Kommentare zu SuW ("Sterne und Weltraum")

ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

ich möchte hiermit eine Plattform erstellen, in der man Kommentare, Anmerkungen u.s.w. zur deutschen Astronomiezeitschrift "Serne und Weltraum" abgeben kann.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

in der August-Ausgabe 2020 habe ich auf Seite 7 einen ganz interessanten Leserbrief gefunden, der sich auf einen Zeitungsartikel aus dem Jahre 1930, dem Entdeckungsjahr des Pluto, bezieht:

Konjunktur der Planeten

Kaum ist die Kunde von der Entdeckung eines neuen großen Planeten verhallt, da gibt der bekannte italienische Astronom Professor Raffael Bendandi bekannt, daß ihm die Feststellung von vier weiteren Planeten geglückt sei. Durch diese neuen Planeten, deren entferntester sich siebenmal so weit von der Sonne befinde wie der Neptun und zu seinem Umlauf um die Sonne 2900 Jahre braucht, wachse unser Sonnensystem auf das Fünfzigfache der bisher angenommenen Größe.

Bemerkung: in der damaligen Frakturschrift wird neben dem "ß" auch noch zwischen stimmhaftem-s ("langes s") und dem End-s (heutiges s) unterschieden; im Zitat habe ich die "ß" dargestellt; mit Ausnahme von "das" und "bisher" sind alle vorkommenden einzelnen s stimmhafter Natur.


Diese Nachricht erscheint zunächst einmal sehr faszinierend, doch zeichnet die Wikipedia über diesen bekannten italienischen Professor das folgende Bild: Raffaele Bendandi

Zum einen ist zu sagen, dass in der italienischen Sprache ein Professor einfach nur ein Lehrer ist, insbesondere nicht über einen Hochschulabschluss zu verfügen braucht, ganz zu schweigen davon, dass er sich habilitiert haben muss, um diesen Titel tragen zu dürfen. Tatsächlich war er ein Uhrmacher und seine praktischen Fähigkeiten ermöglichten es ihm, einen eigenen Seismographen zu bauen, um sich seiner Leidenschaft der Erdbebenvorhersage widmen zu können. Hierfür entwickelte er eine Theorie über die Entstehung von Erdbeben, die von der Annahme ausging, dass der gravitative Einfluss der Himmelskörper des Sonnensystems die Erdkruste dahingehend beeinflusst, dass Erdbeben entstehen können, eine Theorie, die aus wissenschaftlicher Sicht nicht zu belegen ist. Zwar hat er "Publikationen" veröffentlicht, dies aber auch nicht im wissenschaftlichen Sinne, sondern in diversen Zeitungen.

Des Weiteren meinte er, im Jahre 1959 einen Planeten zwischen dem Merkur und der Sonne entdeckt zu haben, dem er den Namen "Faenza" nach seiner Heimatstadt gegeben hat.


Ich bitte um Nachsicht, dass ich mich nicht weiter mit der angeblichen Entdeckung dieser vier Planeten beschäftigt habe. Aus heutiger Sicht hätte im Rahmen der Himmelsdurchmusterung, bei der der Astronom Clyde Tombaugh im Jahre 1930 den Planeten (seit 2006 Zwergplaneten) Pluto entdeckt hat, tatsächlich noch ein weiterer Planet entdeckt werden können, nämlich der Zwergplanet Makemake, jedoch befand er sich damals vermutlich in einer sternreichen Region und ist deswegen leider seiner damaligen Entdeckung entgangen. Wurde der Pluto damals auf etwa 40000 km Durchmesser geschätzt, so wäre Makemake im Falle einer Entdeckung auf 2/3 der Grösse des Pluto geschätzt worden, also rund 30000 km Durchmesser.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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ralfkannenberg

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SuW Oktober 2020: Buchbesprechung

Hallo zusammen,

ich habe in der neusten Ausgabe des SuW (10/2020) auf Seite 90-91 eine Buchbesprechung über das Buch "Planet Neun (Marcus Stöger)" gefunden.

