Endlich habe ich die heisenbergsche Unschärferealtion begriffen!

frosch411

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Beim Fahrradfahren habe ich es verstanden. Ich fuhr mit ca. 65 km/h einen Berg herunter und entdeckte folgendes Phänomen:
Wenn ich auf die Straße gucke, kann ich genau erkennen, wo ich gerade bin, weiß aber nicht, wie schnell ich fahre. Schaue ich dagegen auf den Tacho, weiß ich genau wie schnell ich mich bewege, sehe aber nicht mehr, wo genau ich mich befinde. Und das ist um so schlimmer, je schneller ich mich bewege.
 

ralfkannenberg

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An alle Laien:

frosch411 hat einen gelungenen Scherz gemacht und die Situation veranschaulicht. Selbstverständlich kann man beim Fahrradfahren durch geeignete Zusatzbeobachtungen auf die andere Grösse schliessen, beispielsweise wie schnell sich beim auf die Strasse schauen die Strassenmarkierungen bewegen. Oder durch Mitführen einer Uhr beim auf den Tacho schauen wo man gerade ist.

Bei der Heissenbergschen Unschärfe-Relation indes ist es gar nicht möglich, durch geeignete Zusatzmessungen die exakte Information über die andere Grösse zu gewinnen, es bleibt immer ein Bereich der Unschärfe, der auch durch optimierte und/oder zusätzliche Messungen nicht genauer bestimmt werden kann.

Aber um eine Idee zu bekommen, wie man sich sowas "anschaulich" vorstellen könnte, ist das Beispiel von frosch411 geeignet, man muss sich aber auch der Grenzen dieses Beispieles bewusst sein; dann kommt es gut.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

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Bist du mir arg böse, wenn ich sage, dass das mit der Unschärfenrelation nicht das geringste zu tun hat?

Leider werden immer wieder irreführende Darstellung verwendet.

Wikipedia präsentiert drei Aussagen:
  1. Es ist nicht möglich, ein Quantenobjekt in einem Zustand zu präparieren, bei dem der Ort und der Impuls beliebig genau definiert sind.
  2. Es ist nicht möglich, den Ort und den Impuls eines Quantenobjektes gleichzeitig exakt zu messen.
  3. Die Messung der Position eines Quantenobjektes ist zwangsläufig mit einer Störung seines Impulses verbunden, und umgekehrt.
1. halte ich für die am ehesten geeignete Zusammenfassung, wobei weitere Erklärungen notwendig sind; 2. ist irreführend und sagt letztlich nichts über das Quantenobjekt sondern nur etwas über die Messung aus, wobei gerade der Begriff Messung im Kontext der Quantenmechanik problematisch ist ; 3. ist wohl korrekt, hat aber nichts mit der Unschärfenrelation zu tun (sondern wiederum mit der Messung).

Die Unschärfenrelation (in ihrer strengen mathematischen Form) ist eine Aussage über Einschränkungen von gleichzeitig vorliegenden Eigenschaften eines Quantenobjektes, nicht eine Aussage über Einschränkungen von Messungen an Quantenobjekten. Leider wird immer wieder letzteres betont, was aber falsch ist und in die Irre führt.
 

frosch411

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Bist du mir arg böse, wenn ich sage, dass das mit der Unschärfenrelation nicht das geringste zu tun hat?

Natürlich nicht. Mir ist nur die Unschärferelation in den Sinn gekommen, nachdem ich vergeblich versucht habe, an diesem Berg den genauen Punkt der Maximalgeschwindigkeit zu ermitteln, denn wenn ich auf den Tacho gucke, um das festzustellen, ist es mir zu gefährlich, dabei die Straße aus dem Blick zu verlieren, so dass ich nur hinterher am Tacho die Vmax abfragen kann.
 

Laserdan

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Warum so kompliziert mit einer ungeeigneten Analogie?

Zwei Größen sind vorhanden, beide sind nicht gleichzeitig in beliebiger Genauigkeit wissbar. Extra "nicht wissbar", weil "messbar" hier einen technologischen Effekt impliziert. (Nach meinem Verständnis "kennt" das Universum selbst diese Größen nicht gleichzeitig beliebig genau, mit allen daraus folgenden Konsequenzen, aber das ist nur meine Ansicht.)

Du beschreibst halt den Beobachtereffekt mit einer weiteren Schicht Analogien. Die Unschärferelation ist eine grundlegende Eigenschaft unseres Universums, so wenig umgehbar wie c im Vakuum. Unklare Analogien sind beim Verstädnis da nicht hilfreich, hauptsächlich weil es da kein intuitives Verständnis gibt, da wir das Produkt einer langsamen Makroumgebung sind.
 

