Antrieb im All generell

Garmin

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Hallo Ihr da draußen,

ich habe mich angemeldet, um etwas zu erfahren, was mir in meiner Umgebung keiner beantworten kann, hier im Forum aber wahrscheinlich jeder weiß:
Wie es möglich in einem luftleeren Raum (also Vakuum) überhaupt Antrieb zu erzeugen. In unserer Atmosphäre basiert doch alles auf das Prinzip: Abstoßen an der Luft. Aber wie funktioniert das da, wo keine Luft ist.
Ich würde mich freuen wenn mir das einer verständlich erklärt.

Gruß Garmin
 

boman

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Hallo Garmin,

das mit dem abstossen in der der Luft ist so nicht ganz richtig :D . Ein Körper, bzw. eine Rakete, wird in diesem Fall, durch die Druckveränderung an einer bestimmten Stelle beschleunigt. Im Fall einer Rakete befindet sich so etwas wie ein Ventil an der Austrittsöffnung. Der hohe Druck des Treibstoffs, nicht der Druck im Tank, sondern an der Austrittsöffnung, wird durch die Verbrennung bzw. der kontrollierten Explosion erzeugt :cool: .
Anderes Beispiel Luftballon: Die Luft wird durch das aufpusten und dem daraus resultierenden Widerstand der Gummihaut komprimiert. Lässt man ihn los, wird die komprimierte Luft herausgedrückt, der Ballon fliegt davon. Würde man das im All machen, würde er schneller davonfliegen, weil die Druckveränderung noch höher ist als auf der Erde :eek: .

Gruß
Boman, Dave Boman :cool:
 

Garmin

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Danke Boman,
kann ich nur teilweise nachvollziehen. Liegt wohl daran, dass ich meinen Leben lang von dieser Abstoßtheorie ausgegangen bin.
Ein Propellaflugzeug würde im All wohl nicht funktionieren, richtig?

das mit der Druckerzeugung kann ich auch noch nachvollziehen. Aber die daraus resultierene Beschleunigung in einem Luft- u. somit drucklosem Raum ist für mich noch nicht verständlich. Der erzeugte Druck muss doch in einem riesiegen Vakuum wirkungslos "verpuffen".
Den geringeren Energiebedarf bei Flugzeugen in Reisehöhe habe ich mir immer mit dem geringeren Luftwiederstand erklärt.

Ich glaube jetzt, dass es ein anderes Prinzip für den Vortrieb im All oder auch innnerhalb der Atmosphäre gibt, als ich immer gedacht habe, aber ich könnte es niemanden erklären.

Gruß Garmin
 
Zuletzt bearbeitet:

boman

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Um es verstehen zu können muss ich noch detailierter werden.

1 Treibstoff aus einem Tank wird in eine Druckkammer vor dem Ventil geführt.

2 Es wird entzünet.

3 In der Druckkammer entsteht durch die Entzündung ein Überdruck.

4 Durch diesen Überdruck öffnet sich das Ventil.

5 Die (Treibstoff)Atome sind nun durch die Zündung, also der Umwandlung von Flüssiggas in Feuer(Plasma), energiegeladen und bemühen sich darum diese Energie wieder abzubauen. Sie treten ins "freie" aus. Eben dahin wo der geringste Widerstand ist > Das Ventil.

6 Mit der Kraft der Ausdehnung (entspricht der neuen Energieladung) drängen sie an den Ventilwänden und dem noch komprimierten und dahinterhinterliegenden Feuer(Plasma) in der Druckkammer, ins freie! Das erzeugt den Vortrieb!

7 Die Luft ausserhalb besteht ja nun nicht aus "so vielen" Atomen bzw. Molekülen, die einen Rückstoss von dem Geschwindikkeitskaliber einer Rakete genügen würden! Minimal tragen sie nätürlich auch dazu bei einen Vortrieb zu erzeugen. Das austretende verbrannte Gas stösst natürlich gegen einzelne Luftmoleküle.


Ein Propellerflugzeug kann im All aus dem Grunde nicht fliegen, weil es eine andere Form der Druckveränderung nutzt. Es erzeugt vor dem Propeller, durch die Saugwirkung desselben einen Unterdruck und durch die nach hinten drückenden komprimierten Luft, einen Überdruck. Das Flugzeug will also nach vorne. Da aber im All keine Luftmoleküle sind kann es auch keine Druckveränderung mit dem Propeller bewirken.

