Superposition?

Martin H.

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Mal eine Frage an die Fachleute im Bezug auf Quantenverschränkung:

Bsp.:
Wir erzeugen ein verschränktes Photonenpaar mit gegenseitigen Spin.
Nun sind beide Spin-Zustande antikorreliert.

Es ist im Grunde so, wie wenn unsere Freundin mit ihren Lieblingshausschuhen in den Urlaub fahren will.
Tage nachdem sie verreist ist, entdecken wir einen Hausschuh zu Hause.
Folglich hat sie nur einen Hausschuh mitgenommen.
Ist es der Rechte, so bedeutet die Antikorrelation, dass sie den Linken mitgenommen hat - oder umgekehrt.

Nun verhält es sich aber bei Quantenverschränkungen so,
dass beide Hausschuhe solange ein Überlagerungszustand Rechts-Links sind.
Erst wenn wir einen anschauen (also mit Materie Wechselwirken lassen),
wird dieser Hausschuh schlagartig der Rechte und der andere zugleich der Linke - oder umgekehrt.

Was mir schleierhaft ist:
Woher aber weiß man um die Superposition?
Denn in dem Moment, im dem man das Photon anschaut (also in irgendeiner Weise wechselwirken lässt),
verliert es diesen dualen Zustand ja bereits.

Wie kann man dann aber sagen, dass sich die Teilchen in Superposition befunden haben
und nicht von vorne herein einen definierbaren Spin hatten?

Kann mir das irgend jemand erklären???

Vielen Dank jetzt schon Mal!
 

Ich

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In deiner Beschreibung fehlt ein zentrales Element.
Nimm besser eine Münze. Deine Freundin hat eine korrelierte Münze dabei. Du wirfst deine Münze, und sie zeigt vollkommen zufällig und unbeeinflussbar Kopf oder Zahl. Wenn deine Freundin ihre wirft, wird sie dasselbe Ergebnis erhalten.
 

Martin H.

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Danke diese Analogie mag sicherlich besser zutreffen.
Dennoch ist eine Analogie eben nur eine Analogie.

Eine Münze kann ja so oder anders herum fallen.
Ein Spin ist eine vorgegebene Drehrichtung
und ohne eine erneuten Energiezufuhr wird sich dieser Impuls ja nicht ändern.

Auf die verschränkten Photonen gesehen bedeutet es doch,
dass sich beide Photonen mit einem "Rechts-Links-Spin" (Überlagerungszustand) drehen.
Wenn ich bei einem von beiden einen gewissen Spin ermittle,
sagen wir mal einen Rechts-Spin,
dann hat das Andere automatisch einen Links-Spin.

Nun ist mir dennoch immer noch nicht klar,
wieso nicht der Eine von vorne herein einen Rechts-Spin gehabt haben soll
und der Andere von vorne herein einen Links-Spin. (?)
 

ralfkannenberg

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Hallo Martin,

ich finde Ich's Beispiel sehr gut, allerdings kann man es auch leicht missverstehen. Nehmen wir, wir haben einen verschränkten Würfel statt einer verschränkten Münze, wobei die Verschränkung über {1} einerseits und {nicht 1} andererseits geht, mit "nicht-1" in {2, 3, 4, 5, 6}.

Die Wahrscheinlichkeiten meines Würfels sind also "1/6 zu 5/6".

Und die Wahrscheinlichkeiten des Würfels meiner Freundin sind "5/6 zu 1/6".

Wissen tut man es aber erst wenn man nachschaut.


Freundliche Grüsse, Ralf


P.S. Ich hoffe, dass meine Darstellung zugunsten der besseren Anschaulichkeit nicht völlig falsch geworden ist
 

FrankSpecht

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Moin,
ich sehe es so: Nur wenn die Zustände verschränkter Teilchen orthogonal sind, sind nach einer Messung die Zustände der verschränkten Teilchen festgelegt.
Ansonsten gibt es auf der einen Seite Sicherheit, auf der anderen Unsicherheit.