TomS

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Und nach meinem Verständnis hat das Quantenobjekt diese beiden Eigenschaften nicht gleichzeitig, eine andere Annahme führt zu Widersprüchen. Daher versuche ich die Unschärfenrelation ohne Rückgriff auf einen Beobachter, eine Messung o.ä. zu erklären, um nicht denm Eindruck zu erwecken, es handele sich um eine Limitierung des Beobachters oder der Messung; es handelt sich um eine "Limitierung der Natur", um etwas, was die Natur nicht ist.

Dass eine Verkehrsampel nicht gleichzeitig rot und grün ist liegt auch nicht an unseren Augen oder dem Gehirn, sondern eben an der Verkehrsampel selbst.
 

Laserdan

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Und nach meinem Verständnis hat das Quantenobjekt diese beiden Eigenschaften nicht gleichzeitig, eine andere Annahme führt zu Widersprüchen. Daher versuche ich die Unschärfenrelation ohne Rückgriff auf einen Beobachter, eine Messung o.ä. zu erklären, um nicht denm Eindruck zu erwecken, es handele sich um eine Limitierung des Beobachters oder der Messung; es handelt sich um eine "Limitierung der Natur", um etwas, was die Natur nicht ist.

Dass eine Verkehrsampel nicht gleichzeitig rot und grün ist liegt auch nicht an unseren Augen oder dem Gehirn, sondern eben an der Verkehrsampel selbst.

Ich bezog mich auf den Originalpost, nicht auf dich. Deiner war sehr informativ.

Wenn beide gleichzeitig gar nicht existieren... sehr interessant. Hast du dazu einen Literaturverweis, Link, o.Ä.? Würde da gern mehr lernen weil ich selbst nicht ganz durchsteige bisher.

Wollte jetzt was in Latex hier machen aber /hbar interpretiert er nicht.

Wenn du willst, gib mir nur ein Denkanstoß. Ich überdenke gerade die ganze Sache mit Fourier-Transformationen und Eigenzuständen, und ich hab das Gefühl es greifen zu können :)
 
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ralfkannenberg

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Wenn beide gleichzeitig gar nicht existieren... sehr interessant. Hast du dazu einen Literaturverweis, Link, o.Ä.? Würde da gern mehr lernen weil ich selbst nicht ganz durchsteige bisher.
Hallo Laserdan,

ich denke, sie tun schon beide existieren, aber sie kommutieren nicht. Wir nehmen stillschweigend an, dass diese physikalischen Grössen kommutieren, und dem ist im Allgemeinen eben nicht so.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Laserdan

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Hallo Laserdan,

ich denke, sie tun schon beide existieren, aber sie kommutieren nicht. Wir nehmen stillschweigend an, dass diese physikalischen Grössen kommutieren, und dem ist im Allgemeinen eben nicht so.


Freundliche Grüsse, Ralf

Hallo Ralf,

ja rein mathematisch ist das ja schon klar, allein durch die Fourier-Transformation! Mein Gedanke ging so in die Richtung ob TomS damit meint dass wenn ich mir die Funktion anschaue, ihre Fourier-Transformation gleichzeitig nicht existiert bei nicht-kommutierenden Variablen, und das wäre der Fall bei Position und Moment.

Ich find den Gedanken interessant, und visuell kann ich mir das ganz gut zu Musik als Analogie vorstellen mit der FT.

Da würde mich interessieren ob ich überhaupt in die richtige Richtung denke, oder ob TomS mir da helfen kann das besser zu verstehen.

EDIT: Oder meintest du damit die Sache dass definierte Werte in der Form überhaupt nicht existieren (vllt. am besten klar gemacht was ich meine wenn ich "uncertainty" durch "indeterminancy" ersetzen würde...).
 
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ralfkannenberg

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Hallo Laserdan,

einverstanden.

EDIT: Oder meintest du damit die Sache dass definierte Werte in der Form überhaupt nicht existieren (vllt. am besten klar gemacht was ich meine wenn ich "uncertainty" durch "indeterminancy" ersetzen würde...).
Das war nicht ich ... - ich bin durchaus der Ansicht, dass sie beide existieren; ich finde Deine oben genannte Wortwahl "nicht wissbar" in diesem Zusammenhang sehr anschaulich.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Laserdan

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Hallo Laserdan,

einverstanden.


Das war nicht ich ... - ich bin durchaus der Ansicht, dass sie beide existieren; ich finde Deine oben genannte Wortwahl "nicht wissbar" in diesem Zusammenhang sehr anschaulich.