Die Buchbesprechung fällt trotz einiger Höflichkeiten vernichtend aus:

SuW schrieb:
Aber das Buch richtet sich ja nicht an Astronomiejournalisten, sondern an Leser, denen das Thema bislang neu ist. Kann man es also diesem Leserkreis empfehlen ? Leider nein.

Ganz "witzig" noch ein Seitenhieb weiter unten:

SuW schrieb:
Seinen Exkurs in die spezielle Relativitätstheorie möchte ich an dieser Stelle gar nicht weiter ausführen; Physiker mit Blutdruckproblemen sollten den entsprechenden Teil jedenfals meiden.
SuW schrieb:
... verblassen neben dem negativen Gesamteindruck dieses Werks

Da ich in meinem privaten Bekanntenkreis immer wieder auf solche Fragestellungen angesprochen werde, habe ich mir angewöhnt, katastrophale Bücher käuflich zu erwerben, damit ich auf allfällige komische "Thesen" vorbereitet bin. Tatsächlich wurde ich gestern wie eine Schachfigur durch Zürich geschickt, bis ich das Buch endlich hatte, bei einem Preis von weniger als 30 Franken war ich es dem Personal offenbar nicht wert, dass sie das Buch in ihrer miserablen Lagerhaltung für mich herausgesucht hätten - gemäss Bestandsliste im Computer haben sie es zwar, aber sie konnten es nicht finden und waren froh, als ich die Buchhandlung endlich wieder verlassen hatte. Noch eine letzte Filiale von denen am Bellevue bekam eine Chance von mir und das war dort wirklich professionell: Frage, Angabe vom Regal und das Buch lag dort - ich habe sogar noch meinen Zug nachhause, den ich schon aufgegeben hatte, erreicht

Auf der Zugfahrt war ich dann aber doch etwas überrascht über das vernichtende Urteil im SuW, zumindest bei erst flüchtiger Lektüre ausgewählter Abschnitte kam das Buch bei mir doch irgendwie "anders" an. Gewiss, das journalistische Herumreden, wie ein Professor auszusehen hat, behagt mir nicht, aber ich bin letztlich auch nicht das Zielpublikum eines solchen Buches.

Nicht ganz glücklich bin ich persönlich darüber, dass - wie schon in einem Astronomiejournal, welches ich kürzlich gelesen habe, der Sedna die Hauptschuld dafür gegeben wird, dass der Pluto seinen Planetenstatus verloren hat. Wobei Marcus Stöger hier durchaus besser differenziert, wie man auf Seite 13 nachlesen kann:

Marcus Stöger schrieb:
2003 fand der künftige Plutokiller Mike Brown ein Objekt mit ähnlicher Masse, das ebenfalls weit draußen auf einer exzentrischen Bahn unterwegs ist. Sedna konnte auch auf älterenBahnen identifiziert werden, wodurc hsich ihr Kurs ziemlich genau bestimmen ließ. (...)

2005 folgte die nächste Entdeckung in jener Region. Das Objekt schien größer als Pluto zu sein und wurde eine Zeit lang unter den Astronomen als "Planet Zehn" gehandelt; auch hier fanden sich ältere Fotos, die sogar bis in das Jahr 1954 zurückdatierten. Passenderweise benannte man den Fund nach Eris, der griechischen Göttin des Streites.

In der SuW-Kritik werden durchaus elementare Fehler genannt, auf zwei von ihnen möchte ich kurz eingehen; die Kreislaufprobleme verursachenden Stellen kann ich nicht kommentieren, weil ich diese noch nicht gefunden habe.

SuW schrieb:
Unser moderner Kalender basiert auf den Mondphasen? Nein, der zugrunde liegende gregorianische Kalender ist ein Solarkalender, der sich am Sonnenlauf orientiert.
Auch das konnte ich (noch) nicht finden, dafür etwas anderes, auf Seite 75:

Marcus Stöger schrieb:
Bei den Sumerern standen Himmelskundige in hohem Ansehen (...) die auf einem Mondkalender basierenden Angaben der Priester hinsichtlich derrichtigen Zeit waren für Aussaat und Ernte unentbehrlich.


