Eigenbau

Hector42

Registriertes Mitglied
Hi Ihr,

ich habe mal ein 'Eigenbau'-Thema aufgemacht und möchte hier in erster Linie den Bau eines Karbon-Gitterrohrteleskopes verfolgen. Bis das fertig ist kann es aber noch laaange dauern. Natürlich soll es hier auch um den Bau von allen nur erdenklichen anderen 'Astroitems' gehen, darum habe ich es ja auch ganz allgemein 'Eigenbau' genannt.
Zu meinem Karbon-Projekt: Ich hatte vor einiger Zeit schon recht erfolgreich einen Alu-Gitterrohrtubus für mein 8"-GSO-Newton gebaut, diese Konstuktion möchte ich vergrößern, weniger Schrauben benutzen und natürlich Karbon. Ich will damit vorwiegend Astrofotografie betreiben, Karbon ist Steif und sehr Leicht (größeres Teleskop passt auf kleinere Montierung), zudem besitzt es praktisch einen Wärmeausdehnungskoeffizienten von null - also kein sich bei veränderder Temperatur verändernder Fokus!

Momentan bin ich in die 'Vorfeld'-Phase getreten, d.h. ich habe mir Karbongewebe und Harz bestellt und führe Versuche zur Herstellung von Karbon-Vierkantrohren durch. Die gibt es nämlich nirgends zu kaufen. Außerdem ist die Eigenherstellung etwa um den Faktor 2 billiger. Bei der Herstellung gehe ich volgendermaßen vor:
Ein 300 mm breites unidirektionales Fasergelege wird mittels Epoxidharz um ein mit Trennmittel behandeltes Aluminiumrohr (Kantenlänge 20 mm) gewickelt. Darüber kommt ein Flechtschlauch aus Karbonfaser (wie diese Fingerfallen). Drumherum werden nun zwei Alu-L-Profile Anepresst (mit Klammern) um eine tolle und glatte Vierkantform zu erhalten. Nach 24 h Aushärtung wird das Karbonrohr vom Alurohr abgezogen - das geht aber nur, wenn das Alurohr absolut frei von Macken ist.
So habe ich bis jetzt ein Rohr hergestellt, abziehen konnte ich es nur mittels Tischkante, Feile (als Hebel) und 2x 2mm Eisendraht. Diese Konstruktion hat meine Kraft etwa um den Faktor 50 bis 200 verstärkt (ja nach Ansatz der Feile), das hat gereicht um dem halben Meter Rohr abzuziehen. Das Alurohr war nicht so toll, das war vieleicht der Grund, warum es so schwer ging. Ein Eisendreht ist mir dabei übrigens gerissen (2mm!), hat mich aber nicht verletzt, puh. Da die Rohre später 1,5 - 2 m lang werden sollen und das mit der Feile auch nur eine Notlösung war habe ich eine einfache Maschine gebaut, mit der Durch eine 10 mm Gewindestange und mehreren Metallstücken un Muttern an den Richtgen Stellen, das Abziehen einfacher und weniger gefährlich gehen sollte. Hab' sie noch nicht ausprobiert.
Um die Qualität meiner Rohre dingfest zu machen habe ich sie mit Alurohren verglichen: Waagerecht in den Schraubstock, definierter Hebelarm und ein Gewichtam Ende des Rohres. Die Biegung habe ich dann gemessen und auf alles Mögliche bezogen. Hier ein Vergleich:

25mm Alu:
Biegung: 0,3 mm
längenzpezifische Masse: 364 g/m
massenenzpezifische Festigkeit: 8,43 (mm*g)/(N*m)
20mm Alu:
Biegung: 1 mm
längenzpezifische Masse: 271 g/m
massenenzpezifische Festigkeit: 20,71 (mm*g)/(N*m)
23mm Karbon:
Biegung: 0,8 mm
längenzpezifische Masse: 173 g/m
massenenzpezifische Festigkeit: 10,58 (mm*g)/(N*m)