Freundliche Grüsse, Ralf

Hallo Ralf,

als alter Informatiker hab ich hier den Operator "du" überladen und vom Kontext der Frage (die Behauptung der Nicht-Existenz) abhängig gemacht.

Sorry :)
 

ralfkannenberg

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Hallo Laserdan,

noch zu Deiner Signatur: das \pi soll vermutlich "multipliziert mit pi" heissen, nicht wahr ? Ich persönlich finde eigentlich die Variante, in der das pi mit 2n (n natürliche oder meinetwegen auch ganze Zahl) multipliziert wird und statt +1 eben -1 da steht eleganter.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

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ich denke, sie tun schon beide existieren, aber sie kommutieren nicht. Wir nehmen stillschweigend an, dass diese physikalischen Grössen kommutieren, und dem ist im Allgemeinen eben nicht so.

Dein Sprachgebrauch ist etwas irreführend; evtl. meinst du ja das richtige.

Die beiden Größen können als Eigenzustände bzw. Eigenschaften, die man einem qm Zustand zuweist, nicht gleichzeitig existieren. Dies folgt aus der Eigenschaft der Operatoren, die eben nicht kommutieren. Beide Operatoren können also keine gemeinsame Eigenzustände haben. Den Operatoren selbst kann man keine Eigenschaften zuweisen.

...

Das war nicht ich ... - ich bin durchaus der Ansicht, dass sie beide existieren; ich finde Deine oben genannte Wortwahl "nicht wissbar" in diesem Zusammenhang sehr anschaulich.

Wie willst du erreichen, dass beide Eigenschaften gleichzeitig existieren, wenn der Träger der Eigenschaft = der Hilbertraumzustand gerade kein gleichzeitiger Eigenzustand zu beiden Observablen sein kann? In welcher Form existieren Ort und Impuls (als Eigenschaften = dimensionsbehaftete Größen = Werte) eines Quantenobjektes gleichzeitig, wenn der mathematische Formalismus gerade diese gleichzeitige Existenz ausschließt?

1) Eine klassische Eigenschaft E wird im einfachsten Fall dadurch repräsentiert, dass ein Eigenzustand einer Observablen E vorliegt, d.h. dass ein Quantenzustand |e> existiert. Im Falle von Ort und Impuls ist es nun so, dass man die Eigenzustände schreiben kann als |x> und |p>, wobei

X|x> = x|x>
P|p> = p|p>

Dabei bezeichnet der Großbuchstabe den Operator, der Kleinbuchstabe den konkreten Wert, d.h. also den Eigenwert e im Zustand |e>

Nehmen wir an, es gäbe einen gemeinsamen Eigenzustand |.> zu X und P. Dann folgt

[X,P]|.> = (XP-PX)|.> = (xp-px)|.>

Nun ist [X,P] = i und (xp-px) = 0 und wir haben einen Widerspruch, d.h. der angenommene Zustand |.> kann nicht existieren.


2) Es handelt sich dabei nicht um die Frage, ob die Wellenfunktionen im Orts- und im Impulsraum gleichzeitig existieren. Das tun sie tatsächlich, da beide Wellenfunktionen nur unterschiedliche Darstellungen ein und desselben Hilbertraumzustandes (bzgl. unterschiedlicher Hilbertraumbasen) sind. Aber mit diesen Wellenfunktionen ist noch nicht eine Eigenschaft (im klassischen Sinn) verbunden.

Falls ein Eigenzustand |e> zu einer Observablen E mit Eigenwert e vorliegt, so gilt für die Projektion von |e> auf einen beliebigen anderen Eigenzustand |e'> ebenfalls zu E:

<e'|e> = δ(e'-e)

Nun kann aber dies gerade nicht gleichzeitig für X und P gelten, denn die beiden Wellenfunktionen (Projektionen) hängen ja gerade über die Fouriertransformation zusammen. Die Fouriertransformation von δ(p'-p) ist aber gerade die ebene Welle exp(ipx) u.u. Läge tatsächlich ein gemeinsamer Eigenzustand von X und P vor, dann müssten beide Wellenfunktionen von der Form δ(p'-p) und δ(x'-x) sein, könnenn also gerade nicht über die Fouriertransformation zusammenhängen.

... ich finde Deine oben genannte Wortwahl "nicht wissbar" in diesem Zusammenhang sehr anschaulich.

