Schwarzes Loch in endlichem, geschlossenen Universum

TomS

Registriertes Mitglied
Kennt jemand ein Penrose-Diagramm oder ein mathematisches Modell für einen Kollaps zu einem schwarzen Loch in einem endlichen, geschlossenen Universum?

Die üblichen Rechnungen wie Oppenheimer-Snyder-Kollaps gelten für ein ansonsten statisches, offenes Universum. Die Penrose-Diagramme enthalten üblicherweise Null-Infinity, was jedoch in einem geschlossenen Universum nicht existiert.
 

Dgoe

Gesperrt
Hallo Tom,

das ist ja interessant. Besteht etwa die Möglichkeit, dass man in diesem Fall zu einem SL kommt, mit, von den üblichen Eigenschaften, abweichenden Eigenschaften?

Gruß,
Dgoe
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Hallo Tom,

es gab vor "einigen" Jahren mal eine preisgekrönte Dissertation von einer weiblichen Physikerin (Name weiß ich nicht mehr), die die Metrik eines Schwarzschild-SL gefunden hatte, die im Limes in eine Friedmann-Metrik überging, allerdings mit k=-1, wenn ich mich recht erinnere. Soweit nur ein ganz unverbindlicher Vorschlag für die weitere Suche.
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Nein, es war vermutlich diese hier:

E. Hackmann, "Geodesic equations in black hole space-times with cosmological constant", Dissertation, Uni Bremen (2010).

In der Pressemitteilung steht:

Dr. Eva Hackmann (30) von der Universität Bremen erhielt für ihre Doktorarbeit im Bereich der Gravitationsphysik eine Hälfte des mit insgesamt 1.500 Euro dotierten „GR-HK-T-Dissertationspreises“. In ihrer Dissertation untersuchte Eva Hackmann wie sich Objekte, zum Beispiel Sterne, um „Schwarze Löcher“ bewegen. Dabei konnte sie erstmals analytisch beschreiben, wie diese Bewegung um ein Schwarzes Loch in unserem, sich ausdehnenden Universum verläuft. Diese Ergebnisse betreffen nicht nur Schwarze Löcher, sondern auch die Bahnen von Satelliten.
Schwarze Löcher bilden sich als Überreste ausgebrannter Sterne oder befinden sich im Zentrum der meisten Galaxien. Ihre Schwerkraft ist so gewaltig, dass sie sämtliche Materie in ihrer Nähe aufsaugen und das Raumzeitgefüge in ihrer Umgebung so stark verzerren, dass sich Raumgebiete herausbilden, aus denen noch nicht einmal das Licht entweichen kann. Die Beschreibung der Bewegung von Objekten in der Nähe eines Schwarzen Loches beruht auf komplizierten Bewegungsgleichungen, den „Geodätengleichungen“, der Allgemeinen Relativitätstheorie. Für dieses mathematische Problem existieren Näherungslösungen. Doch nur exakte analytische Lösungen ermöglichen ein gesichertes und vollständiges Verständnis der Gravitationseffekte. Neben den Eigenschaften des Schwarzen Loches ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung, dass sich das Universum immer schneller ausdehnt. Diese Expansion wird im Rahmen der Relativitätstheorie durch Einführung einer „kosmologischen Konstante“ beschrieben, die Eva Hackmann in ihren Untersuchungen explizit berücksichtigte. In ihrer Dissertation konnte sie nun erstmals analytisch beschreiben, wie sich Objekte in der Nähe rotierender wie auch nicht-rotierender Schwarzer Löcher bewegen – in einem Universum, das von einer kosmologischen Konstante beschrieben wird. Diese Ergebnisse gelten generell für „Kerr-de Sitter“- beziehungsweise „Schwarzschild-de Sitter“-Raumzeiten: Sie betreffen daher nicht nur Schwarze Löcher, sondern können auch auf andere Situationen – wie die Bewegung von Satelliten – angewendet werden.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
Zuletzt bearbeitet:

Bernhard

Registriertes Mitglied
Nein, es war vermutlich diese hier:
Hi Ralf,

ja, das kommt sehr gut hin und man bekommt darüber auch weitere Suchbegriffe, wie https://en.wikipedia.org/wiki/De_Sitter–Schwarzschild_metric , die wiederum zu eigenen Rechnungen motivieren. Geschlossene Universen sind ja mittlerweile ziemlich aus der Mode gekommen, so dass man zu Toms Fall wohl nur sehr wenige bis gar keine Arbeiten finden wird. Ab einem gewissen Niveau heißt das Motto eben "Nimm' Papier und Bleistift".
 
