Helium 3 nur auf dem Mond?

Kibo

Registriertes Mitglied
Hallo,

Ich habe grade Limit durch, und da viel mir eine Frage ein:
Wenn der Mond sein Helium 3 Aus dem Sonnenwind fängt, wo ist denn Helium 3, Was von der Erde eingefangen wird?
Steckt das in der Hochatmosphäre und erodiert das gleich wieder? Wandert das als Ion in Richtung Pole?

mfg Kibo
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Das He3 des Mondes wird direkt vom Sonnenwind in die Oberflächengesteine implantiert. Bei der Erde geht das nicht: da stehen das Magnetfeld und die Atmosphäre im Weg. Der Sonnenwind wird vom Magnetfeld um die Erde herumgeleitet, und was doch in der Atmosphäre landet, geht schnell wieder ins All verloren.

Merkur sollte übrigens auch ganz nette Mengen von He3 haben. Die nettesten Mengen finden sich jedoch in den Atmosphären der Gasriesen. Wenn wir wirklich eine nahezu unerschöpfliche Quelle von He3 bräuchten, wäre die Uranus-Atmosphäre ideal dafür. Der masseärmste aller Gasriesen hat ein vergleichsweise kleines Gravitationsfeld, keine gefährlichen Strahlungsgürtel und in der Hochatmosphäre, wo die Gewinnungsstationen schweben müssten, herrscht gerade etwa 1 Ge. Klar, es ist ein bisschen kalt, aber wer kommerziell He3 abbaut, weiss auch, wie man sich dort draussen warm hält.
 

Kibo

Registriertes Mitglied
Nächste Frage.

Wäre mit Satlletiten eingefangenes He3 nicht auch ziemlich effektiv oder ist man wirklich gezwungen auf "fossiles" Helium zurück zugreifen?
Wie viel Heißer und dichter muss das Plasma bei der Fusion sein? Ist das überhaupt ralisierbar oder Fiktion?

mfg
 

UMa

Registriertes Mitglied
Hallo Kibo,

es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass es He-3 nicht auf der Erde, sondern nur auf dem Mond gibt.
He-3 wird in der Kältetechnik zum erzeugen von Temperaturen nahe dem aboluten Nullpunkt eingesetzt. Ein Nutzung zur Energieerzeugung durch Kernfusion, erscheint aufgrund noch größerer Schwierigkeiten als bei der D+T Reaktion und zu geringer vorhandener Mengen (nicht nur auf der Erde, sondern auch auf dem Mond) wenig Erfolg versprechend.
http://en.wikipedia.org/wiki/He-3

Grüße UMa
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Natürlich gibt es He3 auch auf der Erde. Der Grund, warum man oft sagt, es sei auf dem Mond angereichert, liegt darin, dass das Helium auf der Erde vor allem aus "radiogenen Helium" aus dem Zerfall von U und Th besteht - und da entsteht eben vor allem He4. In der Atmosphäre der Erde beträgt das Verhältniss zwischen He3 und He4 etwa 1:1 Mio. Auf dem Mond hingegen stammt das He3 aus dem Sonnenwind, wo es im Verhältnis ca. 1:5000 vorkommt, also rund 200 Mal häufiger ist.

Der Grund, warum man es auf dem Mond sammeln würde liegt an den Mengen: der Sonnenwind ist extrem dünn, da könnte man (mit einem Satelliten) ewig sammeln, bis man genügend He3 für einen Reaktor zuammenhätte. Auf der Mondoberfläche werden die Gesteine aber seit Jahrmillionen damit bombardiert, so dass sich ansehnliche Mengen (die aber natürlich, auf die Gesamtmasse des Gesteins gerechnet, immer noch minim sind) konzentrieren konnten.
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Bynaus,

dass das Helium auf der Erde vor allem aus "radiogenen Helium" aus dem Zerfall von U und Th besteht - und da entsteht eben vor allem He4.
ich verstehe nicht, wie es dabei zu diesem Unterschied (1:1E6 gegenüber 1:5E3) kommt?

Gibt es denn auf dem Mond, relativ zur Erde soviel weniger U u. Th? Und ist nicht auch die Einfangfläche der Erde für den Sonnenwind, besonders durch ihr Magnetfeld, nochmal um einiges größer als die des Mondes?