Wenn du davon ausgehst, dass in der Natur zwei Eigenschaften gleichzeit existieren können, aber nicht gleichzeit wissbar bzw. messbar sind, dann musst du uns eine Idee davon vermitteln, was es bedeutet, dass etwas existiert, jedoch prinzipiell nicht (nie) in Erscheinung treten kann, und dass bisher alle Versuche, die Quantenmechanik dergestalt zu vervollständigen, auf explizite Widersprüche führen. Inwieweit bewegst du dich da nicht schon im Bereich des Glaubens (was ich nicht grundsätzlich ablehnen will)?
 
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ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Dein Sprachgebrauch ist etwas irreführend; evtl. meinst du ja das richtige.

Die beiden Größen können als Eigenzustände bzw. Eigenschaften, die man einem qm Zustand zuweist, nicht gleichzeitig existieren. Dies folgt aus der Eigenschaft der Operatoren, die eben nicht kommutieren. Beide Operatoren können also keine gemeinsame Eigenzustände haben. Den Operatoren selbst kann man keine Eigenschaften zuweisen.
Hallo Tom,

danke für Deine Präzisierung. Ich wollte der Anschaulichkeit halber die Worte "Operator" und "Eigenzustand" vermeiden und mit dem Kommutator einen Begriff nennen, den man ergooglen kann. Naturlich wird es lettlich wenn man etwas anschaulich darstellen bzw. eine Idee vermitteln will, ungenau und somit falsch.

Wenn du davon ausgehst, dass in der Natur zwei Eigenschaften gleichzeit existieren können, aber nicht gleichzeit wissbar bzw. messbar sind, dann musst du uns eine Idee davon vermitteln, was es bedeutet, dass etwas existiert, jedoch prinzipiell nicht (nie) in Erscheinung treten kann, und dass bisher alle Versuche, die Quantenmechanik dergestalt zu vervollständigen, auf explizite Widersprüche führen. Inwieweit bewegst du dich da nicht schon im Bereich des Glaubens (was ich nicht grundsätzlich ablehnen will)?
Das ist langsam eine philosophische Frage; ich persönlich denke, man sollte den Existenz-Begriff nicht zu sehr einschränken. Die Einschränkung folgt dann über den Begriff Messbarkeit/Wissbarkeit bzw. in diesem Falle eben der prinzipiellen "Nicht-Exakt-Messbarkeit" (Unwort der Woche ?).

Anschaulicher ausgedrückt: etwas, was prinzipiell unscharf ist, existiert dennoch.

Andererseits kann man sich natürlich auch fragen, ob ein ruhender Körper "keine" Geschwindigkeit aufweist oder eine Geschwindigkeit mit dem Wert 0. Bei einer Koordinatentransformation bräuchte man im ersten Fall die Geschwindigkeit "eigentlich" nicht zu berücksichtigen, im zweiten Fall indes schon. - Ich will solche Fragestellungen nicht entscheiden.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Laserdan

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Hallo Tom,

vielen Dank für deine Ausführungen! Um die philosophischen Konsequenzen zu bedenken kenne ich mich da nicht genug aus.

Ich find das Einzelschlitzexperiment auch sehr interessant in dem Sinne dass mit sich verkleinern der Schlitzweite (im Bereich deBroglie-Wellenlänge) die Unschärfe immer stärker zeigt. Dieses Beispiel hat mir damals mit dem Hammer eins übergezogen in Sachen statistisch interpretieren und nicht Beobachtereffekt.

Hallo Laserdan,

noch zu Deiner Signatur: das \pi soll vermutlich "multipliziert mit pi" heissen, nicht wahr ? Ich persönlich finde eigentlich die Variante, in der das pi mit 2n (n natürliche oder meinetwegen auch ganze Zahl) multipliziert wird und statt +1 eben -1 da steht eleganter.


Freundliche Grüsse, Ralf

Hallo Ralf,

ja das steht da schon ewig drin, ich wurde auf den Fehler auch hingewiesen aber ich bin zu faul es zu ändern. Da sieht man dass ich kein richtiger Mathematiker bin :)
 

Laserdan

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Habe die Tags rein, diesmal geht's. Ich war verwirrt, ich dachte du meinst damit die Latex-Tags, Ralf.

