"Feuerwand" bei schwarzen Löchern?

Sissy

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Hi,

beim Lesen dieses Beitrags ist mir nicht klargeworden, warum da zwingend eine Feuerwand entstehen soll.

Daß durch Quantenfluktuation im Vakuum am Ereignishorizont virtuelle Teilchen entstehen, von denen eines in das SL fliegt und das andere wegfliegt, habe ich verstanden. Das passiert entsprechend der Vakuumenergie an der Stelle und ich kann mir das auch vorstellen. Wie wird jetzt aus diesen einzelnen Ereignissen rund um den Ereignishorizont eine "Feuerwand"?

Grüße
Sissy
 

Bernhard

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Wurde das Informationsparadoxon mittlerweile nicht im Rahmen der Loop-Quantengravitation gelöst?
 

ralfkannenberg

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Hochinteressant. Der im Artikel genannte Steve Giddings ist übrigens einer der Autoren der Sicherheitsanalyse, dank der eine Gefahr von "Rössler'schen" Schwarzen Löchern vom LHC ausgeschlossen werden kann. Ich würde ihn als hochkompetent und seriös bezeichnen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

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Hochinteressant. Der im Artikel genannte Steve Giddings ist übrigens einer der Autoren der Sicherheitsanalyse, dank der eine Gefahr von "Rössler'schen" Schwarzen Löchern vom LHC ausgeschlossen werden kann. Ich würde ihn als hochkompetent und seriös bezeichnen.
Hallo zusammen,

ich denke, die übrigen genannten Autoren kann man problemlos ebenfalls in die Kategorien "ernstzunehmen" und "weltweit anerkannt" einordnen. Das wird noch spannend werden.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

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Ich habe die Diskussion letztes Jahr nur auszugsweise verfolgt, da mich das ständige Hin und Her genervt hat. Aber jetzt wäre es an der Zeit, mal ein Review / einen Statusreport zu lesen; ich gehe auf die Suche.

Grundsätzlich: die Hawkingstrahlung wird im ZUge einer QFT auf einer klassischen Raumzeit berechnet. Das damit verbundenen Informationsparadoxon ist dadurch begründet, dass die Geometrie nicht quantisiert ist und die entsprechende Quanteninformation nicht "tragen" kann.

Es gibt verschiedenen Lösungsansätze, die m.W.n. aber alle noch unvollständig sind. Zum einen die LQG, die Raumzeit-Freiheitsgrade quantisiert und ein explizites Bild des Horizontes eines SLs liefert. Unvollständig ist sie dahingehend, dass zwar die kinematische und die geometrische Struktur einigermaßen klar ist, nicht jedoch die volle Dynamik (Stichwort: Quantisierung und Hamiltonoperator der LQG). Zum zweiten die Stringtheorie und das damit verbundenen Fuzzball Proposal. Die Unvollständigkeit liegt darin begründet, dass noch keine realistischen SLs betrachtet werden können, sondern lediglich solche mit spezieller / maximaler SUSY + Korrekturterme.

Generell zeichnet sich folgendes Bild ab: beide Theorien sagen zunächst weitab vom Horizont ein Modell entsprechend der Hawkingstrahlung (besser: entsprechend der Bekenstein-Hawking-Entropie) voraus. Die Quantenkorrekturen, die notwendig sind, um das Informationsparadoxon zu lösen, können nun aber nicht "klein" sein (denn vereinfacht gesprochen ist die verlorene Informationsmenge ebenfalls nicht klein). D.h. das Bild (zumindest entsprechend des Fuzzball Proposals) ist nicht das einer näherungsweise glatten, klassischen Raumzeit plus kleiner Quantenkorrekturen am Horizont, sondern eher das eines makroskopischen Quantenzustandes bis zum Horizont. Die Quantenstruktur der Raumzeit muss also auch am Horizont selbst sichtbar sein, auch für große SLs, wo man am EH eigtl. nur sehr kleine Effekte der Gravitation (schwache Krümmung, schwache Gravitation) erwartet.

Ich kann nun nicht sagen, inwieweit das Firewall Bild zu diesen Fuzzball Ansätzen passt, aber die beiden muss man gegenüber stellen (=> Review / Statusreport). Die LQG sagt dazu m.W.n. nichts, jedenfalls habe ich zu der Firewall seitens der LQG auch noch nichts gelesen. Grundsätzlich scheinen sich die loopy guys und die stringy guys weiterhin eher wechselweise zu ignorieren. Ggf. kann man die Firewall auch als Artefakt einer Methode / einer Theorie ansehen, so dass das jeweils andere Lager meint, dazu nichts sagen zu müssen.