PS: Ralfs Beispiel gibt es eigentlich fast schön wieder. Auf der einen Seite würfelst du die Eins. Damit ist, laut Verschränkung, klar, dass auf der anderen Seite nur eine Ziffer zwischen 2 und 6 folgen kann.
Damit ist der Zustand zwar auf einer Seite festgelegt, aber auf der anderen Seite hat er noch eine (hier beim Würfel) Wahrscheinlichkeit von 5/6.
 
Zuletzt bearbeitet:

Martin H.

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Zunächst mal Danke für die Antworten!
Darüber nachdenken und Antworten kann ich aber erst heute Abend.
Muss gleich arbeiten.
 

TomS

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Woher aber weiß man um die Superposition?
aus der Betrachtung / Messung nur eines Teilchens kann man das nicht schließen; man muss Experimente an beiden Teilchen durchführen und deren Korrelation messen

Wie kann man dann aber sagen, dass sich die Teilchen in Superposition befunden haben
und nicht von vorne herein einen definierbaren Spin hatten?
das folgt aus der Bellschen Ungleichung, die sogenannte "lokale, verborgene Variable" ausschließt; Bell hat bewiesen, dass aus der klassischen Weltsicht (mit bereits vor der Messung definierten, unbekannten Spineinstellungen) andere experimentelle Vorhersagen bzgl. der Korrelationen folgen als aus der QM; die Experimente dazu bestätigen die QM

http://de.wikipedia.org/wiki/Bellsche_Ungleichung
 

Martin H.

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Zunächst mal danke ich Euch für die Antworten,
und dass Ihr versucht habt, mir das zu erklären.

Mit Sicherheit gibt es diese Superposition.
Einstein wäre viel daran gelegen, die "spukhafte Fernwirkung" zu widerlegen.
Da es ihm nicht gelungen ist, gehe ich davon aus, dass sie wirklich sein muss.

Nur verstehe ich sie leider immer noch nicht.
Um mal das Beispiel mit den Würfeln aufzugreifen:
Der eine Würfel ist eine 1, folglich müsste der andere eine Zahl zwischen 2 und 6 sein.
Das Würfeln selbst ist der Überlagerungszustand.
O.k. soweit.

Wer sagt mir nun, dass nicht gleich in dem Moment, in dem beide Würfel losgeschickt wurden, die Würfelaugen feststanden?
Wenn zugleich eine 1 und eine 6 losfliegt, und wir darin nur eine Superposition vermuten, denn wir haben ja noch nicht nachgeschaut.
Hätten wir nachgeschaut, so wäre ja auch keine Superposition mehr da.
Und wenn wir dann nachschauen, dann sehen wir eben eine 1 und eine 6 und wundern uns, woher die 6 wusste, dass sie keine 1 werden durfte.

Oder Quantenmechanisch:
Wir haben zwei verschränkte Elektronen mit Spin Up und Spin Down.
Wir sehen links einen Spin Up, folglich muss rechts ein Spin Down sein - und umgekehrt.
Solange wir von der Superposition der Teilchen vor den Detektieren ausgehen,
ist es sehr verwunderlich, dass zwei Teilchen das können.

Wenn wir aber nicht von einer Superposition ausgehen, so ist es wiederum ein Ergebnis unserer Alltagswelt entsprechend.

All diese Beispiele oder Experimente belegen ja die Superposition nicht.

Vielleicht kann ich dieser Superposition eher auf die Schliche kommen, indem ich mir über Polarisationsfilter Gedanken mache.
Aber über weitere Erklärungen wäre ich froh!
 

Ich

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Ja, da hat auch in meinem Beispiel noch ein wichtiger Punkt gefehlt.
Nimm deinen Elektron-Spin: Du hast zwei antikorrelierte Elektronen, von denen du die Spinrichtung nicht kennst. Du kannst bei dir ja festlegen, in welche Richtung du misst. Z.B. up-down (Richtung 1) oder left-right (Richtung 2). In jeder Richtung wird das Ergebnis völlig zufällig + oder - sein. Wenn die andere quer zu deiner Richtung misst, bekommt sie auch ein völlig zufälliges Ergebnis. Wenn sie genau in deiner Richtung misst, bekommt sie genau das entgegengesetzte Ergebnis von dir.

