Dreht sich das Universum?

Joachim

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Hallo void,

Bei der Frage, ob das Universum rotiert oder nicht, bräuchte ich jetzt mal eine andere Definition der Rotationsgeschwindigkeit, am besten eine die ohne externes System auskommt.

Im Prinzip können wir doch zwei verschiedene Definitionen für ein nicht-rotierendes Koordinatensystem geben:

1) Ein Koordinatensystem rotiert nicht, wenn die Fixsterne in ihm keine gemeinsame Winkelgeschwindigkeit haben, oder anders ausgedrückt, wenn der Gesamtdrehimpuls aller Sterne in ihm verschwindet.

2) Ein Koordinatensystem rotiert nicht, wenn in ihm kein Sagnac-Effekt zu bemerken ist.

Die Frage ist nun ob ein nach Definition 1 nicht-rotierendes Koordinatensystem nach Definition 2 rotiert oder nicht. Wenn jemand die Frage als "Rotiert das Universum?" formuliert, so definiert er Rotation nach 2) und fragt ob die Sterne in einem Sagnac-Freien Koordinatensystem eine gemeinsame Drehung um einen Punkt machen.

Sir Atlan hat natürlich recht: Es gibt keine Rotation ohne Achse. Aber der Sagnac-Effekt ist tatsächlich in einem rotierenden Koordinatensystem überall gleich stark. Unabhängig davon, wo man sich relativ zur Rotationsachse befindet. Im Prinzip wäre daher ein Sagnac-rotierender Raum denkbar, der keine Achse hat. Das wäre dann ein ziemlich abstraktes Gebilde. Man müsste sich dann überlegen, welche Konsequenzen das für die anderen Effekte rotierender Koordinaten, nämlich Zentrifugal- und Corioliskraft hat. Diese sind vom Abstand von der Achse abhängig. Wenn sie in einem rotierenden Universum existieren, dann müssen wir nahe an der Rotationsachse sein.

Ich halte es auch für ziemlich ausgeschlossen, dass das Universum als ganzes rotiert. Aber Physik ist ja eine Naturwissenschaft. Was man messen kann, sollte man messen und nicht nur vermuten.

Gruß,
Joachim
 
Zuletzt bearbeitet:

void

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Kurzer Nachtrag:

Gleich im nächsten Absatz "Theorie" des Wikipedia-Artikels wird explizit unterschieden zwischen dem Inertialsystem (Bezugssystem) und dem Interferometer (Rotationsystem).

Läßt sich dieser Versuchsaufbau überhaupt aufs Universum übertragen, da dieses, als vorläufiger Interferometer-Kandidat, nicht innerhalb eines Inertialsystems liegt?
 
Dreht sich das Universum? Allein schon die Frage! Hm!
Natülich nicht. Die fixe Hintergundstrahlungs spannt in unserem Universum ein fixes Koordinatensystem auf, und etwas anderes wird für uns niemals beobachtbar sein. Pech des Betrachterstandpunktes. gruß Joachim Stiller
 

void

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Dreht sich das Universum? Allein schon die Frage! Hm!
Natülich nicht. Die fixe Hintergundstrahlungs spannt in unserem Universum ein fixes Koordinatensystem auf, und etwas anderes wird für uns niemals beobachtbar sein. Pech des Betrachterstandpunktes. gruß Joachim Stiller

Hallo Joachim,

so war's natürlich nicht gemeint. Eher so ob der Kosmos als Ganzes rotiert, nicht nur bestimmte Bestandteile innerhalb des Restes des Kosmos.

Nimmst du eine Schüssel Erbsensuppe: Dann nicht mit dem Löffel die Erbsen in der Hintergrundbrühe äh -strahlung rotieren lassen, sondern (vorsichtig) die Schüssel auf dem Tisch drehen.

Der Tisch selbst ist natürlich nicht auf das Konzept übertragbar, außer man erlaubt Parallel-, oder in dem Fall der Drehung - ein umschließendes Universum.

Das tue ich nicht, daher halte ich die Idee der Rotation des Universum für wenig sinnreich, denn worin sollte es rotieren? Also nochmal, angenommen der Kosmos wäre ein Backstein, in dem es keine relative Bewegung der Ingredenzien gäbe, rotiert dann der Backstein?

