Big Rip?

N

Neon

Gast
Ja äh, sorry wenn ich gleich wieder mit so einem kontroversen Thema komme, aber es gibt da an dieser Big Rip/Chill/Freeze Theorie eine Sache die ich sehr sonderbar finde und ich wollte mal fragen wo da eventuell mein Denkfehler liegt.:rolleyes:

Also, nach der Big Rip/Chill/Freeze Theorie http://de.wikipedia.org/wiki/Big_Rip
wird an einem bestimmten Punkt die Geschwindigkeit der sich entfernenden Galaxien und -Haufen größer als die Lichtgeschwindigkeit sein.
Jetzt habe ich mir aber sagen lassen, dass kein materielles Teil auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden könne, weil man dazu unendlich viel Energie bräuchte. Wenn das nicht mal mit einem Atom möglich ist, wie soll das dann erst mit ganzen Galaxien gehen? Dann hat man mir gesagt, dass bei Lichtgeschwindigkeit die Strahlung im Universum zu so harter Gammastrahlung wird, das sie unmöglich durchdrungen werden kann.
Nach dieser Theorie, wenn ich mich nicht irre, wird das dann eher ein "Big Crash" als ein Big Rip.;)
Oder was mein Ihr?


Liebe Grüße

:)Neon:)
 

jonas

Registriertes Mitglied
Durch den Raum kann sich nichts mit mehr als Lichtgeschwindigkeit bewegen. Der Raum selbst kann aber durchaus mit einer Geschwindigkeit expandieren, die höher als die Lichtgeschwindigkeit ist. Das steht nicht im Widerspruch zur Relativitätstheorie, denn nirgendwo bewegt sich lokal etwas schneller als das Licht.

Beschleunigt sich die Expansion immer weiter, so wird diese Expansion irgendwann auch die bindenden Kräfte der Gravitation übersteigen bis zuletzt auch die Atomkerne nicht mehr zusammenhalten können, so die Theorie des Big Rip.

Was Du ansonsten über Effekte bei hohen Geschwindigkeiten durch den Raum gehört hast, z.B. dass die Strahlung immer blauer wird, immer härter bis zur Gammastrahlung, das ist allerdings auch richtig.
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Neon,

das was Du hier für die Zukunft ‚fürchtest‘ findet bereits seit Anbeginn der Zeit statt. Genügend weit entfernter Raum entfernt sich von dem uns unmittelbar umgebenden Raum schneller als mit c. Du kannst Dir das z.B. über den Hubbleparameter ausrechnen, ab welcher Entfernung das heute der Fall ist. Geht man von 70 km/s und Megaparsec aus, dann ist das ab einer Entfernung, weiter als 4290 Megaparsec, oder 14 Milliarden Lichtjahren, der Fall. Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Hubblekonstante

Der Raum, aus dem heut das älteste Licht, also die kosmische Hintergrundstrahlung zu uns kommt, ist heute ca. 46 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt und als dieses Licht sich auf seinen Weg zu uns machte, waren die Quellen dieses Lichtes rund 42 Millionen Lichtjahre von uns entfernt und dieses Licht ist seit 13,7 Milliarden Jahren unterwegs zu uns gewesen.

Aus den Messungen der Rotverschiebung und der zugehörigen Entfernung (die man z.B. durch das Licht aus SN1a Explosionen mehr oder minder zuverlässig bestimmen kann) sieht man, daß sich die Geschwindigkeit (der Hubbleparameter) in der Vergangenheit verändert hat. Siehe dazu auch die erste Abbildung im obigen Link. Wie sich das in der Zukunft weiter entwickeln wird, ist so lange pure Spekulation, wie man überhaupt keine Ahnung hat, was die Quelle dieser seit rund 7 Milliarden Jahren dauernden erneuten Beschleunigung des Hubbleparameters ist. Ganz davon abgesehen, daß die dazu gehörenden Beobachtungen sehr hart am Rande dessen sind, was man bisher meßtechnisch auf die Beine stellen kann. Es passen auch noch alle anderen Zukunftsprognosen in diese Meßwerte, nur die Annahme einer beschleunigten Ausdehnung kommt diesen Messungen am nächsten.

