Also zunächst: "bis zu 6 Milliarden erdähnliche Planeten" - also sagen wir, total 5?
Man darf nicht vergessen, dass es sich hier um ein "upper limit" handelt, also eine Abschätzung, wonach es "nicht mehr als 0.18 erdähnliche Planeten pro G-Stern" sein sollen. Der nominelle Wert wird tiefer liegen, ein allfälliges unteres Limit noch tiefer.
Und dann stellt sich natürlich die Frage, ob man von den Kepler-Planeten einfach so auf alle G-Sterne der Galaxis schliessen darf. Schliesslich befinden sich die Kepler-Sterne in einer bestimmten galaktozentrischen Distanz (die Eigenschaften der Sterne variieren in Funktion davon) und befinden sich in einer bestimmten Distanz von der galaktischen Ebene (die Eigenschaften der Sterne variieren ebenfalls in Funktion davon). Es ist keinesfalls gesagt, dass diese sonnenähnlichen Sterne in Bezug auf die Häufigkeit von erdähnlichen Planeten repräsentativ für die Gesamtheit der sonnenähnlichen Sterne der Galaxis sind.
Und dann kommt eben noch das dazu, was Mac gesagt hat: erdähnliche Planeten sind nach dieser Definition... ja was genau, eigentlich? Planeten <1.5 Erdradien innerhalb der optimistischen habitablen Zone? Da wird nur ein kleiner Bruchteil wirklich bewohnbar im Sinne von "potentiell besiedelbar durch den Menschen" (das stellen wir uns ja fast unweigerlich zumindest vor, wenn wir von einem "erdähnlichen Planeten" reden). Wenn man nur schon denkt, wie oft das Leben auf der Erde an seiner Auslöschung vorbei geschrammt ist... gerade heute habe ich einen Artikel über die gigantischen Mengen an CO2 gelesen, die an der Perm-Trias-Grenze freigesetzt wurden, als ein Mantel-Plume sich halt eben zufällig durch ein gigantisches Becken mit Kohleablagerungen frass - und dabei das "grosse Sterben", das grösste Massenaussterben in der Geschichte des Planeten auslöste. Einfach so, ohne böse Absicht, geologische Prozesse in Aktion halt und huch - fast hätten wir den "erdähnlichen" Planeten in eine tote Hölle verwandelt. Auch auf Mars und Venus ist eine mehr oder weniger zufällige Abkehr von ursprünglich viel lebensfreundlicheren Bedingungen innerhalb des gegenwärtigen Wissensstandes immer noch denkbar. Ob ein Planet bewohnbar im "menschlichen" Sinn ist, ist nicht nur einfach eine Funktion seiner Grösse und seines Abstandes zum Stern: es ist eine höchst komplexe Funktion vieler Faktoren, von denen Grösse und Abstand gerade mal zwei sind - das garantiert, dass nur in den wenigsten Fällen alle Faktoren so zusammenspielen, dass eine erdähnliche Welt herauskommt. Man kann sicher keine realistische Zahl nennen, aber ich wäre nicht erstaunt, wenn es in der Galaxis gerade mal einige tausend Welten gäbe, die der Mensch als "erdähnlich" bezeichnen würde, wenn er dort ankäme.
Ich stimme Mac auch zu, dass das bewusste oder unbewusste Hervorrufen solcher Bilder von einladend leeren, aber lebensfreundlichen Welten eben auch zum Verkaufsargument dieser Art von Forschung gehört - das ist aus meiner Sicht aber nicht falsch oder täuschend, denn letztlich muss sich jegliche Grundlagenforschung ohne unmittelbare Anwendungsmöglichkeit auf irgendwelche "ewigen" Fragen der Menschheit berufen - und die Suche nach einer anderen Erde ist eine davon geworden. Wenn wir andere Erden finden, so das sicher nicht ganz falsche Argument, werden wir auch unsere eigene Erde und ihre Geschichte besser verstehen und einordnen können. Gibt es viele andere wie uns? Oder sind wir allein? Sind wir ein einzigartiger Zufall, oder reihen wir uns ein in eine grosse Vielfalt?
Ja, und sicher - heute ist es komplett illusorisch, diese Welten besiedeln zu wollen. Aber ich würde nicht meine Hand ins Feuer legen wollen, dass das immer so bleiben wird. Ich mag meine Hand nämlich so wie sie ist: unverbrannt...