paul Scherrer Institut keine Probleme der Entsorgungsfrage sieht: Ab nach Afrika und Rußland damit und weg ist der schweizer Atommüll.

Hättest du dich besser informiert, Aragorn, dann wüsstest du,

- dass die Gesetze der Schweiz den Export von Atommüll verbieten,

- dass der schweizerische Atommüll und abgebrannte Brennelemente im Zentralen Zwischenlager Würenlingen (neben dem Paul Scherrer Institut) in CASTOR-ähnlichen Behältern zwischengelagert werden,

- dass die Fertigung von Brennelementen in Russland (für zwei schweizerische KKW) nichts zu tun hat mit dem Export von Atommüll.

Dem User ispom wirft man hier vor, sich 'jenseits jeder Diskussionskultur' zu bewegen.
Aber einige deiner Formulierungen, Aragorn, sind ebenfalls auf diesem Niveau.

meint
hardy
 

Aragorn

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Hast du dich inzwischen besser informiert und verstanden warum Blockheizkraftwerke eine negative CO2-Bilanz haben?
 

hardy

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Das Thema Kernenergie hat für mich auch noch einen übergeordneten Aspekt. Neben der Photovoltaik ist die Kernspaltung das einzige Prinzip bisher realisierter Energieerzeugung, die über das chemische Verbrennen von Energieträgern hinausgeht (auch wenn in KKW letztlich auch nur Wasser gekocht wird).

Das sehe ich ebenso, galileo.

Sowohl Photovoltaik als auch Kernspaltung sind Energieerzeugungsarten, die auf physikalischen Kenntnissen der modernen Physik basieren (Einstein 1905, Hahn et al. 1938). Allerdings, während sich die Energiefreisetzungen der Photovoltaik - wie auch der chemischen Verbrennungen - im Bereich von Elektronenvolt (eV) bewegen (Bindungsenergien elektrostatischer Kräfte), sind die Energiefreisetzungen durch Kernspaltung wegen der Stärke der Kernkräfte um einen Faktor 10^6 grösser.

Mit der zur Disposition stehenden Kernenergie in Deutschland steht und fällt meiner Ansicht nach damit auch eine (gross)technische Anwendung moderner Physik.
...
Entscheidet das politische Schicksal der Kernenergie auch ein wenig über unsere zukünftigen Entwicklungsperspektiven im Allgemeinen? Was trauen wir uns noch zu?

Ich meine, dass Deutschland mit seiner am Ausstieg aus der Kernspaltungsenergie orientierten Politik auch forschungsmässig ins Abseits driftet.

Nicht nur, dass Kernspaltungsreaktoren der 4. Generation entwickelt werden: Auch andere Optionen der Kernenergienutzung wie die Kernfusion werden international forciert (Beispiel: Projekt ITER). Dabei ist das Verhalten von Materialien unter Neutronenbestrahlung von wesentlicher Bedeutung. Erfahrungen aus der Kernspaltungsenergetik sind hier willkommen.

Der Ausstieg aus der Kernspaltungsenergetik bedeutet für mich, dass D eine entwicklungsfähige Technologie aufgibt.

Gruss
hardy
 

Martin

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* Harrisburg war ja auch so furchtbar unsicher. Bei uns ist alles viel besser.
War er nicht, der passive Schutz des Reaktors hat funktioniert wie er sollte. Waere natuerlich besser gewesen wenn es gar nicht zu dem Vorfall gekommen waere, aber: In Harrisburg gab es eine teilweise Kernschmelze! und trotzdem ging dort die Welt nicht unter.

Die Halbwertszeiten einiger Nuklide:

U-235 - 4510000000 Jahre
Cs-137 - 30000 Jahre
Pb-210 - 22000 Jahre
Kr-85 - 10600 Jahre
Co-60 - 5300 Jahre
Pu-236 - 2700 Jahre
Na-22 - 2600 Jahre