\hbar will er trotzdem nicht auflösen :(
 

TomS

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... ich persönlich denke, man sollte den Existenz-Begriff nicht zu sehr einschränken. Die Einschränkung folgt dann über den Begriff Messbarkeit/Wissbarkeit bzw. in diesem Falle eben der prinzipiellen "Nicht-Exakt-Messbarkeit"
Man kann natürlich versuchen, Fragen der Existenz vollständig auszuklammern und Physik rein phänomenologisch / positivistisch zu betreiben. Ich glaube jedoch dass dies insbs. in der QM zu kurz greift, da diese uns explizit keine Definition und kein umfassendes Verständnis von "Beobachter", "Beobachtung", "Messprozess" usw. liefert und man daher nicht auf gerade diese Dinge zurückgreifen sollte, um etwas über den Existenzbegriff zu lernen. Zum zweiten greift es deswegen zu kurz, weil man dadurch die Fragestellung ausklammert, wieso ein mathematisches Modell so extrem erfolgreich die Welt beschreibt (obwohl uns gerade dieses Modell wiederum nichts über die Messung sagt). D.h. man muss - wenn man von Existenz reden will - diese zumindest in Teilen auf das mathematische Modell beziehen u.u., dieses also in irgendeiner Form als zumindest näherungsweisen Aspekt der Wirklichkeit ansehen. Dieses mathematische Modell sagt uns nun in den wenigsten Fällen was wirklich ist, es sagt uns aber an einigen Stellen, wo es Widersprüche zwischen einem naiven Realitätsbegriff, dem mathematischen Modell und dem Experiment gibt. Interessanterweise entscheidet sich die Natur im Experiment nun offensichtlich immer zugunsten des mathematischen Modells (der QM) und gegen den naiven Realitätsbegriff (Doppelspalt, EPR, Bell / Aspect, ...). Daraus ziehe ich (für mich) die Schlussfolgerung, dass es genau eine wesentliche Einschränkung des Realitätsbegriffs, der Wirklichkeit usw. gibt, und dass diese eben aus dem mathematischen Modell - untermauert durch die Experimente - folgt: das Modell sagt uns, was nicht existiert, nämlich Ort und Impuls als gleichzeitig zuschreibbare Attribute eines Quantenobjektes.

Wenn ich darüber hinaus etwas als existierend betrachten möchte, dann muss ich schon ein neues Modell konstruieren, das mindestens ebenso erfolgreich ist wie das existierende, und das es uns erlaubt, darüber zu reden, wie denn diese gleichzeitg vorliegenden Eigenschaften in dieser neuen, erweiterten Existenzebene tatsächlich gliechzeitig existieren können. Anders gesprochen: Ohne ein solches erweitertes Modell bin ich nicht bereit, an eine gleichzeitige Existenz von Ort und Impuls zu glauben, da
a) mir die existierende Theorie sagt, dass dies innerhalb dieser Theorie zu Widersprüchen führt
b) uns das Experiment nicht sagt, dass dieses gleichzeitige Existieren irgendwie experimentell zugänglich oder gar notwendig wäre
c) ich kein erweitertes Modell kenne, das die Probleme a) und b) vernünftig löst (man könnte mal über deBroglie-Bohm reden ...)
d) ich ohne Antorten auf die Fragen a) bis c) keinen Nutzen darin sehe, an etwas "als existierend" zu glauben, das sich hermitisch jedem Zugang (theoretisch und experimentell) entzieht
e) ich glaube, dass wir es mit einem Scheinproblem zu tun haben, das eben aus unserem naiven Existenz- und Realitätbegriff unserer Alltagswelt stammt, und wir für die QM keine oder nur unzureichende Begriffs- und Denkkategorien haben.

Ich kann natürlich akzeptieren, dass jemand sich über d) hinwegsetzt, aber ich mache mir diesen Standpunkt nicht zueigen, ich halte ihn für unwissenschaftlich (das meine ich nicht abwertend, sondern lediglich als "unverträglich mit der wissenschaftlichen Methode"). Man könnte auch sagen sinnlos oder rein spekulativ. Insofern ist eine Beschäftigung mit dieser Frage nicht dumm - keineswegs - sie ist nur nicht mehr im Bereich der Physik sondern der Metaphysik anzusiedeln.
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
untermauert durch die Experimente - folgt: das Modell sagt uns, was nicht existiert, nämlich Ort und Impuls als gleichzeitig zuschreibbare Attribute eines Quantenobjektes.
Hallo Tom,

jetzt verstehe ich nicht, was Du genau sagen möchtest bzw. was Du unter "gleichzeitig zuschreibbar" verstehst; man kann diese beiden Attribute einfach nicht beliebig genau zuschreiben. Per principium, einverstanden; aber genügt das, um dem seine Existenz abzusprechen ?

Existieren also nur Attribute, die man - ideale technologische Möglichkeiten vorausgesetzt - beliebig genau bestimmen kann ?

Vielleicht wäre es der zielführendere Ansatz, den beiden Attributen einfach nur ihre Unabhängigkeit voneinander abzusprechen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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