Wenn die Elektronen unkorreliert von Haus aus z.B. in Richtung 1 + und - haben, und beide messen in Richtung 2, dann werdet ihr jeweils völlig zufällige Ergebnisse bekommen, die auch nicht miteinander in Zusammenhang stehen.
Wenn die Elektronen aber als Superposition, also antikorreliert, vorbereitet wurden, dann bekommt ihr auch völlig zufällige Ergebnisse - aber sie immer das entgegengesetzte von dir. Das kannst du so nicht vorbereiten, dazu müsstest du ja wissen, in welche Richtung ihr messen werdet.
 

Martin H.

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Wow, danke User-Ich,
das war eine gute Erklärung!
Damit kann ich was anfangen, vielen vielen Dank!

Habe gerade angefangen "Einsteins Spuk" von Anton Zeilinger zu lesen (aber lese trotzdem weiter).
 

Martin H.

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Hier folgt ein Beispiel, das die Superposition verdeutlicht:

image071.gif

(Der Laser wird dabei so schwach gestellt, dass jeweils nur noch ein einzelnes Photon ausgesendet wird.)

Kurze Erläuterung:
Wenn ein vertikal ausgerichtetes Photon durch einen vertikalen Polarisationsfilter fliegt, wird es passieren.
Ist der Polarisationsfilter horizontal, bleibt es hängen.

Hat das Photon 45° Ausrichtung, und der Filter ist horizontal, kommt es in 50% der Fälle durch und ist dann ebenfalls horizontal ausgerichtet.


Im obigen Beispiel:
Das Photon hat 45° Ausrichtung.
Man nimmt einen man einen Strahlenteiler, welcher die horizontalen Photonen passieren lässt und die vertikalen nach unten abgelenkt.

Nun sollte es eigentlich keine 45° ausgerichteten Photonen mehr geben.

Wenn man dann diese beiden Strahlen aber zusammenspiegelt und wieder umgekehrt durch einen zweiten Strahlenteiler (also einen Strahlenvereiniger) lässt, hat man wieder die 45°( ? ! ).

Ein einzelnes Photon könnte eigentlich nur den einen oder den anderen Weg nehmen.
Dennoch geht es zugleich beide Wege (solange man nicht misst),
und am Ende hat es trotz des Polarisationsfilters wieder die 45°.
Wird aber zwischendurch gemessen, welchen Weg das Photon nimmt, bricht das ganze Quantensystem zusammen, denn es gibt keine Superposition mehr.

Gigantisch! ! !
 

SRMeister

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Hallo Martin,
in deinem letzten Beitrag schreibst du "beide Wege" so als ob ein Photon beide Wege nimmt. Weiter Vorne schreibst du in Bezug auf die Verschränkung zweier örtlich entfernter Photonen, wie sich das eine Photon auf das andere weit entfernte auswirken kann.
Soweit ich mich informiert habe gibt es mehrere korrekte Möglichkeiten, die Quantenmechanik zu interpretieren. Ich möchte dir meine Variante mal vorstellen.
Zunächst der schulisch-korrekte Teil: Solange sich ein oder mehrere miteinander verschränkte Photonen im Wellenzustand befinden, also zwischen den Messungen, gilt Nichtlokalität. Das heißt, dass die Teilchen eigentlich nirgendwo und überall im ganzen Universum gleichzeitig sind. Man kann keine Annahme über den Ort treffen, solange man nicht nachschaut (Messung).
Link:
Wikipedia schrieb:
Dabei zeigt sich, dass zwar der Kollaps der Wellenfunktion instantan erfolgt, jedoch keine echten Informationen übertragen werden können, sodass die Einstein-Kausalität dennoch erhalten bleibt. Diese Ergebnisse entsprechen der Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik, die der Wellenfunktion keine unmittelbare physikalische Realität zuschreibt, sondern nur den Messergebnissen.
Unser ganzes Universum, also alles was einen definierten Ort hat, besteht also nur aus diesen "Messungen", auch bezeichnet als Wechselwirkung zwischen Teilchen.
Alles Andere, also die ganze Phase zwischen den Messungen, die spielt sich auf einem ganz anderen Niveau ab. Wo es keine Grenzen ala Lichtgeschwindigkeit usw gibt.
Auf die Photonen bezogen: Diese "wandern" nicht von A nach B. Das wäre eine falsche Vorstellung. Sie verschwinden bei A und tauchen bei B auf. Deshalb können sie auch mehrere Wege gleichzeitig nehmen oder eigentlich unüberwindbare Hindernisse durchtunneln.
 