Po-210 - 138,4 Tage
Ra-214 - 2,6 Sekunden

Wieso sollte es da nicht von großem Vorteil sein die langlebigen in kurzlebige Nuklide umzuwandeln?
Dann braucht man wenigstens die Endlagerstätte nicht Milliarden von Jahren überwachen?
Ueberpuefe Deine Quellen nochmal: U-235 hat eine HWZ von grob 700 Mio a, U238 von 4,5 Mrd a. Co-60 hat eine HWZ von etwa 6 a.
Die langlebigen Uranisotope auffuehren und ohnehin nicht sehr sinnreich, mit den hast Du taeglich ganz ohne Kernenergie ohnehin Kontakt. Der durchschnittliche Anteil von Uran in der Erdkruste liegt bei 2 - 4 g/t. In Graniten kann das deutlich mehr sein (einige 10er g/t), ebenso in kohlenstoffreichen Gesteinen wie Kohle oder Schwarzschiefer (die in Thueringen bis 60 g/t), marine Phosphate (ebenfalls mehrere 10er g/t), Meerwasser hat immerhin noch 3 mg/t, das sind 3 t pro Kubikkilometer. Dazu kommt noch K-40 (HWZ 1,2 Mrd a), Thorium-232 (Krustenschnitt 13 g/t), C-14 und einige mehr. Im boehmischen Massiv stand ich mal auf einen Ausbiss von einem Syenit (das ist sowas wie quarzarmer Granit), der hatte 300 g/t Uran und 1000 g/t Th. Das ist fast schon Uranerz.
Und wenn wir bei eben jenen sind: Naechste Woche bin ich wieder mal auf Olympic Dam zu Besuch, 8,4 Mrd Tonnen Erz mit 0.8 % Cu, 280 g/t U3O8 + Au und Ag. Dieser Erzkoerper ist 1,58 Mrd Jahre alt, und immer noch da samt Uran. Und das obwohl vor 700 Ma Jahren Gletscher druebergefahren sind. Es gibt einige die bedeutend aelter sind, wie Witwatersrand oder Elliot Lake. Wir sprechen bei der Endlagerung von einem Zeitraum von max. 1Mio Jahren, das ist kein Zeitraum. Schoenes Beispiel ist auch die Lagerstaette Oklo in Gabun, Afrika. Dort waren vor rund 2 Mrd Jahren natuerliche Kernreaktoren in Betrieb, inklusive der Produktion von 1 t Plutonium. Die Spaltprodukte sind heute natuerlich alle zu nichtradioaktiven Isotopen zerfallen, aber diese lassen sich alle den urpsruenglichen Spaltprodukten zuorden. Das heisst man hat hier die Gelegenheit das verhalten von "Atommuell" in der Geosphaere unter voellig unkontrollierten Bedingungen zu studieren. Ergebnis ist das die es kaum eine Umlagerung von Stoffen kam, der groesste Teil ist noch an Ort und Stelle, wie gesagt unkontrolliert.

http://de.wikipedia.org/wiki/Uranmunition
Das starke Interesse der Chinesen an der Atomenergie könnte ergo auch etwas mit den Wünschen der dortigen Militärs zu tun haben.
Unwahrscheinlich, den die Chinesen haben bereits ein starkes nukleares Ruestungsprogramm, das heisst die haben alles was man fuer die Fertigung von Kernwaffen in Serie braucht und machen es auch. Es gibt zwischen der militaerischen und zivilen Nutzung auch kaum Ueberschneidungen, unterschiedliche Anforderungen.

Nunja, von kleineren Mengen die nach Russland flogen abgesehen, trifft das wohl tatsächlich zu:
http://de.wikinews.org/wiki/Atommüll_aus_Dresden-Rossendorf_nach_Russland_ausgeflogen

Das ist kein Muell, sondern unbestrahlter Brennstoff. Dieser wurde zu DDR-Zeiten von der UdSSR geliefert zur Verwendung im Forschungsreaktor Rossendorf, dann aber dort nicht eingesetzt. Es ist also ein Wertstoff der in abereicherter Form in normalen Kernkraftwerken Verwendung finden wird.

Was waermeentwickelnden Abfall angeht, so hatte die DDR und die UdSSR ein Abkommen, dass die UdSSR alle bestrahlten Brennelemente aus DDR-Kernkrfatwerken wieder zuruecknimmt und die DDR nur fuer den nicht-waermeentwickelnden Muell (also schwach- und mittelaktiv) verantwortlich ist. Das fuehrte dann sogar zu dem Problem, das als man im ERA Morsleben dennoch Versuche mit hochaktiven Muell durchfuehren wollte, keiner beschafft werden konnte. Die Sowjetunion weigerte sich Proben zur Verfuegung zu stellen. Also ging man zur DDR-Wasserwirtschaft und bekam von dort Co-60 Strahlungsquellen aus Trinkwasserbrunnen (zum abtoeten von Keimen).