Herzliche Grüße

MAC
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Bynaus,

Ich hab‘ über diese Frage nochmal nachgedacht und bin auf einen für mich plausiblen Ablauf gekommen.

Die Heliumkerne, die den Mond treffen, werden von keiner Atmosphäre abgebremst, sondern treffen ungehindert auf das Oberflächengestein. Sie können durch ihre kinetische Energie in das (feste) Material des Gesteins eindringen und werden darin durch Stöße gestoppt. Nachdem sie ihre vorher oder dabei verlorenen Elektronen ersetzt haben, sind sie rein (elektro)mechanisch gefangen. (Chemische Bindungen können sie ja nicht eingehen).

Das bedeutet, daß sich Helium aus dem Sonnenwind nur in einer sehr dünnen Oberflächenschicht des Mondmaterials angesammelt haben kann und darin dann natürlich eine relativ hohe Konzentration erreichen konnte, aber eben nur in einer sehr dünnen Schicht, also in einem sehr kleinen Volumenanteil des Mondmaterials.

In diesem Material eingesperrt, kann es auch nicht wieder ins All entkommen. Anders auf der Erde, hier erfolgt die Abbremsung bereits in den höheren Atmosphäreschichten. Da Helium 3 noch leichter ist als das erdübliche Helium 4, wird es sich eher in den oberen Atmosphäreschichten konzentrieren und ist damit dann auch der Erosion durch das Sonnenlicht überproportional stark ausgesetzt und wird trotzt viel höhere eingefangener Gesamtmenge trotzdem keine solch hohen Konzentrationen erreichen wie im Mondgestein.

Wenn also die relative Helium 4 Konzentration auch im Mondmaterial genau so groß ist wie im Erdmaterial, kann durch diese ungestörte Einfangmöglichkeit im Mondgestein, lokal, also an der (vielleicht nur mm dicken) oberen Gesteins(Staub)schicht des Mondes die He3 Konzentration doch viel höher sein, als auf der Erde.

Herzliche Grüße

MAC
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Gibt es denn auf dem Mond, relativ zur Erde soviel weniger U u. Th? Und ist nicht auch die Einfangfläche der Erde für den Sonnenwind, besonders durch ihr Magnetfeld, nochmal um einiges größer als die des Mondes?

Sowohl die Erde als auch der Mond sind natürlich an Helium ganz generell sehr stark verarmt. Deshalb kann der Beitrag durch He4 aus dem Zerfall von U, Th überhaupt eine wichtige Rolle spielen. Natürlich produziert auch der Mond eine Menge He4 aus radioaktivem Zerfall, aber zumindest für die Oberflächengesteine ist der Eintrag von He3-reichem Sonnenwind-Helium viel wichtiger. Im Inneren des Mondes dürfte das He4 auch wieder vorwiegend radiogen sein.

Was die Sammelfläche angeht, der Sonnenwind umfliesst die Erde wegen des Magnetfeldes ohnehin weiträumig. Deshalb hat man ja auch das erste Sonnenwind-Kollektorexperiment auf dem Mond gemacht (Apollo 11), nicht in der Erdumlaufbahn. Die Atmosphäre der Erde ist deshalb auch, was z.B. die Edelgaszusammensetzung angeht (auch Neon, Argon, etc.), relativ weit vom Sonnenwind entfernt: interne Prozesse hatten Gelegenheit, die Verhältnisse zu beeinflussen, und das wurde auch nicht mehr durch neu eingetragenen Sonnenwind korrigiert. Die Venus ist da ganz anders: Ihre Atmosphäre entspricht, was die Edelgase angeht natürlich, nahezu dem Sonnenwind. Das hat sicher auch (aber nicht nur) damit zu tun, dass sie ohne Magnetfeld dem Sonnenwind direkt ausgesetzt ist.

Das bedeutet, daß sich Helium aus dem Sonnenwind nur in einer sehr dünnen Oberflächenschicht des Mondmaterials angesammelt haben kann und darin dann natürlich eine relativ hohe Konzentration erreichen konnte, aber eben nur in einer sehr dünnen Schicht, also in einem sehr kleinen Volumenanteil des Mondmaterials.

