Könnte es nicht auch sein, dass die Erde durch den Theia-Impakt Wasser erhalten hat - mehr als die Venus je hatte?
Das ist unwahrscheinlich: Der Mond besteht nach Simulationsrechnungen vorwiegend aus dem Impaktor-Material, und er ist extrem an volatilen Elementen abgereichert: Folge der sehr energiereichen Kollision. Selbst wenn Theia viel Wasser besessen hätte, wäre es schlicht verdampft, da Wasser sehr volatil ist (wenn nicht, dann sollte der Mond noch heute zumindest Elemente enthalten, die etwas weniger volatil als Wasser sind - aber selbst diese sind stark abgereichert). Weiter stammte Theia vermutlich aus der gleichen Zone wie die Erde (gleiche Sauerstoffisotopie wie Erde und Mond) - es wurde etwa schon spekuliert, ob sie im L4 oder L5 Librationspunkt entstanden sein könnte und sich dann durch Bahnstörungen in Richtung Erde aufgemacht haben. Das heisst, sie kann plusminus nur so viel Wasser enthalten haben, wie die Erde. Das Wasser der Erde stammt wahrscheinlich zu einem sehr grossen Teil aus den Asteroiden, die sie nach der Mondentstehung noch getroffen haben: genau in der richtigen Menge, um Ozeane und Landmassen zuzulassen, was ich immer noch für einen faszinierenden "Zufall" halte (in Anführungszeichen deshalb, weil es nach dem anthropischen Prinzip klar ist, dass wir dies beobachten müssen - wenn wir nicht exakt auf dieser "glücklichen" Welt wären, gäbe es uns nicht und wir könnten es nicht feststellen - im Umkehrschluss heisst das aber auch, dass es da draussen jede Menge erdähnliche Welten geben muss, die zu viel oder zu wenig Wasser abbekommen haben).
Aus statistischen Gründen ist es äusserst unwahrscheinlich, das bedeutende Mengen Wasser als "Auswurfsmaterial" von der Erde zum Mars gelangen. Tatsächlich ist der Deuteriumgehalt des Mars höher, aber dazu komm ich gleich. Kometeneis ist übrigens nicht uniform deuteriumreicher, sondern zeigt einfach eine starke Variation, je nach Herkunft. Der erste Komet, bei dem man Deuterium zuverlässig gemessen hat (Halley), war einfach besonders deuteriumreich.
Nun zu deinen Fragen, mac:
Ein Teil des Wassers auf dem Mars ist ja, wie wir heute wissen, versickert und liegt nun als Permafrost vor: das ist, wie die Messungen von Mars Express gezeigt haben, eine gewaltige Menge - sie würde reichen, um den Mars 11 m tief unter Wasser zu setzen. Trotzdem, der Ozean enthielt vermutlich viel mehr Wasser, schaut man sich die Küstenlinien an. Und hier muss ich einfach vermuten, dass das restliche Wasser ins Weltall entwichen ist. Warum?
- Das Marswasser enthält deutlich mehr Deuterium - das deutet auf eine verstärkte Verdunstung hin: Wasserstoff-1 (oder "Protium") ist bevorzugt entwichen, weil es nur halb so schwer wie Deuterium ist.
- Man kann mit einer Faustregel berechnen, ob ein Planet ein bestimmtes Gas in der Atmosphäre über Jahrmilliarden behalten kann oder nicht: Mars kann demnach kein Wasserdampf behalten (selbst ohne die Aufspaltung in Wasserstoff und Sauerstoff unter UV-Licht, die die Venus ihres Wassers beraubt hat), Stickstoff und Sauerstoff liegen hart auf der Grenze (die Marsatmosphäre enthält sie noch heute in geringeren Mengen, doch da Wasser vor allem als Molekül entwichen ist gab es nie besonders viel Sauerstoff, und da der Vulkanismus auf dem Mars nicht so lange anhielt, ist der grösste Teil des Stickstoffs nie ausgegast).
Die Erdmondentstehung per Impakt ist einfach die Theorie, die bis heute alle Fakten gut erklärt. Mit allen anderen Entstehungsmodellen gibt es zentrale Probleme. Eine gleichzeitige Entstehung "nebeneinander" ist nur schon deshalb zweifelhaft, weil der Mond, im Gegensatz zu allen anderen Körpern im Inneren Sonnensystem, praktisch kein Eisen enthält, dafür einen überproportionalen Anteil an Silikaten.
Zum Astronews-Artikel: Wow, sehr interessant. Ich fand es schon immer sehr Schade, die Sache mit der Küstenlinie (jetzt neu ohne Anführungszeichen
). Auf die Idee wär ich allerdings nicht gekommen. Die nördlliche Tiefebene hat ja auch eine Menge "verwaschener Krater" (im Gegensatz zum südlichen Hochland), das schreit fast nach einem zumindest zeitweiligen Ozean.