Martin
 

Martin

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Yo,

das betrifft ganz aktuell das Thorium-Thema aus dem Marsbesidelungsthread, damit der aber nicht noch weiter Off-Topic abdriftet parke ich das mal hier.

http://www.world-nuclear-news.org/NP_Thorium_exports_coming_from_India_1709091.html

Indien moechte nun zum nuklearen Technologieexporteur aufsteigen. Das Land arbeitet intenisiv an einem Thoriumkreislauf, das es ueber grosse Reserven dieses Metalls verfuegt (vor allem in Strandseifenlagerstaetten), aber nur kleinere Uranvorkommen besitzt.
Geplant ist ein Dreistufenprogramm: In der ersten Phase produzieren Schwer- und Leichtwasserreaktoren Plutonium. In der zweiten Phase werden unmoderierte Brutreaktoren dieses Plutonium verbrennen und U-233 aus Th-232 erzeugen. In Phase drei werden sogenannte AHWR Reaktoren das U-233 aus Phase zwei mit Pu verbrennen mit weiterem Th im Reaktor. Dabei sollen 2/3 der Energie aus dem aus Thorium erzeugten Uran stammen.

Der letzte Reaktortyp soll nun als Exportvariante vermarktet werden, allerdings mit auf 20% U235 angereichertem Uran anstelle von Plutonium. Die Einheiten sollen 300 MWe produzerien, auf 100 Jahre Betriebsdauer ausgelegt sein sowie inherent sicher sein. Damit sollen sie vor allem fuer Schwellen- und Entwicklungslaender interessant werden.

Mal sehen was am Ende rauskommt.
 

Aragorn

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Hallo Martin,

danke für deine hilfreichen Antworten. :)
Sieht so aus als sei ich da ein paar Irrtümern aufgesessen.

Gruß Helmut
 

Aragorn

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Hallo Martin,

darf ich noch ein paar Fragen als Laie an den Experten stellen?

Martin schrieb:
War er nicht, der passive Schutz des Reaktors hat funktioniert wie er sollte. Waere natuerlich besser gewesen wenn es gar nicht zu dem Vorfall gekommen waere, aber: In Harrisburg gab es eine teilweise Kernschmelze! und trotzdem ging dort die Welt nicht unter.
Führt eine Wasserstoffexplosion innerhalb des Druckbehälters heutiger Reaktoren nicht mehr zu dessen Zerstörung und das des Containments?
Sind die Notkühlmassnahmen soweit verbessert worden, das keine so hohen Temperaturen mehr entstehen können, um Wasserstoff im Druckbehälter zu erhalten?
Ist das Fundament aller heutigen deutschen Reaktoren in der Lage die Abklingphase nach einer Kernschmelze sicher zu überstehen (um das Eindringen des Kerns ins Grundwasser und einer dann evtl. auftretenden gigantischen Wasserstoffexplosion zu verhindern)?

http://wissen.spiegel.de/wissen/ima...06/05/15/cq-sp199002002380242.pdf&thumb=false

Martin schrieb:
Die langlebigen Uranisotope auffuehren und ohnehin nicht sehr sinnreich, mit den hast Du taeglich ganz ohne Kernenergie ohnehin Kontakt. Der durchschnittliche Anteil von Uran in der Erdkruste liegt bei 2 - 4 g/t.
Ok das leuchtet mir ein. Das eine natürliche Radioaktivität immer vorhanden ist und grundsätzlich die Strahlenbelastung immer relativ zu dieser verglichen werden sollte, wird leider häufig (so wie von mir zuvor) vergessen.
Ab welcher Strahlenbelastung gilt radioaktiver Müll eigentlich als Atommüll der nicht mehr in Bauschuttdeponien gelagert werden darf?
In Bezug auf den Abriß von Atomkraftwerken werden meist so etwa 1% der Baumasse (nur einige tausend Tonnen) als so radioaktiv angegeben, daß sie in Endlagern untergebracht werden müssen.
Dann erscheinen manche Angaben zur Abfallmenge (auf einigen dubiosen Seiten werden sogar mehrere Millionen Tonnen Atommüll genannt) illusorisch. Soviel endzulagernder Müll kann dann doch niemals angefallen sein?

