Zur Energiediskussion: Zukunft?

Alex74

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Hallo allerseits,

da es nicht direkt dazu gehört habe ich hierfür einen extra Thread angelegt.

Ich habe etwas ausgerechnet weil es mich selbst interessiert hat; die Frage war, ob eine zukünftige Gesellschaft ohne fossile Rohstoffe möglich ist.

Das heißt für mein Rechenbeispiel: die Energie für sämtlichen Verkehr kommt aus der Steckdose.
Verglichen wird diese Energiemenge mit derer, die heute tatsächlich produziert wird.
Die Stromproduktion muß ferner ohne Kohle, Öl, Gas und Uran auskommen.

Zahlenbasis ist Deutschland und pro Jahr;

1. Benötigte Energie für den Straßenverkehr

Pro Jahr wird in Deutschland 33 mio.Tonnen Benzin verbraucht.
Energiegehalt von Benzin ist etwa 44 MJ/kg.

Wir brauchen also für den Individualverkehr 1.452 GJ.

Aber halt: Ottomotoren setzen nur rund 35% dieser Energie um, Elektromotoren runde 90%.
Bei 100% bräuchten wir also nur 508,2 GJ, für die 90% des Elektromotors also rund 564 GJ Kraftwerksleistung.

2. Was wird aktuell an elektrischer Energie produziert

Die Stromerzeugung in Deutschland betrug 2010 621 Mrd.KWh.
Das entspricht 2.235,6 GJ.
Insgesamt haben wir also einen zu ersetzenden Gesamtbedarf von 2799,6 GJ.

Zwischenfazit: selbst wenn wir also den Lebensstandard halten wollen und alle Autos nun Strom schlucken sollen, müßte das Kraftwerksnetz um weitere 23% ausgebaut werden.
Bei gleichmäßig aufgeteiltem Ausbau wären das zu den bestehenden 34 Kohlekraftwerken also stolze 7-8 neue Kohlekraftwerke.

Und nochmal extra 4 wenn man die Kernenergie nicht weiter ausbauen will.

Nun reden wir ja aber über eine Zukunft ohne Fossilbrennstoffe.

Anteil der erneuerbaren Energiequellen ist 16%.

Die Stromerzeugung beträgt davon also 357,7 GJ.

Dem gegenüber stehen der oben berechnete Gesamtbedarf von 2799,6 GJ.

Fazit:

Will man also in einer Welt ohne fossile Brennstoffe so bequem leben wie wir heute, so müßte man die regenerativen Energiequellen fast verachtfachen.

Meine Frage: ist das überhaupt möglich?

Gruß Alex

PS.: ich weiß daß die Zahlen sehr nackt übernommen wurden; die Probleme ob E-Autos überhaupt alltagstauglich sind, wie man elektrisch betriebenen Flugverkehr betreiben will, ob riesige E-Containerschiffe möglich sind, und so weiter sind nicht berücksichtigt.
Ferner ist in die Regenerativen Energien Biomasse eingerechnet, Verbrennungsmotoren werden also auch mit dieser Rechnung in Zukunft nicht völlig ausgeschlossen (wenngleich dann der Wirkungsgrad wieder je nach Anteil an den Kfz anders gerechnet werden muß).
Als groben Überblick über das, was noch zu leisten ist dürfte es aber taugen.

PPS.: Quelle: http://www.ag-energiebilanzen.de/viewpage.php?idpage=65
(danke an Luzifix für den Link)
 

Alex74

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Ich glaube ich habe mich weiter oben total mit einer Kommastelle verhauen.

33 mio. Tonnen Benzin bei 44 KJ je kg ergibt nicht 1452 GJ sondern 1.452.000 TJ!

Bei der Stromproduktion habe ich einfach mal die Mrd. unterschlagen, sie beträgt also 2.235.600 TJ.

Die Verhältnisse bleiben also glücklicherweise gleich. :eek:
 

Bynaus

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Das ist eine interessante Rechnung, die man aber sicher noch ausbauen könnte. So wird ja in Deutschland nicht nur Benzin verbraucht - auch Gas für Gebäudeheizungen trägt wesentlich zum Energieverbrauch bei.