Das bedeutet aber nicht, das hier Unfug verbreitet wird. Es ist ein wenig so, wie die Gestalt eines 'Ungeheuers', das uns aus dem Nebel entgegen kommt. So lange es noch nicht klar erkennbar ist, könnte es ein Drache, ein Elefant ein geliebter Mensch oder was ganz Neues sein. Man muß halt abwarten bis man genauer messen kann. Vorab kann man sich aber schon mal Gedanken dazu machen, was es denn sein könnte - was sich da aus dem ‚Nebel‘ herausschält. Das spannende daran ist, daß man über diese Gedanken auf Ideen kommt, wie man auch auf anderen Wegen prüfen könnte, was da auf ‚uns‘ zu kommt und man auch ein sehr zugkräftiges Motiv hat, die Beobachtungsmöglichkeiten weiter zu verfeinern.

Und ja, wenn diese gerade noch zu ahnende beschleunigte Expansion wirklich existiert und sich auch in alle Zukunft fortsetzt, dann wird der Tag kommen, an dem sich der Raum zweier benachbarter Atome schneller als c voneinander entfernt und auch der Tag, an dem dieses Schicksal auch den Raum ereilt, den die Quarks beanspruchen. Das ist aber bisher eine rein rechnerische Extrapolation, die nur so lange richtig ist, wie es richtig ist, daß diese Beschleunigung existiert und es darüber hinaus auch richtig ist, daß es nichts gibt, was eine solche Beschleunigung begrenzt.

Nur, es ist eben auch richtig, daß wir außer dem, wie man sowas rechnet, keine über Spekulationen hinaus gehende Vorstellung haben, wie es zu einer solchen Beschleunigung kommt und erst recht keine Vorstellung haben, was es sonst noch alles gibt, daß möglicherweise zu einem völlig anderen Ablauf der Zukunft führt, als wir bisher extrapolieren können.


Herzliche Grüße

MAC
 

Ich

Registriertes Mitglied
"Dieses sich mit Überlichtgeschwindigkeit fortbewegen" bezieht sich in diesem Zusammenhang fast immer auf eine rein rechnerische Größe (eine "Koordinatengeschwindigkeit), die außer dem Zahlenwert
- weder etwas mit der Geschwindigkeit des Lichts am Ort einer solchen Galaxie zu tun hat: das Licht dort bewegt sich nämlich noch schneller von uns fort, also ist die Galaxie nicht wirklich schneller als das Licht
- noch etwas mit der aus der speziellen RT bekannten Relativgeschwindigkeit zu tun hat. Nach ihrer Definition ist diese "Rezessionsgewschwindigkeit" tatsächlich eher aine Rapidität.

Dementsprechend ist diese "Expansion mit Überlichtgeschwindigkeit" eine Nullaussage.
Richtig ist, dass es im Fall beschleunigter Expansion Regionen gibt, die wir nicht sehen können, und die uns auch nicht sehen. Es bildet sich also ein Horizont, über den hinweg man nicht schauen kann. Sowas könnte man als "Überlichtgeschwindigkeit" bezeichnen, es heißt aber Horizont.
mac schrieb:
Und ja, wenn diese gerade noch zu ahnende beschleunigte Expansion wirklich existiert und sich auch in alle Zukunft fortsetzt, dann wird der Tag kommen, an dem sich der Raum zweier benachbarter Atome schneller als c voneinander entfernt und auch der Tag, an dem dieses Schicksal auch den Raum ereilt, den die Quarks beanspruchen.
Der Big Rip setzt nicht nur voraus, dass die beschleunigte Expansion anhält, sondern auch, dass die Beschleunigung immer stärker wird.
Im normalen LCDM-Modell ist das nicht der Fall. Da wird sich an der Beschleunigung nicht mehr viel ändern bis in alle Ewigkeit.
Technisch heißt das, dass die Dichte der dunklen Energie immer größer wird, was wiederum nach der Kontinuitätsgleichung heißt, dass ihr (negativer) Druck größer ist also ihre Dichte (Stichworte: Zustandsgleichung, Parameter w<-1), was wiederum alle bekannten Energiebedingungen verletzt. Deshalb wird der Big Rip als hochspekulatives Szenario angesehen.
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Ich,

danke für den Hinweis!
Der Big Rip setzt nicht nur voraus, dass die beschleunigte Expansion anhält, sondern auch, dass die Beschleunigung immer stärker wird.
Ja. Das habe ich, obwohl ich genau mit der exakten Bedeutung solcher Begriffe meine liebe Not hatte, als ich anfing mich damit zu befassen, nicht sauber genug formuliert :eek: und damals erst mit Hilfe von Jonas‘ Ameisen-/Gummibandmodell begriffen. :)


