Astrobiologie: Intelligentes Leben äußerst selten?

Mahananda

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Hallo FS,

Wenn ich das so als FS-Papst mal aus meiner Sichtweise betrachte, kommt eine solche ewige Intelligenz (eI) vielen "Gott-Beschreibungen" denen ich in meinem Leben so begegnet bin, recht nahe.

Das muss nicht verwundern. Nach meinem Szenario lässt der Mensch die Beschränkungen, die ihm durch die Physis gesetzt sind, hinter sich und verwirklicht sich in einer quasi metaphysischen Daseinsweise ("quasi" deshalb, weil die Erzeugung neuer Universen nicht gleichzusetzen ist mit einer Entkopplung von der Physis - diese wird "nur" manipulierbar!). Dieser "entgrenzte" Mensch entspricht so ziemlich dem, was einst Ludwig Feuerbach über das Entstehen des Gottesbegriffes gesagt hat. Gott ist bei ihm der ins Unendliche erweiterte Mensch (also z.B. der Mensch ist wissend - Gott ist allwissend; der Mensch ist mächtig - Gott ist allmächtig usw.). Insofern ist die Parallele zutreffend. Ich habe mich, als ich mir vorzustellen versuchte, wie es einer ewigen Vernunft gehen muss, wenn sie im eigentlichen Wortsinn "fertig" ist, an Johannes Scotus Eriugenas Bild der vier Naturen gehalten (Siehe dazu "Von der Einteilung der Naturen"). Die "fertige" Vernunft entspräche dann der zur Ruhe gekommenen Gottheit (nicht erschaffen und nichts erschaffend). Aber auch Vergleiche zu buddhistischen Hypothesen drängten sich auf (ewige Vernunft = Dharmakaya oder auch Shunyata ["Leerheit"]).

Ich will das hier gar nicht vertiefen, weil wir damit ziemlich Off Topic sind. Immerhin könnte es aber sein, dass die Intelligenz, die (natürlich rein hypothetisch!) unser Universum hat entstehen lassen, den letztmöglichen Willensakt bereits vollzogen hat und demnach alles dem Selbstlauf überlassen bleibt. ...

Um der mentalen Entropie einer "eI" zu entgehen, gibt es aber bestimmt auch intelligente Wege, die eigene "eI" vorübergehend zu manipulieren, um Mangel und neue Eindrücke, oder bekannte Eindrücke erneut als neu, zu erfahren.

Das kommt mir allerdings ziemlich schizophren vor, da davon auszugehen ist, dass nach erfolgter Entgrenzung nur eine einzige Vernunftinstanz übrigbleibt. In dieser gehen alle vorher vorhandenen Individuen auf. Letztlich ist das finale Vernunftwesen mit sich selbst allein, auch wenn es vielleicht eine Vielzahl von Persönlichkeiten in sich simuliert. Natürlich besteht die Möglichkeit, einige Milliarden Weltgeschichten nacheinander ablaufen zu lassen und zuzusehen, was dabei geschieht - aber auf die Dauer ist das vielleicht doch ein ziemlich billiges Vergnügen. Nun ja, wenn alles gut geht, werden unsere fernen Nachfahren sich an dieser Art von Reality-TV vielleicht ergötzen ...

Viele Grüße!
 
F

fspapst

Gast
Dieser "entgrenzte" Mensch entspricht so ziemlich dem, was einst Ludwig Feuerbach über das Entstehen des Gottesbegriffes gesagt hat.

In dem Roman "Die Welt der Tausend Ebenen" beschreibt Philip José Farmer eine vergleichbare Situation mit Menschen, denen die Möglichkeit gegeben ist, skurile Universen zu erschaffen. Diese "Götter" sind recht abgehoben und bekämpfen sich gegenseitig.

Einer dieser Götter aber verliert seine Erinnerung und durchlebt ein solides Abenteuer, worudch er neue Erkenntnisse erfährt und sich selber weiter entwickelt.

