Rote Zwerge: Planeten-Atmosphären haben es schwer

UMa

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Hallo Kibo,

die Albedo ist sehr wichtig. Die Frage ist die Verteilung von Land und Wasser. Die Albedo an Land. Heute gibt es Vegetation, die meist dunkler als Gestein oder gar Sand ist. Außerdem vermindert sie, insbesondere bei Wald, die Albedo des Schnees. Wie groß war die Landoberfläche, und wie war sie beschaffen; heller Sand, dunkler Basalt oder vielleicht Bakterienmatten, hell oder dunkel?

Die Oberfläche der Ozeane ist mit einer Albedo von 0.06 schon sehr dunkel.
Ein geringerer Anteil am mutmaßlich helleren Land könnte helfen.
Vielleicht weiß Bynaus etwas darüber?

Und dann kommt letztlich noch die Bewölkung. Alles äußerst unklar.

Grüße UMa
 

UMa

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Hallo Bynaus,
@UMa: ich habe letztes Mal noch ganz vergessen, dir meine Anerkennung dafür auszudrücken, dass du ein so komplexes Modell bemühst, um die Diskussion voran zu bringen - vielen Dank! Hast du das selbst entwickelt oder verwendest du ein Community-Modell?
für die Berechnung der Albedo habe ich selbst entwickeltes Klimamodell verwendet. Für die Berechnung der Ausstrahlung bei sehr unterschiedlichen Drücken ist es allerdings nicht so gut geeignet.

Deswegen habe ich für die Berechnung der Infrarotstrahlung MODTRAN verwendet.
http://climatemodels.uchicago.edu/modtran/modtran.html
Online-Version, Sourcecode und Beschreibung unter dem Link: About this model.


Ich denke, dass der Unterschied zwischen den verschiedenen Treibhausgasen für die nichtsolare Infrarotstrahlung eher gering ist, und sich, bei gleiche Gesamtreduktion der ausgesendeten Infrarotstrahlung, nicht sehr unterscheiden. Die Unterschied liegen eher in der Strahlungswirkung oberhalb der Tropopause, auf die solare Strahlung, so wie das Temperaturprofil.
Wie viel CO2 das für eine Mischung von weiteren Treibhausgasen außer CH4 entspricht, müsste man im Einzelfall feststellen.
Und ja, ich habe unrealistisch hohe Mengen hinzugefügt, die sich sogar auf den Gesamtdruck auswirken.

Ich wollte ja nur ungefähr die großen Auswirkungen eines verminderten Druckes aufzeigen, nicht gleich das FYSP lösen. dafür sollte es schon reichen.

Mein Punkt ist, wir wissen, CO2+CH4 in Mengen, die mit geochemischen Constraints verträglich sind, können das FYS paradox nicht lösen.
Nein, das weiß ich nicht. An welche Mengen CO2 und CH4 hast Du gedacht?
Wenn die Albedo etwas geringer ist, als sie heute wäre, und der Druck nicht zu niedrig, gibt es zumindest keine Schneeballerde. Beispielsweise könnten die tiefliegenden Wolkenschichten über den Meeren bei etwas höheren Treibhausgaskonzentrationen als heute, vielleicht 4xCO2eq, kollabieren und die Albedo der Erde deutlich senken. Das könnte ausreichen.

Durchaus - die Temperatur wäre nochmals etwa 5°C tiefer. Das ist aber nicht völlig ausserhalb der Reichweite gewisser "exotischer" Treibhausgase.
Wie meinst Du das?

Die Temperatur durch die schwächere Sonne vor 2.7 Ga würde nur um 5°C tiefer sein als heute? Dann gibt es kein FYSP.
Oder vielleicht die Temperatur durch den auf 0.23 verminderten Druck würde nur um weitere 5°C tiefer sein?

Nein, das ist beides viel größer.

Eine Abkühlung von etwa 5°C ergibt sich bereits bei einer Verminderung der Sonneneinstrahlung um etwa 2%.
Vor 2.7 Ga betrug die Sonneneinstrahlung aber nur 80.9% der heutigen.