@All
Man stelle sich 2 Punkte, A und B im Universum vor, die den Abstand s zueinander haben. Wir bleiben beim Punkt A stehen, während B sich durch die Expansion des Kosmos von uns mit der Geschwindigkeit V entfernt.

Wenn die Geschwindigkeit der Expansion immer gleich bleibt (also über die Jahre hinweg immer V=const.) dann wird der Hubbleparameter im Laufe der Zeit aber immer kleiner.

Warum?

Ein Punkt M, genau in der Mitte zwischen unseren beiden Punkten A und B, entfernt sich von uns mit der Geschwindigkeit 0,5*V. Und er entfernt sich auch vom Punkt B mit der Geschwindigkeit 0,5*(-V).

Nach n Jahren, wenn das Universum auf die doppelte Größe expandiert ist als zu Beginn unserer Messung, hat der Punkt M die Entfernung zu uns erreicht, die B hatte, als wir anfingen zu messen, hat aber unverändert immer noch die halbe Geschwindigkeit von B zu uns.

Da der Hubbleparameter als Expansionsgeschwindigkeit in einer fixen Entfernung (nämlich ein Megaparsec) definiert ist, wäre er in dieser Zeit auf die Hälfte seines Anfangswertes gefallen, obwohl sich B immer noch mit konstanter Geschwindigkeit von uns entfernt. So lange sich B von uns mit höchstens konstanter Geschwindigkeit entfernt, ist es egal wie schnell sich B von uns entfernt und auch egal wie lang s ist (v und s können beliebig groß werden, müssen nur kleiner als unendlich bleiben) Selbst wenn sich das Photon das heute in unsere Richtung startet, durch die fortschreitende Expansion immer weiter von uns entfernt, kommt es doch in Raumbereiche, die sich nicht mehr so schnell von uns entfernen wie es B immer noch tut und damit wird es ihm eines Tages gelingen in einen Bereich zu gelangen der sich nicht mehr schneller als mit c von uns entfernt und uns daher erreichen. Auch hier gibt es bei einem endlich alten Universum Sicht-‚horizonte‘, die wären dann aber zeitlich begrenzt.


Wenn nun der Hubbleparameter nicht fällt, sondern nur konstant bleibt, dann bedeutet das aber, daß sich B immer schneller von uns entfernen muß, damit M im nun erreichten ursprünglichen Abstand von B, auch so schnell ist, wie es B damals schon war. (Und B ist dann schon doppelt so schnell)

Sobald B aber seine Geschwindigkeit im Laufe der Zeit auch nur um eine Winzigkeit vergrößert und das auch so fortsetzt, bildet sich ein ‚echter Horizont‘.

Warum?

Nun, hier gibt es immer eine Entfernung, ab der das Photon, egal wie lange es unterwegs ist, es nicht schafft in einen Bereich zu kommen, der sich langsamer von uns entfernt. Immer wenn es (bei entsprechenden Abständen und Geschwindigkeiten) beim Punkt M ankommt, ist dieser schon so weit von uns weg und so schnell geworden, wie es vorher B war, von dem aus das Photon gestartet war und das bleibt so, egal wie oft man ein neues M, wieder auf halber Strecke definiert.

