Gaia: Wenn Weiße Zwerge kristallisieren

astronews.com Redaktion

Registriertes Mitglied
Mit dem Astrometriesatelliten Gaia der europäischen Weltraumagentur ESA werden gerade Milliarden von Sternen der Milchstraße mit hoher Präzision vermessen. Die Daten liefern auch wichtige Informationen für Teilbereiche der Astrophysik, an die man zunächst vielleicht nicht denkt - beispielsweise zum Abkühlverhalten und der Kristallisation von Weißen Zwergsternen. (14. Januar 2019)

Weiterlesen...
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Das Team um Tremblay hat nun über 15.000 Weiße Zwerge in einem Umkreis von 300 Jahren analysiert und konnte darin eine Gruppe identifizieren, in der gerade Kristallisationsprozesse ablaufen müssen.

Schauen wir uns mal das Original an:

In this study, the astronomers analysed more than 15 000 stellar remnant candidates within 300 light years of Earth as observed by Gaia and were able to see these crystallising white dwarfs as a rather distinct group.
Somit sollten das also statt "Jahren" eher "Lichtjahre" sein und statt "Weissen Zwergen" eher "Weisse Zwerg-Kandidaten".

Kommt das hin ? Bis 15 Lichtjahre kennt man 5 Weisse Zwerge (ok, 40 Eridani B ist geringfügig weiter entfernt), d.h. in einem 10x grösseren Raumgebiet, also bis 150 Lichtjahre erwarten wir knapp 10^3 mal mehr, also 5000 Weisse Zwerge.

Und nochmal doppel so weit bis 300 Lichtjahre erwarten wir also nochmals 2^3 mehr, also 8x mehr, also rund 40000 Weisse Zwerge. Da die Weissen Zwerge jedoch nicht so hell sind, ist diese Zahl wohl überschätzt, so dass mir 15000 Weisse Zwerge-Kandidaten in einem Raumvolumen von 300 Lichtjahren um die Sonne durchaus plausibel erscheint.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
Zuletzt bearbeitet:

Bynaus

Registriertes Mitglied
40k ist wohl keine schlechte Schätzung, wobei mit einem Faktor 2 oder so denn basierend auf 5 WZs packst du doch eine recht grosse Unsicherheit in diese Extrapolation. Aber von all den WZs da draussen dürften viele schwierig zu finden sein. Da kommt die Zahl schon hin...
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
denn basierend auf 5 WZs packst du doch eine recht grosse Unsicherheit in diese Extrapolation.
Hallo Bynaus,

selbstverständlich ist eine solche Schätzung völlig inakzeptabel, aber es ging mir ja nur um einen allerersten Anhaltspunkt, ob diese 15000 überhaupt hinkommen, und dafür habe ich mir auswendig bekannte Daten verwendet.

Schon viel besser wird die Schätzung, wenn wir alle Weissen Zwerge bis 30 Lichtjahre betrachten; das sind 17 Weisse Zwerge; Faktor 10 weiter hinaus liefert einen Faktor 1000, so kommen wir auf 17000 Weisse Zwerge, was sehr gut zu den vorgenannten "über 15000 Weissen Zwergen" passt.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Webmaster

Administrator
Teammitglied
Danke für die Hinweise auf die dummen Fehler mit "Kandidaten" und "Jahren" statt "Lichtjahren". Das ist inzwischen korrigiert. S.D.
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
die dummen Fehler
Hallo Stefan,

dank dieser angeblich "dummen" Fehler, die ohnehin nur kleine Schreibfehler sind, habe ich gelernt, dass es in diesem doch eher nahen Bereich bis 300 Lichtjahre deutlich mehr Weisse Zwerge gibt als ich "gefühlsmässig" erwartet, aber zuvor eben nicht nachgerechnet hatte.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

DELTA3

Registriertes Mitglied
Es ist für mich schon interessant, dass in einem Umkreis von 300 Lj 15000 Weiße Zwerge gefunden wurden, sicher gibt es auch noch ein paar unentdeckte, und 17 innerhalb von 30 Lj.

Interessant wäre auch ein Vergleich, wie viele 'normale' Sterne und wie viele Neutronensterne und Schwarze Löcher es in diesem Raumvolumen gibt.

Aber abgesehen von der Anzahl ist mir in dem Beitrag der beschriebene Kristallisationsvorgang nicht ganz klar. Meiner Meinung nach müsste doch durch die Wärmeabstrahlung zuerst die Oberfläche des WZ abkühlen und kristallisieren und die Kristallisation von außen nach innen fortschreiten, anstatt umgekehrt wie dort beschrieben? Kann das jemand aufklären?

Gruß, Delta3
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Interessant wäre auch ein Vergleich, wie viele 'normale' Sterne und wie viele Neutronensterne und Schwarze Löcher es in diesem Raumvolumen gibt.
Hallo Delta3,

dafür musst Du Dir halt Sternkataloge heraussuchen und dann eben nachzählen.

Die allermeisten "normalen" Sterne sind Rote Zwergsonnen, von denen man aber keine einzige von blossem Auge sehen kann.

Dann - auch wenn sie nicht als "normal" gelten - die Braunen Zwerge, von denen sollte es auch ziemlich viele geben, nur sind diese auch heutzutage gar nicht einfach zu entdecken.


