'C/2019 Q4 (Borisov): erneut Besuch von jenseits des Sonnensystems ?

ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

ich denke, der Komet da von weit ausserhalb hat einen eigenen Thread verdient.

Bislang wurde er ab hier, #126 thematisiert.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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UMa

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Hallo Bynaus,

update des Kometendurchmessers unter Annahme einer sehr geringen Albedo, wie im Sonnensystem üblich.
Aus M2=13.1+-0.4 (comet nuclear magnitude) wird durch Vergleich mit besuchten Kometen wird
H=15.1+-1.2 und log d=0.80+0.21 also Durchmesser 6.8 km (2.7 bis 17.7 km, 2 sigma).
Dann ist die Masse von 1e13 solchen Kometen zusammen 141 Erdmassen. Das übersteigt die Gesamtmasse der Planeten des Sonnensystems (ohne Wesserstoff und Helium) von 60 Erdmassen. Wenn es da draußen größere Objekte gibt, wie z.B. im Kuipergürtel (Pluto!) könnte es auch viel mehr sein. Bei 99% der Masse (ohne Wasserstoff und Helium) also 6000 Erdmassen oder 2% der Masse der Sterne. Insgesamt wären das 1 Mrd Sonnenmassen in der Milchstraße! Vermutlich sind diese Körper aber ebenso wie Gas und Staub stärker in der Milchstraßeneben konzentriert als die Sterne, dann dürften es etwas weniger sein nur einige hundert Millionen Sonnenmassen. Trotzdem wäre das erstaunlich viel. Können so viele "Metalle" überhaupt durch die Sterne entstanden sein?

Grüße UMa
 

ralfkannenberg

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Dann ist die Masse von 1e13 solchen Kometen zusammen 141 Erdmassen. Das übersteigt die Gesamtmasse der Planeten des Sonnensystems (ohne Wesserstoff und Helium) von 60 Erdmassen.
Hallo UMa,

rechne doch mal überschlagsweise die Masse des Jupiter aus: >10x grösser, heisst >1000x mehr Volumen, Dichte der Erde aber <5x grösser als diejenige des Jupiter ... - da wird eine grössere Zahl als 60 und auch eine grössere als 141 resultieren ;)


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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UMa

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Hallo Ralf,

ich kenne die Masse von Jupiter in Erdmassen auswendig, die brauch ich nicht ausrechnen, es sind 318.

Nur die Sonne und die vier Riesenplaneten enthalten größere Mengen an Wasserstoff und Helium. Kleinere Planeten und Kleinkörper können gasförmigen Wasserstoff nicht halten und haben nur wenig davon z.B. in H2O und noch weniger Helium.

Mir ging es um die Masse an schweren Elementen ("Metallen"). Davon gibt es im Sonnensystem (außerhalb der Sonne, von 0,01 bis 100 AE) etwa 60 Erdmassen. Etwa je 10 Erdmassen in Uranus in Neptun und je knapp 20 in Jupiter und Saturn und 2 Erdmassen im Rest. Wobei es noch einige Unsicherheit in der inneren Zusammensetzung der Riesenplaneten gibt. Es könnten also auch 50 oder 80 Erdmassen sein. Deswegen schrieb ich: (ohne Wasserstoff und Helium).

Der Punkt ist, dass vermutlich der größte Teil der schweren Elemente bei der Planetenentstehung aus dem System geschleudert wird und in interstellaren Objekten stecken könnte. Wasserstoff und Helium wird dort in kompakten Objekten kaum vorhanden sein, es sei denn sie haben mindesten mehrere Erdmassen, sind also free floating planets.

Grüße UMa
 

Bynaus

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https://arxiv.org/abs/1909.07286

Dieses Forscherteam hat umgesetzt, was ich hier angedacht hatte. Ein Radius von 1 km würde am besten zur erwarteten Häufigkeit solcher Körper und zu einer invers kubischen Grössen-Häufigkeitsverteilung passen, die bereits durch 'Oumuamua und dem "interstellaren Meteor" gegeben ist.

Nun könnte man diese Verteilung weiter nach unten extrapolieren und berechnen, wie häufig ein interstellares Raumschiff mit kleinen Trümmern kollidieren sollte...
 

ralfkannenberg

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dann hat man etwa 1e13 solche interstellare Kometen pro Stern. Die Zahl der Kometen in der Oortschen Wolke schätzt man auf 1e11 bis 1e12. Die interstellaren Kometen sind also in der Überzahl.
Hallo UMa,

ich komme noch einmal auf diese Zahl zu sprechen. Grob gesprochen gibt es also 10-mal bis 100-mal mehr interstellare Kometen im Sonnensystem als "eigene" Kometen im Sonnensystem.

Das aber heisst, dass man bei den Kometen-Entdeckungen ebenfalls wenigstens ungefähr ein solches Verhältnis haben sollte, im krassen Gegensatz zur Beobachtung.


Woher kommt diese Diskrepanz ?


Freundliche Grüsse, Ralf
 

UMa

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Hallo Ralf,

die interstellaren Kometen bewegen sich relativ schnell im Raum, mit ungefähr 30 km/s, selbst in großer Entfernung zur Sonne. Daher sind sie ungefähr gleichmäßig im Raum verteilt.
Die Kometen der Oortschen Wolke dagegen sind sehr langsam unterwegs (außer in Sonnennähe). Daher wirkt sich die Anziehung der Sonne stärker auf ihre Bahn aus und sie kommen daher öfter in die Nähe der Sonne, näher als 10 AE z.B.

@Bynaus:
Generell gilt wohl, dass kleiner Objekte häufiger sind als größere. Daher ist eine möglichst kleine Masse oder Durchmesser plausibler.