Gruß Helmut
 

ispom

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Hallo Hardy und Martin,
danke für eure sachlichen Beiträge, die mich als ineressierten Laien in der Auffassung bestärken, daß die Kernenergie aus Fission weltweit technisch weiterentwickelt wird und noch sehr lange als Brückentechnologie zwischen Kohle und Öl und der Kernfusion dient.
 

galileo2609

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und noch sehr lange als Brückentechnologie zwischen Kohle und Öl und der Kernfusion dient.
Als 'Brückentechnologie' werden die KKW, zumindest in Deutschland, nur bis zur Übernahme der Grundlast durch erneuerbare Energien gehandelt. Die Kernfusion spielt angesichts ihrer völlig unberechenbaren Zeitschiene als Option auf die nähere und mittlere Zukunft keine realistische Rolle.

Der Post-Kyoto-Prozess wird sicherlich nicht auf die Realisierung der Kernfusion warten, bei der Verfeuerung von Kohle und Öl verharren und sich damit begnügen, ob eine extensive Ausweitung der Fissionsenergie gesellschaftlich durchsetzbar ist. Da sind zum Glück alle Beteiligten ein wenig realistischer.

Die Frage die übrig bleibt ist doch die, mit welchen Anteilen die KKW zum Energiemix der kommenden Jahre beitragen werden. Die Nuklearpolitik ist ein Bereich, der den Spezialisten von Laien erfolgreich streitig gemacht wird. Wer hier erfolgreich sein will, kann sich nicht nur auf sein besseres Wissen oder Meinungen zurückziehen, er muss überzeugen und verlorenes Terrain auch gegenüber irrationalen Überzeugungen zurückgewinnen können.

Grüsse galileo2609
 

void

Registriertes Mitglied
Die Nuklearpolitik ist ein Bereich, der den Spezialisten von Laien erfolgreich streitig gemacht wird


Hallo galileo,

Spezialisten einer Disziplin verfügen i.d.R. über geballtes Fachwissen, leiden aber oft auch am Tunnelblicksyndrom.

Nehmen wir zum Vergleich mal die Genfood-Industrie: Nach heutigem Stand der Wissenschaft läßt sich kaum darlegen, wie genetisch optimiertes Soja, Mais etc. der Verbrauchergesundheit schaden; man kann im Gegenteil mit Expertise sämtliche vermeintliche Vorteile plausibel herleiten. Dagegen ist die oft nur diffus begründete, laienhaftige, instinkthafte Ablehnung der "breiten Masse" offenbar argumentativ unterlegen. Sollte deswegen den Interessen der Gen-Industrie und damit letztendlich den kurzfristigen und finaziellen Interessen deren Investoren Vorrang gegeben werden?
Die langfristigen Effekte von genmanipulierten Monokulturen zu erörtern wäre ein Thread für sich.

Dieses eigentlich nicht zum Thema passende Problem-Äquivalent soll nur dazu dienen, das "Experten-Laien-Dilemma", wie ich es mal schnodderig nennen möchte, unter einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

Ich selbst bin kein Experte in Sachen Kernenergie, und unter Betrachtung der Effizienzgesichtspunkte und der möglichen CO2-Vermeidung fühle ich mich der Pro-Seite durchaus nicht abgeneigt, aber trotzdem bleibt da so ein indifferent mulmiges Gefühl....

Grüße
void
 

galileo2609

Registriertes Mitglied
Hallo void,
leiden aber oft auch am Tunnelblicksyndrom.
Ich will das erstmal überhaupt nicht bewerten. Tatsache ist, dass es hier im Forum durchaus berechtigt usus ist, dem Spezialistenstandpunkt, auch mainstream genannt, eine höhere Wertigkeit zukommen zu lassen, als dem des Laien. Und das hat ja auch gute und historisch erprobte Gründe.

Allerdings gibt es einige zentrale wissenschaftliche Gebiete, in denen Laien es erfolgreich geschafft haben, eine Gegenexpertise aufzubauen und diese gesellschaftlich zu vermitteln. Dazu gehören u. a. die Gentechnologie, die Tierrechte und auch die Kernenergie.