Der andere von mir genannte kritisierte Punkt:
SuW schrieb:
Der erste Exoplanet wurde 2004 von der ESO verkündet? Das wäre mir neu.
Hier argumentiert SuW aus dem Zusammenhang gerissen, denn wer sich die Mühe macht, Stögers Ausführungen auf Seite 128 nachzulesen, wird unschwer erkennen, dass er sich dabei auf den direkten Nachweis eines Exoplaneten bezogen hat und ein solcher gelang tatsächlich wie von Marcus Stöger genannt im Jahre 2004, auch wenn Stöger das missverständlich formuliert haben mag:

Marcus Stöger schrieb:
Man hat sich, wie gesagt, inzwischen daran gewöhnt, den Begriff "Sehen" zudem auf Frequenzbereiche auszudehnen, welche dem menschlichen Auge entzogen sind. Der erste Exoplanet wurde 2004 von der ESO verkündet und zwei Jahre später bestätigt


Fazit:
Ich kann das harte Urteil vom SuW nicht teilen. Zwar hat das Buch inhaltliche Mängel, doch erscheinen mir diese akzeptabel, zumal das Zielpublikum diese kaum bemerken wird und sie im fachlichen Kontext auch irrelevant sind.

Ich persönlich vermisse einen Hinweis auf die Arbeit von M. Bannister, die im Entdeckungspaper von 2013 SY[sub]99[/sub] die meisten Bahnen extremer KBO ohne den Planeten Neun erklären kann, ja schlimmer noch, die inkonsistent zu einem Planeten Neun sind, und nur die noch mangelnde Rechengenauigkeit dazu führt, denselben Mechanismus der Diffusion der Grossen Halbachsen auch für die Objekte mit Perihelen > 65 AU anwenden zu können; ein solcher Hinweis hätte die Ausgewogenheit gewährleistet.


Das Kriterium, das ich teile, welches ich aber viel höher priorisiere, wird von SuW sogar genannt:

SuW schrieb:
... zugeschnitten auf den astronomisch nicht vorgebildeten Leser. An sich ist das ein interessante Konzept, und streckenweise gelingt es dem Autor auch, spannend zu erzählen und zu unterhalten. Und ja,das Thema gibt Stoff her für ein Buch, ob es den Planet Neun nun gibt oder nicht.

Was vermutlich auch für entsprechende Leserinnen gelten soll.

Und genau hier sehe ich die Stärke dieses Buches: es beschäftigt sich mit Themen, die neben einigen wenigen Fachinteressierten, die sich ihre Informationen ohnehin selber im Netz besorgen werden, der normalen Allgemeinheit nicht erschlossen sind. Einer normalen Allgemeinheit, die bis anhin weder von einem "Kuipergürtel" noch von der "Sedna" gehört hat und die nur weiss, dass der Pluto seinen Planetenstatus verloren hat, weil er irgendwie zu klein ist und zuwenig gravitative Effekte worauf auch immer auswirken konnte; von der Eris hat diese Allgemeinheit auch noch nie etwas gehört, obgleich man sie populär gesprochen durchaus als "vollwertigen zweiten Pluto weiter draussen" bezeichnen könnte. Das Buch verwendet eine journalistische Sprache, die für mich persönlich zwar unbehaglich ist, die es aber dieser nicht vorgebildeten Leserschaft ermöglicht, dank dieser Art Auflockerung den Text lesen zu können, ohne dass er für diese zu trocken und zu abstrakt rüberkommt.

