Materie-Antimaterie

Spearmint

Registriertes Mitglied
Kann mir jemand eine plausible und nachweisbare Theorie liefern warum nach der Entstehung des Universums ein Überschuss an Materie übrig geblieben sein soll? In Teichenbeschleunigern dürfte das wohl kaum nachvollzogen werden können wenn pro 30 Millionen Anti-Quarks nur 30 Millionen und ein Quark gekommen sein sollen.
Gruß Spearmint
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Kann mir jemand eine plausible und nachweisbare Theorie liefern warum nach der Entstehung des Universums ein Überschuss an Materie übrig geblieben sein soll?

Tja, das kann dir wohl zur Zeit niemand so genau beantworten. Soviel ich weiss, ist das eine der wichtigen Fragen, die man sich heute im Zusammenhang mit dem Urknall stellt.
Eine Antwort zielt darauf ab, die Ursache für die Asymetrie in der Berchung der CP-Invarianz zu sehen, aber wie das genau funktioniert, musst du einen Physiker fragen (oder sonst jemanden, der da durchblickt).
 

Sky Darmos

Registriertes Mitglied
Hallo,

Hier erstmal ein Text von mir den ich in einem anderen Forum geschrieben habe. Er hilft sicher weiter.

C = charge =Ladung, P = parity = Parität = Händigkeit, T = time = Zeit
Es gibt einen Satz in der Mathematik nach dem müssen die Gesetze der Physik bezüglich einer Kombination von Raumspiegelung, Zeitumkehr und Ladungsspiegelung invariant sein. Das nennt sich dann CTP-Symmetrie. Soll heißen, dass ein Vorgang nach den selben Gesetzen abläuft wenn man die drei Operationen C, P und T vornimmt. Dieser Satz ist als CTP-Theorem bekannt. In den 50er Jahren wurde die Verletzung der Parität entdeckt. Bei einem Experiment wurde die Emmisionsrichtung von Betateilchen, die von Kernen des Isotops Kobalt-60 ausgesannt wurden untersucht um den Winkel zwischen dieser Richtung und der Spinachse der Kerne zu bestimmen. Man fand heraus dass die Elektronen bevorzugut in eine Richtung emmitiert werde. Das ist beim Zerfall von Myonen genauso. Wenn du dir ein Myon vorstellst dessen Rotationsachse etwa relativ zu dir wagrecht ist und das von dir aus nach oben rotiert, dann werden die Elektronen beim Zerfall bevorzugt nach rechts und seltener nach links emmitiert! Die Händigkeit ist verletzt. Da solche Zerfälle Prozesse der schwachen Wechselwirkung sind, sagt man dass die schwache Wechselwirkung die Parität verletzt. Die schwache Wechselwirkung ist jedoch die einzige Kraft die die Parität verletzt. Jeder Teilchentheorie muss eine Verletzung der Parität beinhalten, was enorme Einschränkungen bedeutet. Also nun verletzt die schwache Wechselwirkung die P-Symmetrie, d.h. im Spiegel haben Prozesse der schwachen Kraft nicht die gleiche Händigkeit. Ist aber auch die CP-Symmetrie verletzt? Keineswegs!
Kehrt man gedanklich die Ladung des Myons um, was der Operation C entspricht und betrachtet man das Teilchen im Spiegel, so sieht man diesmal einen erlaubten Vorgang. Die bevorzugte Emmisionsrichtung ist zwar umgekehrt, aber das ist auch erlaubt, da Antimyonen eine entgegengesetzte Emissionsrichtung wie die Myonen haben. CP ist als erhalten, obwohl P verletzt ist!

Nun, gibt es noch radikalere Symmetrieverletzungen. So kann auch die CP-Symmetrie verletzt sein.

Weiteres steht in diesem Link:

http://www.pro-physik.de/Phy/pdfs/ger_kleinknecht.pdf

Es ist halt einfach so dass Symmetrieverletzungen der schwachen Kraft, dazu führen dass Zerfälle ein wenig öfter Teilchen, als Antiteilchen erzeugen. Das Thema ist an sich aber recht kompliziert.

Ciao
Sky.
 

Spearmint

Registriertes Mitglied
Danke!
Erscheint mir nachvollziehbar und logisch (auch der Link war gut). Sollte es Systeme geben, die vollständig aus Antimaterie bestehen frage ich mich ob eine Versuchsreihe dort eventuell andere Ergebnisse erzeugen würde. Natürlich ist das nur eine hypothetische Frage, die sich hier nicht beantworten lässt.
 