Aber auch hier erreichen wir, trotz zunehmender Geschwindigkeit der Expansion (der Entfernung und Geschwindigkeit des Punktes B von A) nicht, daß sich der Hubbleparameter (bei konstantem Abstand zu A) vergrößert. Erst wenn die Zunahme der Geschwindigkeit von B, weg von uns, zu nimmt, also der Hubbleparameter nicht mehr nur gleich groß bleibt, sondern im Laufe der Zeit sogar immer größer wird, kann die Expansionsgeschwindigkeit (rein rechnerisch) so groß werden, daß sich jeder Abstand s, zwischen A und B schneller voneinander entfernt, als c und damit die kausale Verbindung zueinander verliert. Das aber ist, wie ‚Ich‘ ja schon geschrieben hatte, physikalisch ziemlich starker Tobak und ich glaube bis zum eindeutigen Beweis des Gegenteils nicht an solche Monstrositäten.

Ich glaube viel eher, daß diese ‚Monster‘ nur deshalb noch existieren dürfen, weil sie so herrlich exotisch sind und weil andererseits die Messungen dazu noch nicht genau genug sind, um sie einfach vom Tisch zu fegen.

Herzliche Grüße

MAC
 
N

Neon

Gast
Vielen herzlichen Dank, so macht es auch für mich einen Sinn.:rolleyes:
Achherje, da hab ich aber gleich ein lustiges Bild im Kopf.
Wenn der Raum expandiert und damit natürlich auch der Raum zwischen den Atomen - dann werden wir per definition immer breiter, will nicht sogar sagen fetter. Bei gleicher Masse versteht sich, aber voluminöser. :D


Liebe Grüße

Neon
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Neon,

Wenn der Raum expandiert und damit natürlich auch der Raum zwischen den Atomen - dann werden wir per definition immer breiter, will nicht sogar sagen fetter.
das würde einiges erklären. :D

Aber auch wenn der Raum zwischen und in den Atomen expandiert? so lassen sich weder die Sterne der Milchstraße, die Planeten der Sonne, die Atome der Materieansammlungen, die Elektronen der Atome oder die Quarks der Atomkerne in irgend einer für uns feststellbaren Weise davon beeindrucken.

Als Ausrede taugt das damit nur bei einer eingeschränkten Zielgruppe. ;)

Herzliche Grüße

MAC
 

frosch411

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Nun ja, das mit der Expansion wird ja manchmal mit dem aufgeblasenen Luftballon verglichen, auf dem man kleine Punkte malt. Allerdings ist das Bild nicht ganz korrekt, denn bläst man den Luftballon auf, dann werden nicht nur die Abstände zwischen den Punkten größer, sondern auch die Punkte selbst. Aber genau das beobachten wir bei den Galaxien nicht. Es entspricht eher dem Fall, dass die Punkte kleine Aufkleber sind, die auf den Ballon geklebt werden. Solange die Aufkleber stärker sind als das Gummi bleiben dann die Aufkleber so groß wie sie sind und das Gummi des Luftballons vergrößert sich nur dort, wo keine Aufkleber sind.
Daher kann man heute auch nicht sagen, ob irgendwann das Gummi stärker ist und die Aufkeber auseinanderreißt, ob die Galaxien dann also doch irgendwann auseinanderfallen (und wenn ja, an bestimmten Rißkanten wie die Aufkleber oder eher gleichmäßig) und das bis hin zu Atomen und Quarks, oder ob die zusammenhängenden Objekte auch zusammen bleiben und die Gravitation stärker bleibt. Vielleicht platzt das Universum auch vorher :) Oder es geht dem Aufblaser die Luft aus und das Universum fällt wieder in sich zusammen... Kann man heute weniger vorhersagen als das Wetter der nächsten Tage...

o_o
 

Ich

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Eine viel bessere Vorstellung ist, die Punkte (Atome, Sterne, egal) auf dem Gummi schwimmen zu lassen. Das passt auch besser mit der Tatsache zusammen, das man dem leeren Raum keine (messbare) Geschwindigkeit zuordnen kann.
Dann kann man zeigen, dass solche Punkte überhaupt nicht seitwärts vom Gummi mitgerissen werden, solange man "gleichmäßig" (d.h. dr/dt=const.) aufbläst. Deswegen passiert nichts mit Brooklyn und so.
Es entsteht nur dann eine Seitwärtskraft, wenn man die Expansion (das Aufblasen) beschleunigt oder bremst. Die ist aber nicht groß, außer zur Inflation oder im Falle eines Big Rip. Da geht also auch nichts kaputt.
 
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