Bei der Treibhausgaskonszentration des Jahres 1750 ergibt mein Modell in Abhängigkeit von der Sonneneinstrahlung (100% = 1361 W/m²) folgende mittlere Temperaturen der bodennahen Luft und Albedo.

Sonneneinstrahlung, Temperatur, Albedo
105% 23.0°C 0.286
104% 21.2°C 0.287
103% 19.5°C 0.289
102% 17.6°C 0.291
101% 15.7°C 0.294
100% 13.5°C 0.298
99% 11.3°C 0.303
98% 8.8°C 0.310
97% 5.3°C 0.322
96% 0.0°C 0.345
95.5% -4.2°C 0.366
95.19% -5.9°C 0.374
95.18% -60.4°C 0.693

Glücklicherweise verändert sich die mittlere Sonneneinstrahlung in Zeiträumen von wenigen Jahren bis zu wenigen Jahrmillionen nur um etwa 0.1%, was nur für Temperaturveränderung bis zu 0.2°C ausreicht.


Beim verminderten Druck ist die Temperaturänderung auch größer.

Atmosphärenvariante C) 99% N2, 0.9% CO2, 0.1% CH4 hat bei einer Sonneneinstrahlung wie vor 1.76 Ga (86.7% der heutigen) gerade eine Temperaturgleichgewicht von 14°C bei einem Gesamtdruck von 1.00 bar.

Dafür, dass die Temperatur um 5°C auf 9°C sinkt, müsste der Druck nur auf 0.861 bar fallen, wenn die relative Zusammensetzung der Luft gleich bliebe. Wenn dagegen der absolute Gehalt an CO2 und CH4 gleich bleibt, wäre ein Gesamtdruck von 0.835 bar nötig. Die relative Zusammensetzung wäre dann 98.8% N2, 1.08% CO2, 0.12% CH4.

Dafür, dass die Temperatur um 14°C auf 0°C sinkt, müsste der Druck auf 0.630 bar fallen, wenn die relative Zusammensetzung der Luft gleich bliebe. Wenn dagegen der absolute Gehalt an CO2 und CH4 gleich bleibt, wäre ein Gesamtdruck von 0.574 bar nötig. Die relative Zusammensetzung wäre dann 98.26% N2, 1.57% CO2, 0.17% CH4.

Bei einem Druckabfall auf 0.46 oder gar 0.23 bar würde die Temperatur noch viel mehr sinken. Auf jeden Fall um viel mehr als 5°C, selbst wenn die Treibhausgase absolut konstant blieben und nur der Stickstoffanteil abnimmt.

Die Wirkung des Gesamtdrucks auf die Ausstrahlung im Infraroten ist um so stärker, je mehr Treibhausgase in der Atmosphäre sind. Das ist eher ungünstig, wenn man die Druckverminderung mit noch mehr Treibhausgasen kompensieren will.
Daher noch Atmosphärenvariante B) 90% N2, 9% CO2, 1% CH4 und Atmosphärenvariante D) 99.9% N2, 0.09% CO2, 0.01% CH4 (das sind bei 1 bar 900ppm CO2 und 100ppm CH4) zum Vergleich.

Bei B) reicht eine Sonneneinstrahlung wie vor 3.19 Ga (78.1% der heutigen) um bei 1.00 bar 14°C zu erreichen.

Dafür, dass die Temperatur um 5°C auf 9°C sinkt, müsste der Druck nur auf 0.903 bar fallen, wenn die relative Zusammensetzung der Luft gleich bliebe. Wenn dagegen der absolute Gehalt an CO2 und CH4 gleich bleibt, wäre ein Gesamtdruck von 0.885 bar nötig. Die relative Zusammensetzung wäre dann 88.7% N2, 10.17% CO2, 1.13% CH4.

Bei D) reicht eine Sonneneinstrahlung wie vor 0.82 Ga (93.3% der heutigen) um bei 1.00 bar 14°C zu erreichen.