Zuletzt bearbeitet:

RPE

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Die Kopenhagener Interpretation ist nie ganz verkehrt, vor allem im Sinne von für alle praktischen Anwendungen bzw. Im Sinne von shut up and calculate. Um jedoch Zero Measurements von Zeilinger oder Experimente wie den Quantenradierer besser zu verstehen, sollte man der Wellenfunktion jedoch zumindest ein gewisses Mass an realer Existenz zukommen lassen.
Vor allem sollte man sich bewußt sein, dass es nicht 2 Photonen sind, die miteinander interferieren, sondern die Wellenfunktion(-en) einer einzigen Entität. Diese wird i.d.R. erst später im Experiment dann als ein Photon (oder auch zwei, bei verschränkten Geschichten) gemessen.
 

TomS

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Unser ganzes Universum, also alles was einen definierten Ort hat, besteht also nur aus diesen "Messungen", auch bezeichnet als Wechselwirkung zwischen Teilchen.
Das ist genau so nicht richtig (oder zumindest irreführend).

Die QM beschreibt die Wechselwirkungen zwischen "Teilchen" oder besser zwischen Quantenobjekten mathematisch exakt; sie erlaubt es, die potentiell möglichen Messergebnisse sowie deren Wahrscheinlichkeiten präzise vorherzusagen; diese Vorhersagen stimmen auch mit dem Experiment überein.

Die QM (im engeren Sinne, d.h. die Kopenhagener bzw. Kollaps-Interpretationen) können aber den Messprozess selbst nicht beschreiben. Sie müssen einen zusätzlichen (außerphysikalischen) Kollaps fordern, den die Mathematik der Quantenmechanik nicht zulässt bzw. der ihr sogar explizit widerspricht. Bsp.: nehmen wir ein Zustand eines einzelne Teilchens, der da lautet "am Ort X und am Ort Y", d.h. die Wsk., das Teilchen bei X zu finden, sei 50% und die Wsk., das Teilchen bei Y zu finden, sei ebenfalls 50%. Die Mathematik der QM beschreibt dabei immer und ausschließlich eine Zeitentwicklung in Form dieser Überlagerung, nie jedoch den Kollaps zu entweder "am Ort X" oder "am Ort Y" . Der Kollaps (der als solcher nie beobachtet wird - es wird immer nur sein Ergebnis beobachtet) ist mathematisch nicht beschreibbar.

Es gibt mehrere Auswege
1) "shut up and calculate!"
2) rein statistische Interpretationen - wir negieren, dass der Zustand Wellenfunktion irgendeine reale Bedeutung hat; die Wellenfunktion ist lediglich die Basis einer statistischen oder Ensemble-Interpretation ohne eine reale Aussage über die eigentliche Realität auf Ebene des einzelnen Quantenobjektes; das ist m.E. nichts weiter als "shut up and calculate!" in unnötig verkomplizierter Form
3) Dekohärenz - was eine präzise Anwendung des mathematischen Formalismus der QM darstellt, jedoch immer noch keine vollständige Lösung bietet; hier wird für makroskopische, nicht isolierte Systeme lediglich gezeigt, dass in guter Näherung ein Zustand "entweder am Ort X oder am Ort Y" aus der QM folgt; nicht jedoch, warum genau eine der beiden Alternativen realisiert wird und welche, d.h. der Übergang zu einer der beiden klassischen Möglichkeiten entweder "am Ort X" oder "am Ort Y" wird wiederum nicht erklärt (Dekohärenz benötigt wiederum eine Interpretation)
4) deBroglie-Bohm - greift m.E. zu kurz; funktioniert in der nicht-relativistischen QM, versagt jedoch im Bereich der Quantenfeldtheorie
5) dynamischer Kollaps - dazu gibt es etliche Varianten, die eine explizite Modifizierung der Dynamik vornehmen, um dem Kollaps eine reale, berechenbare Natur zuzuschreiben
6) Viele-Welten-Interpretation - die den Rahmen hier bzw. meine zeitliche Rahmen jetzt sprengen würde, die aber am ehesten das physikalische Potential hat, das Messproblem auf Basis des Einzelobjektes mathematsich umfassend zu lösen ...

