Menschheit als Unsterbliche Rasse?

mac

Registriertes Mitglied
Hallo albert,

ich verstehe, daß Du meinen Post als sehr pessimistische Zukunftssicht interpretierst. Hab’ auch nicht extra darauf geachtet, dass das nicht passiert. Ich denke aber nicht, dass ein besonders ausgeprägter Pessimismus dazu gehört, davon auszugehen, dass technische Möglichkeiten missbraucht werden. Und wenn ich schreibe ‚durchdrungen’, heißt das nicht: ‚besteht aus’.

Die geschichtlichen Beispiele die Du bringst, sind in meinen Augen auch kritisch zu sehen. Geschichte ist Geschichte der Mächtigen, der Sieger. Was für rücksichtslos brutale Schlächter dabei waren, kann man, wenn überhaupt, nur zwischen den Zeilen lesen. Erst in den vergangenen Jahrzehnten wird das, für mich aus meiner Schulzeit verklärte Antlitz des römischen Reiches und des Pax Romanum in ein (scheinbar?) realistischeres Licht gerückt.

Und erst die etwas weniger einseitig überlieferten Beispiele aus dem letzten und auch schon wieder aus diesem Jahrhundert, stellen nicht nur wegen ihrer Dimensionen einen deutlichen Gegenpol zu Deiner Aufzählung dar. Leid bringen ja auch weniger die Herrscher, denen die Menschen am Herzen liegen. Leid bringen eher die, denen nur die Macht am Herzen liegt. Von denen aber gibt es Jahr für Jahr mehr, als Du Gegenbeispiele aufgezählt hast, was nicht bedeutet, dass sie die Mehrheit sein müssen.

Ich sehe mich nicht als puren Pessimisten, denke sogar, dass ich in meinem Leben bisher das Gegenteil bewiesen habe. Nur, von einer Zeit zu träumen, in der man ein Bewusstsein kopieren kann, ist in meinen Augen nicht gut durchdacht. Je nach Hintergrund und Motiv zwar verständlich, aber eben mit dem Potential eines Alptraumes.

Du schreibst ganz richtig:
Die Lösung heisst schlicht und ergreifend:
Demokratie.
nur, so schlicht und ergreifend ist das nicht. Demokratie ist nur so lange Demokratie, wie die Machtverhältnisse es erzwingen. Sie ist nicht eine natürliche Gesellschaftsform. Sie wurde blutig erkämpft. Und sie geht verloren, wenn sie nicht verteidigt wird. Das mag für einen jungen Menschen, der nichts anderes kennt, schon fast wirklichkeitsfremd klingen. Wie wenig wirklichkeitsfremd das aber ist, dürfen wir alle uns z.B. in Guantanamo vorführen lassen.


Herzliche Grüße

MAC
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
So, es ist wieder mal Samstag, und ich habe Gelegenheit, meine knappe Zeit in allzu lange Antworten zu interessanten Themen zu investieren... - wenn das keine Freizeit ist. :)

Zur Sache. Zuerst, @Mac, zum Doomsday-Argument. Das Gegenargument, das du gebracht hast, ist die berühmte Neanderthaler-Keule. Allerdings kommst du damit nicht weit. Es stimmt: die Neanderthaler (oder einfach die sehr frühen Menschen) hätten die Situation mit dem Doomsday-Argument falsch eingeschätzt. Aber das ist kein Problem: denn ich sage ja nicht, dass das Doomsday-Argument mit 100% Sicherheit sagt, wieviele Menschen noch kommen, sondern lediglich mit 95%. Die restlichen 5% Irrtumswahrscheinlichkeit sind für die Menschen "reserviert", die an den extremen Enden der Menschheit existieren, also für die ersten und die letzten Menschen. Nimmt man jedoch eine zufällige Stichprobe von allen Menschen, die je gelebt haben, leben und je leben werden, dann werden 95% von ihnen mit ihrer Einschätzung richtig liegen.

Man muss sich also klar machen: 95% aller Menschen, die je existiert haben, existieren und existieren werden und die das Doomsday-Argument anwenden, liegen damit richtig. Warum also nicht auch wir?

Dann, nochmals @Mac, die Sache mit deinen Zukunftsängsten. :) Ich denke nicht, dass "Demokratie" (wie von albert vorgeschlagen) die Antwort auf das Problem ist, sondern "Geist über Körper", oder, technokratischer formuliert, die Kontrolle des Bewusstseins über sein Substrat. Die Zukunft wird nicht nur einfach mehr Möglichkeiten bieten, das Substrat anderer Bewusstseine zu kontrollieren, sie wird auch mehr Möglichkeiten für das Bewusstsein bieten, sich ein anderes Substrat zu suchen und sich so dem Zugriff der Mächtigen zu entziehen.

Ich denke auch, dass die Kontrolle von einzelnen Bewusstseinen in der Zukunft keine Macht mehr versprechen wird. Heute ist dies der einzige Weg, weil die Kontrolle von Bewusstseinen (in menschlichen Körpern) die einzige Möglichkeit darstellt, an Produktivkraft zu kommen. Natürlich gibt es Maschinen, aber diese steigern lediglich die Produktivkraft der vorhandenen Bewusstseine. Ohne Menschen keine Diktatur, und sei sie noch so technokratisch. In einer Zukunft, in der Bewusstseine upgeloadet werden können, wird es aber sicherlich auch künstliche Intelligenzen geben, welche die Produktion übernehmen. Es gibt keinen Grund, warum jemand, der nach Macht und Einfluss strebt, sich die Mühe machen sollte, Bewusstseine an sich zu binden: sie stören nur. Heutige Diktaturen versuchen mit allen Mitteln, die Menschen zu kontrollieren, nicht, weil sie eine sadistische Lust am Menschenkontrollieren haben, sondern weil sie die Menschen schlicht und einfach BRAUCHEN, um ihre Macht zu erhalten - sie haben keine andere Wahl, als die Menschen zu "tolerieren". Wenn dies nicht mehr gegeben ist, sind Bewusstseine, seien es jetzt Menschen oder Uploads, nur mehr Last, was eine Bedrohung für alle Bewusstseine darstellt - oder die Chance, einfach zu fliehen, und hier haben die Substratunabhängigen Bewusstseine eben sehr viel grössere Chancen. Menschen fliehen vielleicht ins Nachbarland, wo sie aber eher ungewünscht sind - ihre Gebundenheit an den menschlichen Körper macht sie verletztlich. Substratunabhängige Bewusstseine jedoch fliehen in irgend einen Computerspeicher oder in einen künstlichen Körper irgendwo in einer anderen Welt.