Genau so kann sich eine "eI" weiter entwickeln, indem es sich aufsplittet um aneinander zu lernen. Das ist was ich eben ausdrücken wollte, aber eher Ketchup rausgekommen ist. :D

Aber diese Diskussion gehört eher in "golener Mittelweg einer Zivilisation"!

Gruß
FS
 

Bynaus

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Ich habe soeben ein sehr interessantes Interview gefunden, welches das Astrobiology Magazine mit dem Kosmologen Charley Lineweaver geführt hat. Zuerst geht es noch um den Film "Planet der Affen", aber die Diskussion geht dann sehr schnell in etwas über, was wir hier auch diskutiert haben: Wenn es keinen generellen evolutionären "Trend" hin zur Intelligenz (in der menschlichen Spielart, in Kombniation mit der Fähigkeit, Werkzeuge herzustellen und zu kommunizieren) gibt, dann ist der Mensch, selbst wenn man viele verschiedene erdähnliche Welten annimmt, ein sehr seltener Ausgang eines evolutionären Experiments.

http://www.spacedaily.com/reports/Revisiting_The_Science_Behind_Planet_Of_The_Apes_999.html

Seine Position deckt sich völlig mit meiner: Aller Wahrscheinlichkeit nach sind Ausserirdische Zivilisationen so selten, dass wir ihnen niemals direkt begegnen werden. Trotzdem ist SETI lohnenswert, weil man sich nie sicher sein kann, ob man sich nicht doch irrt - da ist es immer besser, nachzuschauen.
 

Mahananda

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If you look at all the species 600 million years ago, there'd be only one that had a head. We now see them everywhere, but only because this one species radiated.

Hier kann ich nicht zustimmen. Spielt C.L. hier auf die Vorläufer der Wirbeltiere an? Wenn ja, dann liegt er falsch, denn auch unter den Gliedertieren sind Köpfe weit verbreitet (vgl. versch. Insektenarten!).

It's important to realize that building radio telescopes is a species-specific feature.

Auch dies kann ich nicht nachvollziehen. Die Bauweise des Teleskops mag in Details abweichen, aber die Empfangsmöglichkeit für Radiowellen muss grundsätzlich gegeben sein. An der Favorisierung der 211 mm-Wellenlänge kann ich nichts "Artspezifisches" erkennen - damit verbunden auch nicht in Bezug auf den Bau geeigneter Teleskope (in welchem Design auch immer!).

... but if intelligence is good for every environment, we would see a trend in the encephalization quotient among all organisms as a function of time.

Intelligenz ist eine von vielen Strategien, sich der Konkurrenz in der ökologischen Nische zu erwehren. Andere Strategien sind z.B. Gifte, Dornschuppen, schnellere Beweglichkeit, Herdenzusammenhalt, flexiblere Fluchtstrategien usw. usf., die nicht zwingend ein größeres Hirn bedürfen. Betrachtet man die Stammesgeschichte der Tiere, lässt sich insbesondere bei den Carnivoren (Fleischfressern) eine Hirnvergrößerung konstatieren - ein Trend, der auch bei den Raubsauriern des Mesozoikums vorgelegen hat. Insofern muss man die Aussage des Zitats relativieren: Das evolutionäre Wettrüsten führte bei einigen Arten zu einer zunehmenden Encephalisation. Andere Arten perfektionierten sich ohne Einbezug des Gehirns.

So it's a silly idea to think that species will evolve toward us.

Auch hier wieder der Fehler der Generalisierung: Alle Arten mit Sicherheit nicht, aber bei einer gegebenen Vielzahl von Arten kann es eine irgendwann schaffen.

It's hard to make up stories about what produced what in biology.

Eben. Deshalb kann man nur rückblickend Trends ausmachen. Der Trend, der zu unserer Existenz geführt hat, ist das unwiederholbare Ergebnis einer Summe von vielfältigen wechselseitigen Beeinflussungen, die ihrerseits Endpunkte von vorauslaufenden Trends darstellen. Die Vernetzung der parallel verlaufenden Trends zu dem was wir Stammesgeschichte nennen, ist ein Konglomerat von Bedingungsgefügen, das man zwar in groben Zügen nachvollziehen kann (sonst gäbe es keine Stammbäume), aber stets von Zufallsereignissen beeinflusst ist.

