Hallo AdMon,
die Fluchtgeschwindigkeit ist immer Wurzel(2) größer als die Kreisbahngeschwindigkeit im jeweiligen Abstand zum Schwerezentrum. Die Richtung dieser Geschwindigkeit ist dabei ohne Bedeutung, sie muß nur relativ zu dem Körper, dessen Gravitationsfeld man verlassen möchte, den entsprechenden Betrag haben. Es wäre also auch genau so möglich einen ‚Stein‘ mit einer Geschwindigkeit von eben diesen gut 11 km/s senkrecht nach oben zu werfen und er würde (wenn es die bremsende Atmosphäre nicht gäbe) die Erde für immer verlassen können.
Ob Du das jetzt mit dem Radfahrer der den Berg mit Schwung hoch fährt oder als Kugel in einer Schüssel beschreibst, ist am Ende egal.
Wenn der Radfahrer einfach nur rollt, dann wird er, wenn er nicht genügend Schwung hat die Bergkuppe nicht erreichen und den Berg wieder rückwärts hinunter rollen. Wie eine Kugel in einem Wok. Du kannst diese Kugel am Rand der Schüssel loslassen und sie wird durch das Zentrum der Schüssel hindurchrollen bis zum gegenüberliegenden Rand hinauf kommen und dann auf der selben Linie wieder zurückkommen. Das wäre die Bewegung die auch der Radfahrer macht. Nimm die Kugel und lass sie jetzt weit unten in der Schüssel quer zu ihrer ursprünglichen Richtung ein kleines Stück hin und her rollen. Du siehst wieder die Bewegung des Radfahrers, nur nicht so weit. Wenn Du nun beide Bewegungsrichtungen kombinierst, indem Du die Kugel oben am Rand nicht einfach nur losläßt sondern ihr zusätzlich einen ganz leichten Schubs quer zu ihrer ‚Talfahrt‘ gibst, dann rollt sie entlang einer Ellipse und wenn dieser Schubs kräftiger ist und Du ihn ganz exakt hinbekommst, dann rollt sie immer auf gleicher Höhe in einer Kreisbahn in der Schüssel herum.
Anders als beim Wok ist der Potentialtopf eines Gravitationsfeldes aber eher wie ein Trompetentrichter. Je weiter man nach außen kommt, um so ‚flacher‘ wird die ‚Schüsselwand‘
Alle Wege die ein Raumschiff im Schwerefeld der Erde zurücklegt ohne sich dabei von dem Schwerezentrum zu entfernen kosten (außerhalb der Atmosphäre) keine Energie. Fällt es erst einmal um die Erde herum (egal ob Kreisbahn oder elliptische Bahn) kann es auf dieser Bahn bleiben, ohne zusätzlichen Treibstoff. Bei einer elliptischen Bahn wird es schneller und langsamer während es sich dem Schwerezentrum nähert und wieder entfernt. Dabei verliert es auch keine Energie, sondern pendelt seine Bewegungsenergie und seine Höhe immer gegeneinander aus. Um jetzt aber noch höher zu kommen, könnte es z.B. senkrecht nach Oben beschleunigen. Was passiert dann? Wenn es das z.B. über dem 10ten Breitengrad täte, dann wäre das, nachdem es ½ Erdumkreisung hinter sich hat, genau die Richtung auf die Erde zu. Das geht auch, nur wenn es sich jetzt umdreht um wieder von der Erde weg zu kommen, dann bremst man die Geschwindigkeit die man gerade zusätzlich erreicht hatte, wieder ab. Deshalb darf man also während einer Umkreisung der Erde nicht immer genau von der Erde weg beschleunigen. Die Methode der Wahl ist, besonders bei den völlig insuffizienten Antrieben die uns zur Verfügung stehen, die Geschwindigkeit der Umkreisung zu erhöhen, also immer ungefähr senkrecht zur Verbindungslinie Erde-Rakete und in Richtung ihrer jeweiligen Bewegung relativ zur Erde zu beschleunigen. Sie wird dabei zunächst mal nicht so viel schneller wie sie beschleunigt, weil sie dabei aufsteigt und im Gegenzug für den Aufstieg im Schwerefeld wieder Energie in Form von Geschwindigkeit abgeben muß. Wie der Radfahrer der am Berg immer langsamer wird, obwohl er mit aller Kraft in die Pedale tritt. Ist man mit dieser Methode aber erst mal weit genug weg vom Schwerezentrum, dann braucht man nur noch verhältnismäßig wenig zusätzliche Geschwindigkeit, um ihm ganz zu entkommen.
Herzliche Grüße
MAC