Das Problem dabei ist, dass in diesen Konfliktbereichen die rationale Ebene kaum mehr erreichbar ist. Die Spezialisten haben hier, auch durchaus selbstverschuldet, Terrain aufgegeben. Ob dafür ein "Tunnelblick" im wissenschaftlichen Sinne verantwortlich ist, oder eher der Nimbus, solche Bestrebungen vernachlässigen zu können, das wäre eine tiefergehende Beschauung wert.

Wenn aber diese in die Defensive geratenen Bereiche der Wissenschaft und Technologie wieder nach oben kommen wollen, müssen sie gesellschaftliche Mehrheiten organisieren. Da genügt es nicht, sich auf einen Standpunkt zu stellen, recht zu haben. Wer Irrationalismus in unseren Gesellschaften reduzieren möchte, muss auch diese Eliten in die Verantwortung nehmen, die leichtfertig und verantwortungslos ihre Projekte nicht frühzeitig rational vermittelt haben oder darin gescheitert sind.

Grüsse galileo2609
 

void

Registriertes Mitglied
Hallo galieleo2609,

da hast du leider Recht, daß in manchen zentralen Fragen die Fronten verhärtet sind und sich rationaler Dispute entziehen.

Und die Regel, die du hier beschreibst
Tatsache ist, dass es hier im Forum durchaus berechtigt usus ist, dem Spezialistenstandpunkt, auch mainstream genannt, eine höhere Wertigkeit zukommen zu lassen, als dem des Laien. Und das hat ja auch gute und historisch erprobte Gründe.
ist vollkommen gerechtfertigt, sofern es um Forschung und Erkenntnisgewinn ohne "weltliche" Seiteneffekte im Jetzt oder in Zukunft geht. Sollten solche nicht auszuschließen sein, d.h. wenn auch der nichtsahnende Max Mustermann und seine Tante Erna von nebenan betroffen sein könnten von den Widrigkeiten des technologischen Fortschritts, wäre es hübsch, geschähe dies wenigstens in einem gesellschaftlichen Konsens :)

Aber mal im Ernst, so ein gesellschaftlicher Konsens wäre maximal eine schlechte Annäherung; in allen Belangen größerer Ordnung gibt es immer konträre Bestrebungen... kann da die Wissenschaft nicht mal was machen - daß alle nur eins wollen :D
 
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Martin

Registriertes Mitglied
Hallo Martin,

darf ich noch ein paar Fragen als Laie an den Experten stellen?


Führt eine Wasserstoffexplosion innerhalb des Druckbehälters heutiger Reaktoren nicht mehr zu dessen Zerstörung und das des Containments?
Sind die Notkühlmassnahmen soweit verbessert worden, das keine so hohen Temperaturen mehr entstehen können, um Wasserstoff im Druckbehälter zu erhalten?
Ist das Fundament aller heutigen deutschen Reaktoren in der Lage die Abklingphase nach einer Kernschmelze sicher zu überstehen (um das Eindringen des Kerns ins Grundwasser und einer dann evtl. auftretenden gigantischen Wasserstoffexplosion zu verhindern)?

http://wissen.spiegel.de/wissen/ima...06/05/15/cq-sp199002002380242.pdf&thumb=false


Ok das leuchtet mir ein. Das eine natürliche Radioaktivität immer vorhanden ist und grundsätzlich die Strahlenbelastung immer relativ zu dieser verglichen werden sollte, wird leider häufig (so wie von mir zuvor) vergessen.
Ab welcher Strahlenbelastung gilt radioaktiver Müll eigentlich als Atommüll der nicht mehr in Bauschuttdeponien gelagert werden darf?
In Bezug auf den Abriß von Atomkraftwerken werden meist so etwa 1% der Baumasse (nur einige tausend Tonnen) als so radioaktiv angegeben, daß sie in Endlagern untergebracht werden müssen.
Dann erscheinen manche Angaben zur Abfallmenge (auf einigen dubiosen Seiten werden sogar mehrere Millionen Tonnen Atommüll genannt) illusorisch. Soviel endzulagernder Müll kann dann doch niemals angefallen sein?

Gruß Helmut

Die erste Frage wuerde ich Hardy ueberlassen, da ich gerade etwas Zeitknapp bin, muss noch Exkursion vorbereiten. Er ist da auch der wahre Experte.

