Wahrscheinlichkeit und Einzigartigkeit von Leben

Conz

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Aktueller Artikel in SpOn:
Forscher suchen Überlebende der kosmischen Crashs
Ich hoffe es ist nicht schon "GdM", dort wird behauptet, dass es eine "Schatten-Biosphäre" geben könnte, die mit unseren heutigen Nachweisverfahren nicht detektiert werden würde.
"Aber die Mittel, mit denen Forscher neu entdeckte Organismen untersuchen, sind maßgeschneidert für Leben in der bekannten Form", meint Davies. "Auf eine andere Biochemie würden diese Methoden gar nicht ansprechen." Sollte eine "Schatten-Biosphäre" tatsächlich existieren, sei es gut möglich, dass sie bisher übersehen wurde.

Auch wird davon ausgegangen, dass es noch Organismen geben könnte, die bei einem anderen "Lebensentstehungszyklus", als das uns bekannte "Universalleben" entstanden sein könnten.

Aber alles leider sehr hypothetisch, so scheint es mir zumindest.
 
F

fspapst

Gast
Ich hoffe es ist nicht schon "GdM", dort wird behauptet, dass es eine "Schatten-Biosphäre" geben könnte, die mit unseren heutigen Nachweisverfahren nicht detektiert werden würde.
Nicht GdM aber nach meiner Meinung recht unwahrscheinlich. Die Entdeckung von "normalen" Bakterien, die auch anders gedrehte Proteine verdauen kann, belegt, dass die "Anderen" wohl gefressen wurden.
Aber alles leider sehr hypothetisch, so scheint es mir zumindest.
Methanatmer oder Gestensmikroben könnten zu einer solchen 2ten (nten) Lebenslinie (Stammbaum) gehören.

Gruß
FS
 

Mahananda

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Hallo,

zunächst wünsche ich allen Forumsteilnehmern ein gesundes neues Jahr!

In der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr ist mir bezüglich dieses Themas folgende Kalkulation eingefallen, mit deren Hilfe man abschätzen kann, wie wahrscheinlich die Entstehung von Lebewesen auf der Erde war.

Folgende Annahmen dienen als Basis:

Die Masse der Erde beträgt 3,6*10^51 u. Der Anteil der Ozeane an der Erdmasse beträgt gegenwärtig 1/4752. Es wird geschätzt, dass die Wassermenge der Ozeane ursprünglich zwischen 20 und 70 Prozent des heutigen Wertes umfasste. (Quelle: H. Rauchfuß: Chemische Evolution und der Ursprung des Lebens. Berlin, Heidelberg, New York 2005, S. 47) Ich setze daher als grobe Schätzung ein Verhältnis von 1/10^4 zur Erdmasse als Ausgangswert ein. Das entspricht einer Masse von 3,6*10^47 u. Die durchschnittliche Masse eines Monomers (Aminosäure, Nucleinsäurebase, Monosaccharid) beträgt 120 u. Der Konzentrationsgrad der Monomere im Wasser wird mit 10^-6 veranschlagt. Dies entspricht dem heute noch gegebenen Verhältnis zwischen Biomasse und der Masse des Ozeanwassers. Da beide Komponenten im Lauf der Zeit an Masse zugelegt haben, gehe ich von einem konstanten Verhältnis aus. Weiterhin wird angenommen, dass 1 Prozent der Monomere zu Polymeren reagieren. Von diesen reichern sich 1 Prozent als Uferfiltrat im oberen Bereich der Gezeitenzonen an. Dabei wird eine Tidenhöhe von 1 m unterhalb des höchsten Flutpegels berücksichtigt. 1 Prozent des Uferfiltrats gelangt schließlich als Gemisch in Membranhüllen. Somit ergibt sich ein zum Entstehen eines Translationsmechanismus relevanter Anteil von Polymeren in Höhe von 10^-6 zu den ursprünglich vorhandenen Monomeren. Es wird angenommen, dass pro Monomer eine Reaktionszeit von 1 s benötigt wird. In Bezug auf die in heutigen Zellen gegebenen Reaktionszeiten ist dies sehr langsam. Schnellere Reaktionszeiten bewirken eine schnellere Zunahme an Polymeren und erweitern die Kombinationsmöglichkeiten mit Monomeren durch den Aufbau von längeren Ketten. Die Entwicklungszeit wird mit 3*10^15 s veranschlagt. Das entspricht etwa 100 Millionen Jahren.

Die Formel zur Berechnung der durchschnittlichen Polymerlänge lautet wie folgt:

M(W)*T(E)*N(R)
------------------- = B^K
m(M)*C(M)*C(P)*s

M(W) = Menge des verfügbaren Wassers in u

T(E) = Entwicklungszeit in s

N(R) = Zahl der Reaktionen pro Monomer je Sekunde

m(M) = Masse eines Monomers in u

C(M) = Konzentrationsgrad der Monomere im Wasser

C(P) = Anteil der Polymere pro Monomer

s = Sekunde

B = Anzahl der verschiedenen Monomere bzw. Monomerklassen

K = Anzahl der Monomere pro Polymer

u = 1,66*10^-27 kg (atomare Masseeinheit)

Der Endwert beträgt:

3,6*10^47 u*3*10^15 s*1
-------------------------- = 9*10^48 = 2^163 = 4^81,5
120 u*10^6*10^6*s


Der erhaltene Endwert stellt die Zahl möglicher Kombinationen dar, die im Verlauf der Entwicklungszeit durchlaufen werden können. Die entstehenden Polymere sind demzufolge entsprechend variantenreich und besitzen eine von der gewählten Basis abhängige Kettenlänge.
Da die Spezifität anfangs niedrigstmöglich angesetzt werden muss, ergibt sich als Basis zunächst der Wert 2 (einfach-binäre Ketten). Alternativ dazu ergibt sich der Wert 4 (doppelt-binäre Ketten wie z.B. RNA). Das entspricht in diesem Beispiel einem Gemisch aus einfach-binären Polymeren mit einer Kettenlänge von 163 Monomeren und doppelt-binären Polymeren mit einer Kettenlänge von 81 bis 82 Monomeren.