Exakt. Die Penetrationstiefe von Sonnenwind ist von der Grössenordnung Nanometer. Natürlich wird der Regolith (die oberste Staubschicht) durch Einschläge ständig umgelagert, und natürlich ist die Oberfläche aller Staubkörnchen im Regolith relativ gross, so dass auch absolut grosse Mengen He3 in den obersten m des Regoliths zusammenkommen.

Da Helium 3 noch leichter ist als das erdübliche Helium 4, wird es sich eher in den oberen Atmosphäreschichten konzentrieren und ist damit dann auch der Erosion durch das Sonnenlicht überproportional stark ausgesetzt und wird trotzt viel höhere eingefangener Gesamtmenge trotzdem keine solch hohen Konzentrationen erreichen wie im Mondgestein.

Die Temperaturen in den hohen Atmosphärenschichten sind - relativ zur Gravitation - ohnehin so hoch, dass beide Helium-Isotope sich nicht halten können. Die Erde verliert insgesamt Helium, aber relativ langsam, weil durch die Temperaturinversion, die die Ozonschicht erzeugt, der vertikale Gastransport stark eingeschränkt ist (das gilt auch für andere Gase, etwa Wasser). Alles He4, das es über diese Grenze schafft, geht langfristig verloren.
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Bynaus,

Was die Sammelfläche angeht, der Sonnenwind umfliesst die Erde wegen des Magnetfeldes ohnehin weiträumig.
das leuchtet mir irgendwie nicht wirklich ein.

Elektrisch nicht neutrale Partikel (also Ionen und Elektronen) werden vom Magnetfeld nicht abgelenkt wie ein Stein von der Wasseroberfläche, sondern sie bewegen sich in großer Zahl in spiralbahnen entlang der Magnetfeldlinien. Das ist z.B. die Ursache für die Strahlungsgürtel. Diese Magnetfeldlinien bilden aber keine Kugel um die Erde, sie treten an den Magnetpolen in die Atmosphäre und später in die Erde ein und mit ihnen auch diese Partikel (Stichwort Polarlichter). Was ich dabei nicht wirklich abschätzen kann, ist wie effektiv ist dieser Auffangschirm? Einerseits muß er ziemlich effektiv sein, sonst wäre die Strahlung in den Strahlungsgürteln nicht so stark. Rein rechnerisch müßte er eigentlich alles einfangen was ihm von der Sonne aus zu nahe kommt. Nun sind aber besonders die hinteren (der Sonne abgewandten) Magnetfeldlinien stark deformiert, zumindest auf den diversen Abbildungen dazu und genau das verhindert, das ich sowas ausrechen könnte – hier reichen meine eher durch Allgemeinbildung angesammelten Kenntnisse nicht mehr aus.



Deshalb hat man ja auch das erste Sonnenwind-Kollektorexperiment auf dem Mond gemacht (Apollo 11), nicht in der Erdumlaufbahn.
hier hätte ich eher angenommen, daß man sich nicht durch die, den ungestörten Fluß verfälschenden Magnetfeldlinien die Qualität der Messungen verhunzen lassen wollte. Unterhalb der Strahlungsgürtel kommt zumindest in einer Äquatiorialbahn ‚künstlich‘ wenig an und in einer (teureren) Polarbahn kommt man immer nur kurz durch die interessierenden Gebiete und bei einer Bahnhöhe durch die Strahlungsgürtel hindurch, fällt man durch eine viel höhere Konzentration an solchen Partikeln als sie im ungestörten Raum um die Sonne herum vorkommt und man weiß dann auch nicht, was kommt von Außen und was kommt von Innen.

Herzliche Grüße

MAC
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Elektrisch nicht neutrale Partikel (also Ionen und Elektronen) werden vom Magnetfeld nicht abgelenkt wie ein Stein von der Wasseroberfläche, sondern sie bewegen sich in großer Zahl in spiralbahnen entlang der Magnetfeldlinien.

Wenn sie langsam sind gegenüber der Erde, ja. Der Sonnenwind ist im Schnitt rund 400 km/s schnell. Das Magnetfeld wird da lediglich eine Ablenkung von der geraden Linie bewirken, und diese Ablenkung wird typischerweise von der Erde wegzeigen. Das ist auch der einzige Grund, warum das Magnetfeld für einen erdähnlichen Planeten nötig ist: er schützt die vergleichsweise dünne Atmosphäre von Erosion durch "Sputtering" durch Partikel des Sonnenwindes.