Ich bin der Meinung, dass dieses Buch durchaus das Potential hat, auch einer nicht astronomisch vorgebildeten Leserschaft diese faszinierende Welt in den äusseren Teilen unseres Sonnensystems näherzubringen, und das ist wertvoll.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

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Florian Freistetter hat das Buch auch gelesen. Ihm hat es offenbar wegen grober Fehler gar nicht gefallen.
https://scienceblogs.de/astrodictic...tall-die-buchempfehlungen-vom-september-2020/
Hallo UMa,

es hängt vom Zielpublikum ab. Für Fachleute hat es natürlich schon einige sehr grobe Schnitzer, aber für Laien, die dieses Niveau ohnehin nicht haben, ist es didaktisch meiner Einschätzung nach schon sehr gut. Es ist so ein typisches Buch, dank dem ein Laie Interesse an dem Thema finden kann.

Ich habe es ja auch oft mit Laien zu tun und wie der Autor im Kapitel 3 "Die Gravitation und der Aufbau unseres Sonnensystem" das alles laienverständlich erklärt, das nötigt sogar mir Respekt ab - ich hätte das vermutlich mit weniger Schnitzern, aber dafür bei weitem nicht in dieser Anschaulichkeit und auch Vollständigkeit hingekriegt, statt dessen hätte ich mich in irgendwelchen Details verloren, die den Laien aber nur verwirren.

Gewiss, der Autor hätte sich die Zeit nehmen und sein Buch von einem Spezialisten Gegenlesen lassen sollen, um auch die notorischen Besserwisser zufriedenzustellen, aber das ist für den Laien letztlich irrelevant.


Es ist schade, wenn man das Buch an den zahlreichen Schnitzern misst, statt es an der Laienverständlichkeit eines an sich Randthemas, welches gar nicht im Fokus des Laieninteresses steht, und der Begeisterungsfähigkeit für die äusseren Bereiche unseres Sonnensystems, zu messen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

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Leider gelingt es mir nicht, dort einen Beitrag zu erstellen, deswegen möchte ich diesen Kommentar von hier aus korrigieren, da man dort offensichtlich grössten Wert auf richtige astronomische Angaben legt:

während ich weiß, dass Proxima Centauri gerade mal knappe 4 Lj (...) entfernt ist

Ich habe soeben in der SIMBAD-Datenbank nachgeschaut und das in Lichtjahre umgerechnet, und selbst mit Berücksichtigung der Standardabweichung komme ich auf den mir bekannten Wert von 4.24 Lichtjahren Entfernung.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

FrankSpecht

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Moin Ralf,
mir fällt es gerade schwer, meine Meinung zu diesem Thema zu formulieren, da es doch sehr vielfältig ist.

Dennoch möchte ich dir mitteilen, dass ich größtenteils der Argumentation von Florian Freistetter in seinem Blog zustimme.
Ich muss vorausschicken, dass ich das beanstandete Buch nicht kenne, die Thematik um fehlerhafte Lektüre umso besser!

Meine erste astronomisch relevante Lektüre war Anfang der 1970er-Jahre das Buch „WAS IST WAS: Die Sterne“ aus dem Tessloff-Verlag, Hamburg, Ausgabe 1972.
Das „Buch“, nennen wir es mit seinen insgesamt 46 Seiten so, hat also zum Thema die Sterne - und mich zur Astronomie mit all ihren Randgebieten inspiriert, ich war damals 7 Jahre alt.

Und was findet man für Themen in dem Buch? Erde und Mond, Satelliten, Meteore und Kometen, Astronomie und Astrologie, etc.
Wie du siehst, ein Sammelsurium an Themen rund um den Komplex „Sterne“.
Außerdem, das kann man sich bei einem 48 Jahre alten Fachbuch heute denken, stimmen auch darin einige Fakten mit heutigen Erkenntnissen nicht mehr überein.
Z.B. auf Seite 30: „Der Mars, im Fernrohr gesehen“:
https://frank-specht.de/img/mars-im-fernrohr.jpg

Bitte, die Milchstraße hinter dem Mars gleichzeitig erblicken? Abgesehen davon, dass man heute nicht mehr Fernrohr, sondern Teleskop schreibt, ergibt sich folgende visuelle Beobachtung des Mars':
https://www.youtube.com/watch?v=bN0lFj7WA1g

Insofern stimme ich mit deiner Argumentation, dass Ungenaugkeiten in Büchern für Laien in gewissem Maße erlaubt sein müssen, überein - damals.