Einfach-binäre Moleküle werden durch die frühen Proteine repräsentiert. Die darin enthaltenen Aminosäuren ordnen sich in zwei Klassen, so dass eine binäre Sequenz entsteht. Je nach der Abfolge hydrophiler (wasseranziehender) und hydrophober (wasserabstoßender) Seitenketten der Aminosäuren entstehen unterschiedliche Faltungsstrukturen. Die Vertiefungen und Ausbuchtungen sind in einigen Fällen geeignet, Reaktionen zu katalysieren. Da das komplette Spektrum der Polypeptide mit einer Kettenlänge von bis zu 163 Aminosäuren synthetisiert wurde, war das zur Verfügung stehende Material ausreichend vielfältig, um die Bindung von Aminosäuren an tRNA-Moleküle zu ermöglichen. Die dafür geeigneten Polypeptide bildeten den Grundstock für die später entstandenen hochspezifischen Codasen. Interessanterweise gehen alle 61 heute verwendeten Codasen auf lediglich zwei Grundtypen zurück. Mit den Codasen war der erste Schritt hin zu einem Translationsmechanismus getan, der die Proteinbiosynthese einleitete.

Doppelt-binäre Moleküle sind die Nucleinsäuren, wobei allgemein die RNA als früheste Variante gilt. Die kürzere Kettenlänge wird dahingehend ausgeglichen, dass jede Nucleinsäurebase über ein weiteres Monomer (Ribose) mit einem Phosphatrest verbunden ist. Somit verfügt RNA trotz der kürzeren Kettenlänge ebenfalls über den gleichen Monomergehalt wie die frühen Proteine. Allerdings ist der Variationsspielraum der frühen Proteine erheblich größer als der der RNA. Weiterhin ergibt sich bei einer massemäßigen Gleichverteilung der beiden Polymere, dass infolge des Phosphatanteils weniger RNA vorhanden ist als Protein. Somit waren von Anfang an Proteine dominierend hinsichtlich Funktionalität, Vielfalt und Menge.

Interessant ist weiterhin, dass die für die Proteinbiosynthese unerlässlichen tRNA-Moleküle eine Sequenzlänge von 80 +/- 4 Nucleotide haben. Dies entspricht dem im Beispiel ermittelten Endergebnis. Offenbar haben sie sich seit der Etablierung eines praktikablen Translationsmechanismus nicht mehr verändert.

Damit sich die gegebene Variationsvielfalt in vollem Maße nutzen ließ, musste eine ausreichende Durchmischung gewährleistet sein. Als Reaktionsflächen eigneten sich die Uferregionen der ersten Inseln und Kontinente. Die Gezeiten bewirkten eine periodische Vernässung und Austrocknung insbesondere der oberen Gezeitenregionen. Damit einher ging die Zufuhr weiterer Monomere sowie der Abtransport synthetisierter Polymere, die dann zu anderen Uferregionen verfrachtet wurden.

Folgende Rechnung zeigt, mit wieviel Material operiert werden konnte:

Es wird angenommen, dass die Landfläche ursprünglich lediglich 10 Millionen km^2 betrug. Das entspricht etwa der Fläche von Australien und Indonesiens sowie Melanesiens. Als Uferbreite wird durchschnittlich 10 m angenommen, wobei hier lediglich der Bereich des obersten Tidenmeters berücksichtigt wird. Die Uferfläche wird mit 10^10 m^2 festgelegt, was einer Gesamtküstenlänge von 10^6 km entspricht. Da die Urkontinente wahrscheinlich eher großen Archipelen glichen, liegt diese Länge im Bereich des Möglichen. Entlang der gesamten Uferfläche gelangt mit jeder Flut ein Volumen von 10^10 m^3 Wasser in den oberen Gezeitenbereich. Das sind 10^13 kg oder 6*10^39 u. Bei einer Konzentration der Monomeren in Höhe von 10^-6 ergibt sich eine Monomerzufuhr in Höhe von 6*10^33 u bzw. einer Anzahl von 5*10^31. Da sich pro Tag zwei Fluten ereignen, gelangen täglich 10^32 Monomere in den Uferbereich. Der Gesamtbestand von 3*10^39 Monomeren im Ozean ist somit bereits nach 3*10^7 Tagen in den Uferbereich gelangt. Da nur der millionste Teil dieser Monomere im Uferbereich verbleibt, wo sie sich als Polymere anreichern, müssten insgesamt 3*10^13 Tage vergehen, bis die Monomere des Ozeans aufgebraucht sind. Setzt man einen Tag mit 5,6*10^4 s an, was knapp 16 h entspricht, dann ergeben sich 1,68*10^12 s für eine komplette Durchmischung aller Monomere in den Uferbereichen (etwa 53.000 Jahre) und 1,68*10^18 s als Zeitfenster für eine Biogenese. Das entspricht einer Dauer von über 53 Milliarden Jahren. Da als Zeitfenster 3*10^15 s veranschlagt worden sind, ergeben sich etwa 1800 komplette Durchmischungen des Uferbereichs mit Monomeren bzw. in den Ozean gelangten Polymeren aus anderen Uferbereichen.


Fazit: Auf der Erde war genügend Zeit, Material und Reaktionsraum sowie Variationsmöglichkeit vorhanden, um Lebewesen entstehen lassen zu können. Die Sequenzlänge der heutigen tRNA-Moleküle deutet darauf hin, dass der angesetzte Zeitrahmen nicht notwendigerweise in vollem Maße ausgeschöpft werden musste. Alternativ dazu hätte die durchschnittliche Reaktionszeit pro Monomer durchaus mehrere Sekunden betragen können. In jedem Falle ergibt sich, dass die Entstehung von Lebewesen auf der Erde sehr wahrscheinlich war.

Viele Grüße!
 

FrankSpecht

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Moin, Mahananda,
und ebenfalls Neujahrsgrüße.

Vielen Dank für deine Ausführung. Es sind zwar ziemlich viele Annahmen vorhanden, aber ich kann darüber hinwegsehen, da ich auf diesem Gebiet eh keine Ahnung habe :D

Einzig frage ich mich aber: Woher kommen die Monomere?
Sind Monomere grundsätzlich bei jeder Planetenbildung vorhanden (weil sie z.B. universal vorhanden sind) oder ist die Erde in dieser Hinsicht trotzdem ein Spezialfall?
 

JGC

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Hi Leute...


Ich möchte gerne hier an dieser Stelle auch mal was DAZU sagen..

Wer sagt denn, das LEBEN einem bestimmten Algorythmus folgen muss??

Oder einen bestimmten "Schöpferweg" gehen muss?

ICH meine, Leben bedeutet Wechselwirkung und deren Möglichkeiten, sich zu übergeordneten Funktionsstrukturen zu verbinden! (unabhängig davon, wie Leben wissenschaftlich "gültig" definiert wird)

Letztlich geht es immer um Evolution!!,(Egal, ob der Geist, die Materie, die Seele oder sonst was ES ist.... IMMER geht es um vorangegangene Einzelelemente und deren einzelnen Funktionen, die sich zu höhergeordneten Elementen und neuen Funktionsprinzipien zusammentun können und damit auch neue Wirkweisen aufzeigen können...