Zweite Frage: Ich kenne den genauen Grenzwert nicht, gelegentlich mal beim BfS schauen. Aber praktisch ist es so: Alles was im Kontrollbereich einer nuklearen Anlage ist, wird als theoretisch kontaminiert angesehen. Das bedeutet, das bevor dieses Werkzeug/Bauteil/Putzlappen/wasauchimmer den Bereich verlaesst, muss nachgewiesen werden, das es nicht kontaminiert ist. Das kostet aber Zeit und damit Geld. Bei vielen Sachen (wie eben alter Putzlappen), lohnt sich daher auch dieser Nachweis nicht und er wird einfachheithalber als Atommuell deklariert und kommt ins gelbe Fass.
Z.Bsp hat Morsleben noch die Genehmigung, Eigenabfaelle einzulagern, also der gesamte Muell aus dem alltaeglichen Betrieb wird dort nicht freigemaessen, sondern verbleibt als schwachaktiv deklarierter Muell im Bergwerk. Ist billiger.
 

UMa

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Hallo hardy,

auf der einen Seite sind Kernkraftwerke natürlich umweltfreundlicher als Kohle, Öl oder Erdgaskraftwerke.

Auf der anderen Seite würde ein starker weltweiter Ausbau der Kernenergie auch die militärische Anwendung begünstigen, siehe z.B. Iran, Nordkorea. Oder ist es in dieser Hinsicht schon zu spät? Was meinst du?


Ich finde, dass der Teil des nicht im Betrieb erzeugten CO2 nicht mitgezählt werden, sollte, da sich das erübrigt, sobald Strom und die Energie für Bergbau und Transport nicht mehr aus fossilen Brennstoffen hergestellt werden.
Außerdem habe ich irgendwie den Verdacht der Doppeltzählung. Einmal beim Kohlekraftwerk bei der Stromproduktion und einmal beim Stromverbraucher, der Teile des Kernkraftwerks herstellt.

Weitere Untersuchungen z.B.:
http://oneplanetfellows.pbworks.com...sions_Solar_Nuclear_Energy_Policy-inPress.pdf

und wer drauf zugreifen kann, mit einem Vergleich über verschiedene Energieerzeugungen:
"Valuing the greenhouse gas emissions from nuclear power: A critical survey"
BK Sovacool - Energy Policy, 2008 - Elsevier

Keine Form der Energieerzeugung ist CO2-neutral und die AKW mit Sicherheit auch nicht.

Das ist meiner Meinung nach falsch. Könntest du das nähererklären?

Die jetzt bekannt gewordenen Vorgänge um die Festlegung auf Gorleben als Endlager belegen das auf eindrücklichste Weise.

Auffällig ist jedenfalls der Zeitpunkt direkt vor der Wahl...

Außerdem ist die Kernspaltung eine sehr teure Technologie, wenn man die ganzen Kosten mitberechnet, die vom Staat getragen werden.

Nein. Nur geringfügig teurer als Kohle (ohne externe Kosten, die bei der Kohle höher sind). Also etwa so viel wie Windenergie an guten Standorten.

@ispom:
2 cent vielleicht in China, hier höchsten für den Weiterbetrieb der vorhanden KKWs. Berücksichtigt man den Bau usw. sind es doch mehr.

Als Quelle über verschiedene Energiethemen, hauptsächlich bezogen auf die USA, eignet sich m.E.
http://www.eia.doe.gov/

Aus Kostengründen ist eine vorzeitige Abschaltung der KKW in Deutschland schlecht, Auch ersetzen dann Windkraftanlagen keine Kohlekraftwerke sondern nur KKWs was schlecht für die CO2-Bilanz ist.
Langfristig habe ich jedoch erhebliche Bedenken wegen möglicher (para-)militärischer Nutzung von angereichertem Brennstoff usw.


Vielleicht sollte man sich mal überlegen, welche Möglichkeiten es für die zukünftige Energieversorgung überhaupt gibt?
Entweder hier ober vielleicht besser in einem neuen Thread. Ich hatte da mal etwas zusammengetragen.

Grüße UMa
 

SpiderPig

Gesperrt
Ich will die CO2 Problematik der Atomkraftwerke nicht Thematisieren, aber bei noralem Betrieb fallen große Mengen an CO2 an, nicht als Abfall der Stromproduktion, sondern über Nebenprodukt wie zB: für die Schutzanzüge, Schutzbehälter, Lagerung, Umlagerung, Dekontaminationen, ect. (groß im Vergleich zu regenerativen Energien)

Zudem ist bis heute die Ungefährlichkeit von AKW im Normalbetrieb mit An- und Abschaltungen in keiner Weise auch nur annähernd beschrieben.