Zuletzt bearbeitet:

TomS

Registriertes Mitglied
Danke!

Aber das passt alles nicht. Qualitativ wäre es eine Lombination von FRW mit k = +1 und Schwarzschild-Geometrie.
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Hier noch eine frei zugängliche Arbeit von E. Hackmann: http://arxiv.org/abs/1505.07955 vom Mai 2015. Erstaunlicherweise wird in dieser Arbeit in der Zusammenfassung auch der früher diskutierte Zusammenhang zwischen der kosmologischen Konstante und der Pioneer-Anomalie angesprochen. Warum aber auch nicht?
 

TomS

Registriertes Mitglied
Nee, passt auch nicht; diese Metriken beschreiben m.E. kein expandierendes und dann wieder kollabierendes Universum
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Ich habe gerade gesehen, dass im "Fließbach" Kapitel 47 der Kollaps unter der vereinfachenden Bedingung P_mat = 0 beschrieben wird und dabei - oh zufall - auf die Robertson-Walker-Metrik kommt.

Da sich homogene Dichten lokal nun einfach addieren lassen (rho_stern + rho_universum) kennt man sowohl die Metrik im Innen-, als auch im Außenraum des kollabierenden Sternes und es müsste eigentlich genügen beide Metriken so aneinander zu setzen, dass es keine Probleme mit dem Energie-Impuls-Tensor gibt. Innen- und Außenraum unterscheiden sich dann nur noch durch verschiedene Skalenparameter und man hat ein einfaches Modell für einen Kollaps in einem expandierenden Universum.

Zusatzfrage: Was interessiert dich genau an diesem Thema? Die Unterschiede zum "normalen" Kollaps sollten bei grober Betrachtung minimal sein, es sei denn man ist an relativ speziellen Details interessiert.
 
Zuletzt bearbeitet:

Ich

Registriertes Mitglied
Tom will ja den Kollaps in einem irgendwann kollabierenden Universum. Der Unterschied ist der, dass es dann kein "future null infinity" gibt, anhand dessen man den Ereignishorizont definieren könnte.
Ich kenne keine Literatur dazu. Man sollte aber auf jeden Fall ein LTB-Modell dafür aufsetzen können. Das muss man aber auch noch interpretieren.
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Tom will ja den Kollaps in einem irgendwann kollabierenden Universum. Der Unterschied ist der, dass es dann kein "future null infinity" gibt, anhand dessen man den Ereignishorizont definieren könnte.
Ich kenne keine Literatur dazu.
In solchen Fällen muss es erlaubt auch mal selber nachzudenken, denn von der Anschauung her sollte auch da so etwas wie ein EH existieren, der eventuell nur etwas anders definiert werden muss. Kurz vor dem Big Bounce wird das natürlich dann alles sehr speziell und unübersichtlich. Deswegen auch meine Rückfrage, welches Szenario da genau interessiert.

Man sollte aber auf jeden Fall ein LTB-Modell dafür aufsetzen können.
LTB? Wofür stehen diese Kürzel?
 

Ich

Registriertes Mitglied
Die Lemaître-Tolman Metrik (Bondi wäre das "B"). Damit könnte man vielleicht grundsätzlich eine exakte Lösung finden, die Toms Angaben erfüllt. Ich habe mir auch schon mal ein Progrämmchen geschrieben zur numerischen Lösung, das ist nicht kompliziert.
Das Problem ist, dass die Lösung in mitbewegten Koordinaten vorliegt. Wenn man da Horizonte finden will, muss man explizit Licht durchlaufen lassen, denke ich. Dazu muss man die Bereiche um das SL, wo die mitbewegte Materie ja ziemlich schnell wird, ausreichend dicht mit Koordinaten versehen haben.
Sicher interessant, schau' ich mir vielleicht mal an.
 