Und sie geht verloren, wenn sie nicht verteidigt wird.

"eternal vigiliance is the price of freedom" - Thomas Jefferson

Sehe ich auch so.
 

Judith

Registriertes Mitglied
Na hier wird ja schwer philosophiert, nicht schlecht.

Krieg und Frieden:

Sehen wir mal den Zeitraum 1871 bis heute. Nachdem der leicht schusslige Kaiser Napoleon III den Preussen den Krieg erkärt hat, haben die deutschen Heere Frankreich innerhalb von Monaten überrannt und dabei noch den Kaiser him self gefangen genommen. Dummerweise hat Bismarck nicht nur Elsass sondern auch Lothringen occupiert, was den Franzosen schwer auf den Magen geschlagen hat (Da fehlt rechts ne Ecke an Frankreich...) Wenn der Bismark etwas weiser gewesen wäre, hätte er Lothringen bei den Franzen gelassen.
Item: Jedenfalls war dann bis 1914 in Europa Frieden, also 43 Jahre.
Dann der grosse, unnötige und grauenhafte 1. Weltkrieg: 4 Jahre.
Dann kam der unselige Versaille-Vertrag, der löste den nächsten Krieg aus.
( Zwischendurch 21 Jahre Frieden)

Und ab 1945 Frieden in Europa, immerhin bis heute über 60 Jahren.
Das lässt für die Zukunft hoffen.

Aussage: Wir haben immer mehr Friedensjahre als Kriegsjahre, wir werden vernünftiger.

OK Demokratie (danke Albert): "Sie ist die komplizierteste und eigentlich unmöglichste Staatsform der Welt, aber die einzig mögliche". Churchill

Hatte er recht?
Nun sogar das "kommunistische" China wird soofter und soofter und über den "lupenreinen Demokrat" Putin brauchen wir ja nicht zu sprechen. Chaoten (Venezuela, Iran) wird es immer geben, aber die Zukunft kann gemeistert werden.

Inkl. Klimawandel und Others...

Zukunft:
Warum sollen Roboter nicht auch Demokraten sein? Alles eine Sache der Programmierung. :eek:

Zu Bynaus:
Kontrolle des Bewusstseins über sein Substrat

Da hast Du ja schon das Wichtigste darüber geschrieben; aber: Auch die Kontrolle kann auf demokratischen Grundsätzen basieren.

Ansonsten: Sehr bemerkenswert dieser Thread, doch !
 

Orbit

Registriertes Mitglied
@ Judith
Schöner Beitrag.
Kleine Ergänzung zu:
Und ab 1945 Frieden in Europa, immerhin bis heute über 60 Jahren.
Den Balkan nicht vergessen und auch Nordirland und das Baskenland nicht.
Und zu:
Chaoten (Venezuela, Iran) wird es immer geben
Diese Aufzählung könnte noch um einige Länder verlängert werden, wobei einige davon eher von Schurken als von Chaoten regiert werden:
Libyen, Syrien, Sudan, Somalia, Simbawe, Nordkorea, Pakistan, Burma, Palästina (leider auch)...und wenn es so weiter geht, zähle ich demnächst auch Russland, China und die USA mit. Und das sind doch drei ziemlich bedrohliche Gewitterwolken am globalen Himmel.

Herzliche Grüsse
Orbit
 
Zuletzt bearbeitet:

jonas

Registriertes Mitglied
Und ab 1945 Frieden in Europa, immerhin bis heute über 60 Jahren.
Das lässt für die Zukunft hoffen.
Ähhmm... Yugoslawien liegt in Afrika, oder wie ?!? Und dass die Türken einfach einen Teil einer griechischen Insel im Handstreich genommen haben (Zypern) war ja auch nur irgendwie, naja, ein böser Lausbubenstreich, oder wie? oder was?

Oder dass britische Soldaten - ja, auch wenn sie es nicht gerne hören, auch sie sind Europäer - in einen Falklandkrieg geschickt werden: Ist das Frieden in Europa, nur weil europäische Soldaten ausserhalb von Europa sterben? Genauso nun mit Afghanistan und Irak: Nahezu ganz Europa hat sich an den beiden Kriegen beteiligt, Afghanistan war sogar ganz offiziell der NATO Verteidigungsfall.

Nur weil die Bomben und Granaten nicht unsere europäischen Häuser zerstören oder europäische Zivilisten dabei töten ist Europa selbstverständlich trotzdem im Krieg.
 

Judith

Registriertes Mitglied
Hi Jonas, Orbit

was Ihr aufzählt ist richtig, aber nicht vergleichbar mit Weltkriegen.
"Kleinere Konflikte"... wird es immer geben. Und Eure Beispiele sind oder werden nächstens mal "gelöst", sogar Kosovo.

Meine Absicht war nur als Beobachter zu sagen, dass sich die Friedenszeiten eher verlängern gegenüber von Früher, und das lässt doch hoffen.