Dazu ist zu sagen, dass sich alles auf einen Hebelarm von 394 mm bezieht, ich habe den Hebelarm zwar in die Einheit eingebaut, aber nicht auf die richtige Art - die Zusammenhänge sind recht kompliziert und erfordern ausschweifende Versuchsreihen. Ein hoher Wert für die Festigkeit ist schlecht. Man sieht hie, das das Karbonrohr sehr leicht ist, aber nicht so steif wie ich gedacht hatte - auch nach dem Tempern hat sich nichts geändert. Trägt man die Festigkeit gegen die Kantenläge der Rohre auf, so zeigt sich, dass das Karbonrohr nicht so steif ist, wie ein entsprechendes Alurohr. Das kann mehrere Gründe haben:

1) es war meine erste Bekanntmachung mit der CfK-Herstellung, die Fasern sind nicht perfekt in Längsrichtung gestreckt (das macht ja die Biegefestigkeit) und sind etwas 'deplatziert', darum auch eine schwankende Wandstärke
2) es ist zuviel Harz verblieben, das bringt nicht viel Festigkeit, aber dafür mehr Masse (mein Rohr ist für ein CfK-Rohr noch recht schwer
3)Karbon ist bloß bezogen auf das Gewicht (also bei ungleichen Abmessungen) steifer als Alu

Ich denke 3) ist es nicht, ich werde noch ein Rohr bauen, bei dem die unidirektionale Schicht außen liegt, der Flechtschlauch wirkt gegen Torsion und herausbrechende Schrauben, erstere ist nicht so wichtig und zweiteres tut er auch weiter innen. Wenn die unidirektionale Schicht außen ist hat sie ja eine etwas längere Kantenlänge - 1,5 mm oder so, aber das könnte sich schon bemerkbar machen. Meiner Meinug nach reichen die Rohre aus um etwas wie einen 16-Zöller zu bauen...hoffentlich. Selbst mit meinen schwehren Rohren sollte soein Tubus nur 4 kg wiegen, das ist weniger als mein 8-Zöller-Alutubus!!! Ich muss das nochmal durchrechnen, ein 16"-Spiegel ist ja schon super schwer...lieber nicht zu labberig bauen. Soein Tubus würde aber auch sehr viel Kosten, dazu kann ich noch keine Genaue Angabe machen, muss erst den Materialverbrauch genauer unter die Lupe nehmen.
Meine Temperkammer besteht übrigens aus einem Föhn und einem großen PE-Rohr, funktoiniert eigentlich ganz gut, ist nur nicht gerade Energiesparend.

@ Udo:

sorry für die Verspätung, war heute morgen um 3 nach dem Kampf mit den Rohren etch fertig :eek: .

Bis denn und immer schön alles selberbauen :D,
Hector42
 

Udo_S

Registriertes Mitglied
Hi Hector
Kam leider erst jetzt dazu dein Projekt zu würdigen. Klingt schon sehr interessant, hoffe bald die Bilder auf deiner HP zu sehen, weist ja der Mensch ist ein "Augentier".
Viel Spass beim Selberbauen und tu dir nichts. ;)
CS Udo S
 

Hector42

Registriertes Mitglied
Hallo, Udo!

Naja, ich hatte ja schon davon erzählt, da hast Du's schon gewürdigt :) , aber schön, dass Dich das hier auch interessiert. Die Vorfeld-Phase ist in absehbarer Zeit abgeschlossen, dann kann ich eine Weile erstmal nicht weiter machen, es geht dann daran das Geld für das Material zusammen zu bekommen. Wie es momentan aussieht wird der Tubus garnichtmal sooo teuer, 300 bis 600 Euro sollten nach ersten Überschlägen reichen. Ein entspechender Volltubus, den man sich bestellen kann kostet übrigens mindestens das vierfache. Aber solange ich mir noch nicht sicher bin, wie ich das Ding genau konstruiere kann ich nichts mit Sicherheit sagen. Ich kopiere doch weniger von der alten Konstruktion, ich spiele zunächst die Situation 16-Zöller f/4,5 (von Intes) durch, der Spiegel wiegt über 11 kg, da werde ich lieber von einem Basisquadrat auf der Prismenschiene schräge Trusses in beide Richtungen laufen lassen. Dafür wird aus den zwei Achtecken mit dem Okularauszug dazwischen nur noch eines, letzterer passt hoffentlich auf einer Platte zwischen ein Truss-Paar. Um ein 3D-Modell im PC werde ich also nicht herumkommen (wie ich vorher dachte). Die Karbonrohre kommen mir mit 22,5 mm Kantenlänge doch etwas schmächtig vor, jedoch sind im 8-Zöller 12 mm Alu-Trusses verbaut, die sind vergleichsweise ganz schön schwabbelig aber das ist trotzdem bombenfest. Ich glaube ich schiebe wieder zu viel Panik. Auf 40 cm verbiegt sich eines der Karbonrohre bei 5 kg Belastung um 3,1 mm, 10 kg und sechs Rohre (die Trusses) würden dann bei 1,bla mm liegen - der Hebelarm beim fertigen Teleskop wäre allerdings 50 cm. Bei der Rechnung ist aber nicht berücksichtigt dass die Trusses schräg sind, beim Hauptspiegel sogar etwa um 45 ° (ein guter Winkel), das steigert die Festigkeit natürlich ganz enorm. Ein Paar Dinge müssen allerdings neu designed werden:
1) die Hauptspiegelzelle muss komplizierter und auch stabiler werden, das wird schwierig
2) die Justageeinrichtung muss stabiler werden, hinderlich ist, dass CfK recht Druckempfindlich ist, brauche Metallbeschläge oder so.
Wie geschrieben soll es eine tolle Intes Optik werden, da gehen dann 3000 Euro flöten - und dann soll ja noch eine super CCD-Ausrüstung dran. Wo ich all das Geld hernehmen soll weiß ich absolut nicht, aber mit 'erst Bauen, dann Fragen' bin ich bis jetzt noch nie auf die Klappe gefallen, wird schon irgenwas am Ende draus entstehen :) .

