Wo kommt der Sauerstoff auf der Venus her?

Toni

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Hallo Leute!

Hat sich eigentlich schon einmal jemand darüber Gedanken gemacht, woher die gigantischen Mengen Sauerstoff, welche für die Bildung des Kohlendioxids in der Venusatmosphäre verantwortlich sind, herkommen?
Hier nur eine kleine Zusammenstellung der Bestandteile der Venusatmosphäre, wie sie in Wikipedia steht:

96,5 % Kohlendioxid
3,5 % Stickstoff
0,015 % Schwefeldioxid
0,007 % Argon
0,002 % Wasser(dampf)

Nun habe ich dort auch gelesen, dass die Masse der gesamten Venusatmosphäre ungefähr so groß ist wie die Masse des Wassers in den Ozeanen der Erde! - Da frage ich mich doch, wo die zur Bildung dieser CO2-Massen notwendige Menge an freiem Sauerstoff herkommt?? Und ebenso der dazu nötige Kohlenstoff? Bei uns auf der Erde ist der Kohlenstoff größtenteils in der Biomasse und in pflanzlichen Abbauprodukten wie Kohlen- und Erdöllagerstätten gebunden, ebenso im massenhaft vorhandenen Kalkgestein, welches ebenfalls wieder tierischen Ursprungs ist.
Doch auf der Venus gibt es all dies nicht. Oder hat man dort schon Kalksteinfelsen entdeckt? Kohlendioxid ist, so viel ich weiß, ein chemisches Verbrennungsprodukt aus C und O2 und muss demzufolge auf diesem Wege entstanden sein. Aber um diese gewaltigen Mengen zu erzeugen, muss der gesamte Planet ja "ewig" in Flammen gestanden haben ...
 

Anac

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Hallo Toni,

ich meine Mal gelesen zu haben, dass die Venus in der Vergangeheit über große Mengen Wasser verfügt haben soll. Es war also wesentlich kühler und damit auch erdähnlicher. Infolge der Aufheizung des Planeten, ist dieses Wasser dann verdampft, die Strahllung spaltete die H2O-Moleküle auf und der leichte Wasserstoff gaste in den Weltraum aus. Der Sauerstoff verband sich daraufhin mit Kohlenstoff aus den Karbonatgesteinen des Planeten. So entstand das CO2.

(Kohlendioxid muss nicht unbedingt in Verbrennungsprozessen entstehen; eine Verbrennung ist auch nur eine Oxidationsreaktion; der Sauerstoff kann auch ohne "Flammen" den Kohlenstoff oxidieren)

Kohlenstoff als Element kommt m.W. im Universum in großer Menge vor und ist auf allen terrestrischen Planeten zu finden. Die große Menge in der Atmosphäre ist damit nicht besonders verwunderlich.


Gruß
Anac
 

Bynaus

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Kohlenstoff und insbesondere Sauerstoff sind (in unserem Sonnensystem) sehr häufige Elemente. Sauerstoff macht einen beträchtlichen Teil (ca. 1/3) der Erdmasse aus (der grösste Teil davon ist allerdings mit Silizium und Eisen zu Silikaten und Eisenoxiden gebunden). Der grösste Teil des Venus-CO2s dürfte aber aus dem Vulkanismus kommen. Würde man alle Karbonatgesteine der Erde vaporisieren (die Biomasse und die fossilen Brennstoffe machen demgegenüber nur einen kleinen Teil aus), hätten wir auf der Erde eine Atmosphäre mit 50 bar Druck, die zum grössten Teil aus CO2 besteht. Es ist anzunehmen, dass es auf der Venus nie im grossen Stil zur Bildung von Karbonaten kam (man ist sich unsicher, ob die Venera-Sonden wirklich Anzeichen für geringe Mengen von Karbonaten auf der Venus entdeckt haben), weil einfach das dazu notwendige Wasser als Lösungsmedium für CO2 fehlte. Also blieb das CO2 aus den Vulkanen eben in der Luft, fertig.
 

Toni

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Hallo Anac,

ich meine Mal gelesen zu haben, dass die Venus in der Vergangeheit über große Mengen Wasser verfügt haben soll. Es war also wesentlich kühler und damit auch erdähnlicher.
Das kann so nicht stimmen. In der Frühzeit des Sonnensystems, als das Wasser auf die Planeten kam, strahlte die Sonne als junger Stern viel heißer und heftiger als heute! Erst Millionen Jahre später setzte eine wesentlich ruhigere Phase ein. Doch da dürfte die Venus schon gar kein Wasser mehr besessen haben.