Allerdings hat die Wissenschaft in den vergangenen 40 - 50 Jahren enorme Fortschritte gemacht, und die Tatsache, dass Wissenschaft eben nur falsifizierbare Theorien (oder Hypothesen) aufstellen kann, in vielen Köpfen (auch meinem) etabliert.
Das gilt für alle MINT-Bereiche. Dazu kommt, dass die Recherchemöglichkeiten heute gegenüber den 1970er-Jahren exponentiell gestiegen sind.

Das bedeutet weiterhin, dass, wenn jemand ein aktuelles Buch mit Fakten schreibt, diese zumindest dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen sollten.
Da bin ich ganz bei Florian Freistetter.
Dabei geht es nicht um Details wie „knappe 4 Lj“ not equal „4.24 Lj“ - das finde ich selbst auf Laienebene Haarspalterei!

Mein Argument wäre: Wissenschaft entwickelt sich, macht fehlerhafte Aussagen und korrigiert sich (im Idealfall) selbst.
Bei der ganzen Diskussion um dieses eine Buch fehlt mir dieses Argument, sowohl bei dir, als auch bei Florian.

PS: Abgesehen davon sind mir Rechtschreibfehler in wissenschaftlichen Foren, seien es Blogs (Florian Freistetter oder Daniel Fischer), Foren oder Bücher, zuwider!
Da tust du dir mit Florian und Daniel keinen Unterschied.
Punkt.

Zu provokativ? ;)
 
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SFF-TWRiker

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Ein Astronomie/Raumfahrt-Buch für Laien/Kinder zu schreiben, - wie seinerzeit Was ist Was Die Sterne, Planeten, der Mond, Raumfahrt ... selbst alte dtv Atlas Astronomie vor 30 oder 40 Jahren - ist heute eine schwierige Abwägung.
Selbst das seinerzeit phantastische Buch von Carl Sagan würde man heute nur noch als Memorabilia zur Geschichte der Astronomie kaufen.
Jeder kann in Sekunden jedes Stichwort in wiki gegenchecken. Da müsste man wohl schon in der Einleitung diesen Hinweis geben, mit dem zusätzlichen Hinweis, dass sich Fakten innerhalb weniger Jahre, teilweise Monate, stark verändern.
 

pauli

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Letzendlich bleibt ein Laie ein Laie, egal welches Buch er liest, ich finde das auch nicht schlimm, denn es geht uns darum in etwa zu verstehen was draußen vor sich geht. Dass es dabei auch zu falschen Vorstellungen kommen kann (siehe die ewigen Diskussionen um RT, viele Welten usw.) finde ich nicht schlimm: zum einen hängt nichts davon ab, zum anderen ist uns Wissbegierigen aber nicht ausreichend mit mathematischen Werkzeugen ausgestatteten trotzdem ziemlich gut geholfen.

Soweit ich mich erinnern kann war mein erstes wiw "Der Mond", von da an hat es mich nie mehr losgelassen.
 

ralfkannenberg

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Insofern stimme ich mit deiner Argumentation, dass Ungenaugkeiten in Büchern für Laien in gewissem Maße erlaubt sein müssen, überein - damals.
Hallo Frank,

das ist nicht ganz mein Argument: eigentlich bin ich ja bekannt dafür, pedantisch zu sein. Stöger beschreibt die Dinge im Grossen und Ganzen ja richtig, aber es unterlaufen ihm viele kleine Fehler. An sich würde ich persönlich es sogar als sehr unhöflich empfinden, wenn mich jemand mit so vielen kleinen Fehlern abspeisen würde.

