@galileo: Als Mediation kann man deinen Post vielleicht nicht bezeichnen
, aber ich kann gerne auf die von dir aufgebrachten Punkte eingehen.
die angesichts der Willensbildungen und politischen Wirklichkeiten in den europäischen Staaten eher Wunschgebilde sind.
Wenn Europa aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (und vielleicht noch ein paar wenigen mehr) besteht, dann ja. Andere europäische Staaten sehen das aber nicht so eng. Die
Generation IV Initiative hat genau dieses von mir angesprochene Ziel: Die Entwicklung von Reaktoren der 4. Generation.
Mag sein, dass das, was ich schreibe, im Moment nicht unbedingt mit dem gefühlten "Zeitgeist" entspricht: und genau deshalb schreibe ich es auch. Der gefühlte Zeitgeist ist wankelmütig - nach ein paar Jahren, nach ein paar weiteren Klimakonferenzen wird die Erinnerung an Fukushima wieder von der Dringlichkeit des Handelns in der Klimawandelfrage verdrängt werden. Ich gebe hier keine Zukunftsprognosen von mir (ich bin ja kein Prophet), sondern meine Einschätzung,
was getan werden sollte und warum. Ich will nicht Teil sein einer Gesellschaft, in der alle stumm nickend ihren Ängsten vor der Atomenergie nachgeben und niemand darüber nachdenkt, ob denn der Ausstieg nicht auch mit Nachteilen verbunden sein könnte. Es mag ein Kampf "gegen Windmühlen" sein, aber das heisst nicht, dass er nicht wichtig wäre.
Ich bin nicht Kernkraftbefürworter aus Grundsatz und Überzeugung, sondern aus genau einem Grund: es ist die einzige zur Zeit verfügbare, CO2-freie Stromquelle. Wir können damit das drängenste Problem, die grösste Gefahr für die Menschheit als Hochtechnologiezivilisation, nämlich den menschgemachten Klimawandel, lösen oder zumindest effektiv anpacken. Kernenergie ist all das, was die Kernfusion sein sollte, mit dem Unterschied, dass sie
schon heute verfügbar ist und nicht erst in 50 Jahren. Abzüglich dem Abfallproblem natürlich, das wir aber - da bin ich überzeugt - in einer, zwei Generationen technisch lösen können, wenn wir es wirklich anpacken. Sei es über die Generation IV Reaktoren, sei es über Transmutation.
Das Gesetz über die Verlängerung der Laufzeiten der deutschen KKW 2010 war wesentlich dadurch geprägt, Gewinnabschöpfungen aus den durch die abgeschriebenen Investitionen profitablen Altanlagen generieren zu können. Ein solcher Ansatz fällt aus, wenn KKW jeweils nach neuestem Sicherheitsstandard ersetzt werden sollen (so etwa wie Jahreswagen).
Mag sein. Aber Klimaschutz wird und darf auch etwas kosten, und sei es über die Besteuerung von Kohle (deren Rentabilität kaum jemand in Frage zu stellen scheint). Es stellt sich natürlich auch die Frage, wie die ökonomischen Rechnungen, die der Kernkraft eine geringe Renatbilität bescheinigen, sich mit der Realität dieses Laufzeitgesetzes vertragen... Wenn sie nicht rentieren, wie kann dann Gewinn abgeschöpft werden? Werden KKW mit Ablauf der von mir genannten 25 Jahre schlagartig rentabel? Hier müsste man eben genauer hinschauen.
Dass KKW so teuer sind, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass so wenige davon gebaut werden. Würden sie viel häufiger, sagen wir, "am Fliessband" hergestellt, wären sie auch deutlich günstiger. Möglich würde das, wenn sehr viele kleine (und am besten passiv sichere) Reaktoren gebaut würden. Nicht dass ich denke, dass das von heute auf morgen realistisch ist.
Fukushima hat diese Hochglanzwerbung als zu bequem und haltlos geoutet.
Das kann man so nicht sagen. Tschernobyl war nicht zwingend ein Schrottreaktor, aber dort wurden sicherheitstechnisch fahrlässige Tests gemacht, die in einem westlichen Land nicht möglich gewesen wären. Zudem hat die Vertuschung des ganzen Vorfalls - ebenfalls unmöglich in einem westlichen Land - dazu geführt, dass die Menschen nicht rechtzeitig an Iodtabletten kamen. Auch Liquidatoren, die in diesem Sinn zur Aufräumarbeit gezwungen wurden, sind bei uns nicht möglich.
Doch was ist denn nun mit Fukushima? Wie man heute weiss, bestand dort eine äusserst enge Verflechtung zwischen Staat und dem involvierten Energieunternehmen. Schon vor der Katastrophe war bekannt, dass es schwere Sicherheitsmängel gibt, die vertuscht wurden, dass Berichte gefälscht wurden - aber niemand hat je irgend etwas unternommen. Auch das ist bei uns in solcher Form nicht möglich. Unsere Gesellschaft ist offener, kritischer gegenüber solchen Vorgängen. Und schliesslich muss man noch sagen, dass zumindest die schweizer Reaktoren (wie das bei deutschen aussieht, weiss ich nicht) deutlich besser gegen den Ausfall der Notsysteme geschützt sind als Fukushima es war. So sind die Notsysteme genauso stark gebunkert wie der Reaktor selbst, was das zentrale Problem in Fukushima gelöst hätte.
Das heisst nicht, dass bei uns solche völlig Unfälle unmöglich wären. Das AKW Mühleberg in der Schweiz (mittelfristig auch Beznau I&II), oder Fessenheim in Frankreich sind alte Reaktoren mit bekannten Problemen und Mängeln, die möglichst schnell abgeschaltet - und ersetzt! werden sollten. Aber wie ich schon in meinem Artikel auf final-frontier.ch schrieb: Bloss weil ein Flugzeug abstürzt, steigen wir auch nicht aus der Luftfahrt ab.
Sie verletzt den bisher gültigen Konsens, dass KKW eben nicht durchgehen sollen. Und sie ist auch 'problematisch', wie dir Martin 2009 dargelegt hat
Wenn man die Anzahl Toten, die eine gewisse Energietechnologie bisher gefordert hat, auflistet, dann ändert das doch nichts an diesem "Konsens". Es ist bloss eine realistische Einschätzung der Möglichkeiten und Probleme, unabhängig von "Konsensen", Absichtserklärungen und technischen Entwicklungen.
Martins' Post habe ich gelesen, aber ich teile seine Einschätzung nicht. Ich sehe nicht, warum man nicht eine qualitative Einschätzung der Gefährlichkeit verschiedener Energietechnologien aufgrund der Anzahl Toten (pro Kilowattstunde), die sie gefordert hat, versuchen sollte. Vielleicht, weil man Angst vor den Konsequenzen hat, die man aus diesen Überlegungen ziehen müsste?
Ich kann es auch hier gerne nochmals wiederholen: Kohle - die neue Energiequelle der Wahl der deutschen "Grünen" - ist die mit Abstand gefährlichste Energiequelle (und nebenbei die wichtigste (menschliche) Quelle von freigesetztem Uran und Thorium in der Umwelt, sowie natürlich Klimakiller Nr 1):
http://nextbigfuture.com/2011/03/deaths-per-twh-by-energy-source.html
http://nextbigfuture.com/2011/03/lowering-deaths-per-terawatt-hour-for.html
Quellen dazu:
http://nextbigfuture.com/2011/04/background-information-and-analysis-for.html