Könnte es nicht an der Hürde liegen, das man Leben bisher einfach zu einseitig definiert??

Schon in Wolfsblut, als Raimund Harmsdorf sich in seiner verzweifelten Lage fragte, ob es das noch bringt, weiter um sein Leben zu kämpfen, da traf IHN die Erkenntnis, das Leben im Prinzip nur Bewegung ist! (und seine daraus sich jeweils ergebenden Möglichkeiten, sich konstruktiv zu binden..)

Und ICH sehe das eigentlich genau so!!

Selbst Elektronen, die um einen Kern kreisen sind im Grunde lebendig..

Jede chemische Reaktion ist im Grunde ein lebbendiger Prozess.. Und jede physikalisch darauf erfolgende Wirkung ist im Prinzip eine Wahrnehmung der selben...

Jedes WAS im Universum spürt sich gegenseitig, das kann niemand abstreiten!!

Es spürt sich einfach daran, das sein ursprüngliches Kräftegleichgewicht, (das Niveau, wo es am wenigsten "Energie benötigt, um "Hier und Jetzt" zu Sein) ständig beeinflusst wird..

Und genau aus diesem Grunde sage ICH, das es im Prinzip keine Rolle spielt, WANN Leben in Erscheinung tritt, weil es eben nur davon meiner Meinung nach abhängt, ob ein beliebiges WAS mit einem entsprechend vorgefundenen Geschehen oder einem anderen WAS einfach in Wechselwirkung treten kann.

KANN etwas mit etwas Anderem wechselwirken, so ist das im Grunde schon ein lebendiger Zustand.. Kann nun ein WAS gezielt auf eine entsprechende gegebene Voraussetzung reagieren, so würde ICH schon von "bewusstem" agieren reden wollen...

Und mal ehrlich..

Ist nicht jeder "berührender" Akt ein "bewusst wahrnehmbarer" Vorgang?


Meiner Ansicht nach ist das Universum selbst ein lebendiger Organismus, der über die elektromagnetischen/gvravitativen und chemischen Wechselwirkungen seinen eigenen Stoffkreislauf entwickelt hat, der letztlich ganz automatisch zu dem führt, was sich "bewusst denkender Mensch" nennt...

Und in der fraktalen Formel des Apfelmännchens findet sich das Prinzip meiner Ansicht nach auf einer mathematischen Basis wieder! (Wer mal richtig tief und in sehr strukturierten Bereichen rein rechnet, wird trotzdem immer wieder das Männchen entdecken können, egal, WIE tief er dabei vordringt)


Nun, ich will nicht gegen die reguläre Meinung treten, aber ich finde, das diese eine sehr "eingeengte" Sichtweise dessen liefert, was wir Leben nennen könnten..

Wie auch immer


JGC
 
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Mahananda

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Hallo Frank,

die Monomere bilden sich entweder in der Atmosphäre aus Methan, Wasserdampf, Ammoniak unter dem Einfluss von UV-Strahlung oder elektrischer Entladungen und reichern sich im Ozeanwasser an - oder sie gelangen über Kometenkerne und Meteoriten auf die Erde, so dass die Ozeane zusätzlich mit Monomeren angereichert werden. Aus Laborversuchen weiß man, dass bevorzugt solche Monomere entstehen, die sich auch in Lebewesen finden (z.B. Aminosäuren und Nucleinsäurebasen).

Viele Grüße!
 

mac

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Hallo Mahananda,

danke für Deine guten Wünsche!

Danke auch für die viele Arbeit die Du Dir hier für uns gemacht hast. Im Prinzip scheint mir dieses Vorgehen auch plausibel, aber einer Deiner Annahmen kann ich nicht folgen, oder habe ich nicht richtig verstanden.

Damit ich erklären kann was ich meine, vereinfache ich das Problem:

Die verfügbaren Bausteine sollen bestehen aus den Elementen O und L Es gibt gleich viele O’s und L’s, Bei gleicher Wahrscheinlichkeit für jede beliebige Kombination gibt es keinen Unterschied in der Häufigkeit des Auftretens zwischen den (abgeschlossenen) Kombinationen OL und OOLLLOO.

Das würde der Wahrscheinlichkeit entsprechen, mit der ich eine Kugel aus einer Urne ziehe, die z.B. 1000 Kugeln mit den fortlaufenden Ziffern 0 bis 999 enthält.

Bei einer, nur von einer zufälligen Bindungswahrscheinlichkeit abhängigen Kombination der Bausteine L und O gibt es aber deutlich mehr LL Individuen als z.B. LLL Individuen. Und noch krasser ist dieses ‘Mißverhältnis‘ bei einer Bindung, die zusätzlich durch die Länge einer Kette schwächer wird.

Wenn Deine Rechnung hier trotzdem richtig ist, dann würde ich erwarten, daß Polymere mit der ‚richtigen‘ Kettenlänge die stabilste vorkommende Form sind.

Herzliche Grüße

MAC

PS ich sollte vielleicht noch erlären, daß ich mit O und L keine konkreten chemischen Elemente meine, sondern den Begriff Elemente ganz abstrakt verwende. Diese Elemente sollen sich in gleicher Weise miteinander und untereinander binden können.
 
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Mahananda

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Hallo Mac,

ich weiß nicht, ob ich dein Beispiel richtig verstehe, deshalb umschreibe ich es einmal so, wie ich es begriffen habe. Die Elemente O und L entsprechen meinetwegen den hydrophilen und den hydrophoben Aminosäuren. Da es keine Einschränkungen hinsichtlich der Kombinierbarkeit beider Elemente gibt, können alle beliebigen Permutationen synthetisiert werden, wobei am wahrscheinlichsten Ketten mit jeweils 50 Prozent beider Elemente vorkommen. Die seltensten Varianten sind reine O-Ketten bzw. reine L-Ketten. Auf die Stabilität hat die Zusammensetzung der Kette keinen Einfluss, aber hinsichtlich der Funktionalität werden bevorzugt solche Ketten selektiert, die katalytisch wirksam sind. Die übrigen Ketten unterliegen den allgegenwärtigen Abbaureaktionen, die zunehmend durch katalytisch aktive Ketten bewerkstelligt wird, so dass nach und nach eine Anreicherung des irgendwie verwertbaren Materials erfolgt. Da in den Anfangsstadien der chemischen Evolution die selektive Wirkung noch sehr gering ist, liegt das Polymergemisch zunächst in einer reinen Zufallsverteilung vor. Mit der zunehmenden Anreicherung der Uferregionen infolge der Durchmischung durch Flutwasser etablieren sich Synthesewege, die immer mehr selektiv auf den gerade gegenwärtigen Molekülbestand wirken. Das was dann übrig bleibt, wird in den Protozellen genutzt, die dann die noch nicht verwerteten Polymere und Monomere als Nahrungsquelle nutzen.