Is it trying to become human?

Hier ist die Frage falsch gestellt. Basis einer Evolution hin zu intelligenten Wesen ist stets das vorhandene Ausgangsmaterial, und das war in Afrika halt anders als in Indien, Madagaskar und Südamerika (wir können Australien und Nordamerika getrost hinzunehmen). Primaten gab es nur in der Paläotropis. Andere Ordnungen hatten das nötige Potenzial nicht, bei starkem Selektionsdruck in Richtung stärkerer Encephalisation zu evolvieren (Vielleicht hätten sie es gehabt, wenn sie in Afrika bei Wegfall der Primaten gelebt hätten?). Unsere Vorfahren sahen sich (nachdem die Primatenevolution einen gewissen Vorlauf geschaffen hatte!) infolge Savannenbildung neuen Fressfeinden ausgesetzt und überlebten durch Intelligenz. Dieser Selektionsdruck fehlte in den anderen Weltgegenden völlig - also genügte ein kleineres Hirn.

The idea that intelligence is a generic thing, and therefore others in outer space will have it too is just crazy, and it's wrong.

Dass Intelligenz im Sinne von "mit unserer vergleichbar" kein Selbstläufer ist, dürfte allgemein Konsens sein, aber darum geht es bei SETI ja nicht, sondern versucht, die Wahrscheinlichkeit abzuschätzen, ob ein mit unserem Trend vergleichbarer Ablauf auch anderswo geschehen sein könnte. Welcher Zufall das Bedingungsgefüge unseres evolutionären Kontexts in Richtung Gehirnmaximierung verschob, ist ohnehin nicht eruierbar, dass der einmal eingeschlagene Trend über einige hunderttausend Generationen hinweg zu unserer Art von Intelligenz geführt hat, zeigt, dass solche Trends möglich sind. Wie das Beispiel Mensch zeigt, dominiert die daraus resultierende biologische Art den Rest der Biosphäre derart, dass andere Arten nicht mehr zum Zuge kommen. Das heißt: Die ersten ihrer Art werden über die Zeit ihrer Existenz hinweg auch die einzigen bleiben. Insofern ist es müßig darüber zu spekulieren, ob der Trend zur Intelligenz in den biologischen Arten angelegt sei. Der Einzelfall Mensch widerlegt nicht die Möglichkeit anderer Fälle, die bei Abwesenheit des Menschen gegeben wären.

Also, I support SETI because maybe I'm wrong about this.

Der Haken ist nur, dass ein negatives Resultat von SETI in dieser Frage keinen Erkenntnisgewinn bringt.

Viele Grüße!
 

Bynaus

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ARGH - alles verloren, wegen einer falschen Taste!

Grmbl. Na gut, die Zusammenfassung.

Es geht C.L. darum, dass der Bau von Radioteleskopen eine speziesspezifische Sache ist. Keine andere Spezies in der Geschichte der Erde hat je Radioteleskope gebaut. Wir können das, weil uns die Evolution mit den richtigen Voraussetzungen dafür bestückt hat. Doch diese Kombination ist nicht durch einen generellen Trend in der Natur zustande gekommen: es gibt innerhalb der Evolution keinen Trend hin zu mehr Gehirn, mehr Werkzeuggebrauch und mehr Kommunikation. Genausowenig gibt es in der Natur einen Trend hin zu langen Rüsseln, kleinen Ohren und einem sanften Gemüt (der indische Elefant). Zu erwarten, dass wir da draussen auf Radiowellen von anderen Zivilisationen stossen, ist also genauso wahrscheinlich, wie zu erwarten, dass wir da oben auf indische Elefanten (nicht afrikanische!) treffen.

Im Rückblick mögen wir sowas wie einen Trend zu uns hin erkennen, aber tut das der indische Elefant nicht auch? Leitet er daraus ab, dass dieser Trend zum indischen Elefanten hin so auch auf anderen Planeten stattfinden muss? Wohl kaum.