Zur Frage, ob das möglich ist: Ich würde gerne mal ausrechnen, was geschieht, wenn jedes Dach im Land von Solarzellen bedeckt wird (korrigiert um einen Faktor für den mittleren Neigungswinkel zur Südrichtung, Schattenwurf etc.). Leider weiss ich aber nicht, wo man solche Daten in Deutschland herbekommen würde...

Die Speicherung von Solarenergie scheint mir kein allzu grosses Problem zu sein. Dafür lassen sich Lösungen finden, z.B. die Speicherung in Supraleitern, in Wasserstoff mit angeschlossenen Brennstoffzellen, oder in Autobatterien.
 

mac

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Hallo Bynaus,

Zur Frage, ob das möglich ist: Ich würde gerne mal ausrechnen, was geschieht, wenn jedes Dach im Land von Solarzellen bedeckt wird (korrigiert um einen Faktor für den mittleren Neigungswinkel zur Südrichtung, Schattenwurf etc.). Leider weiss ich aber nicht, wo man solche Daten in Deutschland herbekommen würde...
http://www.hsa.ei.tum.de/Publikationen/2010/2010_Loedl_Kerber_Wi_Graz.pdf


Die Speicherung von Solarenergie scheint mir kein allzu grosses Problem zu sein. Dafür lassen sich Lösungen finden, z.B. die Speicherung in Supraleitern, in Wasserstoff mit angeschlossenen Brennstoffzellen, oder in Autobatterien.
Das Problem dabei: Die etablierte Konkurrenz ist wesentlich billiger.

Herzliche Grüße

MAC
 

Bynaus

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Hallo Mac,
Vielen Dank für den Link. Sehr interessant! Die Ergebnisse decken sich durchaus mit meiner Einschätzung, dass wir den Primärenergiebedarf (mit Ausnahme einiger Spezialgebiete) künftig vollständig durch die Sonne decken könnten. Ein Potential von 160 GW entspricht 80 bis 160 Atomkraftwerken.

Das Problem dabei: Die etablierte Konkurrenz ist wesentlich billiger.

Noch. Solarzellen erreichen bald Netzparität (in gewissen Gebieten schon geschehen), und wenn das geschieht, entwickelt sich - hoffentlich - eine ganz andere Dynamik. Atomkraftwerke nur in der Nacht zu betreiben, dürfte völlig unrentabel sein.
 

mac

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Hallo Bynaus,

Solarzellen erreichen bald Netzparität (in gewissen Gebieten schon geschehen),
Reicht das denn? Diese Solarzellen müssen am Tage auch das produzieren, was wir in der Nacht brauchen und das muß gespeichert werden und da liegt wohl das derzeit wichtigste Problem.

Der Wirkunkungsgrad eines E-Motors mit vielleicht 90% ist, schaut man nur etwas weiter als bis zur Steckdose, heftig geschönt. Der Strom zum Aufladen der Akku's muß produziert werden. Akkus' mit etwas mehr Stromdichte als Bleiakkus sind sehr gefährlich und immer noch sehr weit weg von der Energiedichte von Benzin.

Ob Brennstoffzellen das Problem lösen können?
http://de.wikipedia.org/wiki/Elektrolyse#Elektrolyse_von_Wasser
wiki schrieb:
Durch die Umkehrung der Wasserelektrolyse in einer Brennstoffzelle kann etwa 25 % der ursprünglich eingesetzten Energie wieder zurückerhalten werden.

Und außerhalb des Individualverkehrs?
Speicherkraftwerke (Speicherbecken in die größere Wassermengen mit Überschußstrom in große Höhe gepumpt werden, um bei Strommangel über Turbinen abgelassen zu werden) sind vielleicht in der Schweiz in nennenswertem Umfang realisierbar, aber auch in Deutschland?

Schon während meines Studiums vor gut 30 Jahren hieß es: Energie haben wir auf der Erde wesentlich mehr als wir verbrauchen können – das Problem sind Speicherung und Transport.

Willst Du dabei gegen fossile Brennstoffe konkurrieren (solange es noch welche gibt) dann reicht es nicht den Strom mit Solarzellen so billig zu produzieren wie mit Kohle, Gas und Öl – man muß damit so billig werden, daß man auch die dann wesentlich größeren Speicherkosten mit tragen kann.

