Automaten (Game of Life) - Interessantes

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Alex74

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Hallo allerseits,

keine Angst, ich stelle hier keine absurde selbstausgedachte absolute Wahrheit über alles vor.

Ich bin - nach einigen Jahren mal wieder - über Videos zum Game of Life Automaten gestolpert.
Und ich habe mich schon öfter gefragt, ob das Universum vielleicht auf einem solch simplen Konzept beruhen könnte, beginnend mit ggf.einem Partikel das sich schrittweise fortpflanzt bzw. mit sich selbst interagiert und aus vielleicht sogar nur einer einzigen primitiven Regel sich Energie, Materie und Raum ableiten.

Es ist nichts als eine Annahme, aber schaut Euch z.B. mal dieses Video an:
https://www.youtube.com/watch?v=xP5-iIeKXE8

Hier erzeugt ein Automat einen Automat.
Dabei bilden die einzelnen Partikel mit den selben einfachen Regeln eine Ebene höher sogar ihr eigenes Raumgitter.

Es ist also schon erstaunlich, welche komplexen Strukturen und sogar strukturschaffende Elemente auf 2D-Ebene mit vier einfachen Regeln ermöglicht werden.
Die Frage wäre: Gibt es Versuche/Überlegungen seitens der Physik, die grundlegenden Eigenschaften von Raum, Materie, Energie und Kräften auf Basis eines Automaten-ähnlichen Feldes zu erklären?

Viele Grüße,
Alex

PS.: besonders beeindruckend finde ich auch das hier:
https://www.youtube.com/watch?v=C2vgICfQawE
 

Alex74

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OK, weiß nicht ob das witzig sein soll oder nicht.

Vernünftige Meinungen zum Thema?
 

joeydee

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Dto., der Kommentar von astrofreund war mehr als unnötig. Auch wenn es "Game" heißt, ist das keine Spielerei sondern ein wissenschaftliches Thema.

Zur Vielfalt: Das "Game of Life" ist turing-vollständig, d.h. es kann im Prinzip jedes algorithmische Problem modellieren, also natürlich auch sich selbst. Ist halt nicht besonders intuitiv "programmierbar" und mit ziemlicher Resourcenverschwendung behaftet.

Zur Interpretation: Wenn z.T. Analogien in den sich bewegenden Mustern "gesehen" wurden (Ameisen), war mein Einwand in Gedanken immer: Da bewegt sich keine Einheit, da werden Zellen gelöscht und daneben welche gesetzt. Das ist nicht als dasselbe "Individuum" zu betrachten, das sich um eine Zelle bewegt hat. Aber vielleicht kann man ja genau diese Eigenschaften viel besser mit Feldern, Aufenthaltswahrscheinlichkeiten, Plancklänge, Welle-Teilchen-Dualismus etc. in Einklang bringen. Ist aber mehr als vage Spekulation, da ich davon nicht wirklich viel verstehe :)

Und ja, natürlich wird danach gesucht ob/wie noch einfachere und grundlegendere Regeln sämtliche bekannten Naturkonstanten und -Gesetze bilden könnten.
Ob da speziell ein zellulärer Automat wirklich weiterhilft um das zu lösen weiß ich jetzt nicht, aber das Befassen mit dessen Möglichkeiten (sowie mit allem was aus einfachen Regeln komplexes Verhalten produziert, da gibt es ja noch mehr Systeme) hilft m.M.n auf alle Fälle, den Blick dafür zu schärfen.
 

Alex74

Registriertes Mitglied
Das Game of Life ist vielleicht sogar ein schlechtes Beispiel weil es ja immernoch sehr viel an Voraussetzung braucht;
Könnte man es nicht von der anderen Seite aus betrachten; also:

Das Universum ist Turing-vollständig (trivial)
-> Was sind die minimalen Voraussetzungen für einen Algorithmus/Automaten, um diese Eigenschaft zu haben?
Prinzipiell soweit ich weiß die Logikgatter AND, OR, NOT, aber was sind grundlegende Elemente eines Algorithmus um diese darstellen zu können? Oder müsste man sogar die Körperaxiome der Mathematik in einem solchen Automaten erstmal irgendwie realisieren?