C.L. sagt nichts anderes, als dass diese Vorstellung, jeder erdähnliche Planet müsste früher oder später Zivilisation und Radioteleskope hervorbringen, falsch und absurd ("crazy" :) ) ist, so lange wir eben in der Natur keinen Trend hin zu diesen Eigenschaften, die die Voraussetzung dafür bilden, erkennen können. Und so ist es auch: einige Tiergruppen entwickeln grössere Gehirne, andere kleinere. Es gibt konvergente Evolution hin zu optimalen Fischkörpern, aber es gibt eben keine konvergente Evolution hin zum Radioteleskopbauer. Wir sind eine zufällige, beliebige Laune der Natur. Für jeden Planeten mit Radioteleskopbauern muss es eine gigantische Anzahl erdähnlicher Planeten (Biosphäre / komplexes Leben) geben, auf denen es sich einfach nie ergibt.

Wie das Beispiel Mensch zeigt, dominiert die daraus resultierende biologische Art den Rest der Biosphäre derart, dass andere Arten nicht mehr zum Zuge kommen. Das heißt: Die ersten ihrer Art werden über die Zeit ihrer Existenz hinweg auch die einzigen bleiben.

Das würde heissen, der Mensch und jede andere Gruppe von Radioteleskopbauern zerstört die Biosphäre definitiv. Davon bin ich (noch) nicht überzeugt - wenn er früh genug wieder ausstirbt, würden auch andere Arten eines Tages ihre Chance bekommen. Denoch ist das ein guter Einwand, aber ich denke, dass sich ein Trend (= eine konvergente Evolution hin zum Radioteleskopbauer) trotzdem erkennen liesse.

Der Haken ist nur, dass ein negatives Resultat von SETI in dieser Frage keinen Erkenntnisgewinn bringt.

Aber das Ausbleiben eines positiven Resultats schon! ;)
 

Mahananda

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Hallo Bynaus,

Das würde heissen, der Mensch und jede andere Gruppe von Radioteleskopbauern zerstört die Biosphäre definitiv.

So hatte ich das nicht gemeint. Richtiger wäre: Der Mensch beeinflusst durch seine Aktivitäten die Biosphäre derart, dass andere Arten keine Chance bekommen, sich auf ein vergleichbares Level hin zu entwickeln. Das muss nicht notwendig die Zerstörung der Biosphäre einschließen, wohl aber eine Störung.

... aber ich denke, dass sich ein Trend (= eine konvergente Evolution hin zum Radioteleskopbauer) trotzdem erkennen liesse.

Dieser Trend ist ja innerhalb unserer eigenen Spezies nur für die westliche Kultur auszumachen. Andere Kulturen hatten ja nicht einmal den Ansatz zu einer Hochtechnologie entwickelt, bevor sie infolge der globalen Expansion der Europäer seit dem 16. Jahrhundert überfrachtet wurden. Auch solche entwickelten Zivilisationen mit mehrtausendjähriger Tradition wie z.B. Inder und Chinesen lassen diesen Trend nicht erkennen, obwohl sie einige bedeutende Erfindungen zuwege brachten. Das heißt, dass man die Beschränkungen für Teleskopbau nicht an der Artgrenze festmachen muss, sondern an der Vielfältigkeit kultureller Kontexte, deren eine nach Durchbrechen der Hochtechnologiestufe alle übrigen dominiert. Diese noch enger gezogene Grenze schränkt die Wahrscheinlichkeit von Teleskopbauern im Universum noch stärker ein :( .

Viele Grüße!
 