Dafür, dass die Temperatur um 5°C auf 9°C sinkt, müsste der Druck auf 0.815 bar fallen, wenn die relative Zusammensetzung der Luft gleich bliebe. Wenn dagegen der absolute Gehalt an CO2 und CH4 gleich bleibt, wäre ein Gesamtdruck von 0.775 bar nötig. Die relative Zusammensetzung wäre dann 99.871% N2, 0.116% CO2, 0.013% CH4.

Bei weniger Treibhausgasen ist die Wirkung von Druckänderungen auf die Temperatur also geringer.


Grüße UMa
 

UMa

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Hallo Bynaus,

ein Nachtrag: Ich habe entsprechend meinem letzten Satz es noch für die heutigen Treibhausgaskonzentrationen berechnet, da sollte der Effekt des Gesamtdruckes noch geringer sein.

Dafür reicht eine Sonneneinstrahlung wie vor 0.02 Ga (99.84% der heutigen) um bei 1.00 bar 14°C zu erreichen.

Dafür, dass die Temperatur um 5°C auf 9°C sinkt, müsste der Druck auf 0.730 bar fallen, wenn die relative Zusammensetzung der Luft gleich bliebe. Wenn dagegen der absolute Gehalt an allen Treibhausgasen (außer H2O) gleich bleibt, wäre ein Gesamtdruck von 0.629 bar nötig.


Eine andere Baustelle des FYSP wäre die Sonneneinstrahlung. Gemäß der alten, oft noch verwendeten Näherungsformel ist die Sonneneinstrahlung
S=1/(1+0.4*t/t_S)
mit t_S=4.567 Ga.
Einige neuere Sternmodelle scheinen sich auch sehr ähnlich zu verhalten.
Dann ergibt sich vor 2.7 Ga eine Sonneneinstrahlung von 80.9% der heutigen.
Andere neuere Sternmodelle ergeben eine Sonneneinstrahlung von etwa 82% der heutigen.

Berücksichtigt man zusätzlich, dass die effektive Temperatur der Sonne etwas geringer war, ergibt sich auch eine geringe Albedo wegen der geringeren Streuung.
Insgesamt würden vor 2.7 Ga statt 192.6 W/m² etwa 198 W/m² Sonnenstrahlung absorbiert. Heute sind es zum Vergleich 238.2 W/m².

Das vermindert das FYSP etwas.


Grüße UMa
 
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UMa

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Hallo Bynaus,

noch als Nachtrag.

Ich hatte noch weitere Modellrechnungen mit meinem Modell gerechnet, wobei ich versucht habe, die Ausstrahlung bei vermindertem Atmosphärendruck zu korrigieren.

Dabei hat sich interessanterweise, im Gegensatz zum einfachen, nicht örtlich aufgelöstem Modell, ergeben, dass der Ozean unter den Bedingungen wie vor 2.7 Ga NICHT komplett zufriert, wenn der Atmosphärendruck stark vermindert ist.
Im Unterschied zu Simulationen bei einem Druck bei 1 bar, der, außer für hohe Konzentrationen von Treibhausgasen, in einer kompletten Schneeballerde endet.

Die Ursache ist offenbar ein verminderter Transport von Wärme vom Äquator zu den Polen. Dieser wird durch die schnellere Rotation ohnehin gebremst (nur parametrisiert in meinem Modell) und vermindert sich nun durch die dünne Atmosphäre noch weiter. Damit kühlen die hohen und mittleren Breiten stark ab und frieren komplett zu. Am Äquator bleibt aber eine schmale Zone mit offenem Wasser bestehen, während über dem Eis, welches den größten Teil der Erde bedeckt, die Lufttemperatur sehr stark sinkt. Die durchschnittliche Lufttemperatur erreicht -20°C.

Die Frage ist natürlich, wie realistisch diese Simulation ist, da keine Eisdynamik im Modell existiert.

Ich bin schließlich nicht der Erste, der ein solche Ergebnis erhält, aber bisher haben sich in realistischeren Modellen solche offenen Bereiche am Äquator als nicht stabil erwiesen. Das sehr dicke Eis bewegt sich von den mittleren Breiten zum Äquator, schmilzt nicht schnell genug ab und die Schneeballerde ist vollendet.

Grüße UMa
 
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