Mir ist schon klar dass das ein recht philosophischer Ansatz ist der versucht, eine Regel aufzustellen, bei der man dann schaut ob man sie soweit passend machen kann damit man prüfen könnte, ob diese Regel auch unser Universum darstellen könnte - ohne voraussehbar eine Überprüfbarkeit anbieten zu können.
Insofern also vergleichbar mit der String-Theorie, nur was mich an der immernoch stört ist, dass, soweit man sie mir hat begreiflich machen können, zwar eine Unzahl Möglichkeiten anbietet, aber selber noch eine sehr große Zahl fundamentaler Annahmen benötigt.

Ich finde die Zahl der fundamentalen Annahmen der String-Theorie gefühlt einfach zu viel.
Die Idee eines Automaten wäre schon, mit einem einzigen dimensionslosen Zustand/Punkt/Partikel/whatever zu beginnen, der eine, vielleicht zwei oder maximal drei Eigenschaften/Verhaltensweisen aufweist und daraus Raum, Dimensionen, Teilchen, Energie und die Grundkräfte sich ableiten. Das könnte auch unerwartet starten, vielleicht erstmal mit einer massiven Vermehrung dieses Punkts/Zustands/whatever. Bis das Ding - aus den selben bislang wirkenden Regeln heraus, was aber durch Interaktion mit sich selbst überkritisch wird und zu dem kollabiert was wir als Urknall kennen. Im Kleinsten würden diese wenigen grundlegenden Regeln weiter wirken, aber ab dem Urknall als Phasenübergang dem ganzen weitere Regeln/Eigenschaften/etc. generieren, analog wie im Life in Life Video die Partikel selbst den Raum generieren.

Das klingt natürlich sehr nach der Suche nach "verborgenen Variablen", wobei es ja - soweit ich weiß - einfach nicht unterscheidbar ist, ob diese nicht existieren oder in ihrer Wirkung der stochastischen Quantenmechanik gleich und prinzipiell nicht aufspürbar sind.

Ich gebs zu, einfach mal etwas Gedankenspielerei; deswegen ists auch in dieser Rubrik hier gelandet.

Gruß Alex
 

astrofreund

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Dto., der Kommentar von astrofreund war mehr als unnötig. Auch wenn es "Game" heißt, ist das keine Spielerei sondern ein wissenschaftliches Thema.

Richtig, wenn Du das auf den eigentlichen Inhalt des Videos beziehst - das "Game of Life". Als Informatiker ist mir dieses Thema seit Jahrzehnten geläufig.
Ich fand nur die Einblendung "Börsenkurse explodieren - Super-Brennstoff entwickelt, Mit diesen 2 Aktien winken jetzt Mega-Renditen!anleger-praemien.de" so besonders "passend", also nicht beeindruckend. Da habe ich mir den Spaß gemacht, darauf mit der Aktienkaufmitteilung zu reagieren.
Gut, tut mir Leid, wenn ich da jemanden überfordert habe. Ich finde halt, dass die Forendiskussionen zu oft zu ernst geführt werden. Ist offenbar schwer zu vermitteln, dass man das eine und andere auch mal etwas lockerer und lustiger sehen kann. Offenbar sind viele Mitmenschen es so gewohnt, dass es nur immer bitter ernst zugehen kann - selbst bei diesen Kneipenbiertischthemen.

Gruß, Astrofreund
 

ralfkannenberg

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Oder müsste man sogar die Körperaxiome der Mathematik in einem solchen Automaten erstmal irgendwie realisieren?
Hallo Alex,

auf den Körper kommt man sogar ziemlich einfach. Man braucht hierfür nur ein wenig Mengenlehre betreiben, für den Moment einmal ausser Acht lassen, dass Mengen, die sich selber nicht als Teilmenge enthalten, zu logischen Widersprüchen führen, und startet mit der Menge, die als einzige von allen Mengen ausgezeichnet ist: die leere Menge.

Dann betrachtet man die Menge, die die leere Menge enthält. Sie ist von der leeren Menge verschieden, denn sie hat im Gegensatz zur leeren Menge, die keine Elemente enthält, ein Element, nämlich die leere Menge. - Nun betrachtet man die Menge, die die leere Menge und die Menge, die die leere Menge enthält, enthält; diese neu konstruierte Menge enthält schon 2 Elemente.