Sky Darmos

Registriertes Mitglied
Wenn unsere Welt komplett aus Antimaterie bestehen würde, dann würden wir die Antimaterie wohl Materie nennen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Spearmint

Registriertes Mitglied
Sky Darmos schrieb:
Wenn unsere Welt komplett aus Antimaterie bestehen würde, dann würden wir die Antimaterie wohl Materie nennen.
Hallo Sky!
Meine Frage zielte eher darauf ab, ob dadurch, dass die Versuche in einem System das (für uns) aus Materie besteht stattfanden dieser Überschuss and Materiequarks zu messen war und die Ergebnisse in einem System das (für uns) aus Antimaterie besteht vielleicht anders aussehen würde. Das es keine große Mengen an Antimaterie im Universum gibt kann bis heute nicht bewiesen werden. Stellen will uns unsere Sonne doch einmal so groß vor wie ein Sandkorn, so befindet sich Proxima Centaury (der uns nächste Stern) in einer Entfernung von 3 km (und dass, mitten in einer Galaxie, die abstände von Objekten außerhalb von Galaxien sind um ein zehntausendfaches größer). Durchschnittlich sind alle Sterne in einer Galaxie soweit voneinander entfernt (abgesehen von Sternen in Kugelsternhaufen), so dass eine Begegnung dieser Sterne miteinander relativ ausgeschlossen ist und auch noch nicht beobachtet worden ist. Selbst bei Zusammenstößen von Galaxien sind direkte Kollisionen von Sternen nicht beobachtet worden sondern lediglich die gravitative Auswirkung aufeinander. Auch intergalaktische Wolken finden wir lediglich in unmittelbarer Nähe zu Galaxien wobei davon auszugehen ist, das sie die gleiche baryonische Eigenschaften haben wir die Galaxie. Der Raum zwischen den Galaxien ist so leer, dass es uns teilweise an der Vorstellung dessen mangelt wie leer dieser ist. Es könnte theoretisch also durchaus Systeme geben die vollkommen aus dem aufgebaut sind was wir als Antimaterie bezeichnen (die Chemie wäre die gleiche mit veränderten Vorzeichen) ohne das wir diese wirklich bemerken würden, es sei denn Materie und Antimaterie treffen direkt aufeinander was je nach den Massen verheerende Energien erzeugen würde die einen Quasar leicht in den Schatten stellen würden. Dennoch kann diese Möglichkeit das solche Systeme existieren nicht ausgeschlossen werden weil sich solche System naturgemäß weit von uns weg befinden müssen, da sie sonst bereits in den Anfängen des Universums mit herkömmlicher Materie zu Gammastrahlung zerfallen währe. Noch einmal, es ist natürlich hypothetisch zu fragen ob die Ergebnisse aus den Versuchen die du beschrieben hast nicht in Antimaterie- Systemen anders aussehen würden aber wenn diese Möglichkeit besteht so sind die hier, bei uns erzeugten Ergebnisse keine Garant dafür, dass es definitiv mehr Materie als Antimaterie gibt, was auch dem Ladungserhaltungssatz widersprechen würde. Ich tue mich ein wenig schwer damit einen, als allgemeingültig akzeptierten Lehrsatz so ohne weiteres außer Kraft zu setzen wenn es uns in der einen oder anderen Sache nicht so gut gefällt. Um mit Kant zu antworten: A priori kann nur etwas sein was eine allgemeine Gültigkeit besitz. Dein Satz, das wir, sollten wir aus Antimaterie bestehen, diese dann Materie nennen war an meinen Überlegungen vorbei und wenig hilfreich.
 

Sanctitas

Registriertes Mitglied
Fragen zur CPT-Invarianz

Hallo

Sky Darmos schrieb:
Die schwache Wechselwirkung ist jedoch die einzige Kraft die die Parität verletzt.

Soweit ich weiß, erscheinen elektromagnetische (EM) und schwache (S) Kraft bei genügend hoher Energie als ein und dieselbe Kraft - elektroschwach (ES) genannt. Wenn also (S) die Parität verletzt, sollte es doch auch (ES) tun und damit auch (EM). Oder etwa nicht? Bedeutet die Paritätsverletzung vielleicht vielmehr, dass (S) noch nicht vollständig oder korrekt verstanden ist?

Man muss bedenken, dass alle unsere Modelle (Teilchen, Kräfte, Gleichungen, Theorien) *nicht* identisch zu den Naturgesetzen ist. Vielleicht haben wir falsche Modelle. Unsere Theorien sehen eher den Schatten bzw. die Projektion der Naturgesetze.

Was ich nicht einsehen kann:
Wenn es Materie und Antimaterie gibt, so ist das symetrisch. Wenn es wesentlich mehr Materie als Antimaterie gibt, dann ist das hochgradig asymetrisch. Warum sollte unser Universum hochgradig asymetrisch sein?

Es gibt vielleicht eine andere Erklärung:
Wir "sehen" die Natur mit den falschen (Modell-) Gesetzen. Dadurch erleben wir eine "schiefe" Ansicht der Welt.