Grüße

void
 

void

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Aber Joachim, ich glaube gerade, ich habe dich misverstanden.
Du meinst ja gar nicht irgendeine Rotation von irgendetwas innerhalb der Hintergrundstrahlung.
Kann es möglich sein, daß sich das Koordinatensystem inkl. Inhalt dreht, wenn nichts rundrum ist?
 

jonas

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Würde das Universum rotieren, so hätte man schon längst Geschwindigkeitsunterschiede feststellen können. Man hätte Pole und die Rotationsebene gefunden.

In den drei Raumdimensionen rotiert das Universum also nicht. Sollte es aber - eingebettet in höheren Dimensionen - trotzdem rotieren, so sollte man immer noch Kräfte innerhalb der uns geläufigen drei Dimensionen messen können. Solange man sowas nicht findet dürfte wohl das Universum als Ganzes ziemlich stillstehen.
 

Orbit

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Würde das Universum rotieren, so hätte man schon längst Geschwindigkeitsunterschiede feststellen können. Man hätte Pole und die Rotationsebene gefunden.

jonas
Und was, wenn das rotierende Ding riesig wäre, mit einer Rotationsachse weit ausserhalb unseres sichtbaren Universums? Würde dann aus unserer Sicht nicht alles in dieselbe Richtung driften?
Eine solche Drift soll kürzlich entdeckt worden sein:

http://www.welt.de/wissenschaft/article2497370/Galaxien-folgen-mysterioeser-Stroemung.html

Die Driftgeschwindigkeit wäre mehr als doppelt so gross, wie jene 369 km/s, welche für unser Sonnensystem gegenüber dem MWH schon vor geraumer Zeit gemessen worden ist.

Orbit
P.S. Schön, dass man von Dir auch wieder mal hört, jonas. :)
 

uwebus

Gesperrt
Ich bin ja nur ein Crank, deshalb darf ich doofe Fragen stellen:

Wenn das Universum rotieren sollte, muß es einmal endlich sein und zum anderen muß es ein Außen geben, in dem ein Innen rotieren kann.
Nach der Riemanngeometrie, die ja für ein endliches expandierendes Universum zugrundegelegt wird, gibt es aber kein Außen, wie soll da Rotation möglich sein?

:confused:
 

jonas

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P.S. Schön, dass man von Dir auch wieder mal hört, jonas.
Das liegt daran, dass ich zur Zeit unter der Woche an einem Ort verweile, an dem sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Mit anderen Worten, kein DSL, nur sündteures ISDN. Also: nix mit Internet von Sonntagabend bis Freitagabend :(

Zum Artikel: in den Kommentaren ist ein link zu einem englischen Artikel über das Thema gesetzt; http://www.space.com/scienceastronomy/080923-dark-flows.html

Dieser gibt ein wenig mehr her als der Welt-online Artikel. Was der "Welt"-Artikel, bzw. dessen Autor wert ist, zeigt die Bildunterschrift, in der der Autor eine eigene Kegel-Galaxie in 2500 Lj Entfernung zu uns postuliert.

So wie ich den (englischen) Artikel lese, wurde ein Bereich des Universums entdeckt, der sich gleichförmig gegenüber der Hintergrundstrahlung in eine bestimmte Richtung bewegt. Die Geschwindigkeit ist nicht abhängig von der Entfernung, ist also nicht eine Bewegung der allgemeinen Expansion. Es ist keine Materie innerhalb des sichtbaren Universums zu entdecken, die ausreicht um eine solche Bewegung durch Gravitation zu erzeugen. Es ist also entweder ein gewaltiger Attraktor ausserhalb des uns sichtbaren Universums oder es ist ein neues noch unbekanntes Phänomen, das diese Drift erzeugt.

Kann es die Rotation des Universums insgesamt sein? Ich meine Nein, denn dann müssten auch wir auf der Erde davon betroffen sein, also auch selbst einen Temperaturunterschied in der Hintergrundstrahlung messen, je nachdem in welche Richtung wir blicken. Und gerade das ist ja nicht der Fall.
 

