(Un)endlich

Dgoe

Gesperrt
Hallo,

hier hat Ralf nebenbei erwähnt:
ich bin schon oft genug in die "Unendlichkeitsfalle" hineingetappt.
Daraufhin habe ich einige Fragen dazu aufgeworfen und den Dialog hierher exportiert, also kopiert, denn in dem dortigen Thread ist das Thema offtopic.

Kann man die Unendlichkeit nicht einfach abschaffen? Wie wäre eine Mathematik ohne diese? Wo gibt es in der Natur Entsprechungen (wo man es genau weiß)?

Hallo Dgoe,

dann könntest Du mir beispielsweise eine natürliche Zahl benennen, die so gross wäre wie keine andere, nämlich die grösst mögliche.

Und dann würde natürlich so eine destruktive Type wie ich kommen und noch 1 dazuaddieren ... ;)


Freundliche Grüsse, Ralf

Hallo Ralf,

und noch 1 dazuaddieren ...

Wenn man das gerade gebrauchen kann, warum nicht. Wenn man immer bis dort rechnet, wo nötig, aber nicht bis unendlich, mit unendlich... Wann brauchen Ingenieure unendlich?
Wer braucht einen unendlich perfekten Kreis?

Anders gefragt: Gibt es einen unverzichtbaren Grund, unendlich einzusetzen? Natürlich jetzt außer Akademische...

Gruß,
Dgoe

p.s.: bisschen offtopic vielleicht

Hallo Dgoe,

ich fürchte, das ist eine Fragestellung, die Dir ein Mathematiker vermutlich nicht beantworten kann. Aus mathematischer Sicht gibt es meines Erachtens keinen Grund, nur Strukturen zu betrachten, die endlich sind.


Freundliche Grüsse, Ralf

Moin zusammen,

Wann brauchen Ingenieure unendlich?
Wer braucht einen unendlich perfekten Kreis?

Diese Frage ist, genauso wie die Frage nach der Neunerperiode, viel zu interessant, um sie offtopic in einem völlig anderes gearteten Thread im GdM-Bereich zu diskutieren.
Und so sind wir nun hier und man kann voll topic weiter machen.

Gruß,
Dgoe
 
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FrankSpecht

Registriertes Mitglied
Ich bin zwar nicht Ralf, habe aber dennoch eine Meinung dazu.

Mathematisch existiert Unendlichkeit - man kann damit rechnen.
Physikalisch aber eher nicht, d.h. man ist eher geneigt, diese zu vermeiden.

Dasselbe Problem, denke ich, tritt mit dem Wert NULL auf.
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Ich bin zwar nicht Ralf, habe aber dennoch eine Meinung dazu.

Mathematisch existiert Unendlichkeit - man kann damit rechnen.
Hallo Frank,

hier muss ich widersprechen: man kann mit "unendlich" nicht rechnen. Allein schon deswegen nicht, weil "unendlich" gar nicht definiert ist. Eine Gleichung vom Typ "oo + n = oo" ist zwar nett anzuschauen, aber eben: man definiert sich dann irgendetwas hinein. Das ist manchmal nützlich, manchmal führt es zu Widersprüchen.

Was man natürlich machen kann, ist das Rechnen mit konvergenten Folgen; diese haben ja "unendlich" viele Glieder, und man kann dann beweisen, dass die Summe der Grenzwerte gleich dem Grenzwert der Summen ist, dasselbe gilt auch für Differenzen, Produkte und Quotienten, wobei man bei den Quotienten allerdings beachten muss, dass man nicht durch eine gegen 0 konvergierende Folge dividieren darf. Zwar könnte es immer noch Folgenglieder geben, deren Nenner 0 wird, aber die kann - und muss - man streichen.

Was kein Problem ist, da es von denen nur endlich viele geben kann und man eben auch zeigen kann, dass das Streichen von endlich vielen Folgengliedern den Grenzwert nicht verändert.

Aber schon beim Exponenten klappt das nicht:
(1 + 1/n)^n konvergiert nicht gegen 1, obgleich lim n in IN (1 + 1/n) gegen 1 konvergiert und 1^n ebenfalls gegen 1 konvergiert. Das ist ja einer der "Klassiker" und man kann zeigen, dass dieser Grenzwert gegen die Euler'sche Zahl e konvergiert, ja es gilt sogar allgemeiner:

(1 + x/n)^n konvergiert gegen e^x.

Ein anderes Issue ist der Umstand, dass es zwar unendlich viele Zahlen gibt, jede von ihnen aber einen endlichen Betrag hat. Auch das wird oftmals übersehen.


Physikalisch aber eher nicht, d.h. man ist eher geneigt, diese zu vermeiden.

Dasselbe Problem, denke ich, tritt mit dem Wert NULL auf.
Unsere Physik-Assistenten pflegten umständliche Terme beispielsweise so zu vereinfachen, dass man 0°C grosszügig zu 0 K setzte, was den Term wesentlich vereinfacht hat, und 200°C zu "unendlich", was den Term ebenfalls wesentlich vereinfacht hat. Eine Taylor-Entwicklung sei bei solchen Aufgaben "nicht nötig".

Und in der Kosmologie hat Alan Guth mal geschrieben, dass es in den meisten Fällen genügt, von 3 Zahlen auszugehen: 0, 1 und oo. Alles andere sei "in deren Nähe".


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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ralfkannenberg

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Du hast vollkommen recht, Ralf.
Danke für die Klarstellung!
Hallo Frank,

fairerweise muss ich einräumen, dass ich bei Unendlichkeits-Fragen sehr konservativ und entsprechend vorsichtig denke.

