Hallo Bynaus,
es ist sehr gut möglich, dass genau das passiert wäre, wie Du es beschrieben hast.
Trotzdem möchte ich Deine Punkte gerne im Detail durchgehen:
Man hätte sich wohl an die Entdeckungszeit des Asteroidengürtels etwas über ein Jahrhundert zuvor erinnert und sich gesagt: wo zwei sind, da sind noch mehr.
Ich denke, hier sind wir uns alle einig.
Pluto wäre so gar nicht erst zum Planeten geworden, und man hätte nach weiteren solchen Objekten gesucht.
Da bin ich mir nicht so sicher: zwar hätte man sicherlich diese Planeteninflation ~80 Jahre zuvor zu vermeiden versucht, bei der man erst nach über 20 Planeten aufgehört hat, die neuentdeckten Planetoiden als "Planeten" zu bezeichnen, andererseits war der Ausgangspunkt bei den Hauptgürtel-Planetoiden und den beiden transneptunischen Körpern eine andere. Nach ersteren wurde nicht zuletzt aufgrund der Lücke in der Titius-Bodes'schen Reihe gesucht, wobei man allerdings nur einen und nicht so viele erwartet hatte.
Nach zweiteren indes wurde aufgrund verbliebener, also nicht durch den Neptun erklärbarer Bahnabweichungen der Uranusbahn gesucht. Somit hätte man also statt einem Planeten mit rund 1 Uranus- bzw. Neptunmasse zwei Planeten gefunden, so dass man einen Freiheitsgrad mehr gehabt hätte. Man hätte diesen vermutlich rund je eine halbe Uranus- bzw. Neptunmasse zugestanden, also bei beiden wohl eine sehr kleine Albedo vermutet. Man hätte diese Masseschätzungen auch weiter nach unten korrigieren können, mit der Idee, dass es in diesen äusseren Bereichen des Sonnensystems weitere solche Planeten geben könnte.
Auf alle Fälle hätte man wohl versucht, abzuschätzen, ob die beiden neuentdeckten Körper - evtl. in Kombination mit weiteren Körpern unterhalb der Grenzhelligkeit der Tombaugh'schen Durchmusterung - für die Rest-Bahnabweichungen des Uranus in Frage kommen konnten.
Trotzdem muss man natürlich sehen, dass sich die heutige Suche nach lichtschwachen Objekten am Rande des Sonnensystems einfacher gestaltet als damals: nicht nur haben wir bessere und grössere Teleskope, wir haben auch elektronische Datenverarbeitung und Computermodelle. Statt alle paar Monate hätte man vielleicht alle paar Jahrzehnte ein helles TNO entdeckt.
Kaum: die Entdeckung weiterer heller TNO wäre wohl nur im Rahmen einer erneuten Himmelsdurchmusterung mit besseren Instrumenten möglich gewesen, sieht man von einem möglichen Zufallsfund ab. Das zeigt sich ja auch daran, dass die eigentlich helle Makemake erst im Jahre 2005 entdeckt wurde, obgleich man zu diesem Zeitpunkt solche Entdeckungen erwartet hat.
So gesehen wäre es alles in allem nicht viel anders verlaufen.
Mike Browns Himmelsdurchmusterung wäre vielleicht früher in die Wege geleitet worden. Oder auch nicht, wenn man bis dahin nur den Pluto mit seinem Mond, die Makemake und den Zentaurn Chiron gekannt hätte.
Ausser dass 2006 keine fragwürdige "Planetendefinition" hätte verfasst werden müssen.
Ja, dem stimme ich zu:
Hätte man 1930 den beiden neuen Körpern je eine halbe Uranus-/Neptunmasse zugestanden, so hätte man dann also 2 neue Planeten gehabt. Dann hätte man im Jahre 2006 gleich zwei Planeten den Status aberkennen müssen, was vermutlich auf grosse Akzeptanz gestossen wäre, da man mit dem Quaoar, der Sedna und dem Orcus sowie der Haumea und der Eris mittlerweile bei 15 Planeten angekommen wäre.
Und hätte man ihnen 1930 keinen Planetenstatus zuerkannt, so wäre es natürlich auch nicht zur Planetendefinition gekommen, weil es keinen Anlass dazu gegeben hätte: man hätte einfach 5 weitere pluto- und makemake-artige Himmelskörper gefunden, sowie zahlreiche weitere, die etwas kleiner sind.
Ob man sich 1930 indes schon bewusst gewesen wäre, zwei Mitglieder des Kuipergürtels entdeckt zu haben ? - Immerhin ist die Kluft der Durchmesser zwischen den mittelperiodischen Kometen des Kuipergürtel-Reservoirs und dem Durchmesser von Pluto und Makemake doch ziemlich gross, d.h. man hätte wohl eher vermutet, dass sich in diesem Reservoir
zusätzlich auch zwei Planeten/Zwergplaneten aufhalten.
Freundliche Grüsse, Ralf