Infolge der Aufheizung des Planeten, ist dieses Wasser dann verdampft, die Strahllung spaltete die H2O-Moleküle auf und der leichte Wasserstoff gaste in den Weltraum aus. Der Sauerstoff verband sich daraufhin mit Kohlenstoff aus den Karbonatgesteinen des Planeten. So entstand das CO2.
Die Aufheizung der Venus soll doch eine Folge des stark ansteigenden Anteils von CO2 in der Atmosphäre gewesen sein? Wenn also, wie Du es sagst, Wasser auf dem Planeten existierte, dann gab es aber logischerweise das CO2 noch nicht. - Also, irgend etwas an dieser Theorie ist inkorrekt, um nicht zu sagen "faul".

der Sauerstoff kann auch ohne "Flammen" den Kohlenstoff oxidieren
Wie soll das denn gehen?? Stickstoff und Kohlenstoff sind aufgrund ihrer Elektronegativität zwei sehr schwer zu oxidierende Elemente, jedenfalls bei "normalen" Temperaturen.

Kohlenstoff als Element kommt m.W. im Universum in großer Menge vor und ist auf allen terrestrischen Planeten zu finden. Die große Menge in der Atmosphäre ist damit nicht besonders verwunderlich.
Doch, das ist sie! Auf dem Mars haben wir zwar auch eine ähnlich beschaffene Atmosphäre, doch um ein mehrere Hundertfaches dünner, also auch mengenmäßig viel, viel geringeres Vorkommen an Kohlenstoff. Auf der Erde ist der Kohlenstoff und das CO2 in Karbonatgesteinen und in der Biomasse gebunden.

Viele Fragen aufwerfende Grüße von
Toni
 

Ich

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Doch, das ist sie! Auf dem Mars haben wir zwar auch eine ähnlich beschaffene Atmosphäre, doch um ein mehrere Hundertfaches dünner, also auch mengenmäßig viel, viel geringeres Vorkommen an Kohlenstoff. Auf der Erde ist der Kohlenstoff und das CO2 in Karbonatgesteinen und in der Biomasse gebunden.
Bynaus hat das doch beantwortet.
 

Bynaus

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In der Frühzeit des Sonnensystems, als das Wasser auf die Planeten kam, strahlte die Sonne als junger Stern viel heißer und heftiger als heute!

Das stimmt nicht. Die junge Sonne hatte kaum 70% der Leuchtkraft der heutigen Sonne. Sie war zwar etwas "aktiver" in dem Sinn, das sie schneller rotierte und häufiger heftigere Sonnenfackeln abgab, aber die Leuchtkraft an sich war geringer. Deshalb ist eine kühlere, frühe Venus durchaus denkbar.

Die Aufheizung der Venus soll doch eine Folge des stark ansteigenden Anteils von CO2 in der Atmosphäre gewesen sein?

"Man" denkt dass die Ozeane, die die Venus mal besessen hat, schon ziemlich früh verdampft sind: Wasserdampf ist ein sehr starkes Treibhausgas, und dieses hat zur Erwärmung geführt, so dass der Ozean sehr schnell ganz verdampfte, worauf das verdampfte Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespaltet wurde, Wasserstoff entschwand und Sauerstoff verband sich mit den Oberflächengesteinen. Parallel dazu stieg der CO2-Gehalt der Atmosphäre durch Vulkanismus an, konnte aber aufgrund des mittlerweile fehlenden Wassers nicht zu Karbonaten gebunden werden.

Stickstoff und Kohlenstoff sind aufgrund ihrer Elektronegativität zwei sehr schwer zu oxidierende Elemente, jedenfalls bei "normalen" Temperaturen.

Warum Stickstoff? Davon war gar nie die Rede. Kohlenstoff kannst du sehr gut oxidieren (nimm mal ein Kohlebrikett und halt es ins Feuer... - das ist bloss die beschleunigte Version dessen, was über längere Zeiträume ohnehin geschieht), und dass Kohlenstoff eine hohe Elektronegativität aufweist, wäre mir neu...
 

ryan

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Kohlenstoff kannst du sehr gut oxidieren (nimm mal ein Kohlebrikett und halt es ins Feuer... - das ist bloss die beschleunigte Version dessen, was über längere Zeiträume ohnehin geschieht), und dass Kohlenstoff eine hohe Elektronegativität aufweist, wäre mir neu...
Da kann ich Bynaus nur zustimmen...