Kommt hinzu, dass man oftmals den Begriff unendlich gar nicht benötigt; Du hast sicherlich gesehen, dass ich beispielsweise nicht lim n->oo () schreibe, sondern lim n in IN (). Auch das Cauchy-Kriterium kommt ohne das "unendlichste" Glied einer konvergenten Folge aus und betrachtet "nur" 2 Folgenglieder, die beide eine genügend grosse Nummer haben; die Unendlichkeit ist hier im "für alle" n, m > N in IN versteckt.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

frosch411

Registriertes Mitglied
Die Null braucht man viel dringender als Unendlich. Zum Beispiel auf einem Tachometer, Thermometer, Höhenmesser ...

Tachometer? Unnötig. Oft steht auch am Ruhepunkt der Tachonadel keine Null und Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt es erst ab 10 km/h (Schrittgeschwindigkeit mit ca. 6-7 km/h ist gar nicht genau definiert).

Beim Thermometer braucht man die Null nur, weil die 0°C über den Schmelzpunkt von Wassereis definiert ist, was die Skala zu negativen Zahlen reichen läßt. Rechnet man mit Kelvin braucht man die Null eigentlich nicht, die Temperatur von 0K hat noch keiner erreicht.
Ähnlich sieht es beim Höhenmesser aus, da kommt es auf die Definition des Nullpunkts an.

Aber es stimmt, die Null ist zwar eine besondere Zahl, aber bei vielen Rechenregeln verhält sie sich so wie sie auch eingeordnet ist und macht ab Verwendung ganzer Zahlen auch Sinn (während die natürlichen Zahlen |N noch ohne die Null wunderbar zurecht kommen, wäre eine Lücke in der Zahlenmenge, wenn es -2, -1, 1 und 2 gäbe aber die 0 dazwischen fehlen würde). Unendlich in die Zahlenmenge aufzunehmen ich dagegen selten ratsam, da Unendlich gar nicht in den Zahlenraum hineinpasst.
 

Dgoe

Gesperrt
Hallo frosch411,

da hast Du schon recht, aber wie bei Celsius und Meeresspiegel ist die Null oft als Mittelpunkt gewählt, zwischen Plus und Minus (wo noch, fällt mir gerade nichts zu ein), während man Unendlich doch seltener vorfindet, um nicht zu sagen gar nicht.

Umgangssprachlich allerdings findet man beide zuhauf: 'Null Ahnung', 'Unendlich weit weg', ...

Ich hätte jetzt aber vermutet, dass man außer in der Mathematik auch in der Physik viel damit zu tun hätte, zumindest mehr als oben spontan beschrieben - man lernt eben nie aus, so manche 'dumme' Frage hält erstaunliche Antworten parat, kann ich nur sagen...

Gruß,
Dgoe
 

julian apostata

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Wofür eigentlich ist die Unendlichkeit gut? Zum Beispiel kann man die Güte eines Integrators dadurch testen, indem man ihn mit der Unendlichkeit konfrontiert.

Schaun’mer uns erst mal diese Funktion an.

x^(-0.9)
http://www.mathe-fa.de/de.plot.png?uid=53df236f6e0972.83578187

Die x-Achse reicht von 0 bis 1, die y-Achse von 0 bis beliebig.

Der Graph wird nie die y-Achse berühren. Wenn wir jetzt nur unserer Intuition folgten, könnte man zu der Erkenntnis kommen, dass die Fläche unterhalb des Graphen unendlich sei, dem ist aber nicht so.

Auch wenn wir innerhalb der Klammer noch mehrere Neunen hinzu malen, so bleibt die Fläche dennoch endlich.

http://latex.codecogs.com/gif.latex...}dx=1000\qquad\int_{0}^{1}x^{-0.9999}dx=10000

Und jetzt geben wir folgende 4 Funktionen ein.

http://de.numberempire.com/definiteintegralcalculator.php

Integral x^(-0.9) von 0 bis 1 “=“ 9.999999999999934
Integral x^(-0.99) von 0 bis 1 “=“ 99.99999999991735
Integral x^(-0.999) von 0 bis 1 “=“ 999.9999999991635
Integral x^(-0.9999) von 0 bis 1: “Abweichende oder langsam konvergenten“

Kennt jemand einen Integrator, der mehr als drei Neunen verkraftet?
 

TomS

Registriertes Mitglied
Das würde ich aber gern mal sehen, wie die analytische Lösung hier ausschaut.

http://latex.codecogs.com/gif.latex...[\sinh(1.5\cdot\omega\cdot t)\right]^{2/3}}dt
So: http://integrals.wolfram.com/index.jsp?expr=1/((Sinh[a*x])^(2/3))&random=false

und btw.: wenn du eine 1/x[SUP]a[/SUP] - artige Singularät im Integral hast, dann würdest du natürlich zunächst diese Singularität isolieren und nur den regulären Teil numerisch integrieren
 

TomS

Registriertes Mitglied
Aha, "renormieren"!? Alles was unendlich ist zunächst aus dem Weg räumen?
Renormieren ist was anderes.

Du meinst regularisieren. Ja, so in etwa. Man teilt einen analytisch nicht berechenbaren und zugleich numerisch problematischen Integranden so auf, dass ein numerisch unproblematischer sowie ein analytisch berechenbarer Teil entsteht.

Gegeben sei der Integrand f(x) mit einer Singularität der Form x[SUP]-[/SUP][SUP]k[/SUP]. Dann schreibst du

f(x) = [f(x) - a x[SUP]-k[/SUP]] + a x[SUP]-k[/SUP]

Der Term [...] ist numerisch unproblematisch, da die Singularität entfernt wurde; der Term a x[SUP]-k[/SUP] kann analytisch integriert werden.
 
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