Supercomputer: Physiker berechnen Nukleonenmasse

Bernhard

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UMa sprach das neulich mal an, daß es ganz spezielle Sprachen gibt, die mit wesentlich höherer Genauigkeit rechnen können. Ich selbst kenne dafür nur ein Do-it-your-self Verfahren, mit einer selbst gestrickten String-Algebra, das vor vielen Jahrzehnten, muß ich wohl inzwischen sagen, ich meine in der CT‘, für die Grundrechenarten beschrieben wurde und im Prinzip eine Genauigkeit der Zahlendarstellung zuließ, die der maximalen Stringlänge der Programmiersprache entsprach. Ich denke mal, daß man dieses Prinzip oder was Besseres auch schon vorher anständig ausgebaut hat(te), denn die Anforderungen dafür, gabs auch schon damals.

Hallo MAC

weit verbreitet sind auch die "Numerical Recipes". Ich kenne die Recipes in C. Im letzten Kapitel gibt es dabei den Abschnitt "Arithmetic at Arbitrary Precision". Dort gibt es Code für die vier Grundrechenarten und die Quadratwurzel. Mit etwas Internetrecherche kann man dann z.B. ohne allzu großen Aufwand Programme für den PC stricken, die Pi auf eine Millionen Nachkomastellen berechnen. Für noch tiefere Rechnungen muss man sich dann noch zusätzliche Gedanken darüber machen wieviel RAM vorhanden ist und wie lange man den Rechner laufen lassen will. Gerade den Gauß-AGM-Algorithmus (s. Jörg Arndt, "Algorithmen, Computer, Arithmetik", Springer Verlag) finde ich absolut faszinierend. Bei diesem Algorithmus bekommt man bei jedem Iterationsschritt mehr als doppelt so viele Nachkommastellen wie vorher. Die Borwein-Algorithmen sind nochmal um einiges besser.

Man sieht also auch schon bei der Berechnung der Zahl pi, dass es ganz entscheidend auf die Mathematik ankommt, die in den Programmen verwendet wird. Mit Religion, so wie Marc das streckenweise vermutet, hat das dann eigentlich gar nichts mehr zu tun und das ist auch gut so, denn sonst würde das Attribut wissenschaftlich ja nicht mehr zutreffen.

Was die bekannten Differenzenverfahren angeht, wo Ableitungen durch endliche Differenzenquotienten ersetzt werden, damit habe ich auch so meine Probleme. Damit werden meines Wissens gerne auch Flugzeuge strömungstechnisch optimiert. Ob solche Verfahren dann immer einen Fortschritt darstellen oder nur dabei helfen (Benzin-)Kosten einzusparen sei einmal dahingestellt.
 

Boogi

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Hallo Bernhard,

jetzt muss ich doch mal eine Lanze brechen für die numerische Strömungsmechanik. Die Verfahren sind mittlerweile ziemlich ausgereift und man kann damit genaue (nicht exakte) Lösungen der Navier-Stokes-Gleichungen für verscheidenste Strömungszustände erhalten: von der Hummel bis zum Überschalljet. Auch Turbulenz läßt sich damit direkt simulieren (wofür üblicherweise FD-Verfahren 6. bis 8. Ordnung eingesetzt werden). (*)

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich gezeigt, dass mit steigendem Aufwand auf Simulationsseite (mehr Zellen, kleinere Zeitschritte, bessere Algorithmen, genauere Geometrie, Berücksichtigung von Verformungen, ...) die Ergebnisse immer besser zum Experiment passen. Das würde ich schon als Fortschritt bezeichnen.

Von daher bleibt den Physikern eben auch nichts anderes übrig wie in allen anderen Disziplinen, in denen die Gleichungen oder die Geometrien so kompliziert sind, dass keine analytischen Lösungen existieren.

(*) Fairer weise muss man sagen, dass eine komplette Simulation eines A380 inkl. Turbulenz so rießige Resourcen verschlingen würde, dass man da noch einige Jahrzehnte warten müsste. Hier muss man in der Sim. geschickt vereinfachen, was in der Praxis aber ganz gut klappt.

Viele Grüße
Boogi
 

Bernhard

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Hallo Boogie,

das ist so weit klar. Ich hoffe nur, dass die Kosten, welche die hochwertigen Simulationen verursachen nicht bei der Flugsicherheit eingespart werden :confused: . Diese Angst entsteht halt bei den Passagieren/Kunden, wenn man in den Medien - ohne weitere Erklärung - immer wieder Meldungen von aufwendigen Rechenverfahren hört. Dass solche Simulationen nicht ganz billig sind, hat sich mittlerweile einfach herumgesprochen.

Bitte laß dir jedoch von meiner Grübelei nicht den Tag verderben. Deswegen auch vielen Dank für deinen interessanten Beitrag.
Gruß

Bernhard
 

Boogi

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Hi Bernhard,

ich meine mich zu erinnern, dass ein "großer" Windkanal (ETW) ca. 50k€/Tag verschlingt + 10 - 100k€ für das Modell. Wenn das alles läuft kommen da sehr schnell große Datenmengen heraus, aber "mal eben" 20 Varianten eines Flugzeuges durchrechnen geht mit dem Rechner schneller und viel billiger.

Ich glaube eher, dass Simulationen die Sicherheit erhöhen, da damit im Vorfeld viel mehr überprüft werden kann als mit reinen Experimenten. (Die Tests in der Realität sollten dann aber auf keinen Fall fehlen).

Gruß
Boogi
 
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