Orbit

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Bynaus und Mahananda
Eure Beiträge sind sehr interessant; aber eigentlich ist keiner auf die Überlegungen von Smolin eingegangen, die meines Erachtens elementarer sind, als das, worüber Ihr debattiert.
Orbit
 

Mahananda

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Hallo Orbit,

entschuldige, dass ich unmittelbar nach deinen Beiträgen so reingeplatzt bin ... :)

Smolins Ausführungen sind zweifelsohne bedenkenswert, was den Bezug zwischen Leben und dem Nichtgleichgewichtszustand der Atmosphäre betrifft. Leben hangelt sich gewissermaßen am Energiedurchfluss Sonne ---> Erde ---> All bzw. Erdinneres ---> Atmosphäre ---> All (mit Zwischenstation Hydrosphäre) hoch, indem es einen Teil für sich zum Aufbau und zum Erhalt komplexer Strukturen abzweigt. Solange der Energiezustrom anhält, entstehen keine Probleme. Die Frage ist nun, was geschieht, wenn die Quelle versiegt. Für das Leben nach Art unserer Erde ist klar, dass es erlischt, aber Smolin weitet seinen Gedanken auf das ganze Universum aus, und so entsteht die Frage, ob der gegebene Ungleichgewichtszustand auch auf lange Sicht erhalten bleibt, so dass möglicherweise andere Formen von Leben bzw. Komplexität entstehen und aufrechterhalten werden können.

Sein Beispiel von der Galaxie als Recyclinganlage ist nach meinem Dafürhalten nicht überzeugend, da das Sternrecycling nicht abfallfrei vor sich geht. Es bleibt neben unverbrauchtem Wasserstoff und Helium stets eine geringe Menge unverwertbares Material zurück, die sich über längere Zeiträume hinweg aufsummiert - gut für Planemos, aber zunehmend schlechter für neue Sterne, und damit zunehmend schlechter für die Aufrechterhaltung eines Energiedurchflusses, der zur Komplexitätszunahme angezapft werden könnte. Es wird daher so sein, dass die Temperaturdifferenz zwischen kosmischen Objekten (ausgebrannte Sterne, Planeten, Monde etc.) und der kosmischen Hintergrundtemperatur irgendwann ausgeglichen ist. Wenn zudem die beschleunigte Expansion des Universums anhält, nähert sich die Temperatur schneller dem Wert 0 Kelvin an. Der Endzustand ist letztlich dunkel und kalt.

Aufhalten ließe sich der Prozess nur, wenn es gelänge, den stellaren Abfall in Wasserstoff wiederaufzuarbeiten, so dass die Sternentstehung nicht zum Erliegen kommt. Doch dazu ist es nötig, wiederum Energie zuzuführen, die man von irgendwoher nehmen müsste. ...

Ich denke, die Grundfrage, die Smolin aufwirft, ist die, ob das Universum als Ganzes ein abgeschlossenes System ist, oder ob es eingebettet ist in einen Entwicklungszyklus, der nacheinander (oder auch parallel?) Universen hervorbringt, die - jedes für sich - in der Lage ist (sind), komplexe Strukturen zu ermöglichen, da der Werdeprozess unabgeschlossen ist. Die in diesem Werdeprozess entstehenden Universen wären damit ebenfalls unabgeschlossene Systeme, so dass sich Smolins Vermutung - aus dem Blickwinkel des Metaversums - als zutreffend erweisen könnte.

So weit von mir dazu erste Gedanken ...

Viele Grüße!
 

Orbit

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Mahananda
Du hast Smolins Gedanken im ersten Abschnitt gut zusammengefasst und dann Deinen Einwand klar formuliert. Der entscheidende Satz ist
Aufhalten ließe sich der Prozess nur, wenn es gelänge, den stellaren Abfall in Wasserstoff wiederaufzuarbeiten, so dass die Sternentstehung nicht zum Erliegen kommt.
Offenbar sieht Smolin eine Kandidatin für diesen Recycling-Ofen in den SNs. Aber eben, ob die in der Lage sind, in ihrem energiereichsten Bereich schwere Elemente wieder in Wasserstoff aufzuspalten?
Gruss Orbit
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Offenbar sieht Smolin eine Kandidatin für diesen Recycling-Ofen in den SNs. Aber eben, ob die in der Lage sind, in ihrem energiereichsten Bereich schwere Elemente wieder in Wasserstoff aufzuspalten?