Nun zur Kettenlänge: Hier gibt es selbstverständlich limitierende Faktoren, wobei die Kettenlänge als solche bereits ein solcher ist. Der ermittelte Wert von 2^163 entspricht dem, was durchschnittlich herauskommt und zudem komplett durchkombiniert werden kann. Das schließt nicht aus, dass es einen geringeren Anteil noch längerer Polymere gegeben hat, die dann aber nicht in Gänze variiert werden konnten. Zugleich erreichte ein größerer Anteil nicht die durchschnittliche Länge, sondern blieb z.B. bei 100 Elementen stecken, wurde dafür aber häufiger synthetisiert und stand für Synthesezwecke mehrfach zur Verfügung. Die Proteine, die für elementare Lebensprozesse zuständig sind, weisen in etwa diese Kettenlänge auf (z.B. Cytochrom c mit 104 Aminosäuren als Bestandteil der Atmungskette in den Mitochondrien). Offenbar war hier aus Gründen der Kettenstabilität eine natürliche Grenze gegeben, die erst später mit Hilfe geeigneter Proteine überwunden werden konnte, die mehrere Ketten aneinander banden. Allerdings sollte man die stabilisierende Wirkung von Tonmineralien und Kristalloberflächen, die in der Wattregion mit Sicherheit präsent waren, nicht unterschätzen ...

Viele Grüße!
 

mac

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Hallo Mahananda,

Ich habe Deinen Rechenweg wohl wirklich nicht verstanden.

Du schreibst:
Der erhaltene Endwert stellt die Zahl möglicher Kombinationen dar, die im Verlauf der Entwicklungszeit durchlaufen werden können.
und kommst in Deinem Beispiel auf 4^81,5.

Ich argumentiere: Eine 81 Glieder-Polymerkette aus 4 verschiedenen Monomeren hat in der Tat 4^81-1 Kombinationsmöglichkeiten, nur kannst Du diese nicht in der veranschlagten Zeit abarbeiten, weil Dich die Natur dabei nicht hochzählen läßt.

Du ziehst nicht aus einer Trommel bis sie leer ist, sondern die Natur wirft die gezogene Kugel immer wieder zurück. Du hast auch nicht eine Wahrscheinlichkeit von 1/(4^81) bei jedem neuen Zug auf einen Treffer, weil in der Natur die Kugeln mit den höheren Nummern unten drunter liegen und Du zunächst mal gar nicht an die rankommst.

Nun begegnest Du genau diesem Argument mit einer drastischen Änderung der Rahmenbedingungen für Dein Zahlenbeispiel durch die Aussage, daß sich die Kettenlänge selbstorganisatorisch verlängert. Damit verläßt Du aber auch die Zahlenbasis Deines Beispiels und argumentierst nur noch qualitativ. Deine Aussage zur Wahrscheinlichkeit von Leben hat damit auch keine quantitative Basis mehr und ich habe keine Orientierung mehr, ob sich der Zeitaufwand gemäß meines Argumentes nahezu beliebig potenziert, oder Deine ins Spiel gebrachte Selbstorganisation Leben sogar zwei Minuten nach Versuchsbeginn im Reagenzglas ermöglicht, oder wo zwischen (oder sogar neben) diesen beiden Extremen wir uns eigentlich befinden.

Herzliche Grüße

MAC
 

Mahananda

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Hallo Mac,

Ich argumentiere: Eine 81 Glieder-Polymerkette aus 4 verschiedenen Monomeren hat in der Tat 4^81-1 Kombinationsmöglichkeiten, nur kannst Du diese nicht in der veranschlagten Zeit abarbeiten, weil Dich die Natur dabei nicht hochzählen läßt.

Das stimmt, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Polymerkette mit 81 Gliedern zufällig wiederholt, ist eben mit 1 zu 4^81 gegeben. Mein Rechenbeispiel zeigt lediglich, dass innerhalb von 100 Millionen Jahren alle 4^81 Permutationen theoretisch hätten synthetisiert werden können. Ob das praktisch auch geschehen ist, lässt sich im Nachhinein nicht mehr rekonstruieren - wahrscheinlich eher nicht. Wenn sich von den 10^33 Polymeren nur jedes 10^30. zu tRNA-Molekülen umgesetzt hätte, gäbe es immer noch einen Grundbestand von 1000 verschiedenen Molekülen, aus denen 61 von den späteren Lebewesen selektiert wurden. Dieser Grundbestand wäre jedoch zahlenmäßig so häufig vertreten gewesen, dass die chemische Evolution bereits sehr frühzeitig auf einige wenige Entwicklungslinien eingeengt wurde, die letztlich in die bekannte Form der Translation mündete.

Nun begegnest Du genau diesem Argument mit einer drastischen Änderung der Rahmenbedingungen für Dein Zahlenbeispiel durch die Aussage, daß sich die Kettenlänge selbstorganisatorisch verlängert.

Die Kettenlänge nimmt sukzessive zu - unter anderem durch Selbstorganisation, aber vor allem durch die katalytische Wirkung von Mineraloberflächen bei gleichzeitig erfolgender Energiezufuhr. Die durchschnittliche Reaktionsgeschwindigkeit hatte ich mit 1 pro Monomer und Sekunde angegeben - über den gesamten Zeitraum von 3*10^15 s gemittelt. Natürlich kann man erwarten, dass die Reaktionsrate anfangs niedriger war als gegen Ende des Gesamtzeitraums, weil dann autokatalytische Effekte zunehmend zum Tragen kamen, aber auf das Endresultat wirkt sich dies nicht aus. Die Rahmenbedingungen, die ich der Rechnung zugrundegelegt habe, bleiben daher gültig.

Deine Aussage zur Wahrscheinlichkeit von Leben hat damit auch keine quantitative Basis mehr und ich habe keine Orientierung mehr, ob sich der Zeitaufwand gemäß meines Argumentes nahezu beliebig potenziert, oder Deine ins Spiel gebrachte Selbstorganisation Leben sogar zwei Minuten nach Versuchsbeginn im Reagenzglas ermöglicht, oder wo zwischen (oder sogar neben) diesen beiden Extremen wir uns eigentlich befinden.