Es wäre schön, wenn jemand etwas Wissen einbrigen kann.

Tschüß,
Sanctitas
 

Sky Darmos

Registriertes Mitglied
Isolierte Gebiete aus Antimaterie

Spearmint schrieb:
Meine Frage zielte eher darauf ab, ob dadurch, dass die Versuche in einem System das (für uns) aus Materie besteht stattfanden dieser Überschuss and Materiequarks zu messen war und die Ergebnisse in einem System das (für uns) aus Antimaterie besteht vielleicht anders aussehen würde.

Du meinst dass die Materie in der Umgebung dazu führt, dass Zerfälle die zu mehr Materie, als Antimaterie führen, wahrscheinlicher sind?

Spearmint schrieb:
Das es keine große Mengen an Antimaterie im Universum gibt kann bis heute nicht bewiesen werden.

Das fehlen von intensiven lokalisierten Quellen energiereicher Gammastrahlung, bedeutet dass es keine Antisterne in unserer Milchstraße gibt. Auch Antigalaxien müssen sich jenseits der Reichweite unserer Teleskope befinden da sich hierbei ebenfalls Materie und Antimaterie unter Aussendung von Gammastrahlung gegenseitig zerstören müssten.
Zudem müssten wir in der kosmischen Strahlung Antiatome entdecken wenn es wirklich größere Ansammlungen von Antimaterie geben würde. Die Tatsache dass noch keine solchen Atome entdeckt wurden kann nur ganz schwer mit ihrer Existenz vereinbart werden. Es wird argumentiert dass Antiteilchen von den magnetischen Feldlinien von Galaxien immer Abgelenkt werden und so galaktisch gesehen keine größeren Distanzen zurücklegen könnten. An sich sind aber solche Modelle wenig überzeugend, da keine Theorie existiert mit der man eine räumliche Trennung von Materie und Antimaterie erklären könnte. Es ist dazu kein plausibler Mechanismus bekannt. Zudem wurden Asymmetrien zwischen Materie und Antimaterie bereits nachgewiesen, so dass es sich geradezu anbietet die Existenz von Materie in unserer Zeit durch diese Asymmetrie zu erklären.

Spearmint schrieb:
Noch einmal, es ist natürlich hypothetisch zu fragen ob die Ergebnisse aus den Versuchen die du beschrieben hast nicht in Antimaterie- Systemen anders aussehen würden aber wenn diese Möglichkeit besteht so sind die hier, bei uns erzeugten Ergebnisse keine Garant dafür, dass es definitiv mehr Materie als Antimaterie gibt, was auch dem Ladungserhaltungssatz widersprechen würde.

Du hast recht. Wenn Materie und Antimaterie wirklich grundverschieden wären so wäre es nicht einfach Vereinbarungssache was nun Materie und was Antimaterie genannt wird. Hierbei kann es sich aber kaum um einen fundamentalen Unterschied handeln. Es muss sich um einen Symmetriebruch handeln.

Schöne Grüße,
Sky.
 

Sky Darmos

Registriertes Mitglied
Laufen der Kopplungen

Sanctitas schrieb:
Wenn also (S) die Parität verletzt, sollte es doch auch (ES) tun und damit auch (EM).

Die CP-Verletzung und auch die P-Verletzung werden wohl abschwächen und verschwinden wenn die Energie erhöht wird oder die Distanzen besonders klein werden.

Gruß, Sky.
 

Spearmint

Registriertes Mitglied
Hi Sky!
Bis auf einen Punkt überzeugt mich Deine Argumentation. Nur müssen Antimaterie-Systeme nicht zwangsläufig weit weg von uns sein. Ausgehend davon, das unsere Galaxien lediglich entstanden sind durch winzige Asymmetrien während der Entstehung des Universums könnte es doch sein, dass in einigen Bereichen die Materie nach gegenseitiger Vernichtung die Oberhand gewonnen hat und in anderen Bereichen die Antimaterie. Solange nun ganze Galaxien aus der einen, bzw. der anderen Materie bestehen, passiert zunächst einmal nichts. Es müsste schon zu Begegnungen von Materie- und Antimateriesystemen kommen bevor man etwas davon merken würde, sicherlich wäre ein solcher Zusammenstoß nicht zu übersehen da die freigesetzten Energien enorm wären. Dennoch kann dies nicht damit ausgeschlossen werden, dass man diese Systeme nicht Teleskopen sehen kann. Vereinzelte verirrte Atome, die von solchen System unter Umständen ausgetauscht werden, solange sie sich in ausreichender Entfernung befinden, dürften bei deren Vernichtung im kosmischen Strahlungshintergrund (ich meine hier nicht die Hintergrundstrahlung, sondern das gesamte Spektrum der Strahlen im Kosmos) unter gehen.
Gruß Spearmint
 
Oben