So kann man fortfahren und man sieht, dass das auf die Peano-Axiome hinausläuft, d.h. man gewinnt die natürlichen Zahlen. Vom Nachfolgeoperator zur Addition ist es dann auch nicht mehr schwer. Jetzt beachte man, dass es für die Peano-Axiome unerheblich ist, wo man anfängt - man kann also auch bei -1 anfangen, oder bei -2. Oder bei minus 10 Milliarden, alles gleichwertig.

Ja, man kann sich die ganzen Zahlen nehmen und eine beliebige negative Zahl herauspicken und bei dieser mit den Peano-Axiomen anfangen. Und diese Konstruktion kann man für jede beliebige negative Zahl durchführen. Jetzt ist es nicht mehr schwer, auf die Gruppen-Axiome zu stossen, zumal diese konsistent mit jeder negativen Zahl sind, mit denen die Peano-Axiome anfangen. Nun kann man von den ganzen Zahlen noch den Quotientenkörper bilden - der ist bis auf Isomorphie eindeutig und wir haben nun auch unseren Körper.

Wenn man jetzt noch einfache Geometrie betreibt, definiert, was eine Gerade ist und was parallel bedeutet, so gelangt man bald einmal auch zum Kreis, der Menge an Punkten, die von einem ausgezeichneten Punkt (dem "Mittelpunkt" des Kreises) denselben Abstand haben, man macht dann nette Konstruktionen mit Zirkel und Lineal und Einheitsmassstab (letzterer geht meistens vergessen, wird aber benötigt), man kann dann ganz einfach die Quadratwurzel aus 2 konstruieren, obgleich diese gar nicht im vorgenannten Quotientenkörper liegt, und wird schliesslich zeigen können, dass die Quadratur des Kreises mit Zirkel und Lineal und Einheitsmassstab nicht möglich ist.

Mit diesen elementaren Begriffen wie Mengenleere, leerer Menge, Gerade und Parallelen hat man also schon so ziemlich rasch mal die gesamte Schulmathematik beisammen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Alex74

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Da kommt bei Dir der Mathematiker voll durch^^.
Ich habe eher andersherum gedacht; daher mal kurz die Frage: wie siehst Du das:

Mathematische Regeln und mathematisch berechenbare Zustände entstehen im Makrokosmos aus Anordnungen von Objekten und einfachen Regeln. Diese einfachen Regeln müssen nichtmal die Naturgesetze sein, hier genügt Game of Life oder Vererbungsregeln, die stochastische Muster ergeben, die man wiederum auf Funktionen ableiten kann. Ich glaube schon dass Mathematik wie wir sie kennen fundamental ist auf eine Weise, dass sie "da" ist und in ihrer Art auch alternativlos - also dass es in einem ggf.anderem Universum auch keine andere Mathematik geben kann (wobei das soweit ich weiß nicht beweisbar oder widerlegbar ist).

Ich habe diese Vorrede gebraucht, um zu erklären wieso ich Deine Ausführungen mit den Mengen als Denkweg in die falsche Richtung empfinde; es ist mathematisch und daher ggf. nicht fundamental. "Menge" ist erst die Interpretation vorhandener Dinge; mit der Frage nach "könnte ein extrem einfacher automatenähnlicher Mechanismus fundamental sein" versuche ich, vorhandene Dinge (ggf. nur einen dimensionslosen Partikel und sein Verhalten) vorauszusetzen, der dann erst mathematisch Interpretierbares generiert.

Mit der leeren Menge habe ich auf phsyikalischem Boden ohnehin so meine Probleme, darüber hatte ich hier schonmal eine Diskussion angestoßen (es lief darauf hinaus dass ich die Frage "Warum existiert nicht nichts" damit erklärte, dass die Existenz von nichts, also einer leeren Menge, zwangsläufig auch eine Regel bedarf, die die Existenz von "etwas" verbieten müsste, also eine Art Energieerhaltungssatz beinhalten müsste, von dem dann genauso fraglich wäre, wo der nun herkommt oder wieso er diese Eigenschaft hat; ich schlug als Fazit vor, dass "nichts" nicht die Existenz keines Inhalts ist, sondern die Nichtexistenz von Regeln/physikalischen Gesetzen, was die Erklärung der Entstehung von Universen dann eine gewisse Trivialität verleiht); das hier ist im Grunde eine daraus folgende Idee auf Basis der Überlegung "Wenn Zufälligkeiten Beginn/Inhalt/Gesetze unseres Universums im Anfang definierten, wie einfach kann/muss dieser Beginn gehalten sein?" - und wie ich schrieb sind die vorhandenen Theorien immernoch mit einer Unzahl fundamentaler Grundannahmen ausgestattet, die mir zu viele und zu komplex erscheinen um wirklich fundamental sein zu können.