Mir ging es darum, zu zeigen, ob sich unter den Bedingungen der Früherde innerhalb eines Zeitfensters von rund 100 Millionen Jahren genügend Material anreichern konnte, das komplex und variabel genug ist, um als Molekülbestand von Lebewesen geeignet zu sein. Ich denke, dass diese Frage ganz klar mit ja beantwortet werden kann, auch wenn nur ein winziger Bruchteil der theoretisch möglichen Varianten tatsächlich synthetisiert worden ist.

Der Hintergrund ist folgender: Ein beliebter Einwand gegen die Möglichkeit der irdischen Biogenese ist der kurze Zeitraum zwischen dem Ende des LHB vor ca. 3,9 Milliarden Jahren und dem Fund unsicherer Lebensspuren im Isua-Gneis Grönlands, der mit etwa 3,8 Milliarden Jahre datiert wurde. Das Indiz, das für eventuelle Lebewesen spricht, besteht in einer überdurchschnittlichen Anreicherung von C-12 im Vergleich zu C-13.

Ein anderer Einwand besteht darin, dass innerhalb so kurzer Zeit gar nicht so viele Proteine hätten entstehen können, die spezifische Funktionen erfüllen. Wenn man von einer binären Variante ausgeht, bestanden genügend Kombinationsmöglichkeiten, um hinreichend lange Proteine entstehen zu lassen, die - wenn auch lange nicht so perfekt wie die heutigen - spezifische Katalysen bewirken konnten.

Ich denke, dass man mit der von mir aufgestellten Rechnung beide Einwände entkräften kann - ja dass sogar noch Spielraum vorhanden ist für mehrere Anläufe innerhalb des fraglichen Zeitraums. Zwei Minuten im Reagenzglas erscheinen mir allerdings etwas zu kurz ;)

Viele Grüße!
 

mac

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Hallo Mahananda,

langsam glaube ich Umrisse bei diesem Ablauf zu erkennen, bin aber noch weit weg von einem Bild.
Da ich zwar ein (recht altes) grobes Gerüst für die Abläufe bei der Zellteilung habe, die meisten Fachbegriffe und Details aber längst im Nebel des Vergessens abgetaucht sind, bin ich zusätzlich noch mit einer Nebenbaustelle beschäftigt, die wohl auch eine Quelle von Mißverstehen meinerseits darstellt.

Ich versuche die mal etwas zu strukturieren.
A Je nach der Abfolge hydrophiler (wasseranziehender) und hydrophober (wasserabstoßender) Seitenketten der Aminosäuren entstehen unterschiedliche Faltungsstrukturen. B Die Vertiefungen und Ausbuchtungen sind in einigen Fällen geeignet, Reaktionen zu katalysieren. Da das komplette Spektrum der Polypeptide mit einer Kettenlänge von bis zu 163 Aminosäuren synthetisiert wurde, war das zur Verfügung stehende Material ausreichend vielfältig, um die Bindung von Aminosäuren an C tRNA-Moleküle zu ermöglichen.
Rote Buchstaben von mir eingefügt.

Wenn ich Dich richtig verstanden habe, hast Du in Post 43 (dem mit der Berechnung) Abschnitt A und B beschrieben. Wo nimmst Du aber jetzt Abschnitt C, also die tRNA Moleküle her?
Daraus:
Wenn sich von den 10^33 Polymeren nur jedes 10^30. zu tRNA-Molekülen umgesetzt hätte,
schließe ich, daß die tRNA eine Untermenge oder ein Spezialfall der möglichen Polypeptidketten ist, bin mir aber nicht sicher, ob ich das richtig verstehe.



Die Kettenlänge nimmt sukzessive zu - unter anderem durch Selbstorganisation, aber vor allem durch die katalytische Wirkung von Mineraloberflächen bei gleichzeitig erfolgender Energiezufuhr.
Aus dieser Aussage und dieser
Die Vertiefungen und Ausbuchtungen sind in einigen Fällen geeignet, Reaktionen zu katalysieren.
habe ich geschlossen, daß nicht nur die Kettenlänge, sondern, je nach Struktur des mineralischen Katalysators, auch ein und dieselbe Kettensequenz stabiler reproduziert werden.

Wenn das zutrifft, dann bleibt nach meinem Verständnis ein etwas unübersichtlich großer (verzögernder) Faktor übrig, der in Deiner Rechnung nicht auftaucht.

Herzliche Grüße

MAC
 
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Mahananda

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Hallo Mac,

Wenn ich Dich richtig verstanden habe, hast Du in Post 43 (dem mit der Berechnung) Abschnitt A und B beschrieben. Wo nimmst Du aber jetzt Abschnitt C, also die tRNA Moleküle her?

Hier scheint die Ursache für die Missverständnisse zu liegen. Das Endergebnis der Berechnung gibt die durchschnittliche Kettenlänge der Polymere an. Polymere können sich aus verschiedenen Monomeren zusammensetzen. Proteine bestehen aus einer Kette von Aminosäuren (in deinem Zitat die Abschnitte A und B), sind also Polymere aus Aminosäuren.

Nucleinsäuren bestehen aus den vier Basen (A, U, G und C), Ribose (ein Monosaccharid = Zuckermolekül) und Phosphat, wobei die Polymerkette hier genau genommen aus zwei Monomeren (Base + Ribose) pro Ketteneinheit besteht, die über Phosphat (anorganischer Säurerest) miteinander verbunden sind. Somit haben wir hier den Fall, dass eine Polymerkette um die Hälfte kürzer ist als die ebenso viele Monomere enthaltende Polymerkette eines Proteins.

Darüber hinaus können noch weitere Polymere entstehen, die jedoch in den heutigen Zellen keine Bedeutung bzw. Verwendung gefunden haben mit Ausnahme der Polysaccharide (Stärke, Zellulose, Chitin), die als Stütz- und Speicherstoff geeignet sind. Somit bleiben von den 3*10^33 Monomeren, die sich zu Polymeren verbinden können, 3 Polymerklassen übrig.

Zur Erinnerung: Die Anzahl der Monomere ergibt sich aus 3,6*10^47u/(10^6*10^6*120u) = 3*10^33

Angenommen, es gab ursprünglich 10 verschiedene Monomerklassen, dann stand für jede Klasse bei gleicher Bildungswahrscheinlichkeit ein Satz von 3*10^32 Monomeren zur Verfügung. Über einen Zeitraum von 3*10^15 s konnten sich somit Polymere mit einer durchschnittlichen Kettenlänge von etwa 2^160 oder 4^80 Monomeren bilden. Zwei dieser zehn Polymerklassen erlangten für die Proteinbiosynthese Bedeutung (Proteine und Nucleinsäuren - hier tRNA). Polysaccharide als dritte Polymerklasse wurden als Energiespeicher und Zellwandverstärkung genutzt. Die übrigen hypothetischen sieben wurden abgebaut und in verwertbare Stoffe umgesetzt (z.B. Pyrrolverbindungen für Hämoglobin oder Chlorophyll).