Wenn ich heute lese, dass die Amis in Sachen Nordkorea Entwarnung geben, könnte das durchaus auch demnächst mit Iran geschehen, wenn nur nicht dieser äh Dings, Ach..... wäre. Aber mein Gefühl sagt mir, der wird nächstens vom iranischen Volk abgewählt.
Auch in Libyen, ein ehemaliger Schurkenstaat, geben sich heute die Diplomaten (und Geschäftsleute) die Klinken in die Hand.

Nochmals: Grosse Konflikte wie 1914 und 1939 wird es wahrscheinlich in Zukunft nicht mehr geben.
Doch, da "glaube" ich daran, und hoffentlich nicht nur ich.

Auf die Zukunft !
 

Orbit

Registriertes Mitglied
Nochmals: Grosse Konflikte wie 1914 und 1939 wird es wahrscheinlich in Zukunft nicht mehr geben.
Doch, da "glaube" ich daran, und hoffentlich nicht nur ich.

Auf die Zukunft !

Zitate (aus Wiki)

* Albert Einstein antwortete auf die Frage, mit welchen Waffen der Dritte Weltkrieg geführt werde: „Ich weiß nicht, mit welchen Waffen wir im Dritten Weltkrieg kämpfen werden, aber ich weiß, mit welchen im Vierten: mit Keulen und Steinen …“
* Der Brite Simon Singh ordnet den Dritten Weltkrieg im Zusammenhang mit der steigenden Bedeutung des Computers und der Kryptographie ein: „Der Erste Weltkrieg war der Krieg der Chemiker, der Zweite der der Physiker, der Dritte wird der Krieg der Mathematiker sein.“
* Fidel Castro sagt zu diesem Thema: „Wir leben im Dritten Weltkrieg, einem Wirtschaftskrieg. Es handelt sich um einen nicht erklärten Krieg: Es ist der Krieg der Wucherzinsen, des Preisverfalls und des ungleichen Austausches. Die ferngesteuerten Raketen und Handelsbedingungen töteten bislang Millionen von Menschen in der ausgeplünderten Welt. Sie bringen sie um durch Hunger, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Kriminalität.“

Und da gibt's noch den kanadischen Autor (Name vergessen), der den dritten Weltkrieg um die letzten Oelreserven prognostiziert. Ist dieser Kreig in Nahost nicht bereits im Gang?

Trotzdem: Auf die Zukunft!
Orbit
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Judith,

was Ihr aufzählt ist richtig, aber nicht vergleichbar mit Weltkriegen.
"Kleinere Konflikte"... wird es immer geben. Und Eure Beispiele sind oder werden nächstens mal "gelöst", sogar Kosovo.
na, einige haben Dir schon dazu geantwortet. Eine spontane Liste (die mir als erstes eingefallen ist und nach der ich erst mal keine Zeit mehr hatte) mit 30 Konflikten, Kriegen und Völkermorden die mir ohne stocken und ohne Nachschlagen eingefallen ist, findest Du unten.

Was Du aber als kleinere Konflikte bezeichnest, sehe ich ganz anders. Diese sogenannten 'kleineren Konflikte' haben viele millionen Menschen mit ihrem Leben bezahlt. Ich will dabei weder vergleichen noch aufrechnen, das empfände ich als Zynismus. Die Anzahl der Opfer und es sind ja nicht nur die, die nicht überlebten, wird man weder erfahren, noch ihr Leid ermessen.

Es hat im letzten und in diesem Jahrhundert wahrscheinlich nicht einen einzigen Tag gegeben, an dem nicht Menschen aus Machtgier ermordet wurden und ja, die Menschen in Europa haben sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert. Das gibt auch Hoffnung, daß Frieden für die Welt möglich sein kann.

Herzliche Grüße

MAC

Armenien
Gulag
Sudan
Algerien
Jugoslawien
Korea
Vietnam
Kmer
Tutsi
Hutu
Falkland
Rhodesien
naher Osten
Südafrika
Kongo
Kuwait
Iran
Irak
Panama
Argentinien
Chile
Ungarn
Tschechoslowakei
China
Kambodscha
Laos
Indien
Pakistan
Kaschmir
Tibet
Philippinen
Haiti
 

mac

Registriertes Mitglied
So, jetzt aber zu was Erfreulicherem

Hallo Bynaus, :)

Mac, zum Doomsday-Argument. Das Gegenargument, das du gebracht hast, ist die berühmte Neanderthaler-Keule.
ich weis nicht, wie das bei Dir ist, aber mir passiert das immer wieder. Kaum fällt mir was ein, finde ich jemanden der das schon kennt oder wie hier, es ist schon berühmt. ;)

Du hast mit Deiner Argumentation (statistisch) ja nicht unrecht, nur Du bringst es halt auch auf den (schwach)punkt, wenn Du sagst:
Es stimmt: die Neanderthaler (oder einfach die sehr frühen Menschen) hätten die Situation mit dem Doomsday-Argument falsch eingeschätzt.
die Einschätzung, wann früh nicht mehr früh ist, ist halt erst hinterher gut.

Aber das ist kein Problem: denn ich sage ja nicht, dass das Doomsday-Argument mit 100% Sicherheit sagt, wieviele Menschen noch kommen, sondern lediglich mit 95%.
Ja, deshalb habe ich ja auch geschrieben
mac schrieb:
Die Doomsday-Rechnung suggeriert eine Art von Zuverlässigkeit der Aussage, die ich nicht für gegeben halte.
und nicht geschrieben, dass sie falsch ist. Ich meine, dass wir uns hier gar nicht wirklich widersprechen, sondern ich, als unverbesserlicher Optimist :D, mehr Wert auf eine optimistischere Präsentation lege. ;)




Ich denke nicht, dass "Demokratie" (wie von albert vorgeschlagen) die Antwort auf das Problem ist, sondern "Geist über Körper", oder, technokratischer formuliert, die Kontrolle des Bewusstseins über sein Substrat. Die Zukunft wird nicht nur einfach mehr Möglichkeiten bieten, das Substrat anderer Bewusstseine zu kontrollieren, sie wird auch mehr Möglichkeiten für das Bewusstsein bieten, sich ein anderes Substrat zu suchen und sich so dem Zugriff der Mächtigen zu entziehen.
auch hier unterscheiden wir uns möglicherweise gar nicht in unseren Auffassungen. Du siehst diese (mögliche?) Entwicklung auf einen sehr weiten Zeitrahmen bezogen, während ich mich eigentlich mehr auf die absehbare Zukunft beschränken wollte, besonders durch Der Optimist’s Wunsch so was noch persönlich zu erleben, motiviert.



