Altersbestimmung der Erde?

Hypercube

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In dem Artikel vom 9. Februar 2006 wird eine Methode zur Altersbestimmung der Erde erläutert.
Dabei wird die Menge an dem Zerfallsprodukt von dem Isotop Hafnium-182 im Erdmantel gemessen (Wolfram-182). Dessweiteren wird jedoch auch ein Meteorit benötigt, um festzustellen, wieviel Wolfram sich insgesamt heute auf der Erde befindet.

Wie hängt das zusammen und warum ist das für die Atlersbestimmung notwendig?

MfG

Hypercube
 
Zuletzt bearbeitet:

Bynaus

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Primitive Meteoriten wie Chondriten enthalten Element in dem Verhältnis, in dem sie auch der präsolare Nebel enthielt, aus dem die Erde entstand. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Häufigkeit von Wolfram in diesen primitiven Meteoriten die gleiche ist wie diejenige von Wolfram an der gesamten Erde.

Man kann also den theoretischen Wolframgehalt und den tatsächlichen messen, und aus der Differenz lässt sich dann sagen, wann sich der Kern der Erde gebildet hat. Das geht deshalb, weil eben dieses Hafnium-182 ein Element ist, das nicht gut in Eisen eingebaut wird. Deshalb bleibt es bei der Entstehung des Kerns im Mantel, während praktisch alles Wolfram in den Kern geht. Das Wolfram, das dann noch im Mantel / in der Kruste ist, kommt also zu einem grossen Teil aus dem Hafnium, und zwar gibt es davon umso mehr, je früher sich die Erde in Kern und Mantel geteilt hat.

Das Alter der Trennung des Kerns lässt sich aber nur relativ angeben - zum Beispiel, relativ zum Alter der ältesten Meteoriten. Deren Alter wurde mit davon unabhängigen Methoden absolut bestimmt. Nimmt man beides zusammen (Absolutes Alter der Meteoriten + Alter der Erde relativ zu den Meteoriten) so hat man eine absolute Altersbestimmung der Erde.
 

Miora

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...und woher weiss man, dass praktisch alles W in den Kern zieht bzw wie gross dieser Anteil "praktisch" ist?

Gruss,
Miora
 

Bynaus

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Aus thermodynamischen Überlegungen.

Wolfram lässt sich in ein Eisengitter einbauen (besser als in Silikate), Hafnium hingegen überhaupt nicht. Das lässt sich erst theoretisch rechnen, und dann mit einem Vergleich der wahren, gemessenen Werte vergleichen.
 

Miora

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Zitat aus unten angeführtem Astronewsartikel:
Sie sind bis zu 4,570 Milliarden Jahre alt und damit etwa 3 Millionen Jahre vor dem bislang ältesten datierten Material im Sonnensystem entstanden.
Was mich hier erstaunt ist die angebliche Genauigkeit...

Zitat Bynaus:
Aus thermodynamischen Überlegungen...
Das reicht nicht. Nun ergeben solche Überlegungen Gleichgewichtslagen, doch hier muss man kein Reagenzglas simulieren sondern die Erde. Wenn ich an all die Parameter (der Kinetik) und Unwägbarkeiten denke, frage ich mich, wie man den Fehler unter einem Promille halten kann.

Gruss,
Miora
 

Bynaus

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Nein, ich meinte, aus thermodynamischen Überlegungen weiss man, DASS Wolfram in den Kern geht.

Wieviel Wolfram noch in der Kruste und in Mantelgesteinen ist, kann man ja beobachten (das ist ein recht einheitlicher Wert, da Wolfram ein Spurenelement ist). Und wieviel es sein sollte, wenn die Erde nicht differenziert wäre, kann man in primitiven Meteoriten messen. Der relative Überschuss an Wolfram-182 gibt dann die Auskunft über den Anteil des Wolframs, das aus dem Zerfall von Hafnium stammt - fertig.
 

Emil

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Die Frage nach dem Alter ist doch komplizierter, als es mir bisher bewußt war... Die Wolfram-Methode setzt dann voraus, daß der Kern und der Mantel sich zu einem bestimmten Zeitpunkt (+/- 1 oder 2% des Gesamtalters) endgültig getrennt haben und es danach keinen Marterialaustausch mehr zwischen den Schichten gab?

Zu berücksichtigen wäre außerdem noch eine eventuelle Kollision mit einem großen Körper, die die Schichten durcheinander gewirbelt haben könnte. Ein solcher soll ja zur Entstehung des Mondes geführt haben. Waren's ca. 4,3 Mrd. Jahre vor heute?
 

Bynaus

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Die Frage nach dem Alter ist doch komplizierter, als es mir bisher bewußt war...

Wobei, man muss hier sagen, mit der Wolfram-Hafnium-Methode wird eigentlich nicht das Alter der Erde an sich datiert - sondern es wird die Bildung des Erdkerns relativ zum Anfang des Sonnensystems (bzw. zur Bildung der Kalzium-Aluminium-reichen Einschlüsse in Meteoriten) datiert. Deren absolutes Alter kennt man aus Uran / Blei Datierungen.

es danach keinen Marterialaustausch mehr zwischen den Schichten gab?

Es gab schon Materialaustausch - bloss keinen "bedeutenden" in dem Sinne, dass er die Konzentration des Wolframs in Mantel und Kruste bedeutend geändert hätte.

Waren's ca. 4,3 Mrd. Jahre vor heute?