TomS

Registriertes Mitglied
Mein Problem ist weniger der Ereignishorizont, den man für ein endliches Universum so nicht definieren kann. Das ist allgemein bekannt, und man hat ja bereits lokale Definitionen für Horizonte entwickelt (z.B. isolated horizon) bzw. kommt ohne diesen Begriff aus (Hawking & Penrose: geodätische Unvollständigkeit, gefangene Fläche).

Mir geht es darum, dass in einem derartigen Universum drei Singularitäten vorliegen müssen: Big Bang, Big Crunch, Singularität des schwarzen Lochs. Dazu ist m.E. eine inhomogene Massenverteilung notwendig.

Betrachten wir das Universum kurz nach dem Urknall: es enthält homogenen, genügend dichten Staub, der im Sinne eines Friedmann-Universums mit k = +1 zu einem Big Crunch führt; zusätzlich enthält es jedoch noch eine kompakte Staubkugel höherer Dichte, die bereits vor dem Big Crunch im Sinne eines Oppenheimer-Snyder-Kollapses zu einer SL-artigen Singularität kollabiert.

Kann man dazu wenigstens ein Penrose-Diagramm zeichnen? Reicht es aus, diesem Diagramm

http://scilib.narod.ru/Physics/Immortality/images/141.gif

das eines gewöhnlichen SLs

https://higgs.ph.ed.ac.uk/sites/default/files/penrose-diagram.gif

zu überlagern?
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Reicht es aus, diesem Diagramm ... das eines gewöhnlichen SLs ... zu überlagern?
Von der Anschauung und der physikalischen Interpretation sehe ich da erst mal kein Problem, bei den konkreten Gleichungen aber schon:

An der Oberfläche der kollabierenden Staubkugel gibt es für die beiden RW-Einzelmetriken keine stetigen Anschlussbedingungen, weil der Skalenfaktor bei dieser Überlagerung an der Oberfläche der kollabierenden Staubkugel einen Sprung aufweist. Diese Sprungstelle ergibt über die Feldgleichungen dann für den Energie-Impuls-Tensor physikalisch sehr schwer zu interpretierende Effekte in der Art von Distributionen. Wenn man das Universum mit einer RW-Metrik beschreiben will, müsste der Kollaps also doch mit einer davon abweichenden Metrik beschrieben werden, damit die Metrik insgesamt keine Sprungstellen mehr hat. Ich habe auch gerade gesehen, dass die RW-Metrik gemäß Kapitel 47 (im "Fließbach") nur eine mögliche und naheliegende Art der Beschreibung ist. Man hat da also weitere Freiheitsgrade, die man für die Suche nach einer stetig anschließbaren Lösung theoretisch nutzen könnte, allerdings wird an dieser Stelle die Mathematik mal wieder sehr sehr unübersichtlich. Ob Ichs Vorschlag hier weiterhilft, kann ich auf die Schnelle leider nicht beurteilen.

Wenn es also lediglich um eine anschauliche Beschreibung geht, würde ich beide Grafiken überlagern. Ansonsten gibt es da sicher einige Fallunterscheidungen, beispielsweise wann sich überhaupt ein "lokaler" EH um die kollabierende Kugel bildet und wann nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bernhard

Registriertes Mitglied
Hallo Tom,

mir fällt hier noch auf, dass man für die Beschreibung eines Kollapses ein anderes Diagramm benötigt. Das vorliegende Diagramm entspringt ja einem Schwarzschild-SL in Kruskal-Koordinaten und einer zusätzlichen konformen K-Trafo, um die unendlich entfernten Ränder auf einen endlichen Bereich abzubilden.

In einem geschlossenen Universum mit einem Schwarzschild-SL müsste man die Ränder also auch etwas anders abbilden, um alles auf ein Penrose-Diagramm zu bekommen. Das Diagramm des geschlossenen Universums stammt meiner Meinung nach auch noch von Koordinaten, die nicht stetig an die Kruskal-Koordinaten des SL angeschlossen werden können.

Eine Überlagerung der Diagramme ergibt deswegen nur ein sehr grobes Bild eines SL in einem geschlossenen Universum. Wer die Einzeldiagramme versteht, wird aus der Kombination vermutlich auch nicht schlauer, weswegen ich bei einem Vortrag beispielsweise hier einen anderen Weg einschlagen würde und lieber die Schwierigkeiten bei der Beschreibung dieses Modells aufzeigen würde.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oben