Eines scheint jedenfalls relativ klar zu sein - wenn die z.Zt. untersuchten Theorien zur QG nicht völlig falsch sind: das Bild einer glatten, klassischen Raumzeit am EH (auch großer) SLs ist unzutreffend; bei SLs sollte es sich um makroskopische Quantenobjekte handeln.
 

TomS

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Danke;

klarer wird es dadurch immer noch nicht; wenn die Physiker ehrlich sind, müssen sie zugeben, dass ihnen noch zu viele Puzzleteilchen fehlen, um vorhersagen zu können, welches Bild sie denn da jetzt zusammenbauen ...
 

Bernhard

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klarer wird es dadurch immer noch nicht
Mir persönlich erscheint diese Feuerwand auch etwas an den Haaren herbeigezogen. Zum einen gibt die Hawking-Strahlung das nicht her. Zum anderen reicht mir Hawkings Erklärung, dass beim Verdampfen des Schwarzen Loches alle Informationen über die eingefangenen Teilchen wieder freigegeben werden völlig aus. Eine Verletzung der Unitärität kann ich hier nicht erkennen.
 

TomS

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Mir persönlich erscheint diese Feuerwand auch etwas an den Haaren herbeigezogen.
So würde ich das nicht sehen; im Rahmen des betrachteten Modells ist es eine Möglichkeit, die Unitarität zu retten.

Zum anderen reicht mir Hawkings Erklärung, dass beim Verdampfen des Schwarzen Loches alle Informationen über die eingefangenen Teilchen wieder freigegeben werden völlig aus.
Genau das gibt die (rein thermische) Hawkingstrahlung nicht her! Sie kann keine Information (über den Mikrozustand vor dem Kollaps) tragen. Und Hawking erklärt m.E. nicht wirklich, wie der Ausweg funktionieren soll.

Eine Verletzung der Unitärität kann ich hier nicht erkennen.
Doch, das folgt trivialerweise aus der QM und den Eigenschaften der Hawkingstrahlung.

Vor dem Kollaps ist das System (z.B. der Stern) in einem (unbekannten) reinen quantenmechanischen Zustand mit Entropie S = 0. Nach dem Kollaps ist das System (die Hawkingstrahlung) in einem thermischen, d.h. gemischten Zustand mit S > 0. Eine unitäre Zeitentwicklung verbietet jedoch den Übergang von einem reinen in einen gemischten Zustand.

Ich bin allerdings der Meinung, dass die ganze Diskussion auf Basis eines unzulänglichen Modells geführt wird. Man muss m.E. die quantenmechanischen Freiheitsgrade des Gravitationsfeldes berücksichtigen. Diese können nämlich die (ansonsten verlorene) Information tragen. Das SL wird dabei durch ein makroskopisches Quantenobjekt ersetzt. Darauf deuten Rechnungen im Rahmen der LQG sowie der Stringtheorie (fuzzballs) hin.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bernhard

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Ich denke bei Hawkings Erklärung wird die Hawking-Strahlung nur dazu benutzt, um den folgenden Vorgang zu nutzen. Ein Elektron wird von einem SL verschluckt (Informationen über dieses Elektron gehen scheinbar verloren, weil es sich dann hinter dem EH befindet). Dann verdampft das SL nach sehr langer Zeit aufgrund der Hawking-Strahlung und gibt das ehemals verschluckte Elektron wieder frei.

Das Elektron geht dabei insgesamt nicht verloren und es sollte demnach auch möglich sein eine zeitabhängige Wellenfunktion für dieses Elektron anzugeben. Die Unitarität wäre damit nicht mehr verletzt (?). Der gesamte Vorgang ist dann nur noch eine Art extrem langsamer Streuung mit zugehöriger S-Matrix usw.
 

TomS

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Ich denke bei Hawkings Erklärung wird die Hawking-Strahlung nur dazu benutzt, um den folgenden Vorgang zu nutzen. Ein Elektron wird von einem SL verschluckt (Informationen über dieses Elektron gehen scheinbar verloren, weil es sich dann hinter dem EH befindet). Dann verdampft das SL nach sehr langer Zeit aufgrund der Hawking-Strahlung und gibt das ehemals verschluckte Elektron wieder frei.
Nein, so ist das nicht. Kennst du Hawking's Arbeit?