Ich denke auch, dass die Kontrolle von einzelnen Bewusstseinen in der Zukunft keine Macht mehr versprechen wird. Heute ist dies der einzige Weg, weil die Kontrolle von Bewusstseinen (in menschlichen Körpern) die einzige Möglichkeit darstellt, an Produktivkraft zu kommen.
das ist die rationale Seite der Motive dazu. Die ist es allerdings nicht, die mir Angst macht.
Heutige Diktaturen versuchen mit allen Mitteln, die Menschen zu kontrollieren, nicht, weil sie eine sadistische Lust am Menschenkontrollieren haben
eigentlich will ich das gar nicht bestreiten, aber wenn ich den Opfern zuhöre, dann scheint es zumindest für sie, oft nicht so gewesen zu sein.



Zum futuristischen Teil.
Es erscheint mir nicht einfach, vielleicht sogar unmöglich, eine realistische Einschätzung der gesellschaftspolitischen, soziologischen und psychologischen Veränderungen zu liefern, die eine solch grundsätzliche Erweiterung unserer Möglichkeiten mit sich bringen würde.

Aber dennoch halte ich das für ein sehr interessantes Thema, über das wir hier diskutieren könnten. Dazu wäre es aber angebracht, wenigstens einen groben Rahmen zu definieren, in dem wir uns bewegen sollten.

Aspekte dazu, die ich bewusst nicht ausformuliere, auch weil sie so vielschichtig sind:

Unterscheidung Bewusstsein im menschlichen Sinn und künstliches Bewusstsein? Wenn ja, wie und warum?
Verhältnis zwischen Original und Kopien eines Bewusstseins
Was ist ein Original?
Individualität. Das Ende der Individualität?
Abgrenzung und Vermischung von Bewusstseinsinhalten
Abgrenzung Erinnerung und Bewusstsein

Wie kopiert man ein Bewusstsein?
Was ist ‚Bewusstsein’

Ist ein Transfer eine Kopie, ein Mord, eine Fortpflanzung?

die Liste ist offen, und harrt der Erweiterung, unabhängig von einem Einstieg in die Diskussion.

Herzliche Grüße

MAC
 

albert

Registriertes Mitglied
Hallo ICH

Diese Art irraionaler Technophobie und Schlechtrederei nervt mich tödlich. Ein echtes Problem der Deutschen. Sind die Schweizer da genauso gestört?

Nun, scheint so. Ausser Siebeck gibts halt im teutschen Raum sehr wenig Hedonisten, aber auch das ändert sich. ;)

Nicht wahr:

1. Wenn Judith schreibt, dass man lokale Konflikte nicht mit einem Weltkrieg vergleichen kann, hat sie doch recht, oder etwa nicht?

2. Tatsache ist doch: Es ging uns Europäern und auch den meisten anderen Menschen noch nie so gut wie jetzt.

3. Über die wachsende Lebenserwartung hat bereits ICH kurz und knapp geschrieben; tja, das ist eindeutig so.

4. Dieses Gefasel über den schon existierenden dritten Weltkrieg ist doch nun wirklich blöd. Das war mal das spinnerte Gedankengut der ewig Linken. (Gibts die eigentlich heute noch, nachdem diese sich satt und faul bestens von AHV und anderen Pensionskassen unterhalten lassen?)

5. Es überrascht mich schon ein wenig, dass hier trotz allem tollen Wissen der Pessimismus dominiert.
Ist aber nichts neues: Schon Ende 1969 galt der Urwald von Brasilien und Kongo als äusserst gefährdet, und komischerweise gibt es ihn immer noch. Und in der Schweiz wächst der Wald, trotz "Waldsterben". (Dazu passt die neueste Meldung: Die Temperatur in der Antarktis ist seit 10 Jahren gesunken, nicht gestiegen.)

Na sowas

Nun gut, das ändert nichts an meinem Laientum in Sachen Astrophysik. Ich versuch einfach mal mitzulesen.

Fröhliche Grüsse
 

Orbit

Registriertes Mitglied
(Gibts die eigentlich heute noch, nachdem diese sich satt und faul bestens von AHV und anderen Pensionskassen unterhalten lassen?)

Denke Du meinst u.a. mich. Habe meinen Ruhestand selbst finanziert: über eine halbe Million Einlagen über 40 Jahre verteilt. Mit Zins und Zinseszins geht dieses Guthaben wohl gegen eine Million. Und das trägt weiterhin Zinsen; denn ich beziehe ja nicht alles auf einmal. Ich würde sagen, so 20 Jahre lang zocke ich bei niemandem ab. Kommt dazu, dass ich ja weiterhin Steuern bezahle und meinen Beitrag ans Gemeinwohl leiste.
Ist Dir eigentlich bewusst, dass Du Dich mit solchen Äusserungen in gefärlichem Gedankengut bewegst?!

Nun gut, das ändert nichts an meinem Laientum in Sachen Astrophysik.
Mag sein; aber sicher ist, dass Du auch in Sachen Sozialversicherung keine Ahnung hast. Ich hoffe meine kurze Aufklärung habe Dich da ein bisschen weiter gebracht.

In Politik und Umweltpolitik versuch ich's gar nicht erst. Da ist bei Dir nichts mehr zu retten, und Du wirst wohl bis an Dein Lebenesende Deine Tropenwaldlügen verbreiten wollen. Ich denke aber, dass das, was Du sagst, angesichts dessen, was Du schon zu andern Themen gesagt hast, nicht all zu grosse Bedeutung hat.

