Weise Worte, Sissy... Xeno, ich weiss nicht, wie jung du bist, ich bin es auch - und ich kann deine Begeisterung für bestimmte "radikale" Lösungen durchaus verstehen. Die Sache ist halt die, dass sich einfache Lösungen in der Praxis immer als ungeeignet herausstellen, allen Bedürfnissen gerecht zu werden. Je einfacher die Logik, desto einfacher ist es, sie ad absurdum zu führen. Bedürfnisse wachsen und verändern sich mit der Zeit, der Gesellschaft, der Politik, den herrschenden Vorstellungen darüber, was gerecht, angebracht, verhältnismässig etc ist. Millionen und Abermillionen Menschen leben ihre individuellen Leben, mit ihren individuellen Ansprüchen, Vorstellungen, Zielen - und alle wollen was von der Gesellschaft, haben ihre Vorstellung davon, wie sie aussehen könnte, sollte. Das Ergebnis kann nur ein (aus individueller Sicht) stets als suboptimal empfundenes kreatives Chaos sein, in dem wir unseren Weg durch stetige Neuverhandlung des Bestehenden suchen. Würden wir wirklich wollen, dass die Vorstellungen einer bestimmten Person sich durchsetzen und alles andere ersetzen? Wohl kaum. Die Lösung kann nur ein Kompromiss sein. Ich denke, man könnte sagen, dass jeder Staat bzw. jede Gemeinschaft in dieser Welt ein Experiment darstellt, in dem bestimmte Gesellschaftsformen ausprobiert werden, wobei überall die Schwerpunkte anders gesetzt werden, je nach den Vorstellungen der Individuen, aus denen sich diese Gemeinschaft zusammensetzt. Ja man könnte sogar die Geschichte so verstehen, dass auf diese Weise entstandene Gesellschaftsformen einer Art von Mutation und Selektion unterstehen und sich stets weiterentwickeln (aber auch das ist nur eine mögliche Sicht auf die Geschichte, und es gibt viele mehr). Nimm z.B. das Bedingungslose Grundeinkommen: es ist eine Idee, die in den letzten Jahren im deutschsprachigen Raum Anhänger gefunden hat. Wir sind gegenwärtig in der Phase, wo das aktiv diskutiert wird. Bald (in ein paar Jahren, oder vielleicht auch Jahrzehnten) wird die Phase kommen, wo man die ersten Versuche damit macht (ich weiss, dass in der Schweiz eine entsprechende Volksinitiative in Vorbereitung ist). Dann wird man damit Erfahrungen sammeln, das Konzept verbessern oder auch ganz verwerfen. Vielleicht vergisst man sie wieder für ein paar Jahrzehnte - und so weiter. Es ist sicher interessant, die Vor- und Nachteile davon zu diskutieren, gegeneinander abzuwägen - aber nicht auf der Basis: Wir müssen das nun genau so und so machen, sonst geht die Welt unter (frei nach dem Autor der von dir verlinkten Seite). Diesen Absolutsheitsanspruch halte ich für deplaziert und, wie erwähnt, arrogant.
Es geht hier wirklich nicht darum, dich auszugrenzen oder als Troll hinzustellen. Du bist willkommen! Aber wenn ich (oder sonst jemand) nicht deiner Meinung bin, dann ist das eben so - das richtet sich aber nicht gegen dich persönlich, es bedeutet nur, dass mich deine Argumente nicht überzeugen (und nicht, dass ich ein verbohrter, dogmatischer Sklavenhändler bin, der das Geld anbetet, oder so). Ich persönlich finde es schön und war überrascht, zu sehen, dass du in deiner letzten Antwort an mich offenbar verstanden hast, was ich dir sagen wollte. Darauf können wir gerne aufbauen.