Der Fahrstuhl ins All: Von der Utopie zur Wirklichkeit

Frankie

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Ich höre immer man müßte ein Seil von der ganzen Länge aus den Nanotubes herstellen, aber ich frage mich: wenn man schon 20 cm Strings machen kann, warum die nicht industriell fertigen und das ganze verspinnen und dann mit einem Mantel versehen?

Immerhin hat die Menscheit mit kaum etwas so lange Erfahrungen wie mit der Spinnerei...

Grüße,
Frankie
 

Bynaus

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Interessant, aaaaber... :)

1. Man muss sich bewusst machen, dass das untere Ende des Seils viel weniger schnell rotiert als Orbitalgeschwindigkeit (1x/Monat vs. 1x/Tag), das heisst, die Geostationären Satelliten (sowie jegliche, von ihnen produzierte Trümmer...) werden das untere Ende des Seils mit fast ihrer eigenen Orbitalgeschwindigkeit überholen. Das stellt eine Gefahr für das Seil dar.

2. Da sich das Seil ausser im L1 (so wie ich das verstanden habe, ist der hier betroffene Lagrange-Punkt der L1, nicht der L3) nicht in einem Orbit befindet, findet ein Rendezvous mit dem Seil nicht auf nahezu identischen Orbits statt (wie etwa das Rendezvous zwischen zwei Raumfahrzeugen im Erdorbit, z.B. einer Cygnus-Kapsel und der ISS). Stattdessen ist es ein einmaliges Rendezvous, etwa so, wie wenn eine Zirkus-Akkrobatin auf einem Trampolin auf eine bestimmte Höhe springt, um ihrem dort stehenden Kollegen einen Gegenstand "im Flug" zu übergeben. Sicher nicht unmöglich, aber es gibt keine zweite Chance (die Periode des Transfer-Orbits ist ja kleiner als jene des Kabels, so dass die Transfer-Kapsel einen Orbit später zwar wieder auf der Höhe des Kabel-Endes wäre, aber nicht an dem Punkt im Raum, wo das Kabel zu dem Zeitpunkt ist).

3. Neben möglichen Schäden durch Trümmer ist auch immer die Gefahr eines Schadens durch Mikrometeorite gegeben. Gemäss dem Paper ist das Kabel in der ersten Iteration auf einen a_0-Querschnitt von 10^-7 m ausgelegt, das sind gerademal 0.4 mm (400 um) Durchmesser! Um das mal einem Mikrometeoriten-Loch in einem Solarpanel gegenüberzustellen: Das Seil passt gut in dieses Loch hier... Wenn das Kabel durch eine Mikrometeoriten-Kollision bricht, wird der untere Teil (von der Erde aus gesehen) auf die Erde fallen (keine grosse Sache, es wird in der Atmosphäre verbrennen), während der obere Teil (je nach Masse der L1-Station und deren Möglichkeit für schnelle Reaktions-Manöver) im schlimmsten Fall auf den Mond fallen könnte. Gemessen am grossen Aufwand, das Seil zu bauen (40 Tonnen im L1 für die erste Iteration) scheint mir das ein eher grosses Risiko zu sein. Sicher, je dicker das Seil wird, desto geringer das Risiko. Aber im Vergleich zu, sagen wir, der ISS, ist die relative Gefahr einer Zerstörung durch Mikrometeoriten deutlich höher.
 

Protuberanz

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Von dem Halteseil als solches einmal abgesehen, aber mit welcher Technik soll da eigentlich das zu transportierende Material nach oben, oder unten bewegt werden?
 

Protuberanz

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Das Dingens bewegt sich dann also nur tagsüber. Pufferbatterien wird man ja wohl nicht mitschleppen wollen. Na ja, ist ja auch nicht so wichtig, wie schnell der Aufstieg vonstatten geht. Hauptsache es wird kostengünstig.

Die Climber, die mir geläufig sind, eignen sich da aber eher weniger. Die erste Variante wäre, das Seil an der unteren Seite unterzuschlagen, wie ich es noch aus der Schulzeit kenne. Also so: https://i.kinja-img.com/gawker-media/image/upload/s--PMs6D_k7--/c_scale,fl_progressive,q_80,w_800/quaao7ggscm4ld2amlip.jpg
Das hat zwar den Vorteil, relativ sicher zu sein und auch recht große Lasten transportieren zu können, aber der Motor im Climber müßte jeweils immer die unter ihm liegende Seillast heben. Das wird immer heftiger je höher man kommt. Natürlich kann man das auch auf mehrere Punkte am Seil verteilen, aber trotzdem wird's am Ende mit solarer Versorgung wohl eher nicht funktionieren.
Eine andere Variante würde auf bloßen Anpressdruck beruhen. Da muß man zwar nicht das Seil heben, aber die Nutzlast dürfte sich in überschaubaren größenordnungen bewegen. Außerdem wird wahrscheinlich die Lebensdauer des Seils und der Druckeinheiten recht begrenzt sein.

Ich würde deshalb eine Lösung mit mehreren Seilen und darauf befindlicher Verzahnung als wesentlich sinnvoller sehen. Entweder nach dem Prinzip der Zahnstange um am Aufzug dann Schneckenwendeln. Oder die Die Seile selbst als Wendel ausgeführt und die Gegenstücke an der Aufzugskabine. Für die Variante dürfte wohl auch eine Solarzellenversorgung ausreichend sein.
 

Murx

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Ich wäre auch für ein mehrstufiges Verfahren, aber mit Technologie-Mix: Zuerst geologisch in Äquatornähe eine schöne, mit LKW oder Schiene erreichbare Erhebung suchen, dort einen riesigen Turm bauen, von dort mit einer Art Ballon so hoch, wie man mit Ballons noch kommt und von da aus dann erst mit den neuartigen Nanotubes weiter. Gefühlt spare ich an Aufwand für die Nanotubes, aber gerechnet habe ich das nicht. ...
 

Kibo

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Hey super Bynaus! Das ging ja schnell. Und ja, L1 ist natürlich richtig, ich hatte das leider völlig unkritisch von einer Sekunderquelle übernommen.
 

Protuberanz

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@Bynaus,
Erst mal danke für Deinen Link. Und sorry, die Verwechslung lag natürlich bei mir. Ich war bei einem Aufzug von der Erdoberfläche aus und da gibt's nun mal nicht immer ausreichend Sonne. Aber zumindest konnte ich mit meiner Bemerkung für Erheiterung bei Dir sorgen. Ist doch auch was. ;)
 
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