Nur - und jetzt kommt eben das "nur" bzw. das "aber", und es sind derer zwei:

1. es gibt derzeit kein anderes Buch auf dem Markt, auf das man ausweichen könnte, und aus diesem Blickwinkel ist Stöger's Buch - da es im Grossen und Ganzen korrekt und das bisweilen trockene Thema auch didaktisch spannend dargestellt ist - "good enough".
2. Ich kenne den Zeitaufwand, solche zahlreiche kleine Fehler aufzuspüren und zu beseitigen, zumal Stöger nicht vom Fach ist - deren Beseitigung erhöht den Gesamtaufwand locker um einen Faktor 2.

Ich selber habe ja vor 14 Jahren im Zusammenhang mit dem Planeten 10 (Eris) ein Manuskript erstellt, und dieses umfasste weniger als 30 Seiten. Doch der Nachführaufwand und das Einfügen von Neuentdeckungen und Aktualisieren der Tabellen wurde schliesslich so gross, dass ich kapituliert habe, weil sich immer mehr kleine Fehler eingeschlichen haben und ansammelten und ich diese mit vernünftigem Aufwand nicht eliminiert bekommen habe, so dass ich das Projekt schliesslich abgebrochen habe, weil ich eben nicht bereit war, ein fehlerhaftes Manuskript zu akzeptieren.

Ergebnis: es gibt kein Manuskript mehr.

Für mich persönlich ist das ok, aber ich frage mich, ob es bessere Lösungen gibt.


Allerdings hat die Wissenschaft in den vergangenen 40 - 50 Jahren enorme Fortschritte gemacht, und die Tatsache, dass Wissenschaft eben nur falsifizierbare Theorien (oder Hypothesen) aufstellen kann, in vielen Köpfen (auch meinem) etabliert.
Das gilt für alle MINT-Bereiche. Dazu kommt, dass die Recherchemöglichkeiten heute gegenüber den 1970er-Jahren exponentiell gestiegen sind.
Das stimmt, aber auch hier gilt: die Wikipedia ist nicht über alle Zweifel erhaben. Im Kuipergürtel scheitert das auf der Wikipedia daran, dass es keinen Konsens über die Klassifizierung der Objekte gibt und wenn man da mal etwas wagt einem sofort "Theoriefindung" vorgeworfen wird und man mit einem Löschantrag konfrontiert wird. Vielleicht hat sich inzwischen mal jemand die Mühe gemacht und daran weiter gearbeitet, ich jedenfalls stehe dafür dort nicht mehr zur Verfügung.

Oder ein anderes Beispiel: es hat Jahre gedauert, um den Wikipedia-Moderatoren klar zu machen, dass der Grosse Wagen nicht die 7 hellsten Sterne der Grossen Bärin sind. Nicht dass das unbedingt wichtig wäre, aber ein Blick in die Tabelle im selben Artikel hätte doch genügt, das richtig zu stellen. Zum Glück war das vor meiner Wikipedia-Zeit, ich hätte mich vermutlich masslos darüber aufgeregt.

Apropos Recherchemöglichkeiten: vergangenes Jahr habe ich rund 200 Dollar bezahlt, um an die Entdeckerartikel über die irregulären Monde unseres Sonnensystems ab 1997 zu gelangen, und noch über weitere 100 Dollar für Artikel aus diesem Themenumfeld. Nicht jeder ist bereit, für ein 4-seitiges Paper 40 Dollar hinzulegen, auch wenn ich persönlich der Meinung bin, dass jeder dieser Artikel sein Geld wert war.


Das bedeutet weiterhin, dass, wenn jemand ein aktuelles Buch mit Fakten schreibt, diese zumindest dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen sollten.
Die zahlreichen kleinen Fehler Stögers sind aber anderer Natur; nehmen wir das Beispiel mit dem ersten Exoplaneten: aus dem Text wird schon klar, dass er den ersten mit direkten Methoden nachgewiesenen Exoplaneten meint, d.h. formal ist seine Aussage korrekt. Trotzdem sind sowohl der SuW-Rezensor als auch Florian darauf hereingefallen und zunächst auch ich, nur konnte ich nicht glauben, dass jemandem ein solches Malheur passiert, so dass ich das ganze im Zusammenhang nachgelesen habe. Aber eben: Stöger ist nicht vom Fach und deswegen fehlt eine Angabe auf die ersten Exoplaneten überhaupt (die da um den Pulsar), für die es übrigens keinen Nobelpreis gab, und natürlich 51 Pegasi b, den erst-nachgewiesenen Exoplaneten um einen Hauptreihenstern (ich habe die damalige Schlagzeile des Spiegel noch nicht vergessen: Planet des Pegasus 51 ...). Zum den Namen richtig zu schreiben hat es dem Spiegel also auch nicht gereicht, auch wenn natürlich auf den ersten Blick klar ist, was gemeint ist.


