Freier Fall ins schwarze Loch - Schar von Beobachtern

TomS

Registriertes Mitglied
Hallo, ich habe eine spezielle Frage zum freien Fall ins schwarze Loch.

Ich nehme an, dass eine Schar von Beobachtern in äquidistanten Zeitintervallen, aus der Ruhe von einem bestimmten Radius R frei fallen und radial den Ereignishorizont überqueren. Unterwegs senden sie ebenfalls in äquidistanten Zeitintervallen (in ihrer jeweiligen Eigenzeit) radial ein- sowie auslaufende Lichtsignale aus. Die Frage ist, ob und wie ein Beobachter die Lichtsignale des jeweils vor- bzw. nach ihm fallenden Beobachter wahrnimmt.

Ich denke, dazu benutzt man Gullstrand–Painlevé oder (besser?) Eddington–Finkelstein-Koordinaten.

Kennt jemand die Rechnung, oder zumindest die Nullgeodäten sowie die einlaufenden Geodäten für nicht masselose Testteilchen?
 

FrankSpecht

Registriertes Mitglied
Um ehrlich zu sein: Nach Gullstrand–Painlevé und Eddington–Finkelstein-Koordinaten musste ich erst mal googlen. Hatte ich noch nie in meiner 40-jährigen Astrokarriere davon gehört :eek:
 

Dgoe

Gesperrt
Hallo TomS,

meine wahrscheinlich wenig hilfreichen Gedanken zum Thema:

Alle vor dem EH sehen die Signale vom Vorgänger rotverschoben und die der Folgenden blauverschoben. Vorgänger, die den EH passiert haben, sieht man gar nicht mehr, kein Bild, kein Ton.

Eine andere Frage ist, ob man überhaupt radial in ein SL fallen kann, ohne über den Strudel der Akkreditionsscheibe einen Umweg zu machen?

Gruß,
Dgoe


edit
blauverschoben vielleicht doch nicht, eher auch rot, nur weniger, als die vorne. Ausgegangen von der Vorstellung, dass man stärker beschleunigt, je näher dran.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bernhard

Registriertes Mitglied
Hallo Tom,

Ich nehme an, dass eine Schar von Beobachtern in äquidistanten Zeitintervallen, aus der Ruhe von einem bestimmten Radius R frei fallen und radial den Ereignishorizont überqueren.
beziehen sich diese Angaben auf Schwarzschildkoordinaten?

Kennt jemand die Rechnung, oder zumindest die Nullgeodäten sowie die einlaufenden Geodäten für nicht masselose Testteilchen?
Schau mal hier: http://en.wikipedia.org/wiki/Gullstrand–Painlevé_coordinates#Speeds_of_light . Da hat man schon mal einen Zusammenhang zwischen der Eigenzeit des frei fallenden Beobachters (t_r) und der radialen Schwarzschildkoordinate r.
MfG
 

TomS

Registriertes Mitglied
beziehen sich diese Angaben auf Schwarzschildkoordinaten?
Letztlich ja. In allen drei Koordinatensystemen S, ED und GP liegt die selbe Radialkoordinate vor. Die Beobachter starten also vom selben Raumpunkt mit Radialkoordinate R. Nun sind sie dort bis zu ihrem jeweiligen Start in Ruhe, d.h. ihre Eigenzeit ist identisch mit der geeignet reskalierten Schwarzschild-Zeitkoordinate.

Vielleicht zur Idee: Der EH zeichnet sich durch seine Lichtkegelstruktur aus. Meine Idee war es, ein Experiment zu finden, in dem die Existenz dieses EHs lokal nachgewiesen werden kann.
 

Dgoe

Gesperrt
Ich wäre euch übrigens für ein/zwei didaktische Hinweise zu meinem Beitrag sehr dankbar, ganz ehrlich.
Gruß,
Dgoe
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Alle vor dem EH sehen die Signale vom Vorgänger rotverschoben und die der Folgenden blauverschoben.
Wenn man das "vor dem EH" streicht, ist die Aussage korrekt. Man kann dazu noch erwähnen, dass sich die Frequenzverschiebungen aus einer gravitativen Verschiebung und dem relativistischen Dopplereffekt zusammensetzen. Beide Effekte verstärken sich zu einer Gesamtverschiebung Blau/Rot.