Joachim

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Hi Jonas,

Würde das Universum rotieren, so hätte man schon längst Geschwindigkeitsunterschiede feststellen können. Man hätte Pole und die Rotationsebene gefunden.

In den drei Raumdimensionen rotiert das Universum also nicht. Sollte es aber - eingebettet in höheren Dimensionen - trotzdem rotieren, so sollte man immer noch Kräfte innerhalb der uns geläufigen drei Dimensionen messen können. Solange man sowas nicht findet dürfte wohl das Universum als Ganzes ziemlich stillstehen.

Ich verstehe nicht, was du mitz diesem Einwand meinst. Es ist ja gerade das Ziel der Experimentalphysik, solche Fragen zu beantworten. Nun kann man ja nicht behaupten, solange man etwas nicht gemessen habe, sie es nicht vorhanden. Gibt es das Top-Quark erst seit seiner Entdeckung?

Du hast recht: Würde das Universum rotieren, so gäbe es eine Vorzugsrichtung, nämlich die parallel zur Rotationsachse. Wenn es denn eine Achse geben muss, denn wie ich weiter oben beschrieben habe, kann man solch eine Rotation auch abstrakt über den Sagnac-Effekt definieren. Und der braucht nicht unbedingt eine reale Achse (so wie die Raumkrümmung keinen einbettenden höherdimensionalen Raum braucht).

Die Frage ist also: Ist ein Koordinatensystem, in dem der Fixsternhimmel im Mittel nicht rotiert, ein Inertialsystem oder rotiert es? Man kann aus bisherigen Beobachtungen natürlich eine obere Grenze angeben. Es rotiert nicht so stark, dass es bisher aufgefallen wäre. Aber einen Beweis, dass das Universum tatsächlich nicht rotiert, haben wir nicht. Auch die ART gibt bisher keinen eindeutigen Anhaltspunkt, dass Rotation tatsächlich nur relativ definierbar sei.

Gruß,
Joachim
 

Aragorn

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Imho kann man eine Rotation nicht ausschliessen. Es sollten sich dann Anistropien in der Hintergrundstrahlung (kleineres z in Richtung der Drehachse) ergeben. Nachdem aber niemand weiß wie groß das Weltall ist kann das imho nicht ausgeschlossen werden.

Die manchmal gegen ein rotierendes Universum vorgebrachten dann möglichen geschlossenen zeitartigen Kurven aus Gödels-Weltall sind imho auch kein überzeugender Beweis. Erstens weil sich die im freien Fall nicht ergeben und zweitens weil man riesige Entfernungen (mindestens ca. 100 Mrd Lichtjahre) für solche Zeitschleifen zurücklegen müßte.

http://physicbox.uni-graz.at/bibliothek/tajmel_99.pdf

Zeitschleifen im Gödel-Universum sind nicht im freien Fall, sondern nur unter unrealistischem kosmischem Energieaufwand möglich (wurde 1984 von D. Malament nachgewiesen, siehe Seite 9 des unten verlinkten PDFs).
Allein mit Hinweis auf die verletzbare Kausalität im Gödels-Universum kann dieses inzwischen imho nicht mehr abgetan werden.
Hier hat Norbert Rozsenich (Seite 8 ff.) das Gödel-Konzept weitergeführt.

In seiner Arbeit „Das Projektive Gödeluniversum“ hat der Verfasser 1992 ein Modell für eine nichtorientierbare Raumzeitstruktur mit wesentlicher Torsion vorgeschlagen, ohne bisher den dornenreichen mathematischen Weg zur wissenschaftlichen Untermauerung bewältigt zu haben. Topologisch kann man sich dieses Modell als Kompaktifizierung der in der ART-Literatur bekannten Kruskal-Metrik vorstellen, die eine maximale analytische Ausdehnung der Schwarzschildmetrik ist und interessante schiefsymmetrische Eigenschaften bezüglich des Ereignishorizontes, bzw. des kritischen Radius aufweist.

http://www.oepg.at/MB/MB2005-3.pdf

-> leider ist das Dokument nicht mehr dort :(

Gruß Helmut
 
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