Dabei geht es nicht um Details wie „knappe 4 Lj“ not equal „4.24 Lj“ - das finde ich selbst auf Laienebene Haarspalterei!
Natürlich ist das Haarspalterei. Nur: wenn man einen anderen eines Fehlers bezichtigt, dann sollte man es selber besser machen, und ein Blick in die Wikipedia hätte genügt.

Auch hier vermute ich, dass Stöger etwas anderes meint (ich weiss es nicht), nämlich dass man in einem Sternbild Objekte sehen kann (nota bene von blossem Auge), die mehrere Millionen Lichtjahre auseinanderliegen. Und im Sternbild der Andromeda ist das tatsächlich der Fall, auch wenn ich persönlich es natürlich äusserst unglücklich finde, den Andromedanebel als "Stern" zu bezeichnen, daran erkennt man sofort, dass Stöger den noch nie selber angeschaut hat, denn selbst von blossem Auge ist der Andromedanebel nicht sternförmig.



Mein Argument wäre: Wissenschaft entwickelt sich, macht fehlerhafte Aussagen und korrigiert sich (im Idealfall) selbst.
Bei der ganzen Diskussion um dieses eine Buch fehlt mir dieses Argument, sowohl bei dir, als auch bei Florian.
Stöger ist ein Journalist und ich vermute, der "verschwendet" jetzt keine Zeit mehr, eine 2.Auflage herauszubringen, zumal das viel zu aufwändig wäre; an sich hätte er das Buch vorher einer Fachperson zu Lesen geben sollen, die das dann für ihn umformuliert hätte. Ich selber hätte das übrigens gemacht und dafür auch Geld locker gemacht.

Allerdings: im Berufsleben ist es mittlerweile gang und gäbe, unseren Kunden so etwas zuzumuten - wer mehr als "good enough" liefert wird als "ineffizient" abgetan und mit einer schlechten Jahresqualifikation bedacht.

Natürlich wäre Stögers Buch erledigt, wenn sich jemand die Mühe machen und zu diesem Thema ein besseres Buch schreiben würde - zurecht übrigens. Nur macht das realistischerweise niemand, d.h. die Alternative ist und bleibt: "good enough"-Buch lesen oder kein Buch zu diesem Thema lesen.

Und was den Markt anbelangt stimme ich Florians Einschätzung natürlich zu: für solche Bücher mag es 5000 Interessenten geben; da lässt sich vermutlich mehr Geld verdienen, wenn man irgendeinen Blödsinn über den Orgasmus von Schimpansinnen schreibt.



PS: Abgesehen davon sind mir Rechtschreibfehler in wissenschaftlichen Foren, seien es Blogs (Florian Freistetter oder Daniel Fischer), Foren oder Bücher, zuwider!
Da tust du dir mit Florian und Daniel keinen Unterschied.
Punkt.
Wenn ich so etwas im Büro kritisiere bekomme ich eine aufs Dach. Ich denke (hoffe) aber, dass mir auf Florians Blog nur 2 Schreibfehler unterlaufen sind, die ich erst nach dem Abschicken bemerkt habe, das ist im #21 in der letzten Zeile das Problem ("Peoblem") und im #31 der Kenntnisstand.

Nun schau Dir diesen Beitrag von mir an: ich habe über 20 Minuten gebraucht, nur die Schreibfehler zu beseitigen, und vermutlich habe ich nicht alle gesehen.



Nein, fundiert und ausgewogen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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