Kohlenstoff hat eine Elektronegativität von 2,5. Das würde ich nicht direkt als hoch bezeichnen, der höchste Eletronegativitätswert liegt bei 4 (laut Pauling)...Allerdings muss man sagen, dass es nur 6 Stoffe gibt, die eine höhere EN haben als Kohlenstoff. Meintest du das?

http://de.wikipedia.org/wiki/Elektronegativität
Hier finden sich die verschiedenen Angaben zu EN. Verwendet wird die nach Pauling.

gruß
ryan
 

Toni

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Hallo ryan,

Allerdings muss man sagen, dass es nur 6 Stoffe gibt, die eine höhere EN haben als Kohlenstoff. Meintest du das?
im Prinzip "ja". Ich hatte mal in der Schule gelernt, dass Kohlenstoff und vor allem Stickstoff schwer zu oxidierende Elemente wären. Ob das jedoch an der Elektronegativität liegt, da bin ich mir nun allerdings nach Euren Beiträgen nicht mehr ganz so sicher. :eek: Auf jeden Fall sollten sehr hohe Temperaturen benötigt werden, um diese Elemente zu oxidieren. Darum habe ich mir Gedanken darüber gemacht, ob bei einer noch nicht aufgeheizten Venus dies so ohne weiteres möglich gewesen wäre. - Und darum auch meine Nachfrage, ob diese CO2-Menge von einer völlig verbrannten, einstmals (aufgrund großer Wassermengen) eine große Biomasse enthaltenden Venus-Oberfläche herrührt. :(

Wie würde denn unsere Atmosphäre aussehen, wenn nach einem totalen Weltenbrand unsere Atmosphäre ihres Sauerstoffs beraubt wäre und sich dieser mit der Biomasse zu CO2 verbinden würde??? :confused: Vielleicht Venus-ähnlich, allerdings mit wesentlich mehr Stickstoff?

Das ist der eigentlich Grund meines Interesses an diesem Thema. Gibt es Parallelmöglichkeiten zwischen Erde, Mars und Venus? CO2 kommt ja schließlich nicht so im Weltall vor, oder?

Reichlich verbrannte Grüße von
Toni
 

ispom

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wie das mit der Elektronegativität auch sein mag,
damit klenne ich mich nicht aus, aber:
mich wundert es eher, daß das viele CO2 der Venusatmosphäre nicht schon lägst zu einem erheblichen anteil durch die intensive sonneneinstrahlung zu CO geworden ist,
afaik hat man noch nie CO dort nachgewiesen.

Gibt es einen mechanismus, der das entstandene CO wieder zu CO2 oxydiert?

darüber wohl heute nicht einschlafen könnende grüße von ispom
 

jonas

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Gibt es einen mechanismus, der das entstandene CO wieder zu CO2 oxydiert?
Oxydation? CO sollte über einen ganz normalen exothermen Prozess zu CO2 wieder verbrennen.

Falls ich unrecht habe, so schlagt mich bitte nicht tot, meine letzte Chemiestunde ist schon etwas her. ;)
 

ispom

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Oxydation? CO sollte über einen ganz normalen exothermen Prozess zu CO2 wieder verbrennen.

Falls ich unrecht habe, so schlagt mich bitte nicht tot, meine letzte Chemiestunde ist schon etwas her. ;)

googel nach: Venus Carbon Monoxide Dioxide

hat dies geliefert

http://www.nasa.gov/centers/goddard/news/topstory/2006/vesper.html

The planet's atmosphere is mostly carbon dioxide (CO2), which should get broken down by sunlight into carbon monoxide (CO) and oxygen. That's not happening, at least not on a large scale, or scientists would have seen it by now. There must be some as yet unknown chemistry stabilizing the atmosphere.

also: :confused: :confused: :confused:


dem sich anschließende grüße von Ispom
 

jonas

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Hi Ispom

Habe mir den Artikel mal durchgelesen. Vesper ist bestimmt eine interessante Konzeptstudie, und man darf gespannt sein, ob sie sich gegen die Konkurrenz durchsetzen und eines Tages realisiert wird.

Dennoch ist dieser letzte Absatz der wissenschaftlichen Fragestellungen, denen sich die Konzeptschudie widmen soll, für mich immer noch überraschend. Wenn Strahlung freien Sauerstoff aus den CO2 Molekülen herausschlägt, was ja durchaus passieren kann, was bewegt dann die Wissenschaftler zu glauben, dass sich dieser freie Sauerstuff dann anreichern sollte anstatt sich relativ rasch wieder mit dem CO zu verbinden.