Nur die langsamsten Partikel des Sonnenwindes können lange genug mit dem Erdmagnetfeld interagieren, um tatsächlich zu den Polen hin abgelenkt zu werden. Da die Teilchen im Strahlungsgürtel ständig von Pol zu Pol wandern, müssen es auch nicht besonders viele sein, sie werden ja ständig "rezykliert".
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Bynaus,

eigentlich müßte ich jetzt was ganz anderes machen, aber das ist so öde, darum schnell zwischendurch:

Wenn sie langsam sind gegenüber der Erde, ja. Der Sonnenwind ist im Schnitt rund 400 km/s schnell. Das Magnetfeld wird da lediglich eine Ablenkung von der geraden Linie bewirken, und diese Ablenkung wird typischerweise von der Erde wegzeigen.

Wenn wir vom Sonnenwind sprechen, sprechen wir von Protonen mit 0,8 bis 4 keV Energie.
Masse Proton 1,06E-27 kg
1 eV = 1,6E-19 Joule
Wkin Proton = 0,5 * 1,06E-27kg * (4E5 m/s)^2 = 1,34E-16 Joule = 835 eV

Im inneren Strahlungsgürtel sind aber Protonen mit mehr als 1 MeV gefangen.

Diese Protonen (und Elektronen) ‚wandern‘ entlang der Magnetfeldlinien von Pol zu Pol. Da die Pole aber nicht im freien Raum liegen, kommen sie in Kontakt mit der Lufthülle. Bei ‚Kontakt‘ mit der Erdatmosphäre machen sie die typischen Wechselwirkungen (Ionisation von Luftmolekülen --> Polarlichter) und werden innerhalb weniger km innerhalb der noch sehr dünnen Atmosphäre gestoppt Reicht ihre Geschwindigkeit nicht mehr um bei Stößen selbst ionisiert zu werden, fangen sie sich aus den Luftmolekülen dauerhaft ihre Hüllenelektronen ein. Damit sind sie dem Magnetfeld entkommen.



Das ist auch der einzige Grund, warum das Magnetfeld für einen erdähnlichen Planeten nötig ist: er schützt die vergleichsweise dünne Atmosphäre von Erosion durch "Sputtering" durch Partikel des Sonnenwindes.
das hört sich gut an, ist aber bisher für mich nicht wirklich logisch. Die im Magnetfeld gefangenen Ionen verlieren keine Energie auf ihrem Weg entlang der Magnetfeldlinien, erst wenn sie auf die Atmosphäre treffen, können sie ihre kinetische Energie los werden. Ob sie nun aber auf großen Flächen auf der sonnenbeschienenen Oberfläche oder auf kleiner Fläche an den Polen diese Wechselwirkungen manchen, sollte ziemlich egal sein für das Sputtering.

Da würde schon eher passen, daß das Erdmagnetfeld die weggestoßenen Luftmoleküle einfängt, wenn sie ionisiert sind, aber um der Erde zu entkommen, muß der Wasserstoff nur eine kinetische Energie von 0,6 eV haben. Bei einem Stoß, bei dem er 0,6 eV aufnimmt, wird er aber noch lange nicht ionisiert.

Herzliche Grüße

MAC

Nachtrag: Gerade hab' ich noch was gefunden, was zumindest einige Beschreibungen die ich dazu bisher gelesen habe, in ein anderes Licht stellt: http://de.wikipedia.org/wiki/Magnetische_Flasche
 
Zuletzt bearbeitet:

Bynaus

Registriertes Mitglied
Im inneren Strahlungsgürtel sind aber Protonen mit mehr als 1 MeV gefangen.

Das ändert nichts daran, dass die meisten Protonen von den Magnetfeldlinien abgelenkt werden, lange bevor (oder besser: weit von dem Ort entfernt wo) sie die Gelegenheit haben, in Strahlungsgürteln gefangen zu werden. Das erklärt auch:

das hört sich gut an, ist aber bisher für mich nicht wirklich logisch.

Ich muss jetzt los. Ich schau morgen mal, ob ich dazu was Publiziertes finde.
 
Oben