Vorgänger, die den EH passiert haben, sieht man gar nicht mehr, kein Bild, kein Ton.
Hier muss man berücksichtigen, dass Quelle und Empfänger frei fallen. Der EH ist für solche Beobachter nicht mehr unmittelbar wahrnehmbar. Es gibt hier vielmehr einen zusätzlichen Horizont. D.h. je nach dem wie weit Quelle und Empfänger voneinander entfernt sind, kann der Nachfolger den Vorgänger sehen oder nicht sehen (und zwar ganz unabhängig von der Position des EH).

Eine andere Frage ist, ob man überhaupt radial in ein SL fallen kann, ohne über den Strudel der Akkreditionsscheibe einen Umweg zu machen?
Das SL hat hier keinen Drehimpuls und damit auch keinen Jet und auch keine Akkretionsscheibe.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bernhard

Registriertes Mitglied

TomS

Registriertes Mitglied
Die Analogie mit dem Wasserfall (Figure 3) zeigt meiner Meinung nach, dass der EH lokal nicht detektierbar ist.
Klar; mein Experiment wäre auch nicht-lokal: es geht um das Abreißen der Kommunikation mit vorausfallenden Beobachtern

Meine Idee war es, ein Experiment zu finden, in dem die Existenz dieses EHs lokal nachgewiesen werden kann.
Sorry, das war natürlich missverständlich. Das Experiment ist offensichtlich nicht lokal. Die Feststellung, die der Beobachter macht, würde jedoch in der Form lokal sein, dass er ein jetzt und hier lokal stattfindendes Ereignis beobachtet "die Kommunikation ist jetzt und hier gerade abgerissen weil ...".

Ich denke, man sollte außerdem zwischen "event horizon" und "apparent horizon" unterscheiden; es geht wohl eher um letzteren (wobei sie im Falle der Schwarzschildlösung übereinstimmen)
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Ich denke, man sollte außerdem zwischen "event horizon" und "apparent horizon" unterscheiden; es geht wohl eher um letzteren (wobei sie im Falle der Schwarzschildlösung übereinstimmen)
Aus dem statischen EH des statischen Beobachters wird aus der Sicht des fallenden Beobachters offensichtlich ein dynamischer/beweglicher Horizont.
 
Zuletzt bearbeitet:

Ich

Registriertes Mitglied
Hallo Tom,

ich hab' hier mal was dazu gerechnet und gemalt. Vielleicht hilft es.

Hallo Dgoe,

die Gezeitenkräfte neigen dazu, alles in radialer Richtung auseinanderzuziehen. Von daher müsste man in beide Richtungen rotverschobene Signale sehen.
 

Ich

Registriertes Mitglied
Wenn du ins lokale IS gehst, dann bedeuten die "zerrenden" Gezeiten eine Gravitationsbeschleunigung vom Ursprung weg. Das gilt für alle r, also darf da weder für benachbarte noch für entfernte Partikel je eine Blauverschiebung rauskommen.
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Wenn du ins lokale IS gehst, dann bedeuten die "zerrenden" Gezeiten eine Gravitationsbeschleunigung vom Ursprung weg.
Hallo Ich,