Aus der Rechnung ergibt sich, dass es möglich war, dass mehrere Polymere eine Koevolution durchliefen, die schließlich - infolge der gegebenen Durchmischung über die Gezeiten - in abgeschlossenen Reaktionsräumen (Bläschen, die mit einer Doppelmembran umgeben waren = Vesikel) zu einer Wechselwirkung zwischen Proteinen und tRNA führten, welche die Basis für den sogenannten "genetischen Code" darstellte.

... habe ich geschlossen, daß nicht nur die Kettenlänge, sondern, je nach Struktur des mineralischen Katalysators, auch ein und dieselbe Kettensequenz stabiler reproduziert werden.

Die Kettensequenz hat mit dem Katalysator nichts zu tun bzw. der Katalysator hat auf die Kettensequenz keinen Einfluss, da nur das "Rückgrat" der Kette miteinander verbunden wird. Die die Sequenz bestimmenden Seitenketten (entweder bei Aminosäuren hydrophil oder hydrophob oder bei Nucleinsäuren die vier Basen A, U, G und C) liegen in gleicher durchschnittlicher Häufigkeit vor, so dass die synthetisierten Sequenzen zunächst reine Zufallssequenzen sind. Erst nachdem sich eine gewisse katalytische "Eigenmächtigkeit" der Polymere etabliert hat, setzt der Selektionsprozess ein, der am Ende nur noch die wenigen Tausend übrig lässt, die verwertbar und damit perfektionierbar sind. Bei einer im Durchschnitt konstanten Anlagerungsrate ergeben sich binnen 100 Millionen Jahren gemäß Rechnung 2^160 bzw. 4^80 Kombinationsmöglichkeiten mit 3*10^32 Monomeren. Da es keine einschränkenden Bedingungen gibt (mit Ausnahme der zunehmenden Instabilität bei steigender Kettenlänge, die ich hier unberücksichtigt lasse), kann theoretisch jedes dieser Polymere gebildet werden. Da der Monomerbestand jedoch geringer ist, verbleibt nur ein Bruchteil davon als verwertbarer Rest.

Aus chemischen Gründen gibt es keine Bevorzugung für irgendwelche Sequenzen, so dass der Ausgangsbestand der Polymere, aus denen sich die ersten Zellen entwickelt haben, eine zufällige Mischung darstellt. Auch die Sequenzen der tRNA's weisen keinerlei chemischen Bezug zu den Aminosäuren auf, die an sie gebunden werden. Einzig die Codase-Struktur hat die entsprechenden Passformen, so dass sie eine spezifische Bindung katalysiert. Aber die Codase ist ebenfalls eine Zufallssequenz, die sich über die Zeiten erhalten und bewährt hat. Somit erweist sich der "genetische Code" als eine Zufallswahl, die wohl einige Optimierungen erfahren hat hinsichtlich Redundanz und verringerter Störanfälligkeit, aber als solcher durch die Codasen festgelegt wurde, die zufällig zuerst da waren.

Meine Rechnung zeigt lediglich auf, dass es rein zufällig möglich war, dass auf der Erde die nötigen Agenzien synthetisiert, angereichert und verteilt werden konnten, so dass die chemische Evolution in eine biologische Evolution mündete. Die planetologischen Zusatzbedingungen (Wassermenge, Plattentektonik, Gezeiten durch großen Mond usw.) müssen allerdings als gegeben vorausgesetzt werden, damit der Prozess in Gang kommen und über hinreichend lange Zeit hinweg aufrecht erhalten werden kann. Wenn das vorhanden ist, dann ist es so gut wie sicher, dass sich Lebewesen entwickeln werden. Mehr sagt die Rechnung nicht aus, aber auch nicht weniger ...

Viele Grüße!
 

Puma

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@Mahananda

So, nun hast Du die ganze Entstehungsgeschichte und Möglichkeit von Leben erklärt und uns jede Menge Formeln und chemisch-biologische Zusammenhänge um die Ohren gehauen, daß einem ganz schwindelig werden kann und von denen zumindest ich, nicht viel verstehe.
Mich würde aber dazu interessieren, was Deine Schlußfolgerungen bezüglich der Wahrscheinlichkeit von Leben im Universum ist, speziell - sind wir nun ein Einzelfall hier auf der Erde, so wie ich es auch schon mal in einem Buch gelesen habe - oder - besteht die Möglichkeit, daß in ferner Zukunft doch noch Leben auf anderen Planeten gefunden wird.
Wenn ich Deinen Beiträgen einigermaßen richtig gefolgt bin, muß ich ja, wenn man alle Bedingungen einrechnet, auf die 1. Alternitive schlußfolgern.

Wenn dies so ist, dann kann sich die Menschheit ja doch als daß "Zentrum" des Universums betrachten und und eventuell noch einen "Uhrmacher", wie Dawkins sagte, postulieren. :p

Oder wie siehst Du die Sache ?

Gruß (Neujahrsgrüße mit eingerechnet) Puma
 

Mahananda

Registriertes Mitglied
Hallo Puma,

wenn ein Planet im richtigen Abstand von seinem Stern, der lange genug auf der Hauptreihe verbleibt, eine annähernd kreisförmige Bahn zieht, genügend Masse für Plattentektonik aufweist, etwa so viel Wasser wie die Erde besitzt, eine mit Methan, Ammoniak und Schwefelwasserstoff angereicherte Atmosphäre aufweist, über einen großen Mond verfügt, der das Ozeanwasser gründlich in Bewegung hält und größere Wattflächen möglich macht - dann besteht eine große Chance, dass sich in den Uferregionen einfache Lebewesen entwickeln. In welcher Zahl diese einschränkenden Bedingungen anderswo gegeben sind, weiß zur Zeit niemand. Insbesondere der große Mond scheint eine sehr seltene Zutat zu sein, so dass - wenn man alle Bedingungen zusammennimmt - die Erde in der Galaxis durchaus der einzige Planet sein kann, auf dem sich Leben entwickelt hat. Ich würde jedoch keine Schätzung unternehmen, weil die Datenbasis dafür noch zu gering ist. Falls es so sein sollte, dass sich andernorts keine Lebewesen entwickelt haben, dann unterstreicht das zum einen unseren besonderen Status und verweist zum anderen auf die einmalige Chance, aus unserem Dasein etwas Konstruktives werden zu lassen, das sich zu einem kosmischen Phänomen "herauswächst", indem wir die irdische Begrenztheit mittels geeigneter Technologien transzendieren. Ob es dazu nötig ist, sich einen "Uhrmacher" zu erfinden, obwohl der Begriff "Selektion" hinreichend ist, um das Phänomen der Höherentwicklung zu beschreiben, möchte ich bezweifeln, aber wenn schon ein Bibelspruch angebracht ist, dann dieser hier: "Seid fröhlich in Hoffnung und geduldig in Trübsal." (Römer 12,12.)