Tja, die Homepage..tut mir Leid, dass die so langsam voranschreitet, wenn Du wüsstest, wie ich mir die Vorstelle...beim jetzigen Tempo bin ich damit in 50 Jahren noch nicht fertig (das ist mein Ernst, momentan kommen die Ideen nämlich noch schneller hinzu als ich sie überhaupt einplanen kann, muss also immer viel vorhandenes Umschreiben). Ich weiß nicht ob ich das bis jetzt verbergen konnte - vermutlich nicht - aber ich präsentiere immer gerne meine Bilder und so weiter, man könnte fast annehmen ich hätte sowas wie ein gesteigertes Geltungsbedürfnis. Zum glück gibt es ja Leute, die mich so akzepieren :) , ist halt irgendwie eine feste Charaktereigenschaft - die bekomme ich nicht weg, will ich mittlerweile auch garnicht mehr. Darum finde ich es selber schade, dass ich noch nichts auf die Augen geben kann. Weil ich beim 'leben' irgendwie sehr ineffizent bin dauert alles immer sehr lange und weder das Abi, noch die Homepage, noch physische oder elekrononische Aufräumarbeiten etc., etc., laufen mit adäqater Geschwindigkeit. Vielleicht sollte ich hier nicht immer so ausschweifend schreiben...
Dokumentieren tue ich das Teleskopprojekt jedenfalls schon schön mit Fotos.
Tun tu ich mir auch nichts mehr, die Kurbelmaschine zum Abziehen der Rohre funktioniert gut (sie zerschrammt auch nicht die Aluform (also das Rohr, wo ich das Karbonkram drumwickle)), vermutlich taugt sie sogar für die Spätere 'Serienproduktion', aber mal sehen, 50 cm und 1,5 m sind schon ein unterschied. Das Karbonrohr könnte bersten. Bei der Maschine kann jedenfalls nicht viel passieren, die ist etwa so gefährlich wie ein Schraubstock :cool: .

So, jetzt will ich mal die neuen Ergebnisse Präsentieren:
Die Rechnung ist aufgegangen, unidirektionales Gewebe außen, besser Verlegt und stärker gepresst, das alles führte zu einem wesentlich besseren zweiten Rohr. Ich habe wieder Belastungstests durchgeführt, diesmal viel genauer, dabei ist herausgekommen, dass das erste Rohr viel schlechter ist, als angenommen. Hier die neuen Daten:

25mm Alu:
Biegung: 2,09 mm
längenzpezifische Masse: 364 g/m
massenenzpezifische Festigkeit: 15,04 (mm*g)/(N*m)
20mm Alu:
Biegung: 3,64 mm
längenzpezifische Masse: 271 g/m
massenenzpezifische Festigkeit: 19,52 (mm*g)/(N*m)
23mm Karbon (gehärtet und ungehärtet):
Biegung: 3,75 mm
längenzpezifische Masse: 173 g/m
massenenzpezifische Festigkeit: 12,84 (mm*g)/(N*m)
22,5 mm Karbon (*neu*, ungehärtet):
Biegung: 3,11 mm
längenzpezifische Masse: 147 g/m
massenenzpezifische Festigkeit: 9,06 (mm*g)/(N*m)