Die Endlagerung könnte eventuell mit großem Aufwand getätigt werden, wie Bynaus das vorschlägt, aber die Kosten wären immens und eine weitere Gefahrenquelle für Brände, Umweltverschutzung und Umweltsünde würde entstehen.

Daher sidn AKW wohl auf dem Mond oder MArs durchaus sinnvoll, in einer Ökosphäre dagegen ist das auf dauer Selbstmord und Bereicherung an den künftigen Generationen.

Von dem militärischen Potential von AKW einaml abgesehen, gibt es eigentlich keine Alternative zu regenerativen Energieformen.
AKW halten in der Regel 20 Jahre. Dann sind die ein in meinen Augen nicht vertretbares Umweltrisiko.
Windkraft und Solarenergie (und Ableger davon) sind sicherlich auch nicht ohne Umweltverschmutzung auf zu bauen und zu betreiben, haben aber nur lokale Problematiken die recht einfach zu überblicken sind.

Wärend AKWs politisch gerade in 3te Welt (blöde Bezeichnung) problematisch sind, wirkt Solarenergie dort relative unproblematisch und wirtschaftlich und politisch stabilisierend.

Auf Dauer wird es fast nur noch regenerative Energien geben, denn die sind auch auf Dauer zu bekommen, habe kaum Auswirkungen auf die Zukunft und sind auch von Primitivlingen (Busch, Saddam, Hitler, Nero) kaum zu missbrauchen.
Je eher wie darauf zu steuern, desto stabiler wird die Weltwirtschaft und politische weltlage werden.


SpiderPig
 

ispom

Registriertes Mitglied
@ispom:
2 cent vielleicht in China, hier höchsten für den Weiterbetrieb der vorhanden KKWs. Berücksichtigt man den Bau usw. sind es doch mehr.


http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/klima/kernenergie-ja-bitte_aid_372433.html

Strom aus Kernenergie zu erzeugen ist am billigsten (ca. 2 cent/kWh). Der Preis für angereichertes Uran trägt nur geringfügig zu den Gesamtstromerzeugungskosten bei.
................
Schon rechnet die OECD damit, dass 2050 weltweit bis zu 1400 Atom-Reaktoren Strom liefern könnten. Derzeit sind es 439. Einzig Deutschland beharrt in der Energiepolitik auf einen seltsamen Sonderweg.

ps
Schweden hatte auch einmal den "Atomausstieg" beschlossen, (die reichlichen Wasserkraftreserven bieten das an), aber nun will man nicht abschalten, sonder neue KKW bauen.
In der Schweiz ist ein Volksentscheid zum "Atomaussstieg" durchgeführt worden mit dem Ergebnis, daß man nicht nur dabei bleibt, sondern die Kernenergie weiter ausbaut.
Ich hoffe, daß die Deutschen (die in der Kernenergie einmal technologisch führend waren) nicht eines Tages als die energiepolitischen Hinterwäldler Europas gelten. In einer Woche wird es der Wähler entschieden haben.
 
Zuletzt bearbeitet:

SpiderPig

Gesperrt
2ct pro kWh kostet Atomstrom nur, wenn alle Nebenkosten vom Steuerzahler aufgefangen werden wie:
Nukleartransporte,
Sicherheit,
Zwischenlagerung,
Endlagerung,
Sicherheitskontrolle
:

Werden diese Kosten auf die Produktion geschoben, ist AK sehr viel teurer. Vermutlich sogar konkurrenzlos teuer.

Ich bin dafür, AKWs so viel zu zu lassen wie die Wirtschaft die haben will, aber alle Kosten müssen die Betreiber selber tragen.
Dann wird es in wenigen Monaten keine AKWs mehr in Europa geben.

In China sieht das anders aus. Dort sind die Kosten so gering, weil die Sicherheitsstandards so gering sind, und weil die Arbeitskräfte für Transport und Lagerung billig sind. Das wird bis zum "chinesischen Tschernobyl" so weiter gehen befürchte ich.
Sobald es soweit ist, kann die Regierung nicht mehr umsteigen, denn ein Supergau macht so viel Folgekosten, dass ein Umstieg Volkswirtschaftlich nicht möglich ist.