Viele Grüße!
 

ispom

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"Seid fröhlich in Hoffnung und geduldig in Trübsal." (Römer 12,12.)

nun sind die Leute, die sich für das Thema interessieren, das diesem thread den Titel gegeben hat, nicht abwechselnd von Hoffnung und Trübsal hin-und her gerissen, sondern sie bilden zwei Lager: das der Hoffnungsvollen und das der Trübsinnigen.
Beide haben gleich gute und gleich schlechte Argumente für sich:

die Hoffnungsvollen reklamieren für sich die immer wieder überraschenden unvorhergesagten Entdeckungen in der Astronomie, die erstaunliche Vielfalt der Objekte und vermutlich auch der Möglichkeiten, die der Natur zur Schöpfung von belebten Wesen zur Verfügung stehen,

die Trübsinnigen versuchen nachzuweisen, daß wir die einzigen sind, weil die Bedingungen, die uns mit unseren ganz spezifischen Eigenschaften hervorgebracht haben, so speziell sind, daß sie wohl kaum zumindest in unserer Galaxie noch einmal zu finden sind und können sich nicht vorstellen, daß andere ganz spezielle Umweltbedingungen auch ganz andere Spezies hervorzubringen in der Lage sind.

Es ist nicht die Frage, ob die Hoffnungsvollen den Trübsinnigen ein entscheidendes Argument liefern, sondern wann dies passiert.
 

Mahananda

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Hallo ispom,

ich würde die zwei Lager eher einteilen in Skeptiker und Anti-Skeptiker, wobei ich offenlasse, welches der beiden Lager das der Realisten ist.

Skeptiker beziehen sich zunächst auf das, was bekannt ist und versuchen abzuschätzen, ob etwas Vergleichbares auch anderswo entstehen könnte - und wenn ja, unter welchen Bedingungen. Danach loten sie aus, ob Vergleichbares auch mit anderem Ausgangsmaterial - wenn auch unter veränderten Bedingungen - entstehen könnte. Dabei werden die bekannten physikalischen und chemischen Gesetzmäßigkeiten berücksichtigt, so dass - unter der Voraussetzung, dass diese Gesetzmäßigkeiten universell gültig sind - die Wahrscheinlichkeiten gegeneinander abgewogen werden können.

In aller Regel gelangen Skeptiker zu der Schlussfolgerung, dass Lebewesen am wahrscheinlichsten aus Materialien bestehen werden, die denjenigen chemisch nahestehen, aus denen sich irdische Lebewesen konstituieren. Exotische Lebewesen, die nicht auf Kohlenstoffchemie und Wasser basieren, lassen sich zwar a priori nicht grundsätzlich ausschließen, aber die Wahrscheinlichkeit ihrer tatsächlichen Realisierung ist aus mehreren Gründen sehr niedrig anzusetzen, so dass deren Verteilungsdichte geringer ist als die der "gewöhnlichen" Lebewesen.

Anti-Skeptiker begreifen die Schlussfolgerungen der Skeptiker als borniert. Sie unterstellen ihnen mangelnde Phantasie und ein gewisses mehr oder weniger stark ausgeprägtes Unvermögen, den Einfallsreichtum der Natur aufzuspüren. Alternativen zu Kohlenstoff und Wasser sind schnell bei der Hand, wobei der Verweis auf einige chemische und physikalische Eigenschaften den Skeptiker davon überzeugen soll, dass die benannten Alternativen auch gangbar sind.

Silizium statt Kohlenstoff? Klar, es ist ja eh viel mehr davon in der Planetenkruste vorhanden als Kohlenstoff, und vierwertig ist es zudem - also nicht so phantasielos bitte!

Ammoniak statt Wasser? Na logisch, schließlich ist es in jedem Planetensystem weiter draußen eher kalt als warm - die meisten Planeten des Sonnensystems sind schließlich auch weiter draußen als die Erde - also seid mal nicht so engstirnig!

Schwefelsäure statt Wasser? Aber sicher, schließlich sind die Kraterseen der Vulkane voll davon und Schwefelsäure ist auch noch bei höheren Temperaturen flüssig - beste Voraussetzungen, um als Biosolvens tauglich zu sein, schließlich löst Schwefelsäure noch ganz andere Sachen als Wasser ...

Lebewesen in Wolken? Dass man darauf noch nicht gekommen ist! In den Wolken ist ja auch viel mehr Platz als am Boden - Raum zur Entfaltung und somit beste Voraussetzungen für eine Turboevolution hin zu Luftschiffwesen. Mehr Phantasie bitte!

Besonders beliebt ist das Argument der großen Zahl. Es gibt etwa 10^22 Sterne im beobachtbaren Universum. Das sind rund 10 Trilliarden. Und von diesen 10 Trilliarden Sternen soll die Sonne der einzige sein, der einen belebten Planeten besitzt? Wie kann man nur so geozentrisch sein? Das ist ja tiefstes Mittelalter und anmaßend dazu! Bei so vielen Sternen MUSS es doch noch andere Planeten geben, auf denen es Lebewesen gibt. Eine andere Schlussfolgerung KANN es gar nicht geben! Also Skeptiker, schaut mal über den eigenen Tellerrand und erweitert euren Horizont! Seid einfach mal offen für etwas Neues!

Es ist nicht die Frage, ob die Hoffnungsvollen den Trübsinnigen ein entscheidendes Argument liefern, sondern wann dies passiert.

Wie auch immer - es kann unter Umständen sehr lange dauern, so dass sich die Hoffnungsvollen schon jetzt in Geduld üben müssen, damit sie beim längerfristigen Ausbleiben der entscheidenden Argumentationshilfe nicht irgendwann doch der Trübsal erliegen. Der Skeptiker ist da in einer angenehmeren Situation, denn er kann sich über seine Widerlegung eigentlich nur freuen ...