Das kann doch langfristig niemals aufgehen - so lange Supernovae Energie in Form von Photonen freisetzen, muss diese von irgendwo kommen, und die kommt eben aus der Kernfusion. Selbst, wenn dabei Wasserstoff entstehen würde, dieser kann niemals einen signifikanten Anteil an den Nukleosynthese-Produkten der Supernova haben, und somit kann er das Ende der Sternentstehung nicht verhindern, sondern allerhöchstens verzögern.

Übrigens wird sich die ganze Sternentstehungssache ohnehin beschleunigen: Sterne mit höherer Metallizität brennen schneller bzw. sind bei gleicher Masse heller bzw. können bereits bei kleinerer Masse gleich hell brennen wie andere. Das heisst auch, dass sie ihren Brennstoff schneller verbrennen. Kurzlebige, heliumbrennende Sterne könnten in Zukunft sehr viel typischer sein als heute (heute stellt diese Phase des Heliumbrennens nur einen kleinen Teil der Entwicklungsgeschichte eines sonnenähnlichen Sterns dar). Schliesslich wird die Sternbildung zum Erliegen kommen, weil es einfach zu unwahrscheinlich geworden ist, dass sich genügend Materie für einen Stern findet, der überhaupt noch seine Bestandteile fusionieren kann. Sterne werden dann aus der Gaswolke direkt als Weisse Zwerge / Neutronensterne / Schwarze Löcher gebildet.

Was Smolin schreibt, mag für eng umgrenzte Bereiche korrekt sein: unter den richtigen Bedingungen favorisieren die Naturgesetze die Entwicklung von ganz bestimmten komplexen Strukturen (z.B. komplizierte Kohlenstoffmoleküle). Das auf das ganze Universum auszudehnen scheint mir aber falsch: sein "Ungleichgewicht-Modell" hängt ja genauso von der Erhöhung der Entropie ab, denn diese "Ungleichgewichtszonen" brauchen ja einen Abwärmeraum, in den sie die sie durchfliessende Energie abgeben können.
 
F

fspapst

Gast
....so lange Supernovae Energie in Form von Photonen freisetzen, muss diese von irgendwo kommen, und die kommt eben aus der Kernfusion.

Vergiss die Gravitationsenergie nicht!

Aber grundsätzlich bin ich deiner Meinung, ein Recicling wird nicht ohne Veränderung (der chem. Zusammensetzung) und Verlust (an Baumaterial in WZ, NS, SL) funktionieren.

Sollte die dunkle Energie sich so bestätigen, wie es sich heute abzeichnet, wird auch jegliches Bezugssystem immer kleiner werden, bis alles auseinander gerissen wird, wenn die Expansions-Beschleunigung nahe c kommt. Damit wird ein Recicling aussichtslos.

Gruß
FS
 

Orbit

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Bynaus
Besten Dank für Deine Antwort. Für mich ist das Thema aber trotzdem noch nicht erledigt. Da gibt es halt noch Sacharows Thesen zur Baryogenese,

http://de.wikipedia.org/wiki/Baryogenese

welche bei urknallähnlichen Verhältnissen drei Verletzungen von heute geltenden Gesetzmässigeiten postuliert, darunter jene, dass die Expansion des Universums zu einem thermischen Ungleichgewicht führe. Stützt das nicht Smolins Hypothese?

Gruss Orbit
 

Bynaus

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Stützt das nicht Smolins Hypothese?

Ich sehe nicht wie - denn diese Verletzungen kamen ja nur beim Urknall selbst zur Anwendung. Ich glaube nicht, dass sich der Urknall und das Herz einer SN, und sei sie noch so massiv, so ohne weiteres vergleichen lassen.
 

