Interessant, aaaaber...
1. Man muss sich bewusst machen, dass das untere Ende des Seils viel weniger schnell rotiert als Orbitalgeschwindigkeit (1x/Monat vs. 1x/Tag), das heisst, die Geostationären Satelliten (sowie jegliche, von ihnen produzierte Trümmer...) werden das untere Ende des Seils mit fast ihrer eigenen Orbitalgeschwindigkeit überholen. Das stellt eine Gefahr für das Seil dar.
2. Da sich das Seil ausser im L1 (so wie ich das verstanden habe, ist der hier betroffene Lagrange-Punkt der L1, nicht der L3) nicht in einem Orbit befindet, findet ein Rendezvous mit dem Seil nicht auf nahezu identischen Orbits statt (wie etwa das Rendezvous zwischen zwei Raumfahrzeugen im Erdorbit, z.B. einer Cygnus-Kapsel und der ISS). Stattdessen ist es ein einmaliges Rendezvous, etwa so, wie wenn eine Zirkus-Akkrobatin auf einem Trampolin auf eine bestimmte Höhe springt, um ihrem dort stehenden Kollegen einen Gegenstand "im Flug" zu übergeben. Sicher nicht unmöglich, aber es gibt keine zweite Chance (die Periode des Transfer-Orbits ist ja kleiner als jene des Kabels, so dass die Transfer-Kapsel einen Orbit später zwar wieder auf der Höhe des Kabel-Endes wäre, aber nicht an dem Punkt im Raum, wo das Kabel zu dem Zeitpunkt ist).
3. Neben möglichen Schäden durch Trümmer ist auch immer die Gefahr eines Schadens durch Mikrometeorite gegeben. Gemäss dem Paper ist das Kabel in der ersten Iteration auf einen a_0-Querschnitt von 10^-7 m ausgelegt, das sind gerademal 0.4 mm (400 um) Durchmesser! Um das mal einem Mikrometeoriten-Loch in einem Solarpanel gegenüberzustellen: Das Seil passt gut in
dieses Loch hier... Wenn das Kabel durch eine Mikrometeoriten-Kollision bricht, wird der untere Teil (von der Erde aus gesehen) auf die Erde fallen (keine grosse Sache, es wird in der Atmosphäre verbrennen), während der obere Teil (je nach Masse der L1-Station und deren Möglichkeit für schnelle Reaktions-Manöver) im schlimmsten Fall auf den Mond fallen könnte. Gemessen am grossen Aufwand, das Seil zu bauen (40 Tonnen im L1 für die erste Iteration) scheint mir das ein eher grosses Risiko zu sein. Sicher, je dicker das Seil wird, desto geringer das Risiko. Aber im Vergleich zu, sagen wir, der ISS, ist die relative Gefahr einer Zerstörung durch Mikrometeoriten deutlich höher.