Grüße UMa
 

ralfkannenberg

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die interstellaren Kometen bewegen sich relativ schnell im Raum, mit ungefähr 30 km/s, selbst in großer Entfernung zur Sonne. Daher sind sie ungefähr gleichmäßig im Raum verteilt.
Die Kometen der Oortschen Wolke dagegen sind sehr langsam unterwegs (außer in Sonnennähe). Daher wirkt sich die Anziehung der Sonne stärker auf ihre Bahn aus und sie kommen daher öfter in die Nähe der Sonne, näher als 10 AE z.B.
Hallo UMa,

ja danke, das ist ein wirklich guter Punkt, der mich überzeugt: der Prozentsatz der eigenen Kometen, die in Sonnennähe kommt, ist natürlich deutlich grösser als der interstellaren Kometen, und zudem nimmt deren Raumgebiet mit der 3.Potenz zum Sonnenabstand zu.

Betrachten wir den von mir oben genannten Abstand von 3 AU als Bereich, in dem man einen Kometen entdecken kann (diese Zahl habe ich zum einfacheren Rechnen gewält) und gehen wir nun zum Neptun, so kommen da gleich 3 Nullen dazu, und bis 300 AU (dreifacher Eris-Abstand) derer 6, also ein Faktor 1 Million. Von Abständen bis zur Ooortschen Wolke mal ganz zu schweigen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

in dieser Arbeit ist dieser Satz interessant:

There should also be tens of C/2019 Q4-size interstellar objects trapped by interactions with Jupiter, identiable by Centaur-like orbits at high inclinations

Allerdings sehe ich aus dem Stehgreif nicht, wie man diese von aus der Oort'schen Wolke eingefangenen Kometen unterscheiden kann. - Ich werde mir mal die zugehörige Arbeit besorgen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

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There should also be tens of C/2019 Q4-size interstellar objects trapped by interactions with Jupiter, identiable by Centaur-like orbits at high inclinations
(...)
Ich werde mir mal die zugehörige Arbeit besorgen.
Hallo zusammen,

hier die Arbeit: Identifying Interstellar Objects Trapped in the Solar System through Their Orbital Parameters (Amir Siraj, Abraham Loeb)

Und hier die Kandidaten:
2018 WB[sub]1[/sub], a=8.12, i=152.1°
2013 YG[sub]48[/sub], a=8.19, i=61.3°
2018 TL[sub]6[/sub], a=1.72, i=170.9°
2017 SV[sub]13[/sub], a=9.65, i=113.2°
2013 JD[sub]4[/sub], a=12.25, i=73.0°
2018 AS[sub]18[/sub], a=13.01, i=63.0°
2008 WA[sub]95[/sub], a=14.05, i=60.1°
2016 WS[sub]1[/sub], a=14.43, i=53.0°


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Bynaus

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Danke Ralf, du hast recht, da braucht es einen eigenen Thread. Das Fragezeichen am Ende des Titels kannst du dir bei e>3 aber mittlerweile sparen... ;)
 

ralfkannenberg

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Das Fragezeichen am Ende des Titels kannst du dir bei e>3 aber mittlerweile sparen... ;)
Hallo Bynaus,

sorry, das war copy/paste-Fehler.

Exzentrizitäten bewegen sich üblicherweise zwischen 0 (Kreis) und 1 (Parabel), sind also Ellipsenbahnen. Diejenigen bekannten Kometen mit einer hyperbolischen Exzentrizität liegen nur geringfügig über 1, Rekordhalter ist hier der Komet C/1980 E1 (Bowell) mit einer Exzentrizität von 1.057.

Eine Exzentrizität über 3 (!!!) ist da also ein ganz anderes Kaliber !


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Wolverine79

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Mal eine Laienfrage zwischendurch: Kann man eigentlich aufgrund der Exzentrität und dem Abstand der Flugbahn zur Sonne eigentlich auf die Geschwindigkeit schließen?

Viele Grüße
Jens
 

ralfkannenberg

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Kann man eigentlich aufgrund der Exzentrität und dem Abstand der Flugbahn zur Sonne eigentlich auf die Geschwindigkeit schließen?
Hallo Wolverine,

ich bin kein Geometriespezialist und was ich dazu mal gelernt habe habe ich schon lange wieder vergessen, aber meines Wissens sollte das gehen: eine Ellipse ist durch die beiden Brennpunkte und die Grosse Halbachse (bzw. deren Doppleltes) bestimmt. Aus dem Abstand eines der Brennpunkte zum Mittelpunkt der Ellipse kann man die Exzentrizität berechnen, ich denke, das geht in beide Richtungen (oder habe ich da irgendetwas übversehen), und wenn man noch die Masse der Sonne kennt hat man alles, was man braucht.

Das ist nun nur der Ellipsenfall; bei der Hyperbel ist die Situation nur dahingehend anders, dass man statt einer Summe eine Differenz benötigt, und die Exzentrizität lässt sich analog zur Ellipse berechnen.



Freundliche Grüsse, Ralf
 

astronews.com Redaktion

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Kometen: Neuer interstellarer Besucher heißt Borisov

Vor zwei Jahren wurde mit 1I/?Oumuamua erstmals ein Objekt entdeckt, das aus einem anderen Sonnensystem stammt. Ende August fiel einem Amateurastronom ein kometenähnliches unbekanntes Objekt auf einer ungewöhnlichen Bahn auf. Inzwischen ist klar, dass es sich auch dabei um einen interstellaren Besucher handelt, der nun den Namen seines Entdeckers trägt: 2I/Borisov. (24. September 2019)

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