Orbit

Registriertes Mitglied
Bynaus
Vielleicht hast Du Recht, und dann kann man die Thesen Smolins getrost vergessen. Ich möchte die Debatte auch nicht krampfhaft verlängern, sondern das Gesagte mal so stehen lassen, allerdings verbunden mit der Frage, ob man wirklich schon genug über die Energien und die energetischen Abläufe bei SNs und vor allem auch über die GRBs weiss, die ja nach wie vor grosse Rätsel aufgeben,
http://lexikon.astronomie.info/Nova/Nova.html
so dass man ausschliessen kann, dass sich Zustände, in welchen die drei Sacharow-Bedingungen gelten lokal nie mehr wiederholen.
Gruss Orbit
 

Bynaus

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so dass man ausschliessen kann, dass sich Zustände, in welchen die drei Sacharow-Bedingungen gelten lokal nie mehr wiederholen.

Nun, ich denke - ich verkünde hier keine Gewissheiten, sondern meine recht oberflächliche Einschätzung der Situation - dass selbst, wenn unter ganz bestimmten Umständen diese drei "Sacharow-Bedingungen" gelten, so steht jeweils doch nicht mehr als die Masse der SN zur Verfügung, um Wasserstoff zu bilden. Je seltener diese Bedingungen auftreten, desto geringer ist die Rolle, die dieser Prozess in der langfristigen Entwicklung des Universums spielen kann.

Da finde ich Smolins These vom "fruchtbaren" Universum dann doch schon sehr viel spannender... ;)
 

Orbit

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Bynaus
Je seltener diese Bedingungen auftreten, desto geringer ist die Rolle, die dieser Prozess in der langfristigen Entwicklung des Universums spielen kann.
Ja, und seltener würden sie, wenn sie überhaupt noch aufträten, ganz offensichtlich:
http://www.astronews.com/news/artikel/2008/07/0807-017.shtml
Ich habe bis jetzt nicht gewusst, dass die Sternentstehungsrate im Laufe der Zeit um den Faktor 100 bis 400 abgenommen hat.

Besten Dank für dieses Gespräch.
Gruss Orbit
 

Anac

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Hallo, ohne auf die aktuellen Posts eingehen zu wolle, habe ich mglw. einen weiteren begrenzenden Faktor für die Entstehung von außerirdischen Zivilisationen:
http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/294958.html

Es geht um den nötigen Sauerstoffgehalt einer Atmosphäre, um Feuer entfachen zu können. Auf der Erde liegt dieser Wert anscheinend bei >17% Dies beschränkt zwar nicht die Entstehung von intelligentem Leben, sehr wohl aber die technische Entwicklung einer solchen Spezies.
Eine außerirdische Biosphäre, die aus welchen Gründen auch immer den benötigten O2-Gehalt nicht produzieren kann, bzw. zur Zeit der Existenz intelligenter Lebensformen noch nicht produziert hat, dürfte also kaum eine außerirdische Zivilisation hervorbringen.

Gruß Anac
 
F

fspapst

Gast
Hallo, ohne auf die aktuellen Posts eingehen zu wolle, habe ich mglw. einen weiteren begrenzenden Faktor für die Entstehung von außerirdischen Zivilisationen:Es geht um den nötigen Sauerstoffgehalt einer Atmosphäre, um Feuer entfachen zu können.
Hallo Anac,

das ist ein interessanter Gedanke!
Allerdings brennen meine Kerzen auch noch bei 9% O² in der Luft.
Und wenn der O² zu gering ist, kann auch kein höheres Leben entstehen, denn größere Körper benötigen viel eines guten Energieträgers. (O² + Zucker)

Selbstverständlich kann sich man auch Lebewesen denken, die lange Schlafphasen nutzen, um große Mengen an O² zu sammeln und zu speichern für den Aktivitätszyklus. Dann geht sowas auch mit noch weniger O².
Außerdem gibt es auch Leben ganz ohne O². Und es ist (zwar nicht erwiesen) möglich, dass auch diese Organsimen einen großen Verbund bilden können, sich organisieren und intelligenz entwickeln, so wie die O² Athmenden varianten.

Inelligenz setzt genug Recourcen voraus, aber kein Feuer.
Es gibt zahlreiche Verfahren, in denen andere chem. Prozesse ablaufen um Wärme/Hitze zu produzieren.

Dein Argument ist gut, aber nicht stichhaltig.

Gruß
FS
 
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