Es wird einfach die Raumzeit eines SLs betrachtet, die keine (aus der Vergangenheit) einlaufende Strahlung enthält, d.h. quantenfeldtheoretisches Vakuum. Dieselbe Raumzeit muss dann jedoch in der (unendlich fernen) Zukunft auslaufende thermische Strahlung enthalten. Gemäß dem "no-hair-theorem" wird das SL vollständig durch M, J und Q beschrieben. D.h. weder das SL noch die Strahlung kann Details des ursprünglichen Zustandes codieren.

Das Elektron geht dabei insgesamt nicht verloren und es sollte demnach auch möglich sein eine zeitabhängige Wellenfunktion für dieses Elektron anzugeben. Die Unitarität wäre damit nicht mehr verletzt (?). Der gesamte Vorgang ist dann nur noch eine Art extrem langsamer Streuung mit zugehöriger S-Matrix usw.
Genau so ist das eben nicht. Das SL entspricht quantenfeldtheoretischem Vakuum. Die zum SL kollabierende / ins SL fallende Materie wird nicht betrachtet. Daher liegt gerade keine S-Matrix und keine Unitarität vor.

Das ist den Physikern bewusst und man versucht, das zu reparieren. Ein vernünftiger Ansatz wäre, dem SL echte Freiheitsgrade (Elektronen, Photonen, gravitative, ...) zuzuordnen, die die Information codieren. Wenn man dies erfolgreich durchgeführt hätte dann wäre dein Ansatz mit der S-Matrix richtig. Hat man aber leider noch nicht.
 

Bernhard

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Mir kommt da gerade ein weiterer interessanter Gedanke in Richtung der neuesten Arbeit von Hawking. Durch die gravitative Wechselwirkung der Vakuumfluktuationen im Außenbereich mit den "Innereien" des Schwarzen Loches könnte/sollte der EH ebenfalls Fluktuationen unterworfen sein. Die ursprünglich sphärische Form könnte/sollte also "Kräuselungen" haben. Meiner Meinung nach wäre das ein schöner Kompromiss aus No-Hair-Theorem und Feuerwand.

Kennst du Hawking's Arbeit?
Eigenartige Frage...
 

TomS

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Mir kommt da gerade ein weiterer interessanter Gedanke in Richtung der neuesten Arbeit von Hawking. Durch die gravitative Wechselwirkung der Vakuumfluktuationen im Außenbereich mit den "Innereien" des Schwarzen Loches könnte/sollte der EH ebenfalls Fluktuationen unterworfen sein. Die ursprünglich sphärische Form könnte/sollte also "Kräuselungen" haben. Meiner Meinung nach wäre das ein schöner Kompromiss aus No-Hair-Theorem und Feuerwand.
Das funktioniert nur, wenn du diese Kräuselungen auch quantisieren kannst. Eine klassische Metrik kann auch mit irgendwie gearteten Fluktuationen keine quantenmechanischen Freiheitsgrade codieren.

Und ja, genau soetwas wird ja in Theorien der Quantengravitation versucht. Das SL wäre dann ein makroskopischer, kohärenter Quantenzustand |M,J,Q>, in dem eine Superposition aller Mikrozustände zu gleichem M,J,Q vorliegt.

Eigenartige Frage...
Eigtl. nicht. Was du über Hawkingstrahlung und Unitarität schreibst erweckt bei mir den Eindruck, dass du sein Paper von 1975 nicht kennst.
 

Bernhard

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Ich setz' noch eins drauf und frage mich gerade, ob in diesen Oberflächenkräuselungen des EH nicht genau die Informationen stecken könnten, die beim Informationsparadoxon fehlen. Es wäre dann ebenfalls eine Art holografisches Prinzip und damit eine ziemlich faszinierende Eigenschaft Schwarzer Löcher - auch wenn ich kein QFT-Freak bin.
 

TomS

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Wie ich schon sagte: ja, diese Kräuselungen wären in einer Theorie der QG genau die Freiheitsgrade, die die Information tragen. Wenn man eine derartige Theorie hätte, wäre das Problem in deinem Sinn gelöst.

Die LQG und die Stringtheorie (fuzzballs) weisen genau auf derartige Oberflächen-Freiheitsgrade und auf das holographische Prinzip hin.
 

TomS

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Das sind alles rein klassische Überlegungen, die zwar (z.B.) in der LQG relevant sind, die aber alleine (nicht-quantisiert) nicht ausreichen.
 
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