Orbit
 
Zuletzt bearbeitet:

Herbert

Registriertes Mitglied
Hallo,
ich möchte gern ein wenig auf Macs Diskussionsrahmen einsteigen, z.B.

Was ist ‚Bewusstsein’
Gabs da nicht die antike Antwort, evt Shakespeare (Orbit wird es wissen) „Ich denke, also bin ich“? Könnte Bewusstsein die Fähigkeit sein, über sich selbst nachzudenken?

Wie kopiert man ein Bewusstsein?
Für mich noch unvorstellbar, und auch „Wohin kopiert man ein Bewusstsein“, ist eben noch reine Zukunftsmusik.

Ist ein Transfer eine Kopie, ein Mord, eine Fortpflanzung?
Wenn das „Original“ nicht beeinträchtigt wird, stell ich es mir als Fortpflanzung vor, wenn das Original beeinträchtigt oder zerstört wird, wäre zu klären, wer den Transfer veranlasst hat.

Unterscheidung Bewusstsein im menschlichen Sinn und künstliches Bewusstsein? Wenn ja, wie und warum?
Verhältnis zwischen Original und Kopien eines Bewusstseins
Was ist ein Original?
Unterscheiden würden sich Original und Kopie zu Beginn nur durch ihre Entstehungsgeschichte, später dann natürlich durch die unterschiedlichen Handlungsabläufe. Die Unterscheidung von Kopie und Original wäre vielleicht gar nicht mehr sinnvoll, denn wenn die Kopie wirklich 1:1 ist, müssten ihr folglich auch die gleichen Rechte zustehen wie dem Original, damit ich nicht ein Leben am Kopierer beginne und in der Gosse beende. Der Kopiervorgang müsste rechtlich den gleichen Rang haben wie eine Geburt, Knospung oder sonstige Bewusstseinsentstehung.

Wahrscheinlich wird vor dem Kopieren von Bewusstseinen das Entstehen oder Erschaffen von Bewusstseinen in Rechenmaschinen kommen, so dass sich die obigen Fragen in einem allmählichen Lernprozess klären lassen.

hoffnungsvoll in die Zukunft träumend

Herbert
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo albert,

albert schrieb:
1. Wenn Judith schreibt, dass man lokale Konflikte nicht mit einem Weltkrieg vergleichen kann, hat sie doch recht, oder etwa nicht?
auf Diplomatenebene und vereinbartem Völkerrecht ja. Gibt's sonst noch was wichtiges, was ich übersehen hab'?



albert schrieb:
2. Tatsache ist doch: Es ging uns Europäern und auch den meisten anderen Menschen noch nie so gut wie jetzt.
der erste Teil (Europäer) ist richtig, der zweite Teil (meisten Menschen) ist so zynisch, weltfremd und ignorant, dass ich nicht glauben kann, dass Du das wirklich glaubst.



albert schrieb:
3. Über die wachsende Lebenserwartung hat bereits ICH kurz und knapp geschrieben; tja, das ist eindeutig so.
ja, richtig. Zumindest für einen Teil der Weltbevölkerung.



albert schrieb:
4. Dieses Gefasel über den schon existierenden dritten Weltkrieg ist doch nun wirklich blöd.
Ja, besonders für die, die sich dieses Gefasel, wenn sie gerade mal lust dazu haben, nur im TV anzuhören brauchen, selbst aber nicht direkt betroffen sind. Es stimmt schon, die durch das Wüten von Mordbanden erpressten Vertreibungen im Sudan z.B., sind kein Krieg im völkerrechtlichen Sinne. Ob der Unterschied für die Opfer wohl von Bedeutung ist? Ob er für die Menschen, die Opfer in einem der zahllosen Konflikte waren, von denen wir nur einen Teil aufzählen konnten, einen Unterschied ausgemacht hat? Ist ein Krieg nur dann ein anständiger Krieg, wenn er erklärt wurde und die Zahl der Opfer den letzten erklärten Krieg deutlich übertrifft, oder gar zum Ende der Menschlichen Zivilisation führt?



albert schrieb:
5. Es überrascht mich schon ein wenig, dass hier trotz allem tollen Wissen der Pessimismus dominiert.
dieser Eindruck entsteht immer dann, und vor allem bei denjenigen, die sehr behütet, in einer politisch und menschlich sehr stabilen Umgebung aufgewachsen sind. Das Wissen, dass Macht ohne wirksame Kontrolle sehr schnell missbraucht werden kann und missbraucht wird, hat meiner Meinung nach mit Pessimismus aber nichts zu tun. Und ich meine mich dunkel zu erinnern, daß es ursprünglich in diesem Thread genau um diesen Punkt ging.



albert schrieb:
Ist aber nichts neues: Schon Ende 1969 galt der Urwald von Brasilien und Kongo als äusserst gefährdet, und komischerweise gibt es ihn immer noch. Und in der Schweiz wächst der Wald, trotz "Waldsterben". (Dazu passt die neueste Meldung: Die Temperatur in der Antarktis ist seit 10 Jahren gesunken, nicht gestiegen.)
na, wenigstens einer unter uns, der alle Zusammenhänge des Erdklimas vollständig begriffen hat. ;)


Herzliche Grüße

MAC
 

Aragorn

Registriertes Mitglied
1. Wenn Judith schreibt, dass man lokale Konflikte nicht mit einem Weltkrieg vergleichen kann, hat sie doch recht, oder etwa nicht?
Also siehst du das frei nach dem Motto:
Herr verschon mein Haus und zünde stattdessen das meines Nachbars an.

2. Tatsache ist doch: Es ging uns Europäern und auch den meisten anderen Menschen noch nie so gut wie jetzt.
Weniger als 1/5 der Menschheit sind für dich also "die meisten"?