Viele Grüße!
 

ispom

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Wie auch immer - es kann unter Umständen sehr lange dauern, so dass sich die Hoffnungsvollen schon jetzt in Geduld üben müssen, damit sie beim längerfristigen Ausbleiben der entscheidenden Argumentationshilfe nicht irgendwann doch der Trübsal erliegen. Der Skeptiker ist da in einer angenehmeren Situation, denn er kann sich über seine Widerlegung eigentlich nur freuen ...

danke für die gut formulierte Anwort, Mahananda!

deinen letzten Satz möchte ich ein wenig umformulieren :

die Hoffnungsvollen verlieren ihre Hoffnung nicht, denn sie glauben zu wissen: irgendwann kommt der wow!-Effekt- als Signal, als Fund - als Contact?
aber man muß suchen, suchen, suchen, SETI ......

der Skeptiker ist hin und her gerissen zwischen der Hoffnung, daß dieses Ereignis nicht eintreten möge, weil nicht sein kann was nicht sein darf,
und der heimlichen erwartungsvollen Neugier, was denn da auf uns zukommt, denn so ganz kriegt er die Aliens ja doch nicht aus seinem Hinterkopf, dafür sorgen schon die Hoffnungsvollen! ;)
 

Mahananda

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Hallo ispom,

... der Skeptiker ist hin und her gerissen zwischen der Hoffnung, daß dieses Ereignis nicht eintreten möge, weil nicht sein kann was nicht sein darf,
und der heimlichen erwartungsvollen Neugier, was denn da auf uns zukommt, denn so ganz kriegt er die Aliens ja doch nicht aus seinem Hinterkopf ...

Wieso das denn? Natürlich darf es sein, wenn es denn sein kann. Und von Aliens war ja gar nicht die Rede, sondern von Lebewesen anderswo. Das schließt Mikroben ausdrücklich ein, ohne dass zugleich ETI von vornherein ausgeschlossen werden. Bereits der Nachweis eines belebten Exoplaneten - auch wenn es "nur" eine Mikrobengesättigte Biosphäre ist - wäre eine Sensation, die sowohl den Skeptiker wie auch den Anti-Skeptiker in gleichem Maße in erfreulichem Sinne elektrisieren würde. Der Umstand, dass sich der Skeptiker verkalkuliert hätte, wäre angesichts der spannenden Neuigkeiten und des sich eröffnenden Forschungsfeldes eine Marginalie, an der man sich nicht eine Sekunde lang aufhält. Im Gegenteil: Auch für den schärfsten Skeptiker wäre es die schönste Art, widerlegt zu werden!

Viele Grüße!
 

ispom

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. Der Umstand, dass sich der Skeptiker verkalkuliert hätte, wäre angesichts der spannenden Neuigkeiten und des sich eröffnenden Forschungsfeldes eine Marginalie, an der man sich nicht eine Sekunde lang aufhält. Im Gegenteil: Auch für den schärfsten Skeptiker wäre es die schönste Art, widerlegt zu werden!

dann hegen wir ja beide die gleiche Hoffnung :D
 

Monod

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@ Mahananda:

Ich finde es beeindruckend, wie viel Mühe Sie aufgewandt haben, um die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Leben abzuschätzen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann kamen auf der Erde zufällig genau die Bedingungen zusammen, die hinreichend sind, damit sich Monomere bilden und zu Polymeren verketten können. Die nachfolgende chemische Evolution machen Sie abhängig von dem Vorhandensein von Wattflächen. Oder genauer: Damit eine chemische Evolution in eine biologische übergeht - die damit verbundenen Prozesse hatten Sie benannt - ist ein Gezeitenwechsel notwendig.

Folgt man Ihrem Rechenbeispiel, dann erweist sich die Entstehung von Leben auf der Erde als Selbstläufer. Zumindest aus chemischer Sicht scheint es keine Probleme zu geben, dass sich die nötigen Polymere in geeigneter Komposition zusammenfinden, weil neben den Syntheseräumen im Watt zugleich die Möglichkeit der Durchmischung infolge der Gezeiten gegeben ist. Ich finde das insofern interessant, weil es scheinbar nur auf einige wenige - dafür aber genau aufeinander abgestimmte - planetologische Bedingungen ankommt, um Leben entstehen zu lassen. Sie hatten diese in Ihrer Antwort an Puma aufgezählt:

Mahananda schrieb:
... wenn ein Planet im richtigen Abstand von seinem Stern, der lange genug auf der Hauptreihe verbleibt, eine annähernd kreisförmige Bahn zieht, genügend Masse für Plattentektonik aufweist, etwa so viel Wasser wie die Erde besitzt, eine mit Methan, Ammoniak und Schwefelwasserstoff angereicherte Atmosphäre aufweist, über einen großen Mond verfügt, der das Ozeanwasser gründlich in Bewegung hält und größere Wattflächen möglich macht - dann besteht eine große Chance, dass sich in den Uferregionen einfache Lebewesen entwickeln.

Ich habe dazu nun einige Fragen. Wenn es sich so verhält, wie Sie es beschrieben haben - auf wie viele Planeten treffen diese Voraussetzungen zu? Mir scheint insbesondere der große Mond ein Kriterium zu sein, dass solche Planeten extrem selten sind. Sind eventuell andere Szenarien bekannt, wie ein erdgroßer Planet zu einem großen Mond kommen kann (z.B. durch Einfang)? Und wenn ja, wie wahrscheinlich ist das? Wahrscheinlicher als eine Kollision? Wenn ja, wie viel wahrscheinlicher?

Eine weitere Frage ergibt sich für mich aus dem Einwand, der bereits von MAC geäußert wurde:

MAC schrieb:
Wenn das zutrifft, dann bleibt nach meinem Verständnis ein etwas unübersichtlich großer (verzögernder) Faktor übrig, der in Deiner Rechnung nicht auftaucht.

Dem stimme ich vollauf zu. Wenn Polymere sukzessive heranwachsen, wie Sie es beschrieben haben, dann vergrößern sich die Zeitabstände, in denen durchschnittlich längerkettigere Polymere dominieren als vorher. Der Grund ist in der größeren Instabilität der Moleküle gegeben. An irgendeinem Punkt gleichen sich die Wachstumsrate und die Zerfallsrate aus, so dass sich ein Endzustand einstellt. Also muss es einen Verzögerungsfaktor geben, der umgekehrt proportional zur Syntheserate ist. Diesen Faktor vermisse ich in Ihrer Rechnung. Haben Sie sich dazu schon einmal Gedanken gemacht?

Monod
 
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