Wichtig ist mir hauptsächlich, dass man zwischen der quantenmechanischen, mathematisch exakten Beschreibung der Wechselwirkung einerseits und dem Messprozess andereseits unterscheidet. Letzterer ist immer noch nicht endgültig verstanden.
 
Zuletzt bearbeitet:

Martin H.

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Danke SRMeister
hier meine verspätete Antwort.

Das mit der Wellenfunktion kann viele Phänomene erklären.
Wieso stürz das negative Elektron nicht in den positiven Atomkern?
Weil die Welle gegen den Atomkern immer kleiner wird,
und somit die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons je unwahrscheinlicher wird,
desto näher es an den Atomkern kommt.

Noch was wichtiges, was ich beim Lesen entdeckt habe, habe das Buch "Einsteins Spuk" nun ausgelesen.

Interessant ist auch folgender Versuch:

Man hat zwei Quellen, die verschränkte Teilchen aussenden.
Nennen wir mal die Quellen AB und CD.
Die Quellen senden je zwei verschränkte Teilchen:
Quelle AB sendet Teilchen A und B.
Quelle CD sendet Teichen C und D.
Nun werden je ein Teilchen aus beiden Quellen verschränkt:
Sie werden in zwei Glasphasern geleitet, die sich berühren und somit "tunneln" sie zusammen.
Man nimmt z.B. Teilchen B und C.
Teilchen A und D stammen aus anderen Quellen,
haben sich nie berührt, und können Meilen voneinander entfernt sein.
Dennoch sind sie verschränkt worden,
und zwar erst zu dem Zeitpunkt, als B und C verschränkt geworden sind.
Sie waren also bereits auf dem Weg, als sie (aus der Ferne) verschränkt wurden.
 

TomS

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Danke SRMeister
hier meine verspätete Antwort.

Das mit der Wellenfunktion kann viele Phänomene erklären.
Wieso stürz das negative Elektron nicht in den positiven Atomkern?
Weil die Welle gegen den Atomkern immer kleiner wird,
und somit die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons je unwahrscheinlicher wird,
desto näher es an den Atomkern kommt.
sorry, aber die Erklärung ist so nicht sinnvoll

man könnte im Rahmen der QM wie folgt argumentieren: die gefundene Lösung der Schrödingergleichung für die Wellenfunktion ist stationär, d.h. die Wellenfunktion behält ihre "Form" bei

man muss allerdings beachten (auch wenn viele Bücher zur QM dies verschweigen) dass man Äpfel mit Birnen verglicht: in der klassischen E-Dynamik argumentiert man, dass ein beschleunigtes Elektron el.-mag. Wellen abstrahlt und deswegen in den Kern stürzt; in der QM berechnet man die Wellenfunktionen des Elektrons, allerdings kommen in der Schrödingergleichung gar keine dynamische el.-mag. Felder oder Photonen vor; die übliche Argumentation ist also unvollständig
 

ralfkannenberg

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in der klassischen E-Dynamik argumentiert man, dass ein beschleunigtes Elektron el.-mag. Wellen abstrahlt und deswegen in den Kern stürzt
Hallo Tom,

fehlt da nicht noch ein "nicht" ? - Ich habe nun Eure Diskussion nicht im detail mitverfolgt, aber aus dem zuletzt beschriebenen Zusammenhang sehe ich nicht, warum das Elektron in den Kern stürzen sollte.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

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fehlt da nicht noch ein "nicht" ? - Ich habe nun Eure Diskussion nicht im detail mitverfolgt, aber aus dem zuletzt beschriebenen Zusammenhang sehe ich nicht, warum das Elektron in den Kern stürzen sollte.
Nein, da fehlt kein "nicht".