3. Über die wachsende Lebenserwartung hat bereits ICH kurz und knapp geschrieben; tja, das ist eindeutig so.
Ist die Lebenserwartung in den afrikanischen Ländern auch gestiegen?

4. Dieses Gefasel über den schon existierenden dritten Weltkrieg ist doch nun wirklich blöd. Das war mal das spinnerte Gedankengut der ewig Linken. (Gibts die eigentlich heute noch, nachdem diese sich satt und faul bestens von AHV und anderen Pensionskassen unterhalten lassen?)
Solange keine Bombe in deinem Haus explodiert, ist für dich die ganze Welt friedlich, weil alle Toten ja weit weg sind.
Kriege, Naturkatastrophen etc. sind wohl nur Liveshows im Fernsehen?

5. Es überrascht mich schon ein wenig, dass hier trotz allem tollen Wissen der Pessimismus dominiert.
Ist aber nichts neues: Schon Ende 1969 galt der Urwald von Brasilien und Kongo als äusserst gefährdet, und komischerweise gibt es ihn immer noch. Und in der Schweiz wächst der Wald, trotz "Waldsterben". (Dazu passt die neueste Meldung: Die Temperatur in der Antarktis ist seit 10 Jahren gesunken, nicht gestiegen.)

Na sowas
Schon mal was von Chaostheorie gehört?

Urwaldrodung in Brasilien: In einer vom WWF vorgestellten neuen Studie vom Woods Hole Research Center in Massachusetts hört sich das anders an:

http://derstandard.at/?url=/?id=3140465&sap=2&_pid=8192827

Helmut
 
Zuletzt bearbeitet:

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Herbert,


ich möchte gern ein wenig auf Macs Diskussionsrahmen einsteigen,
ich erhebe darauf keinen Urheberanspruch ( :p ) und schon gar keinen auf Vollständigkeit.


Was ist ‚Bewusstsein’
Gabs da nicht die antike Antwort, evt Shakespeare (Orbit wird es wissen) „Ich denke, also bin ich“? Könnte Bewusstsein die Fähigkeit sein, über sich selbst nachzudenken?
das war René Descartes. http://de.wikipedia.org/wiki/Descartes.


Also könnte man heute schon sagen, es ist nicht auf uns Menschen allein beschränkt. Was genau ist: über sich selbst nachzudenken? Zumindest die lebenspraktischen Auswirkungen eines solchen Verhaltens kann man bei, ich vermute mal, allen Säugetieren und gewiss auch bei sehr vielen Vogelarten beobachten. Man könnte sich natürlich auch auf den Standpunkt stellen: Das entscheiden wir, wenn wir uns das Bewusstsein der entsprechenden Pflanzen und Tiere direkt anschauen können.


Wie kopiert man ein Bewusstsein?
Für mich noch unvorstellbar, und auch „Wohin kopiert man ein Bewusstsein“, ist eben noch reine Zukunftsmusik.
Das ist in der Tat ein völlig ungelöstes, ja noch nicht einmal ansatzweise erfassbares Problem. Es gab (gibt?) sogar einige Philosophen, die die Meinung vertra(e)ten, dass dieses Problem grundsätzlich nicht lösbar sein kann. Ihre Argumentation war, so weit ich mich erinnere: Ein Stein kann nicht erkennen, was ein Stein ist. Ein Gehirn kann nicht erkennen was ein Gehirn ist.

Ich persönlich bin hier anderer Meinung, weil: Diese Aussage setzt voraus, dass die Erkenntnisfähigkeit linear mit der komplexität des Werkzeuges mit dem man erkennt, steigt. Steig sie aber schneller, dann ist diese Annahme falsch. Das ist allerdings keine Garantie dafür, dass auch Menschen schon, diesen Grad an Erkenntnisfähigkeit erreichen können.

Fortschritte im Bereich neuronaler Netze sind zwar da, aber von einem Verständnis auch nur etwas komplexerer Gebilde, kann nicht die Rede sein. Im Gegenteil, es ist nicht selten so, dass man zwar brauchbare Reaktionen solcher Netze trainieren kann, (z.B. Mustererkennung) man dann aber nicht selten keine Ahnung hat, was sie denn nun genau tun und warum. Sozusagen wie im richtigen Leben.

Es könnte also so kommen, dass wir am Ende sozusagen ein Bewusstsein künstlich erschaffen können, ohne mehr darüber erfahren zu können, als über unser eigenes und ohne zu verstehen, wieso ab einem gewissen Grad der Komplexität sich überhaupt Bewusstsein bildet. Hier kann man sicher noch viel mehr spekulieren.


Ist ein Transfer eine Kopie, ein Mord, eine Fortpflanzung?
Wenn das „Original“ nicht beeinträchtigt wird, stell ich es mir als Fortpflanzung vor, wenn das Original beeinträchtigt oder zerstört wird, wäre zu klären, wer den Transfer veranlasst hat.

...

müssten ihr folglich auch die gleichen Rechte zustehen wie dem Original, damit ich nicht ein Leben am Kopierer beginne und in der Gosse beende. Der Kopiervorgang müsste rechtlich den gleichen Rang haben wie eine Geburt, Knospung oder sonstige Bewusstseinsentstehung.
stell Dir vor, es wird eine exakte Kopie von Dir hergestellt. Wer von Euch beiden darf (oder muß) das bis hier her gelebte Leben fortführen und wer darf oder muß ein neues Leben anfangen? Es ist ja nicht mehr so wie jetzt ein Eltern/Kind Verhältnis.

Ist die Kopie verantwortlich für das bisher geführte Leben oder das Original oder Beide?
Ich werde gerade von mir selbst zugeschüttet mit Konflikten, die sich aus dieser Situation ergeben können. Die alle nur mit einer wesentlichen Änderung unserer jetzigen Moralvorstellungen lösbar sein könnten oder gar nicht.