Daher der Versuch: wir starten mit einem Partikel und geben ihm eine Eigenschaft/Verhaltensregel - kann das ein Universum mit Dimensionen, Naturgesetzen und Teilchen generieren? Welche Eigenschaften müsste dieses Partikel haben um automaten-ähnlich eine komplexe Welt generieren zu können?

Gruß Alex
 

ralfkannenberg

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Da kommt bei Dir der Mathematiker voll durch^^.
Hallo Alex,

danke schön für das schöne Kompliment :)


Ich habe eher andersherum gedacht;
Das habe ich bemerkt und vielleicht ist das der bessere Ansatz.


daher mal kurz die Frage: wie siehst Du das:
Ich kann das eigentlich schlecht beurteilen; letztlich wird der Ansatz zu bevorzugen sein, der das beste Resultat liefert, wobei momentan noch unklar sein dürfte, wie man diese "besser" messen kann. Natürlich sind wir alle aufgrund der Welt wie wir sie sehen und erleben nicht vorurteilsfrei, so dass es sich lohnen kann, auch zunächst absurd erscheinende Ansätze durch zu überlegen und nicht gleich beim ersten kleinen Widerspruch wieder zu verwerfen.

In der Mathematik gibt es einen mächtigen Verbündeten, das ist der Zufall. Vielleicht kann man mit einem echt zufälligen Ansatz weiterkommen. Eine Idee in diesem Kontext könnte sein, verschiedene Ansätze zu erarbeiten, diese zu qualifizieren und dann die Kandidaten für die weitere Analyse aus der Menge "bester minus maximal 10%" zu wählen und dann einen von denen für die weitere Analyse mit einem echten Zufallsgenerator auszuwählen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Daher der Versuch: wir starten mit einem Partikel und geben ihm eine Eigenschaft/Verhaltensregel - kann das ein Universum mit Dimensionen, Naturgesetzen und Teilchen generieren? Welche Eigenschaften müsste dieses Partikel haben um automaten-ähnlich eine komplexe Welt generieren zu können?
Hallo Alex,

eine Frage: warum nur ein Partikel ? Wäre nicht eine Welt denkbar, die aus mehreren Partikeln mit mehreren Eigenschaften aufgebaut ist ?- Ich vermute, dass Du durch die Voraussetzung, dass es nur ein "Basispartikel" geben muss, die Lösungsmenge zu sehr einschränkst.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Alex74

Registriertes Mitglied
Hallo Ralf,

erstmal danke für Deine wie immer sehr erhellende Antwort :D

Warum nur ein Ausgangspartikel:
Die Frage ist wie komplex kann ein (mit zufälligen Paramtern ausgestatteter) Urzustand des Universums sein?

Je mehr Parameter und Grundbedinungen gegeben sind, desto unwahrscheinlicher wird die ganze Sache doch.
Sonst könnte auch direkt aus dem Urknall heraus ein funktionierendes, denkendes Lebewesen entstehen, das quasi sein eigenes Universum ist - wieso auch nicht. Wir sind uns sicher einig dass das grob unwahrscheinlicher ist als ein Universum mit sehr wenigen Startparametern, das über eine Entwicklung hin erst Leben ermöglicht.

Durch Deinen Beitrag fiel mir auf dass sich das ganze Thema eigentlich auf eine Frage reduzieren lässt:

Was ist der einfachste Turing-vollständige Mechanismus, der mit den wenigsten Startbedingungen/Startparamtern auskommt?

Und die Folgefrage wäre: (wie) kann dieser etwas generieren, das man in unserem Universum beobachten kann (also Urknall, Raum, Expansion, Teilchen, Grundkräfte, etc.)?

Freut mich dass ich selber etwas über meine Fragestellung herausgefunden habe :D
 
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