Mit steigender Anzahl der AKW in der Welt steigt auch die Gefahr eines zweiten Tschernobyl.

Die anerkannten Kosten für die Katastrophe Tschernobyl sind immens (4stelliger Milliardenbetrag) und werden in den nächsten Tausend Jahren von keinem AKW der Welt je wieder erwirtschaftet werden können, zumal die Folgekosten weiterhin hoch bleiben werden. Vermutlich für die nächsten eine Million Jahre.
Von den persönliche Schicksalen der vielen 100.000 Menschen abgesehen, deren Verluste in diese Rechnung nicht eingegangen sind.
Wenn also alle 10.000 Jahre ein AKW hoch geht (die Wahrscheinlichkeit ist weit höher), wird sich AK nicht wirtschaftlich rechnen, sondern nur einigen wenigen Industriemagnaten Geld in die Tasche schaufeln.

Machen wir es direkt richtig und produzieren Wind, Solar, Wasser, Welle, Geothermie, meinetwegen auch Biomasse ... damit sind wir weltweit krisensicher vor lokalen Problemen. Alles weitere was wir bisher beherrschen ist auf Dauer nicht tragbar.
Sollte die Fusion möglich werden, mag das ja eine Alternative sein, aber selbst die wird vermutlich sehr viel teurer als jede regenerative Energie.

Mit "wir" meine ich alle Menschen auf der ganzen Welt.
Solange einige meinen, sie könnten die Sicherheit über tausende Jahre gewährleisten und solange einige Geld daran verdienen, wird es sich nicht verändern, befürchte ich.


SpiderPig
 

hardy

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Auf der anderen Seite würde ein starker weltweiter Ausbau der Kernenergie auch die militärische Anwendung begünstigen, siehe z.B. Iran, Nordkorea. Oder ist es in dieser Hinsicht schon zu spät? Was meinst du?

Hallo UMa,

heute besitzen 9 Staaten Kernwaffen (einschliesslich Israel und Nordkorea).
Keiner dieser Staaten ist bei der Entwicklung der Kernwaffen den Weg über zivile Kernkraftwerksreaktoren gegangen.

Der 'Königsweg' zur Kernspaltungsbombe führt über die Produktion von Pu-239 in speziellen Reaktoren. Meist waren oder sind das 'Forschungsreaktoren'. Das Uran muss nach kurzer Bestrahlungsdauer aufgearbeitet werden, damit der Anteil am Isotop Pu-240 nicht zu hoch wird (d. h. häufiger Austausch der Brennelemente).

Dagegen werden die allermeisten KKW diskontinuierlich für einen ein- oder zweijährigen Betriebszyklus mit frischen Brennelementen beladen. Das während des Betriebszyklus produzierte Plutonium (Gemisch der Nuklide Pu-239, Pu-240, Pu-241 und Pu-242) eignet sich nicht für die Herstellung effizienter Kernwaffen. Dazu ist der Anteil des Nuklids Pu-240 zu hoch.

Zur Verhinderung der Weiterverbreitung von Kernwaffen wurde 1968 der 'Non-Proliferation Treaty (NPT)' geschlossen. Ihm gehören bisher 189 Staaten an, darunter Iran und Nordkorea (aber z. B. nicht Israel). Nicht weiterverbreitet werden sollen waffentaugliches Spaltmaterial aber auch sensitive Techniken (Isotopentrennung, Wiederaufarbeitung). Zur Einhaltung des NPT darf/muss die IAEA wirksame Kontrollen durchführen. Nötigenfalls wird der UN-Sicherheitsrat eingeschaltet.

Was die Forschungsreaktoren betrifft, von denen einige mit hochangereichertem Uran (bis 90% U-235) betrieben werden, so läuft seit vielen Jahren ein Programm zur Reduktion der Anreicherung auf maximal 20% U-235.

Aber:
Weitere Staaten wirksam am Bau von Kernwaffen zu hindern, erscheint mir trotzdem derzeit nicht zuverlässig gewährleistet. Dazu bedarf es m. E. vor allem umfassender Sicherheitsgarantien für die Staaten ohne Kernwaffen.

Gruss
hardy
 

ispom

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