Hallo,
die Frage, ob es Replikatoren gibt oder nicht, würde ich einstweilen offen lassen. Bisher konnten von uns noch keine entdeckt werden, und das kann vielerlei Gründe haben. Entweder wurden bislang noch keine gebaut - auch dies wiederum aus mehreren möglichen Gründen - oder die Verteilungsdichte ist (noch?) so gering, das hier noch keiner angekommen ist, oder sie verstehen es, sich so perfekt zu tarnen, dass sie unentdeckt bleiben. Das Problem, das ich angesprochen habe, bezieht sich auf mögliche langfristige Folgen des Replizierens.
Ich denke, es wäre für einen Replikator kein prinzipiell unlösbares Problem, einen Asteroiden in eine Replikatorfabrik umzugestalten, auch wenn dafür vielleicht eine Zeitspanne von einigen Tausend bis Hunderttausend Jahren anzusetzen ist. Replikatoren haben eine potenziell unbegrenzte Lebenserwartung und daher genügend Zeit, um sich ihrer Replikation zu widmen, wenn sie sich denn dazu entschlossen haben. Für mich entsteht hierbei die Frage, ob es überhaupt nötig ist, sich zu replizieren. Da die Lebenserwartung potenziell unbegrenzt ist, genügt doch die Fähigkeit zur Selbstreparatur, um dem durch den Evolutionsprozess in die Psyche integrierten Selbsterhaltungstrieb Genüge zu tun.
Ein ETI-Individuum, welches den biologischen Körper mit einem kosmostauglichen künstlichen eingetauscht hat, um auf interstellare Reisen zu gehen, verliert mit seiner Sterblichkeit zugleich die Notwendigkeit, für Nachkommen zu sorgen. Alles andere wäre langfristig fatal, da dann die geometrische Progression langfristig zur Überbevölkerung führt, weil die "Eltern" nicht wegsterben. In interstellaren Weiten scheint dies weit hergeholt, aber über hinreichend lange Zeiträume führt dies letztlich dazu, dass z.B. die 30. Generation auf die erste trifft und vor dem Problem steht, wie man damit umgeht.
Über so lange Zeiträume hinweg kann es gut sein, dass man sich etwas entfremdet hat und mehr oder weniger verständnislos einander gegenübersteht, oder besser -schwebt. Ich könnte mir vorstellen, dass die über sehr lange Zeit hinweg andauernde vollständige Isolation von Replikatorengenerationen analog zur irdischen Evolution zur Aufspaltung in verschiedene Arten, Gattungen usw. führt, deren Programmierungen entsprechend stark voneinander abweichen - vergleichbar mit den Abweichungen in den DNA-Sequenzen in den Genomen der Lebewesen. Das bedeutet aber auch, dass die Kommunikation zwischen den verschiedenen Replikatorengenerationen zunehmend erschwert wird, bis hin zur totalen gegenseitigen Verständnislosigkeit.
Wenn die Gesetze der Evolution universell sind, dann bedeutet das, dass die ökologische Nische "Weltraum" zunehmender Artenkonkurrenz ausgesetzt ist, sprich: Zugang zu Ressourcen, um die jeweils eigene Population in der gegebenen Individuenzahl zu erhalten. Da die Replikatoren autonom und intelligent zugleich sind, verfolgt jeder einzelne aus eigener Einsicht heraus bewusst und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln die eigene individuelle Selbsterhaltung - genau wie in unserer Menschenwelt. Während man hier anderen Menschen seinen Willen aufzwingen kann, indem man z.B. mit Arbeitslosigkeit, Armut oder gar Mord droht, dürfte das bei Replikatoren schwierig sein, es sei denn, man verfügt über die entsprechende Kriegstechnik und das Ende der eigenen Existenz stellt eine hinreichend große Bedrohung dar, dass man sich dem Argument der stärkeren Waffe beugt.
Ich denke, dass hinreichend intelligente Spezies bereits über die möglichen Folgen der Replikation potenziell unsterblicher Mechanismen nachgedacht und entsprechende Schlussfolgerungen gezogen haben. Sollte sich auch nur eine dieser Spezies sich dazu entschlossen haben, sich in solche Mechanismen zu transformieren und als Replikatoren die Galaxis in geometrischer Progression zu besiedeln, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich so ein Ding hier bei uns sehen lässt. Warten wir es ab ...
Viele Grüße!