Früher. Der Kern trennte sich etwa 20 Millionen Jahre (dh, vor 4547 Ma) nach dem Beginn des Sonnensystems (4567 Ma) vom Rest der Erde. 40 Millionen Jahre nach dem Beginn des Sonnensystems (vor 4527 Ma) schlug der Planetoid Theia in die Erde ein und bildete den Mond. Sowohl Erde als auch Theia waren zu diesem Zeitpunkt schon differenziert, dh, in Kern und Mantel geteilt.
 

Emil

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Angesichts der Zahlen muß die Bildung des Kerns verdammt schnell vor sich gegangen sein. Die relative Altersbestimmung mit Wolfram-Hafnium wird dann wohl fast das gleiche Ergebnis liefern wie die absolute? - Bedenken habe ich noch im Hinblick, daß das jüngste Mondgestein ca. 3,9 Mrd. Jahre alt ist; es gäbe aber keins, daß 4,5 Mrd Jahre ist?
 

Bynaus

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Bedenken habe ich noch im Hinblick, daß das jüngste Mondgestein ca. 3,9 Mrd. Jahre alt ist

Das jüngste gefundene - aber schliesslich hat man nur von 9 (6 amerikanische Landungen und 3 sowjetische Rückkehrmissionen) Stellen auf dem Mond Proben genommen - da kann man kaum erwarten, das älteste Gestein zu finden. Zudem muss man sich fragen, was diese 3.9 Milliarden Jahre genau datieren: vermutlich die Abkühlung der Gesteine nach der Zeit des Schweren Bombardements, die vor 3.9 Milliarden Jahren zu Ende war.
 

Emil

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Bynaus schrieb:
40 Millionen Jahre nach dem Beginn des Sonnensystems (vor 4527 Ma) schlug der Planetoid Theia in die Erde ein und bildete den Mond. Sowohl Erde als auch Theia waren zu diesem Zeitpunkt schon differenziert, dh, in Kern und Mantel geteilt.
Wenn der Planetoid eingeschlagen ist und den Mond gebildet hat, dann wäre ja die erfolgte Trennung von Kern und Mantel davon kaum verschont geblieben? - Ich würde jetzt vermuten, daß die Himmelskörper aus der ursprünglichen (evtl. größeren?) Erde erneut und diesmal "richtig" gebildet wurden, oder? Die zweite Trennung von Kern und Mantel kann wiederum recht zügig vor sich gegangen sein.
 

galileo2609

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Hm ... das muss nicht zwangsläufig so sein. Hier kommt es doch entscheidend auf den Einschlagwinkel und ein paar weitere Parameter an. Bestes Beispiel hierfür schein doch der Merkur zu sein, der aufgrund eines Hit und Run eines bedeutenden Teils seines Mantels verlustig ging und jetzt überdurchschnittlich dicht ist, sozusagen ein 'freigelegter' Kern.
 

galileo2609

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Hatten wir hier schon mal in anderem Zusammenhang:
http://www.astronews.com/forum/showthread.php?t=584&page=8&highlight=Merkur

"Neuere Verfeinerungen dieser Kollisionshypothese führen auch zur sog. 'Hit-and-run'-Hypothese, nach der nicht jede Kollision eine Paarbildung zur Folge haben muss. Ein Beispiel für letztere Aussage wäre Merkur, der um seine äußeren Schichten beraubt, mondlos geblieben ist.
http://www.astrobio.net/news/modules...rder=0&thold=0
Das Erde/Mond-System und das Pluto/Charon-System wären dagegen Beispiele, bei denen die Kollisionen der Planetesimale zur Paarbildung geführt haben."

Grüsse galileo2609
 

ralfkannenberg

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galileo2609 schrieb:
Hatten wir hier schon mal in anderem Zusammenhang
Ja, hatte ich aber nur am Rand mitgekriegt, obgleich der Merkur rot hervorgehoben war :eek:

Somit kennt man nun Theorien für Erde/Mond und für den Merkur. Weiss man diesbezüglich auch irgendetwas über die Venus und über den Mars ?
 

galileo2609

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Sorry habe gerade festgestellt, dass der Link nicht funktioniert, kommt durch das Suchergebnis im Forum, genauso wie der "rote" Merkur :)

Hier nochmal: http://www.astrobio.net/news/module...=article&sid=1837&mode=thread&order=0&thold=0

Zu den anderen Planeten. Irgendwo müßte dazu noch was haben. Die Venusrotation wird ggf. auf einen Einschlag zurückgeführt, da sie für eine gebundene Rotation wohl nicht wirlich in Frage kommt. Muss ich mal raussuchen. Hier noch ein Link auf die Schnelle für Mars: http://www.astrobio.net/news/article1528.html

Grüsse galileo2609
 

ralfkannenberg

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Ganz ehrlich, von diesen Erforschungen höre (bzw. sehe) ich heute zum ersten Mal. - Ich wusste gar nicht, dass diese Thematik überhaupt Gegenstand von Forschungen ist. :eek:

Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

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galileo2609 schrieb:
Außerdem rotiert die Venus retrograd! Das wars! Aber einen Beleg habe ich immer noch nicht!
Also retrograd ... - vor allem auch extrem langsam. Da fehlt dann - im Vergleich zu den anderen Planeten mit Ausnahme des Merkur - nicht mehr viel zu einer gebundenen Rotation.
 
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