Herzliche Grüße

MAC
 

Enas Yorl

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Speicherkraftwerke (Speicherbecken in die größere Wassermengen mit Überschußstrom in große Höhe gepumpt werden, um bei Strommangel über Turbinen abgelassen zu werden) sind vielleicht in der Schweiz in nennenswertem Umfang realisierbar, aber auch in Deutschland?

Zu diesen Punkt, ist das geplante Druckluftspeicherkraftwerk Staßfurt ganz interessant, mir ist allerdings unbekannt, wie groß das Potential an geeigneten Kavernen, für solche Druckluftspeicherkraftwerke in Deutschland ist.
 

mac

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Hallo Enas Yorl,


Zu diesen Punkt, ist das geplante Druckluftspeicherkraftwerk Staßfurt ganz interessant, mir ist allerdings unbekannt, wie groß das Potential an geeigneten Kavernen, für solche Druckluftspeicherkraftwerke in Deutschland ist.
Ja, das ist durchaus interessant.

Aber selbst wenn man das geplante Kraftwerk Norton Energy Storage aus Deinem Link, mit 2500 MW Speicherkapazität heran zieht, würde man gut 1 Millionen dieser Pumpspeicher brauchen um die Nacht-Lücke auszugleichen - und das nur in Deutschland. Selbst wenn man sowas in solchen Massen produzieren könnte, wird es wesentlich mehr als die geplanten 50 Millionen Dollar pro Speicher kosten, wenn man die Kavernen erst herstellen muß. Und schon 1 Million mal 50 Millionen Dollar ist auch für Deutschland ne ziemliche Menge Geld.

Ich habe dazu die Hälfte der derzeitigen Strom-Jahresproduktion durch 365,25 geteilt und davon die Hälfte gerechnet, was besonders im Winter, vielleicht doch etwas zu optimistisch ist, aber es muß ja nicht alles über Solardächer produziert werden und manchmal weht ja auch Nachts der Wind. ;)

Herzliche Grüße

MAC
 
Zuletzt bearbeitet:

UMa

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Hallo Alex,

ich möchte mich gerne an der Diskussion beteiligen. Ich wollte eine solche schon seit ein paar Monaten anstoßen, habe es aber immer wieder verschoben. Ich werde bald mehr schreiben.

Wieso eigentlich 33Mio t Benzin?
Im Jahr 2010 war der Mineralölabsatz 109,7 Mio t,
davon 19,7 Mio t Benzin und 32,1 Mio t Diesel.


Alex74 schrieb:
(danke an Luzifix für den Link)
Äh?!, ich ...
http://www.astronews.com/forum/showpost.php?p=74894&postcount=315

@Bynaus:
Die Speicherung von Solarenergie scheint mir das größte Problem überhaupt zu sein. Bisher habe ich dafür keine befriedigende Lösung. Bateriespeicher erscheinen mir bisher besser (d.h. billiger und weniger Platzbedarf) als Pumpspeicher oder Druckluftspeicher.
160GWp Photovoltaik ergeben in Deutschland nur 150TWh Strom pro Jahr.

Grüße UMa
 

frosch411

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In der Tat ist das größte Problem der regenerativen Energiequellen wie Wind und Solar die unberechenbare Schwankung und damit die Notwendigkeit der Speicherung. Und das Potential für große Pumpspeicherkraftwerke ist bei uns allein schon wegen dem Naturschutz stark begrenzt.
Allerdings denke ich, mit ein wenig politischem Willen müsste es auch dafür dezentrale Lösungen geben.
Beispiel Windkraft. Bisher werden die Windkraftanlagen bei Sturm abgeschaltet, weil der plötzliche Anstieg der Stromproduktion von den E-Werken nicht verarbeitet werden kann. Aber was spricht denn dagegen, in die Nähe des Windrades einen auf dieses Windrad abgestimmtes Speicher zu installieren, z.B. mit Druckluft oder einem Wassertank in einem Wasserturm. Wird der Strom nicht abgenommen, wird er eben gespeichert bis er abgenommen ist. Und die Vergütung muss dann eben auch nach Bedarf geregelt werden, so dass für den Betreiber ein Anreiz da ist, so einen Speicher zu bauen. Genauso könnte Solarenergie gespeichert werden, so dass tagsüber nur die Hälfte des Stroms eingespeist wird und der Rest wird dann über Nacht abgegeben.