Wenn dies ein Mysterium darstellt, dann frage ich mich schon, weshalb? Mich überrascht viel eher die Tatsache, dass mehr CO erwartet wird, als die Tatsache, dass eben praktisch kein CO gemessen wird.
 

Toni

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Hallo jonas, ispom,

Wenn dies ein Mysterium darstellt, dann frage ich mich schon, weshalb? Mich überrascht viel eher die Tatsache, dass mehr CO erwartet wird, als die Tatsache, dass eben praktisch kein CO gemessen wird.
dieser Frage schließe ich mich natürlich gerne an. ;)

Interessierte Grüße von
Toni
 

ispom

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Ich verstehe zu wenig von chemie, als daß ich beurteilen kann, wie viel CO sich nun inzwischen angesammelt haben müßte,
über dieser Frage brüten größere Köpfe,
aber jetzt hat jemand den Vorschlag gemacht, daß metallische Mineralien an der Oberfläche katalytisch aktiv werden...

naja, Vesper wirds wohl herausfinden, ist aber noch so lange hin...

bedauert Ispom
 

ispom

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also, die Sache mit dem Sauerstoff und dem CO werden wir wohl nicht klären.
Und bis mal wieder eine Sonde auf der Oberfläche niedergeht, wird vermutlich eine seeeehr lange Zeit vergehen
(oder gibts da schon Programme?)

Vesper wird sich nur mit deer Atmosphäre beschäftigen.
Und vielleicht klären, was es mit dem Doppelstrudel an den Polen auf sich hat
(double lobed structure )

http://www.esa.int/esaCP/SEMDGJC4VUE_index_0.html

oder hat hier schon jemand eine Idee?

große Oberflächenunebenheiten vielleicht?

fragt Ispom
 

Toni

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Ahhh! Endlich mal wieder ein astronomisches Thema! :D (Immer nur Pyramiden geht ja nun auch nicht ... :rolleyes: )

Ach so, äh, hallo ispom,

also, große Unebenheiten würde ich mal ausschließen, denn die Höhenunterschiede sollen ja auf der Venus nicht so krass sein. Ich denke mal eher, das hat was mit den Temperaturunterschieden zwischen Tag- und Nachtseite zu tun. Da sich die Venus im Prinzip nicht dreht, die ionisierten Wolkenschichten aber von der Tag- auf die Nachtseite herumgewirbelt werden, könnte sich ja eventuell an den nicht so "stark" temperaturdifferenzierten Polen ein leichter Unterdruck bilden, der solche leichten Wirbel verursacht. Das "temperaturdifferenziert" muss hierbei jedoch nicht heißen, dass die Unterschiede sehr hoch wären (was ja auf der Venusoberfläche überhaupt nicht zutrifft), aber ich denke, dass dort an den Polen der Temperatur-Unterschied zwischen Tag- und Nachtseite beileibe nicht so stark sein wird wie in niedrigeren Breitengraden.

Das alles nur so als Idee von mir. Falls ich natürlich völlig falsch liegen sollte :eek: , bitte nicht gleich hauen! ;)

Ideenstrotzende Grüße von
Toni
 

ispom

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na schön, toni, der Strudel ist eigentlich auf allen Planeten, die eine Atmosphäre haben, an den Polen zu erwarten.
Es ist kein Hurrikan, der sich durch aufsteigende feuchte Luft mit Unterstützung der Corioliskräfte bildet (gibts an den Polen eh nicht),

es ist eben ein Strudel, der sich durch die Drehung des Planeten dort bildet, wo die Drehachse rauskommt :)

aber auf der Venus gibts den Doppelstrudel,
so als ob die Drehachse aufgespalten wäre....

naja,
auf die signatur verweisende grüße von Ispom
 

Toni

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Hi ispom,

es ist eben ein Strudel, der sich durch die Drehung des Planeten dort bildet, wo die Drehachse rauskommt :)
jo, wie beim Saturn sehr schön zu sehen! - Aber auf der Venus??? :confused: Da gibt's doch nun wahrlich keine Drehachse! Dat Ding steht doch so gut wie still?! :eek: - Na ja, mal sehen was die anderen noch so für Vorschläge haben ...

Geduldig wartende Grüße von
Toni
 
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