Meteoriten: Staubpartikel älter als die Erde

astronews.com Redaktion

Registriertes Mitglied
In einem Meteoriten, der vor 50 Jahren in Australien niederging, konnten jetzt Staubpartikel nachgewiesen werden, die mindestens 5,5 Milliarden Jahre alt und damit älter als das Sonnensystem sind. Der Fund könnte Hinweise auf die Geschichte der Sternentstehung in der Milchstraße liefern, müssen die Staubkörner doch um einen Stern entstanden sein, der vor sieben Milliarden Jahren geboren wurde. (15. Januar 2020)

Weiterlesen...
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Ich war zwar an dieser Arbeit nicht direkt beteiligt, aber bei einigen sehr ähnlichen Messungen. Eine kleine Serie von interstellaren Körnern, die ich mal gemessen hatte, lieferte keine sehr guten Alter, die besten Bestrahlungsalter (dh, die mit dem kleinsten Fehler) waren da im Bereich 30-50 Mio Jahre, also kaum älter als das Sonnensystem. Aber das waren nur ein paar einzelne Körner, in dieser neuen Arbeit wurden sehr viel mehr gemessen. Aber wenn es Fragen zu der Arbeit gibt, kann ich diese vermutlich beantworten. :)
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Datiert wird mit 21Ne. Dieses ist stabil, aber in der Erdatmosphäre selten (nur ca. 0.3% des Ne ist 21Ne). Unter dem Bombardement der kosmischen Strahlung entsteht (in einem Meteoroiden im All) aus Si, Al, Mg unter anderem auch Ne - aber hier sind die 3 stabilen Ne-Isotope fast gleichverteilt, also 1:1:1. Das heisst, man kann durch die Messung der Ne-Isotopenverhältnisse (die irgendwo zwischen diesen Extremen liegen) bestimmen, welcher Anteil des gemessenen Ne durch Bombardement der kosmischen Strahlung entstanden ist. Nun braucht man natürlich eine Produktionsrate (21Ne-Atome pro Gramm und Sekunde), die kann man aus dem bekannten Flux der Strahlung und der Zusammensetzung der Probe (hier: SiC, wobei Ne nur aus Si entsteht) berechnen bzw. empirisch abschätzen. Der Meteorit Murchison war selbst nur ca. 1.5 Mio Jahre der kosmischen Strahlung ausgesetzt (er bildete sich zwar auch vor 4.5 Mrd Jahren, war aber die meiste Zeit tief in seinem Mutterkörper vergraben und somit nicht der kosmischen Strahlung ausgesetzt). Wenn man ein interstellares (oder "präsolares") Korn misst, dessen 21Ne eine weit grössere Bestrahlungsdauer nahelegt, sagen wir, 30 Mio Jahre, dann müssen 30 - 1.5 = 28.5 Mio Jahre davon stattgefunden haben, *bevor* das Korn in den Meteoriten eingebaut wurde. Entsprechend älter ist es also. Ein Korn, das ein Bestrahlungsalter von 300 Mio Jahren aufweist, wäre also ca. 4.8 Mrd Jahre alt. Und so weiter. Es ist also keine absolute Datierung wie wenn man z.B. einen Zirkon datiert, sondern eine relative zum Anfang des Sonnensystems bzw. zum Alter des Meteoriten, in dem das instellare Korn gefunden wurde.