Auch angebotsorientierter Verbrauch wäre möglich, z.B. könnten Wasserwerke, die Trinkwasser in hochgelegene Wasserspeicher (z.B. Wasserturm) diese groß genug auslegen und nur füllen, wenn die ortsansässigen regenerativen Stromproduzenten genug Strom produzieren.
Ich könnte mir sogar vorstellen, dass Betriebe Produktionsabläufe mit hohem Strombedarf in Zeiten legen, in denen das Stromangebot größer ist (und die Stromkosten dafür niedriger).

Ich denke mir, je mehr Atomkraftwerke abgeschaltet werden, umso mehr wird sich der Stromtarif ändern von billigem Nachtstrom und teurem Tagstrom auf genau das Gegenteil. Wenn die Sonne scheint, ist der Strom billiger, wenn es stürmt ebenso, nur nachts bei Flaute gibt's nur teuren Strom.

o_o
 

Alex74

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@UMa: sorry, hatte den Link aus einem Beitrag von Luzi (ich recherchiere ja nicht bei jedem Quote, ob den nicht schonmal jemand anderes vorher geäußert hat...)

Die Quelle für die 33 mio. Tonnen habe ich mir ärgerlicherweise nicht notiert; wenn Deine Angaben stimmen sind es ja eher mehr, was das Problem nicht kleiner werden läßt (immerhin stimmt die Größenordnung^^).
Ich könnte mir aber denken daß hier das für den Individualverkehr benutzte Benzin/Diesel genommen wurde, dann könnte man auf die 33 mio.t. kommen.

Ich bin übrigens sehr gespannt welchen Weg Japan nun einschlagen wird, energietechnisch gesehen. Denn mit den beschädigten und zerstörten Kraftwerken ist der Bedarf für einen Ausbau der Energiequellen in Japan gewachsen; im Augenblick kann sogar nur noch unter Verbrennung von Öl genug Elektrizität erzeugt werden wenn ich die aktuellen Nachrichten richtig verstanden habe. Japan ist also absolut im Zugzwang.

Gruß Alex
 

mac

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Hallo Frosch,

Allerdings denke ich, mit ein wenig politischem Willen müsste es auch dafür dezentrale Lösungen geben.
ein wenig?


Aber was spricht denn dagegen, in die Nähe des Windrades einen auf dieses Windrad abgestimmtes Speicher zu installieren, z.B. mit Druckluft oder einem Wassertank in einem Wasserturm.
Du hättest es ja mal mit den in diesem Thread schon geschriebenen Daten überschlagen können.

1 Million Kugelpaare, schachbrettartig, alle 600 m, auf der gesamten Fläche der Bundesrepublik verteilt. Durchmesser rund 170 m. Die Eine mit ihrem Äquator auf Bodenniveau und die andere mit ihrem Äquator in 100 m Höhe. Bringst Du den Äquator der Zweiten in 400 m Höhe unter, dann brauchst Du nur noch 250000 Paar mit einem Abstand von 1200 m Und das auch nur, wenn Du das Wasser verlustfrei hoch pumpen und anschießend wieder dieselbe Strommenge produzieren kannst wie Du beim Hochpumpen verbraucht hast.

Ob da wohl schon ein wenig politischer Wille genügt?

Herzliche Grüße

MAC
 

UMa

Registriertes Mitglied
Hallo MAC,

wieviel Energie möchtest du in den Kugelpaaren speichern? Die gesamte Jahresproduktion? Ich denke die Speicherung von Energie in der Nähe eine ariablen Erzeugung ist eine gute Idee. Akkumulatoren sind platzsparender und evtl. auch billiger.

Ich möchte noch auf ein interesante Buch hinweisen, was man sich auch herunterladen kann. Dort wurden verschiedene möglichkeiten für Großbritanien durchgerechnet.
http://www.withouthotair.com/Contents.html

Grüße

UMa
 
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