In einem Flugzeug mit Raketenantrieb ist es völlig schnuppe ob um es herum Luft gibt. Es hat ja eine Druckkammer!
 

Sanctitas

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Fortbewegung im Weltall

Hallo,

In einer Atmosphäre können Objekte fliegen, weil sie die Gesetze der Strömungsmechanik ausnutzen. Das Objekt benötigt Tragflächen. Diese Tragflächen sind so beschaffen, dass die Luft, die oberhalb der Tragfläche vorbeiströmt, einen längeren Weg zurücklegen muss als die Luft, die unterhalb der Tragfläche vorbeiströmt. Dadurch kommt es zum einer Kraft, die die Tragflächen nach oben zieht. Diese Kraft hebt die nach unten ziehende Schwerkraft auf.

Zum Vorwärtskommen kann man Propeller verwenden. Das sind eigentlich Luft-Schaufeln. Düsentriebwerke leisten im wesentlichen dieselbe Arbeit.

Im Weltraum, also ohne Atmosphäre, funktioniert *jedes* Treibwerk aufgrund der Impulserhaltung. Das ist ein fundamentales physikalisches Gesetz. Der Impuls p ist das Produkt aus Masse m (in Kilogramm kg) und Geschwindigkeit v (in m/s Meter pro Sekunde): p = m * v.

Selbstverständlich funktioniert dieses Prinzip überall, also auch in der Atmosphäre.

Nehmen wir an, im Weltraum ruht eine Rakete (also Geschwindigkeit v0 = 0), deren Masse m0 aus zwei Anteilen besteht: Nutzlast m1 und Treibstoff m2, also m0 = m1 + m2.

Sie hat dann den Impuls p0 = m0 * v0 = 0 (identisch Null). Das wird sich auch niemals ändern!

Wenn nun die Rakete ihren Treibstoff m2 mit der Geschwindigkeit v2 wegstößt, bewegt sich die Nutzlast m1 mit der Geschwindigkeit v1 in Gegenrichtung:

Die Impulserhaltung definiert den Zusammenhang:
m1 * v1 + m2 * v2 = p0.

Es kommt im Weltraum also darauf an, möglichst viel Impuls mit dem Treibstoff zu erzeugen. Das kann man erreichen durch das Ausscheiden von viel Masse oder durch das Abstoßen des Treibstoffes mit hoher Geschwindigkeit.

Sieh Dir mal die alte Saturn V-Rakete an: 110 Meter hoch, voller Treibstoff, obendrauf eine kleine Kapsel als Nutzlast. Da wurde viel Masse ausgestoßen.

Sieh Dir das modernere Space Shuttle an: untergefähr halbe-halbe zwischen Treibstoff und Nutzlast. Dort wird mit mehr Geschwindigkeit gearbeitet.

Für die Zukunft sucht man Triebwerke, die möglichst hohen Impuls bei möglichst niedrigem Massenausstoß erzeugen. Man möchte also keine riesige Rakete voller Treibstoff, sondern eine Rakete mit überwiegend Nutzlast haben.

Du willst ja auch keinen Sattelschlepper voller Benzin haben, damit Du zur Arbeit kommst ...

Wenig Treibstoffmasse, aber hoher Impuls bedeutet hohe Austrittsgeschwindigkeit v des Treibstoffes. Die kinetische Energie E des Treibstoffes ist E = 1/2 * m * v². Doppelt so hohe Geschwindigkeit bedeutet also vierfach höheren Energie-Aufwand.

Bisher gewinnt man diese Energie aus chemischer Verbrennung, z.B. von Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser.

Aber man befindet sich inzwischen am oberen Limit dessen, was chemische Prozesse ermöglichen.

Kernenergie erlaubt dagegen etwas eine Millionen mal mehr Energie (pro Kilogramm "Brennstoff").

Man müsste also einen Kernreaktor in der Rakete haben, der seine Energie dem Treibstoff überträgt, z.B. durch Teilchenbeschleunigung.

Das geht im Prinzip schon. Allerdings gibt es noch erhebliche technische Schwierigkeiten, da die pro Zeit erzeugte Masse nicht ausreicht, um die Rakete genügend schnell zu beschleunigen.

Ich hoffe, es ist einiges klarer geworden.

Tschüß,
Sanctitas =:]
 
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