Die Menschenrechte müssen gleich sein, das denke ich auch. Aber z.B. die Besitzrechte (wenn so was dann noch sinnvoll ist) oder die Pflichten können nicht gleich sein.

Ein Mörder wird nach seiner Tat kopiert (wenn man mal solch einen Schwachsinn konstruiert) wer ist für die Schuld verantwortlich? Ist dann der Begriff ‚Schuld’ überhaupt noch sinnvoll?

Ein Elter (bewusst neutral) kopiert sich, das Original verlässt die Familie, die Kopie, entgegen der vorherigen Vereinbarung aber auch. Wer trägt die Verantwortung? Macht solch ein Beispiel dann noch einen Sinn? Was für eine Gesellschaft erwartet uns da?

Man sieht, es fällt mir etwas schwer mir ein Beispiel auszudenken, dass nur in einer solchen Gesellschaft einen Sinn macht, weil ich mir diese Gesellschaft nicht so einfach in all ihren Konsequenzen vorstellen kann.




Wahrscheinlich wird vor dem Kopieren von Bewusstseinen das Entstehen oder Erschaffen von Bewusstseinen in Rechenmaschinen kommen, so dass sich die obigen Fragen in einem allmählichen Lernprozess klären lassen.
das könnte ich mir auch so vorstellen. Nur sollten wir uns nicht vor der ersten Erschaffung eines solchen Bewusstseins wenigstens fragen, ob wir das wirklich wollen? Und wenn wir es nicht verhindern können, wie könnten wir es so gestalten, dass daraus für uns und das von uns geschaffene Bewusstsein kein Alptraum ohne Erwachen wird?


Herzliche Grüße

MAC

PS Die Bedeutung des einzig verwendeten Smilies, erschließt sich nicht aus diesem Thread und sie hat auch keinerlei Bezug zu seinem Inhalt.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bynaus

Registriertes Mitglied
Ich möchte hier auch nochmal auf Macs Fragen eingehen.

Aber dennoch halte ich das für ein sehr interessantes Thema, über das wir hier diskutieren könnten. Dazu wäre es aber angebracht, wenigstens einen groben Rahmen zu definieren, in dem wir uns bewegen sollten.

Aspekte dazu, die ich bewusst nicht ausformuliere, auch weil sie so vielschichtig sind:

Unterscheidung Bewusstsein im menschlichen Sinn und künstliches Bewusstsein? Wenn ja, wie und warum?
Verhältnis zwischen Original und Kopien eines Bewusstseins
Was ist ein Original?
Individualität. Das Ende der Individualität?
Abgrenzung und Vermischung von Bewusstseinsinhalten
Abgrenzung Erinnerung und Bewusstsein

Wie kopiert man ein Bewusstsein?
Was ist ‚Bewusstsein’

Ist ein Transfer eine Kopie, ein Mord, eine Fortpflanzung?

Ich beginne mal bei "Was ist Bewusstsein" - ich denke, Bewusstsein ist die Fähigkeit, sich als denkendes und handelndes Wesen wahrzunehmen. Natürlich sind wir dabei nicht einfach Zuschauer, sondern nehmen uns - vermutlich eine Art Selbstschutz - als unabhängige Akteure mit "freiem Willen" wahr. Ich denke, dass auch viele höhere Tiere über ein solches Bewusstsein verfügen, also sich darüber im Klaren sind, dass sie leben, handeln und entscheiden (darum bin ich konsequenterweise auch Vegetarier ;) ).

Natürlich spielt die Erinnerung eine grosse Rolle: ohne Erinnerung gibt es kein Bewusstsein, denn wir brauchen die Erinnerung, um unser Handeln in einen Kontext zu setzen und es als zielgerichtet (statt zufällig) wahrzunehmen. Ohne Erinnerung gibt es nur die Existenz im Jetzt. Möglicherweise macht auch dies den Menschen aus: Eichhörnchen mögen sich an hunderte von Verstecken erinnern - aber dies ist bei ihnen wohl das, was wir eine "Gabe" oder "Begabung" nennen: sie können es einfach, ohne darüber nachdenken zu müssen. Wir Menschen hingegen erinnern uns, um unser Handeln in Kontext setzen zu können. Je komplexer das Handeln sein soll, desto grösser ist der Kontext, den man darum herum konstruieren muss, um das Handeln noch als zielgerichtet erkennen zu können.

Aus diesen Definitionen ist auch klar, dass es keinen Qualitativen Unterschied zwischen "menschlichem" und "künstlichem" Bewusstsein gibt. Bewusstsein ist, was nach Bewusstsein aussieht. Denn ansonsten müssten wir das Bewusstsein von allen anderen Menschen (ausser dem eigenen) in Frage stellen: es kann nie die letzte Gewissheit geben, dass das Bewusstsein anderer nicht einfach ein Puppenspiel einer sehr viel tiefer liegenden Ebene oder eines fernen Akteurs ist.

Wenn wir nun in die Lage kommen, Bewusstseine technisch kopieren zu können, stellt das tatsächlich unsere bisherige Gesellschaft und unsere bisherigen Werte in Frage, und die Gesellschaft wird Antworten finden müssen auf diese Herausforderungen - diese Antworten, die unsere ganze bisherige Lebensweise auf den Kopf stellen, können natürlich nicht so locker an einem Sonntagabend hergeleitet werden. ;)