Das neue Rohr ist zwar immernoch etwas weniger steif als ein gleich großes Alurohr, aber das passt schon. Interessant ist, das es nur 85 % so schwer wie das erste CfK-Rohr ist und dass das erste 83 % der Festigkeit des zweiten besitzt. Sicher nur Zufall. Außerdem ist es gleichmäßiger geworden - Abweichung der Festigkeit in beiden möglichen Biegerichtungen:
erstes 12 %
zweites 8,5 %
Ich habe herausgefunden, dass die Rohre einen überraschend metallischen Ton erzeugen, wenn man sie zur Schwingung bringt. Das zweite Rohr hat eine höhere Frequenz, was auf höhere Steifigkeit hinweist - das hat mir dadurch sogar einen Fehler in den Berechnungen aufgezeigt (weil es der falschen Berechnung widersprach). Jetzt tut meine Kniescheibe weh, weil ich die als Klöppel benutzt habe :) .
Das zweite Rohr ist gerade im Temperofen (zum härten), beim ersten hat das ja nichts gebracht, vielleicht bringt das bei dem besser gefertigten ja was.

So, Schluss hier für heut'
Alles Gute...
Hector42
 

Hector42

Registriertes Mitglied
Hallo!

Also das Tempern hat mal wieder nichts gebracht, außer, dass das Rohr kosmetisch etwas verbessert wurde. Nun habe ich nicht mehr genügend Material zum weiteren Testen. Ich traue den Rohren aber die Belastung zu, wenn die Geasamtkonstruktion stimmt. Darum geht es jetzt an die Feinarbeit: 3D-Modell erstellen, Gewicht und Kosten genau kalkulieren. Dabei behalte ich aber noch eine weitere verbesserungsmöglichkeit im Kopf: anstatt einer Schicht unidirektionalen Gewebes könnte ich versuchen zwei dazwischen zu quetschen. Das würde hoffentlich das Gewicht sogar reduzieren und die Festigkeit weiter erhöhen, ich befürchte nur, das die nicht mehr dazwischen passt, darum bestelle ich erstmal nur Material für die Fertigung der ein-Schicht-Variante und mache dann einen weiteren Test. Wenn es gut ist wird einfach nochmal hinterherbestellt. Die zusätzlichen Versandtkosten sind relativ gering. Die zwei-Schicht-Variante ist dann auch um etwa 50 % teurer. Je nachdem welche Variante es wird, werden sich die Kosten für die Rohre (setze 20 m voraus) auf 250 bis 400 € belaufen. Da kommen noch ein paar Karbonplatten und möglichst wenige Schrauben hinzu. 20 m meiner (ein-Unidirektionalschicht-) Rohre wiegen übrigens nur schlappe 3 kg :) .

Frohes Schaffen...
Hector42
 

Hector42

Registriertes Mitglied
Hallo,

ich habe noch ein bisschen dünneres unidirektionales Gelege, damit werde ich heute mal eines der zwei-unidirektionalschicht-Rohre simulieren, wird aber nur max. 25 cm kang werden...ob sich damit noch sinnvolle Tests machen lassen? Jedenfalls kann ich die Masse bestimmen und sehen, ob soviel Karbon überhaupt zwischen die L-Profile passt.
Übrigens sind sie hergestellten Karbonrohre etwas Dünnwandiger als die Alurohre mit denen ich sie vergleiche (1,3 und 1,25 mm vs. 1,5 mm).
Angesichts dessen wären sie bei gleichen Abmessungen wohl wirklich schon stabiler als Aluminium.

Ciao,
Hector42
 

Hector42

Registriertes Mitglied
Hallo,

also mit meinen Formteilen lassen sich leider nur die dünneren Rohre ordentlich herstellen, auch habe ich die Milchmädchenrechnung verplant und das (insgesamt doch nur 2,5-Lagige) Stück ist nur 12,5 cm lang geworden - damit kann man nun wirklich keine tests durchführen.

Jetzt heißt es erstmal Sparen...

Gruß,
Hector42
 
Oben