das ist schon richtig, aber meiner Meinung nach nur einer von zwei Aspekten des Vorganges und deswegen insgesamt eine zu starke Vereinfachung. Die Signale werden hier über nicht-lokale Entfernungen verschickt und gehen deswegen über ein lokales Inertialsystem deutlich hinaus. Ich erinnere dazu auch an das alte Thema hier auf astronews.com: http://astronews.com/forum/showthread.php?4784-Wiederspr%FCchliche-Aussagen oder auch an die schöne Veröffentlichung von D. Brill, die Tom auf quantenforum.de http://www.quantenforum.de/viewtopic.php?f=7&t=597 vorgeschlagen hatte (Die genau Seite habe ich momentan nicht zur Hand). Bei beiden Themen wird sowohl die gravitative Rot-Blauverschiebung, als auch die Dopplerverschiebung berücksichtigt. Bei der Arbeit von D. Brill (mit der übersichtlichen kleinen Formel) werden entsprechend zwei Skalarprodukte zwischen dem Tangentialvektor der lichtartigen Geodäte und der Vierergeschwindigkeit jeweils von Quelle und Empfänger an den zugehörigen Raumzeitpunkten ausgewertet.
MfG

PS: Ich gehe insgesamt natürlich davon aus, dass die Zeitintervalle, die Tom eingangs eingeführt hat, nicht-infinitesimal sind.
 
Zuletzt bearbeitet:

Dgoe

Gesperrt
Danke zusammen,

blauverschoben vielleicht doch nicht, eher auch rot, nur weniger, als die vorne. Ausgegangen von der Vorstellung, dass man stärker beschleunigt, je näher dran.
Dabei habe ich gar nicht an Gezeitenkräfte gedacht, hm. Einfach so: Dass der Voraneilende stärker beschleunigt wird und damit rotverschoben erscheint, ist ja unstrittig. Sieht man zu dem Hinterhereilenden, ist man ja selber dessen Voraneilender und beschleunigt stärker als dieser, das heißt die Distanz nimmt zu und damit nach dem Dopplereffekt ebenfalls eine Rotverschiebung, wenn auch etwas schwächer.

Gruß,
Dgoe
 

TomS

Registriertes Mitglied
Danke an Ich für die Links; ich hoffe, ich habe heute Abend mal Zeit, das zu rechnen.

An die Rotverschiebung hab' ich dabei noch gar nicht gedacht; die müsste man als zweiten Schritt berechnen. Zunächst ging's mir eigtl. nur um die Sichtbarkeit der vorausfallenden Beobachter und die dadurch ggf. mögliche Lokalisierung des Ereignishorizontes.
 

Ich

Registriertes Mitglied
Dgoe schrieb:
Sieht man zu dem Hinterhereilenden, ist man ja selber dessen Voraneilender und beschleunigt stärker als dieser, das heißt die Distanz nimmt zu und damit nach dem Dopplereffekt ebenfalls eine Rotverschiebung, wenn auch etwas schwächer.
Exakt.
Bernhard schrieb:
Die Signale werden hier über nicht-lokale Entfernungen verschickt und gehen deswegen über ein lokales Inertialsystem deutlich hinaus.
Die Argumentation ist schon lückenlos, weil jedes einzelne Teilstück zu einer Rotverschiebung führt. Dann muss auch gesamt eine Rotverschiebung rauskommen, wenn die Anfangsbedingungen passen, und das tun sie.
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Die Argumentation ist schon lückenlos, weil jedes einzelne Teilstück zu einer Rotverschiebung führt.
Die Rechnung bestätigt das Ergebnis. Fallen Quelle und Empfänger beide aus unendlicher Entfernung zum SL, so ergibt die schrödingerschen Formel für die Frequenzverhältnisse die folgenden zwei Formeln:

Auslaufender Lichtstrahl von r1 nach r2 mit r2 > r1: f2/f1 = ( 1 - sqrt(rS / r1) ) / ( 1 - sqrt(rS / r2) ) < 1

Einlaufender Lichtstrahl von r1 nach r2 mit r2 < r1: f2/f1 = ( 1 + sqrt(rS / r1) ) / ( 1 + sqrt(rS / r2) ) > 1

Für sehr kleines r2 und sehr großes r1 kann man sich bei den einlaufenden Strahlen auch gut vorstellen, dass der Dopplereffekt aufgrund der hohen Fallgeschwindigkeit des Empfängers stärker ist, als die gravitative Blauverschiebung. Trotzdem finde ich eine Rechnung überzeugender.
MfG
 
Zuletzt bearbeitet:
Oben