Zudem wissen wir einige zentrale Punkte gar nicht: ist es tatsächlich möglich, Bewusstsein 1:1 zu kopieren? Wer das "no-cloning-Theorem" der Quantentheorie kennt, weiss, dass es unmöglich ist, den Quantenzustand eines Systems perfekt zu kopieren (sonst könnte man die Heisenbergsche Unschärferelation verletzen, in dem man am Original Impuls und an der Kopie die Position eines Teilchens misst...). Wenn das Bewusstsein vom Quantenzustand eines Gehirns abhängen würde, dann wäre es wahrlich physikalisch unmöglich, ein Bewusstsein zu kopieren: man könnte nur eine beliebig gute Kopie machen, keine identische. Gleichwohl liesse sich durch Quantenteleportation dieses Bewusstsein auf ein anderes Substrat übertragen, wobei das Bewusstsein im Original verschwinden müsste (was geschieht dann dort?). Oder spielt der Quantenzustand des Gehirns beim Bewusstsein gar keine Rolle, wären also Kopien problemlos möglich? Das wissen wir heute einfach noch nicht.
 

jonas

Registriertes Mitglied
Ein anderer Aspekt des substratunabhängigen Bewusstseins ist dieser: Will man es überhaupt haben? Wie würde man sich als körperloses Wesen "fühlen". Das Wort "fühlen" deswegen in Gänsefüsschen, da man ja keinen Körper mehr hat, mit dem man fühlen könnte.

Es stellt sich damit dann auch die Frage, ob man diesen Zustand überhaupt ertragen kann oder sich statt dessen lieber den Zustand der Bewusstlosigkeit wünscht.

Man darf nicht vergessen: Nur das Bewusstsein, also die Funktion des Gehirns und vielleicht noch des Rückenmarks, wurde kopiert auf irgendeinen anderen Träger. Das gesamte vegetative Nervensystem sowie die Sinnesorgane sind körpergebunden. Das Bewusstsein kann nicht mehr mit der Aussenwelt in Verbindung treten, sondern nur noch wie ein Träumender um sich selbst kreisen.

Um also erfolgreich sein eigenes Bewusstsein aus dem eigenen Körper herauszulösen muss also ein künstlicher Bewusstseinsträger nahezu alle Körperfunktionen nachbilden:
- Alle sechs Sinne zur Umwelterkennung, aber auch für das Wohlbefinden (z.B. um die Berührung durch einen anderen Menschen zu empfinden)
- Arme um die Welt zu begreifen
- Beine um sich fortzubewegen
- Einen Kopf und ein Gesicht um zu Kommunizieren (Mimik, aber auch Sprache)

Es ist auch diie Frage, ob man darauf verzichten möchte den Geschmack eines guten Essens oder eines Weins zu geniessen. Nicht zuletzt: was ist mit der Sexualität?

Es ist schon was dran an dem Sprichwort: Ein gesunder Geist steckt in einem gesunden Körper. So gesehen ist die Portierung des Bewusstseins nur ein kleiner Teil dessen was man für die Übertragung einer Persönlichkeit auf einen anderen Träger durchführen müsste. Man muss nahezu den gesamten Körper mitbauen.
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Es ist auch diie Frage, ob man darauf verzichten möchte den Geschmack eines guten Essens oder eines Weins zu geniessen.

Im Gegenteil: ein virtueller Körper kann ein virtuelles Essen sehr viel mehr geniessen als ein natürlicher Körper ein natürliches Essen. Schliesslich ist ja frei wählbar, was die Rezeptoren auf der Zunge dem Gehirn melden sollen...
 

Orbit

Registriertes Mitglied
Jonas
Du stellst diese Diskussion wieder auf einen realen Boden. Du setzt auf einfache und anschauliche Weise mal eine ethische Grenze in diese grenzenlose Fantasiererei.
Und gleichzeitig setzt Du auch die Latte, die anzeigt, bei welchem Entwicklungsstand überhaupt über sowas diskutiert werden dürfte, sehr hoch.
Das ohne einen Entscheid zu fällen, und das ist richtig; denn, ob man so was tun soll und darf, das können wir aus unserer heutigen Optik nicht beurteilen.

Herzliche Grüsse
Orbit
 

jonas

Registriertes Mitglied
Bynaus schrieb:
Im Gegenteil: ein virtueller Körper kann ein virtuelles Essen sehr viel mehr geniessen als ein natürlicher Körper ein natürliches Essen. Schliesslich ist ja frei wählbar, was die Rezeptoren auf der Zunge dem Gehirn melden sollen...
Da hast Du zwar recht, man kann dem Bewusstsein ein Schlaraffenland anbieten, wenn man den entsprechenden Gehirnregionen (bzw. Bewusstseinsregionen) den Garten Eden anbietet.

Aber genau dort ist man bei der Horrorvision, die mac beschrieben hat: Wer garantiert uns dann, dass unser Bewusstsein nicht zu unserem Nachteil manipuliert wird, wenn wir von vorneherein einer Manipulation durch eine virtuelle Welt zustimmen?

Mit welchen anderen Bewusstseins (=Menschen) treten wir in der virtuellen Welt in Kontakt? Doch nur solchen, die von irgendjemand für die virtuelle Welt kreiert wurden. Kann ich mit diesen virtuellen Menschen ein vernünftiges Gespräch führen?

Und selbst wenn man ein Netzwerk schaffen kann, das mir als körperloser Geist Kontakt zu anderen körperlosen (echten) Bewusstseins ermöglicht, habe ich die Garantie, das mir die freie Wahl bleibt? Oder muss ich nicht befürchten, dass jemand für mich eine Wahl trifft, wem ich begegnen kann?

Das ist nicht nur George Orwell zum Quadrat, das ist Stanislav Lems Futurologischer Kongress hoch zehn.

Eine solche Welt würde mich zur Revolution herausfordern, aber ich würde niemanden finden, dem ich vertrauen kann, denn jeder, dem ich begegne kann Teil der Matrix sein.

Brave new world ... Aldous Huxley

PS: Ich könnte noch nichtmal erkennen, ob ich real bin oder virtuell. Eine ultimative Horrorvorstellung!

pps: Danke für das Lob, Orbit :) Aber mit diesem post treffe ich einen Entscheid ob richtig oder falsch. Und zwar eindeutig.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oben