Wenn ich Dich richtig verstehe gilt Dein Hauptinteresse aber den Neutronensternen und den Schwarzen Löchern und bei den beiden Typen ist es eben so, dass sie sehr massereiche Vorläufersterne benötigen. Da scheiden alle Weissen Zwerge aus, den diese sind ja Weisse Zwerge geworden, weil ihr Vorläuferstern eben nicht genug Masse hatte, dann die Braunen Zwerge und auch die allermeisten Hauptreihensterne, d.h. alle der Spektraltypen M, K, G, F und A, und überdies auch alle höher als ~B5.

Kandidaten für Sterne, die spatter einmal Neutronensterne oder Schwarze Löcher werden werden findest Du also bei den O-Sternen und bei den B0- ~B4-Sternen.

Selbst der Orionstern Rigel, immerhin acht-hellster Stern am Nachhimmel und mit knapp 800 Lichtjahren schon weit entfernt, ist "nur" ein B8-Stern.


Ich habe nun nicht weiter gesucht, aber Du wirst wohl schon deutlich weiter als 1000 Lichtjahre weggehen müssen, um einen Stern zu finden, aus dem eines Tages ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch werden könnte. In Sternentstehungsgebieten kann man fündig werden, wie z.B. dem hellsten Stern im Orionnebel (1350 Lichtjahre entfernt); das ist theta(1) Orionis C1 und der hat einen Spektraltyp von O6.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Ich habe nun nicht weiter gesucht, aber Du wirst wohl schon deutlich weiter als 1000 Lichtjahre weggehen müssen, um einen Stern zu finden, aus dem eines Tages ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch werden könnte. In Sternentstehungsgebieten kann man fündig werden, wie z.B. dem hellsten Stern im Orionnebel (1350 Lichtjahre entfernt); das ist theta(1) Orionis C1 und der hat einen Spektraltyp von O6.
Etwas näher ist das nächste-gelegene Sternentstehungsgebiet, der Kaliforniennebel (ca. 1200 Lichtjahre), und sein hellster Stern ist Menkib (xi Persei), der eine Spektralklasse von O7.5 hat.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

DELTA3

Registriertes Mitglied
Hallo Ralf, danke für deine Info. Ich hatte schon vermutet, dass es innerhalb einer Entfernung von 300 Lj. keinen Neutronenstern oder SL gibt, sonst hätte man sicher davon gehört. Allerdings weiß ich nicht, ob man ein isoliertes SL ohne Begleiter oder sonstige Materie in seiner Nähe entdecken könnte, da es ja nicht sichtbar ist.

Aber ich war auch von der großen Zahl von WZ beeindruckt. Wenn es in 300 Lj. schon 15000 gibt (ohne die unentdeckten), wie viele gibt es dann in unserer Milchstraße? Da man sie in größerer Entfernung nicht mehr sehen kann, zählen sie dann zur sichtbaren oder zur dunklen Materie? Kann man aus ihrer Anzahl auf die Anzahl oder Dichte der SL in unserer Galaxie schließen?

Die Frage, wie es sein kann, das WZ bei der Abkühlung von innen nach außen kristallisieren anstatt von außen nach innen, hat leider noch niemand beantwortet.

Freundliche Grüße, Delta3
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Hallo Ralf, danke für deine Info. Ich hatte schon vermutet, dass es innerhalb einer Entfernung von 300 Lj. keinen Neutronenstern oder SL gibt, sonst hätte man sicher davon gehört.
Hallo Delta3,

ich bin nicht sicher, dass man das ausschliessen kann. Wenn die schon genügend lange Neutronensterne sind und älter als die "3 Musketiere", also der Geminga-Pulsar PSR J0633+1746, der Pulsar PSR B0656+14 sowie der Pulsar PSR B1055-52, dann sind die nicht mehr sonderlich hell.


Der Geminga-Pulsar ist rund 800 Lichtjahre entfernt und der nächstgelegene Neutronenstern PSR J0108-1431 gut 400 Lichtjahre. Auch der zweite der drei Musketiere, PSR B0656+14, ist "nur" rund 1000 Lichtjahre von uns entfernt. Geringfügig näher ist auch der dritthellste Pulsar, das ist der Vela-Pulsar PSR B0833-45.


Sei erinnert, dass sich der zweithellste sichtbare Pulsar PSR B0540-69 gar nicht in unserer Milchstrasse befindet, sondern im Tarantelnebel der Grossen Magellanschen Wolke. Der hellste sichtbare Pulsar ist der Krabbennebel-Pulsar PSR B0531+21, der ist rund 6000 Lichtjahre entfernt.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
Zuletzt bearbeitet:

DELTA3

Registriertes Mitglied
Hallo Ralf,

danke für deine ausführliche Antwort zu den Neutronensternen bzw. Pulsaren.

Der hellste sichtbare Pulsar ist der Krabbennebel-Pulsar

Du meinst hier sicherlich den Pulsar im Krebsnebel.

Aber für mich ist es immer noch ein Rätsel, warum Weiße Zwergsterne im Inneren kristallisieren sollen, wenn sie doch von der Oberfläche her zuerst abkühlen. In dem Bericht steht:
Dieses sind die zunächst glühend heißen ausgebrannten Kerne der ehemaligen Sonnen, die über einen langen Zeitraum - mehrere Milliarden Jahre - langsam abkühlen. Irgendwann sollten dabei in ihrem Inneren Kristallisationsprozesse einsetzen

Die Kristallisation müsste doch erst außen einsetzen und dann nach innen fortschreiten, da durch die Wärmeabstrahlung die Oberfläche zuerst abkühlt.

Freundliche Grüße, Delta3
 
Zuletzt bearbeitet:
Oben