@Bernhard: Ja, auf Tom habe ich etwa die Hälfte all meiner Edelgas-Messreihen gemacht.
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Wenn man ein interstellares (oder "präsolares") Korn misst, dessen 21Ne eine weit grössere Bestrahlungsdauer nahelegt, sagen wir, 30 Mio Jahre, dann müssen 30 - 1.5 = 28.5 Mio Jahre davon stattgefunden haben, *bevor* das Korn in den Meteoriten eingebaut wurde.
Scheinbar gibt es bei dieser Messmethode also einige zusätzliche Annahmen über die Entstehungsgeschichte des zu untersuchenden Objektes.
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Gewissermassen. Das Korn ist klar präsolar (= isotopisch exotisch), wurde aber offenbar länger bestrahlt als der Meteorit. Man muss nur ausschliessen können, dass die Konzentration von 21Ne stark von "recoil" aus benachbarten Körnern mit höheren 21Ne-Produktionsraten beeinflusst wurde. Und dass es sich bei Murchison nicht um eine Regolith-Brekzie handelt. Aber die Autoren haben das im Rahmen des Vernünftigen gemacht.
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Datiert wird mit 21Ne. Dieses ist stabil, aber in der Erdatmosphäre selten (nur ca. 0.3% des Ne ist 21Ne). Unter dem Bombardement der kosmischen Strahlung entsteht (in einem Meteoroiden im All) aus Si, Al, Mg unter anderem auch Ne - aber hier sind die 3 stabilen Ne-Isotope fast gleichverteilt, also 1:1:1. Das heisst, man kann durch die Messung der Ne-Isotopenverhältnisse (die irgendwo zwischen diesen Extremen liegen) bestimmen, welcher Anteil des gemessenen Ne durch Bombardement der kosmischen Strahlung entstanden ist.
In der Wikipedia findet man die drei stabilen Ne-Isotope 20-21-22. Hat atmosphärisch oder sonstwie geschütztes Ne aus unserem Sonnensystem denn generell immer die gleiche Verteilung dieser Isotope wie auf der Erde?
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
In der Wikipedia findet man die drei stabilen Ne-Isotope 20-21-22. Hat atmosphärisch oder sonstwie geschütztes Ne aus unserem Sonnensystem denn generell immer die gleiche Verteilung dieser Isotope wie auf der Erde?

Es ist kompliziert. ;) Grundsätzlich ist das nicht-kosmogene (= nicht von der kosmischen Strahlung produzierte) Ne im Sonnensystem ähnlich wie jenes der Erdatmosphäre, mit 20/22 ca. 10 und 21/22 ca. 0.03. Aber im Sonnenwind =~ in der Sonne ist 20/22 = ca. 13. Die Erde hat also ein relatives 20Ne-Defizit, etwa durch 20Ne bevorzugenden Ne Verlust (z.B. Atmosphärenflucht) oder durch präsolares nukleosynthetisches Ne mit 20/22 =~ 8.5, das von Meteoriten eingeschleppt wurde (oder eine Kombination).
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
OK. Kann man Tom auch als Massenspektrometer verwenden? Anders gefragt: Tom kann dann scheinbar auch die relative Häufigkeit der Ne-Isotope messen? Wieviel Neon wird für eine brauchbare Messung in etwa benötigt?

Ohne Zwang auf Antworten.
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
OK. Kann man Tom auch als Massenspektrometer verwenden? Anders gefragt: Tom kann dann scheinbar auch die relative Häufigkeit der Ne-Isotope messen? Wieviel Neon wird für eine brauchbare Messung in etwa benötigt?

Ohne Zwang auf Antworten.

Tom *ist* ein Massenspektrometer, das die relative Häufigkeit der Ne-Isotope misst, die absoluten Mengen werden via "Luft-Schlucken" (genau bekanntes Volumen Gas bei Standard-Temperatur-und-Druck = STP) kalibriert. Das Detection Limit für 21Ne ist ca. 5 x 10^-17 cm3 STP oder ca. 14'000 Atome (!).
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Tom *ist* ein Massenspektrometer
Ich habe selbst noch nie an einem Massenspektrometer gearbeitet und kenne deshalb nur einige Bilder aus dem TV. Dort sieht man immer wieder die Spektren. Ich wollte mich vergewissern, dass die Höhe der Peaks die relative Häufigkeit angibt. Vielen Dank für die Bestätigung.
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Die Höhe des Peaks gibt dir lediglich die Signalintensität (entweder direkt in Ampère bei Detektoren, die auf dem Induktions-Prinzip basieren, oder "Zählereignisse pro Sekunde" bei Detektoren, die Elektronen-Lawinen verwenden) an, die der vom Magneten auf den Detektor gelenkte Ionenstrom dort auslöst. Relativ ist die Häufigkeit deshalb, weil sich natürlich Peak-Höhen gut vergleichen lassen. Deshalb sind Massenspektrometer gut darin, relative Häufigkeiten festzustellen (Fehler maximal im Promille-Bereich bei Edelgasen). Wenn du aber wissen willst, wie sich die Peakhöhen in eine Anzahl Atome übersetzen, musst du kalibrieren, was immer mit Unsicherheiten verbunden ist (Fehler maximal im Prozent-Bereich bei Edelgasen).
 
Oben