Etwas ausführlicher:

In der klassischen E-Dynamik argumentiert man, dass eine beschleunigte Ladung el.-mag. Wellen abstrahlt und daher Energie verliert; für das um den Atomkern kreisende und daher ebenfalls beschleunigte Elektron gilt also, dass es el.-mag. Wellen und somit Energie abstrahlen und deswegen in den Kern stürzen sollte. Tut es aber nicht! Die klassische E-Dynamik kann also die Stabilität der Atome nicht erklären.

In der QM findet man für die Schrödingergleichung der Wellenfunktion eines Elektrons im Coulombpotential eine stationäre Lösung. Daher könnte man wie folgt argumentieren: die gefundene Lösung ist stationär, die Wellenfunktion behält ihre "Form" bei, das System ist stabil, das Elektron stürzt nicht in den Kern. Dies ist die Standardargumentation, warum die QM vermeintlich die Stabilität der Atome erklärt.

Ich behaupte aber, dass dies eigtl. recht wenig erklärt, weil man ein stark vereinfachtes Problem diskutiert. Das quantenmechanische Problem enthält nämlich gar kein dynamisches elektromagnetisches Feld. Das Elektron kann also gar keine Energie an irgendetwas abgeben, da es kein "irgendwas" gibt, was einer el.-mag. Welle entspräche und diese Energie wegtragen könnte. Die Stabilität der Atome wird also von der QM nicht erklärt, sondern sie ist praktisch per Konstruktion in der Schrödingergleichung enthalten.

OK - Autoren sämtlicher Lehrbücher - steinigt mich!!

Eigtl. müsste man hier mit der QED argumentieren, aber da haben wir massive mathematische Probleme. Diese kann nämlich m.W.n. immer nur störungstheoretisch "gelöst" werden. D.h. man betrachtet der Grundzustand des Wasserstoffatoms gemäß der Dirac-Gleichung (rel. QM) und berechnet dann störungstheoretisch Korrekturen zur Grundzustandsenergie. Wieder wird mittels Störungstheorie ein vereinfachtes Problem konstruiert, das die Stabilität letztlich nicht erklären kann. Zudem ist die Störungsreihe der QED sicher mathematisch inkonsistent, da zwar je Ordnung endlich (renormierbar), jedoch nicht über alle Ordnungen summierbar; d.h. jede Ordnung für sich ist konvergent, die gesamte Reihe ist divergent.

Die Argumentation kann also nur lauten, dass man im Rahmen vernünftiger Näherungen eine extrem präzise Vorhersage der Energieniveaus erhält und dies als Indiz dafür werten kann, dass die QED in gewisser Weise eine vernünftige Beschreibung liefert, und dass demnach auch die Stabilität des Atoms im Kontext der QED angenommen werden darf. Aber von einem Beweis kann man m.E. nicht sprechen.
 

Ich

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Daher könnte man wie folgt argumentieren: die gefundene Lösung ist stationär, die Wellenfunktion behält ihre "Form" bei, das System ist stabil, das Elektron stürzt nicht in den Kern. Dies ist die Standardargumentation, warum die QM vermeintlich die Stabilität der Atome erklärt.
Wieso "vermeintlich"? Die Existenz von Energieeigenwerten und damit stationären Lösungen ist in der Tat genau das Merkmal der Quantenmechanik, das die Stabilität erklärt. Fertig. Irgendwelche Umwege in der Argumentation, dass die stationäre Ladungsverteilung nämlich auch klassisch nicht strahlen würde, sind mir noch nicht untergekommen und auch nicht nötig.
 
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